56. Alte Stärke

Da Keeva nicht wollte, dass wir alle Rian überfallen würden, bat sie uns nach Hause zu fahren. Padraig richtete uns das aus und machte sich auf den Weg zurück zu seiner Valentina, während Mandy und ich uns auch auf den Heimweg machten.

Wir stiegen in den BMW von Rian und das Gefühl, ihre Hand auf meiner zu spüren, während ich die Gangschaltung bediente, war so vertraut und beruhigend, dass ich nie ohne es leben wollte.

"Das Schlimmste liegt wohl hinter uns", flüsterte Mandy in die Stille und nachdem ich einen flüchtigen Blick zu ihr herüberwarf, entzog sie mir plötzlich ihre Hand und sah mich entschuldigend an. "Also so meinte ich das nicht. Das sollte Cathans Beerdigung keinesfalls als nicht schlimm darstellen!"

Sie schien sich wirklich selbst für ihre Wortwahl zu verurteilen, doch ich nahm sofort wieder ihre Hand und hauchte einen sanften Kuss auf diese, um sie aufmunternd zu betrachten, während wir an einer roten Ampel halten mussten.

"Ich weiß, wie du es gemeint hast. Alles gut", gab ich ihr zurück, doch entspannt wirkte sie trotzdem nicht. Eher, als würde sie permanent auf rohen Eiern laufen und Angst haben mich mit irgendwas zu verletzen. "Mandy, du musst dir keine Gedanken um mich machen. Ich bin dein Freund, kein Patient."

"Ich weiß", murmelte sie und atmete einmal tief durch, um ihren Blick zur Windschutzscheibe zu richten, wo auch ich wieder hinsah, nachdem die Ampel auf grün gesprungen war. "Nur ist es meistens so, dass Menschen Zeit brauchen um so etwas zu verkraften. Ich will nur nicht...."

Sie stoppte und ich versuchte anhand kurzer Blicke zu ihr herüber herauszufinden, was sie mir mitteilen wollte, bis es mir klar wurde und ich kaum merklich den Kopf schüttelte.

"Hör auf damit", sprach ich ruhig und drückte ihre Hand dabei etwas fester, sodass sie sich sofort wieder mir zuwandte und mir aufmerksam zuhörte. "Ich bekomme keinen Rückfall, falls es das ist, worüber du dir den Kopf zerbrichst."

"Ja, das ist es und ich mache mir genug Vorwürfe, heute mittag selbst noch daran gedacht zu haben, so etwas auszuprobieren."

"Das liegt hinter uns", lächelte ich beruhigend zu und lauschte dabei der leisen Musik aus dem Radio. "Wir haben doch etwas gefunden, dass besser ist, oder?", versuchte ich sie in Verlegenheit zu bringen, bei der Erinnerung an die letzten Stunden im Kinosaal und es klappte zu meiner Verwunderung sogar.

Sie wurde knallrot und trotzdem kicherte sie so zuckersüß, dass es mein Herz erhellte.

"Das stimmt."

"Na also. Mach dir keine Gedanken mehr über sowas. Rian ist wach, uns geht es gut und alles andere kommt, wie es eben kommt."

Ein zustimmendes Nicken ihrerseits und wir schwiegen den Rest der Fahrt, um jeder in seinen eigenen Gedanken versunken trotzdem zusammen zu sein.

Natürlich schweiften meine Gedanken trotzdem wieder zu meinem alten Leben. Es war einfach, alles zu verdrängen und mich zu betäuben. Bis vor einigen Tagen hätte ich auch noch mit voller Überzeugung gemeint, ohne das Zeug nicht leben zu können.

Doch jetzt, fehlte es mir nicht Mal. Nur Jake fehlte mir. Er hatte etwas an sich, dass ich einfach schon viel zu sehr gewohnt war, um es einfach wegdenken zu können.

"Wir sollten morgen nach der Beerdigung etwas trinken gehen", meinte ich von meinem Gedanken eingenommen in die Stille und bemerkte im Augenwinkel, dass Mandy ihren Blick neurgierig auf mich richtete.

"Wir beide meinst du?"

"Nein, mit Jake und Jule."

"Und die anderen? Also Odran und Keeva?"

"Odran wird sich sicher um Esme und Nero kümmern müssen, solange Rian noch im Krankenhaus ist. Keeva bekommt man sicher nicht von seiner Seite... Oder eher gesagt von ihm runter."

"Senan!", mahnte Mandy mich auf meine Anspielung hin, doch auch sie lachte plötzlich los und ich genoss diese Unbeschwertheit, jetzt, wo unser Familienoberhaupt wieder bei Sinnen war. Gerettet von seiner Zigeunerkönigin

"Also gut. Nur wir vier", kam es anschließend noch von Mandy, als wir gerade die Einfahrt hereinfuhren und ich parkte den Wagen, um mich anschließend ihr zuzuwenden. Ich hauchte ihr einen sanften Kuss auf ihre Lippen und legte ein dankbares Lächeln auf, ehe wir dann ausstiegen und ins Haus verschwanden.

"Er ist wach?", wollte Odran sofort aufgeregt wissen und stand dabei so rasend schnell von der Couch auf, dass er beinahe noch wegen seinem verletzten Fuß über den Couchtisch geflogen wäre.

"Ja, und jetzt beruhige dich", wies ich ihn an, doch er dachte überhaupt nicht daran.

Humpeld und mit einem strahlenden Lächeln kam er auf mich zu und riss mich fast schon mit viel zu viel Kraft in seine Arme, um mich fest an sich zu drücken.

"Dem Himmel sei Dank", hauchte er und mir lag schon wieder ein dämlicher, provozierender Spruch auf den Lippen, den ich aber nicht aussprach, auch wenn mir solche emotionalen Situationen zu wider waren.

Und da kam mir die Vorstellung davon, was Mandy wohl von mir für einen Antrag erwarten würde. Ich blickte nachdenken über Odrans Schulter zum Esstisch herüber, an dem Chiara mit Esme saß und an welchem sich auch Mandy in dem Augenblick niederließ.

Wollte sie Rosen? Romantische Musik?

Wollte sie alleine mit mir sein? Oder sollte die Familie dabei sein?

Fuck fuck fuck!

"Du kannst mich jetzt Loslassen", flüsterte ich Odran zu, der mich sofort aus seinem Griff befreite und sich anschließend einzelne Tränen aus den Augen wischte.

Meine Güte waren die alle sensibel geworden, seid sie Mädchen an ihrer Seite hatten...

War ich etwa auch schon so???

Quatsch, ich doch nicht.

"Senan?", lenkte Mandy mein Aufmerksamkeit auf sich und riss mich damit aus meinen Gedanken. Fragend sah ich zu ihr und bemerkte selbst im gleichen Moment, wie verliebt und dämlich ich sie angrinste, alleine schon, weil sie mir kurz in meine Augen sah.

Fuck! Ich war vermutlich sogar noch schlimmer...

"Hast du Lust?"

"Ob ich Lust habe?", wackelte ich provozierend mit den Augenbrauen und während Odran sich wieder auf der Couch niederließ, lief ich langsam auf Mandy zu. "Natürlich, ich hab immer Lust."

"Siehst du. Dann wäre das geklärt", meinte sie plötzlich zu Chiara und ich dachte wirlich kurz darüber nach, ob sie einen Dreier meinte, bis Chiara aufstand und mir Esme in die Hand drückte.

"Ich danke euch. So habe ich wenigstens Mal eine Nacht Ruhe mit meinem Teddy", freute sie sich und huschte schnell an mir vorbei zur Couch, um Odran die freudige Nachricht zu übermitteln, dass nun wohl Mandy und ich die Babysitter spielten.

"Ich hoffe das war okay?", wandte Mandy sich noch Mal an mich und ich gab Esme einen dicken Schmatzer auf ihre so weiche Wange, um mich zwinkernd wieder Mandy zuzuwenden.

"Solange ich eine Belohnung dafür bekomme, sobald sie schläft, ist mir alles Recht."

"Du bist so ein Idiot", grinste sie Augen verdrehend und schlug mir dabei leicht gegen meinen Arm, um Esme an sich zu nehmen und mit ihr zur Kücheninsel zu tapsen.

"Was ist denn? War das ein Ja oder nein?", rief ich ihr herausfordernd hinterher und staunte nicht schlecht, als sie mir über ihre Schulter hinweg den Mittelfinger zeigte.

Mein einziger Gedanke dabei...

Ich musste dieses Mädchen dazu bringen, meine  Frau zu werden.

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❤️💋

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