55. Zukunft

Nachdem wir uns nur langsam wieder angezogen hatten, ließ ich mich erschöpft auf einen der roten Sitze hinter mir fallen, während Mandy vor mir stehenblieb und etwas verlegen zu mir herunterschaute.

"Wieder schüchtern?", wollte ich sie ein klein wenig provozieren und legte dabei ein dreckiges Grinsen auf, was sie sofort dazu animierte, sich seitlich auf meinen Schoß zu setzen, während sie ihre Arme um meinen Hals schlang und mich intensiv musterte.

"Verliebt würde ich es nennen", flüsterte sie plötzlich und mir verging auf ihre Worte hin augenblicklich mein dämliches Grinsen. Mein Herz überschlug sich von der Ernsthaftigkeit ihrer Worte und ich zögerte keine Sekunde damit, meine Hand ganz sanft auf ihrer erröteten Wange niederzulassen, um zwischen ihren schönen Augen hin und herzusehen, während sie leicht nervös wirkte. "Ich hoffe, es war okay, dir das zu-"

"Heirate mich", unterbrach ich sie und sah  dabei zu, wie sie von meiner Aussage hin große Augen bekam und für einen Moment komplett damit aufhörte zu atmen.

Ihre großen Augen musterten mich intensiv, wahrscheinlich, um herauszubekommen, ob ich es wirklich ernst meinen würde.

"Senan", hauchte sie mit glasigen Augen und ich spürte mein Herz so schnell rasen, dass ich wirklich froh darüber war, in diesem Augenblick zu sitzen. Vermutlich wäre ich vor Anspannung sonst umgekippt. Alleine schon, da sie nichts darauf erwiderte... Zumindest hatte ich kein »Ja« gehört.

"Wir sollten uns etwas Zeit lassen."

Fuck...

Dieser Satz traf mich mit einer Wucht, die mir schmerzhaft durch jede Ader meines Körpers rauschte...

"Verstehe schon. War dämlich es überhaupt auszusprechen", gab ich ihr tief verletzt zurück, doch ich ließ mir meine Emotionen nicht anmerken. Stattdessen legte ich ein falsches Lächeln auf und schob sie zeitgleich vorsichtig von meinem Schoß herunter, um anschließend ebenfalls aufzustehen.

"Wir sollten nach Rian sehen", erklärte ich leise und wandte dabei meinen Blick von ihr ab, um ihr den Rücken zuzukehren und ihr vorraus durch die enge Sitzreihe zu laufen.

"Ich meinte das nicht so, wie du es vielleicht auffasst", hörte ich sie hinter mir entschuldigend sagen, doch ich gab ihr keinerlei Antwort und lief einfach immer weiter die breiten Stufen herunter zum Ausgang des großen Kinosaals, um ihr trotz allem höflich die Tür aufzuhalten.

Ich riss mich ununterbrochen zusammen, sie bloß nicht anzusehen, denn obwohl es ja im Grunde nichts an unseren Gefühlen füreinander änderte, ob wir nun verheiratet wären oder nicht, schmerzte es mich sehr...

Nachdem sie mit ihrem wehmütigen Blick auf mich gerichtet abwartend neben mir stehenblieb, holte ich tief Luft und genoss den Geruch nach Popcorn, um anschließend mit ihr gemeinsam zum Ausgang des Kinos zu laufen. Ich richtete einen letzten Blick zu der Snackbar, nickte dem Verkäufer der Tickets noch Mal freundlich zu und verschwand dann mit Mandy aus der kühlen Luft des Kinos, durch die Glastür hindurch, in die Hitze nach draußen.

"Ich bin immer noch verheiratet", kam es plötzlich leise aus ihr heraus, als wir draußen an der viel befahrenen Straße ankamen und überfordert von dieser unangenehmen Situation sah ich flüchtig zu ihr herüber.

"Und das ist der Grund?"

"Nicht ganz", wollte sie sich erklären, doch ich drehte mich wieder zur Straße herum und lief ihr voraus auf die andere Seite. Ich wollte gar nicht wissen, wieso sie nicht wollte, denn ich wusste definitiv, dass es an mir lag. Sie war perfekt, ich nur ein Versager.

"Mandy, du möchtest mich nicht heiraten und dass ist vollkommen okay", erwiderte ich ihr drüben angekommen und sah dabei hoch in den hellen Himmel, während ich plötzlich ihre Hand an meiner spürte und meine Augen wieder auf ihre wandte.

"Hör mir jetzt ganz genau zu!", wurde sie etwas lauter und nahm mein Kinn dabei fest in ihre zierliche Hand, um mich herausfordernd anzusehen.

Diese Art an ihr machte mich schon wieder stolz und gleichzeitig auch unfassbar geil.

"Ich möchte dich heiraten, du Idiot! Natürlich möchte ich das!", lächelte sie und allein von diesen Worten tanzte mein Herz wieder tausend Melodien. "Aber nicht so. Nicht, wenn dein Bruder im Koma liegt. Nicht, wenn morgen dein Vater beerdigt wird und ganz sicher nicht mit einem Antrag zwischen Popcorn und billiger Cola. Ein bisschen was ausgefalleneres bin ich schon wert, oder etwa nicht?"

Ein dämliches Schmunzeln legte sich auf meine Lippen, die sich sofort fordernd auf ihre legte, um sie in einen wahnsinnig schönen Kuss zu ziehen, der Mal wieder alles in mir einnahm unter der warmen Sonne Dublins...

"Von mir aus hole ich dir die Sterne vom Himmel", hauchte ich zwischen unseren leidenschaftlichen Küssen, doch sie kicherte nur zuckersüß und schüttelte ihren Kopf dabei leicht.

"Wir wollen es Mal nicht übertreiben", flüsterte sie und sofort löste ich mich von ihren Lippen, um ihren Körper fest an meinen zu ziehen.

"Ich würde alles für dich tun, dass weißt du oder?"

"Ich weiß", nuschelte sie in mein Shirt und schmiegte sich dabei noch enger an meine Brust, was mich mehr als nur glücklich machte.

Nie hätte ich gedacht, Mal für jemanden da sein zu können. Nie hätte ich gedacht, dass sich Mal jemand bei mir sicher und geborgen fühlen könnte. Doch sie tat es. Sie war die Ausnahme...

Sie war die eine... Die eine, die alles vorherige vollkommen belanglos erschienen ließ.

Meine Brüder meinten schon so oft, dass ich in die Zukunft blicken müsste. Dass ich meine Vergangenheit, vergangen sein lassen sollte, doch nie war es mir möglich gewesen. Nie wusste ich, was sie damit meinten, bis zu diesem Augenblick.

Da war eine Frau in meinen Armen, die wirklich bereit dazu war, ihre Zukunft mit mir zu verbringen und ab diesem Moment, zählte meine Vergangenheit nicht mehr. Sie spielte keine Rolle mehr.

Jetzt war nur noch wichtig, was kommen würde und ich wollte mein bestmöglichstes geben, ihr das schönste Leben zu schenken. Das hatte sie verdient... und ich auch.

"Senan!", rief mich plötzlich jemand und während Mandy sich von mir löste und wir beide fragend hinter mich schauten, erkannte ich Padraig, der gerade auf uns zukam und dabei war sich eine Zigarette anzumachen.

"Padraig?", erwiderte ich ihm und sah ihn neugierig und aufgeregt an. "Wie geht's ihm?"

Padraig sah zwischen uns beiden hin und her und ich konnte seinen Gesichtsausdruck überhaupt nicht deuten, bis er plötzlich zu lächeln begann und mir fast mein Herz stehen blieb.

"Er ist wach...."

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❤️💋

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