50. Engel
Ich sah Mandy tief in ihre von Tränen eingenommenen Augen und hasste mich dafür, dass ich in diesem Moment nichts weiter tun konnte, als meine Hände ergebend nach oben zu heben.
"Lass die beiden gehen!", sprach ich laut zu Fiore und bekam von ihm dafür nur ein tiefes, bedrohliches Lachen, ohne das er seine Waffen auch nur eine Sekunde von den beiden entfernte.
"Was hätte ich dann davon? Ich will dich nicht töten, Senan... Ich will, dass du leidest!"
Flüchtig sah ich zu Odran neben mir, der immer noch hinter dem Türrahmen versteckt stand und seine Waffe vor seine Brust drückte. Ich ging gedanklich jedes mögliche Szenario durch, doch egal wie ich es drehte und wendete, es bestand keinerlei Chance darauf, uns alle lebend hier herauszuholen.
"Also, was ist jetzt?!", riss Fiore mich aus meinen Gedanken und als mein Blick erneut zu ihm fiel, wie er am Ende des Ganges, nur ein paar Meter von mir entfernt stand, sah ich plötzlich den Lichtblick, auf den wir alle gewartet hatten.
Mein hoffnungsvoller Blick fiel zu Chiara, die sich zitternd und weinend ihre Hände vors Gesicht hielt und dann nochmals zu Mandy, die aussah, als wäre sie vom Verstand her gar nicht mehr richtig da.
"Du!", schrie ich dann laut und nahm meine Waffe wieder hoch, um genau auf Fiore zu zielen, der als Reaktion nun auch beide Waffen auf mich richtete und mich damit mehr als nur glücklich machte.
Man sagt immer, man solle auf niemanden schießen oder jemanden erschrecken, der eine Waffe in der Hand hält, denn er könnte aus Reflex nochmals abdrücken und genau deswegen wollte ich vermeiden, dass er auf die Hinterköpfe von den beiden Frauen zielte...
"Du drückst nicht ab!", grinste Fiore und zielte dabei weiterhin auf mich, genau wie ich auf ihn, während er nicht bemerkte, dass Keeva hinter ihm die Treppen hochschlich und dabei ein Messer in ihren Händen hielt...
"Achja?", fragte ich ihn laut und wollte damit nur noch erreichen, dass er sich weiterhin nur auf mich konzentrierte und nichts von dem Hinterhalt mitbekommen würde, denn Keeva war unsere einzige Chance. Sie war die einzige, die er nicht kommen sah...
"Ja! Du bist nicht wie deine Brüder! Dazu fehlen dir die Eier! Immerhin hat es sogar eine Frau geschafft, dich zu vergewaltigen und das einzige, was du geschafft hast, ist deine eigene Mutter zu töten!"
Ich riss ungläubig über seine Worte meine Augen auf und spürte, wie meine Hände unkontrolliert anfingen zu zittern, dabei war ich mir im Klaren, dass wenn ich schießen würde, er auch schießen würde, doch ich konnte nicht auf Keeva warten... Wollte es auch nicht! Dafür war seine Aussage zu verletzend und ich wurde in einen solche hasserfüllten Zustand gerissen, dass ich gar nicht mehr anders konnte, als alles andere als seine scheiß Visage auszublenden.
Diesen Bastard würde ich umbringen!
Ohne weiter nachzudenken, zog ich den Sauerstoff bis tief in meine Lungen, hielt die Pistole dabei geradewegs auf ihn gerichtet und bewegte meinen Finger am Abzug nur ganz langsam und zitternd zurück, wodurch mir heiß und kalt zugleich wurde. Er hatte Recht. Ich war kein eiskalter Killer und ein letztes Mal kreuzten sich Mandys und meine Blicke, die mich so anders ansah als sonst. Ihre Augen hatten keine Hoffnung mehr in sich und doch, schenkte sie mir ein wehmütiges Lächeln, als würde sie mir die Erlaubnis damit geben, diesem Wichser den Kopf wegzupusten.
Und dann, als ich meine Augen wieder auf Fiore richtete, ertönte der Schuss meiner Waffe, während ich Keeva schreien hörte und nach meinem Schuss noch mehrere laute Schüsse hörte, die sicher von seiner Pistole ausgingen.
Mein Körper schmerzte, meine Sicht verschwamm und es war nur Odran neben mir zu verdanken, dass ich nicht zu Boden fiel...
Mandy POV
Mein Verstand war wie benebelt und ich beobachtete unter höchster Anspannung Senan, während Fiore hinter mir seine Pistolen auf ihn richtete und ihn zu provozieren versuchte. Ich hoffte nur, dass Senan nicht drauf eingehen würde, doch als er plötzlich abrückte und ich geschockt zu meiner Seite sah, traf die Kugel Fiore in die Schulter, der daraufhin sofort zurückfeuerte und mir damit mein Herz zerschmetterte.
"Nein!", schrie jemand hinter mir und ich erkannte Keeva, die plötzlich auf Fiores Rücken sprang und ihm ein langes Messer tief in seinen Hals rammte, woraufhin jegliches Leben aus Fiores Augen wich und er bei seinem letzten, röchelnden Atemzug zusammenklappte.
"Senan!", lenkte Odrans Stimme mich aus meiner Trance und wie betäubt drehte ich mich wieder in die andere Richtung, wodurch ich sofort verzweifelt anfing zu weinen.
"Senan", hauchte ich und sah das ganze Blut auf seinem Shirt, während er in Odrans Armen zusammenklappte.
"Ich habe die Polizei und einen Krankenwagen gerufen! Wo ist Rian?!", wollte Keeva neben mir aufgeregt wissen und als sie genau in Odrans Augen sah, verloren ihr Blick jeglichen Glanz und sie rannte sofort an ihm vorbei ins Büro, während ich meine zitternden Beine ebenfalls in Bewegung setzte und auf Senan und Odran zulief.
"Hey", lächelte Senan mich sofort an und japste anschließend angestrengt nach Luft, was mich panisch hoch zu Odran sehen ließ.
"Schau mich an", lenkte Senan meine Aufmerksamkeit wieder auf sich und ich legte sofort einen Arm um seine andere Seite, um Odran dabei zu helfen, ihn zu stützen.
"Wir müssen dich sofort hier rausbringen!", erklärte ich panisch und sah zu Chiara, die absolut verängstigt an der Wand lehnte und scheinbar einen Schock erlitten hatte. "Geh bitte Keeva helfen", sprach ich sie an, doch sie reagierte kaum und in dem Moment klappte Senan plötzlich auch noch bewusstlos in meinen Armen zusammen.
"Geh zu Rian!"
Odran sah mich flehend an und nahm Senan anschließend auf seine Arme, um ihn schnellen Schrittes die Treppen nach unten zu befördern, während mein Herz mir vor Schmerzen zu sterben drohte. Ich sah ihnen noch hinterher, wie die beiden und Chiara das Treppenhaus nach unten liefen und machte mich sofort auf den Weg in das Zimmer neben mir.
"Helf mir, bitte", weinte Keeva und zog Rian dabei an seinen Armen hoch, dessen Anblick mich kurz erstarren ließ. Seine Haut war blass, sein weißes Hemd nur so von Blut getränkt und ich dachte schon er wäre tot, da öffnete er aber seine Augen und lächelte Keeva schwach an.
"Da bist du ja endlich, Engel", hauchte er und wollte seine Augen anschließend wieder schließen, da holte Keeva jedoch aus und knallte ihm eine, sodass er erschrocken wieder ihren Blick erwiderte.
"Wehe du schläfst ein! Ich warne dich!", schrie sie und stütze ihn, sodass er schwach und mit einem schmerzerfüllten Stöhnen aufstehen konnte.
Ich lief sofort unter extremen Herzrasen auf die beiden zu und half ihm auf der anderen Seite, wonach wir langsam in den Flur liefen und die Treppen ansteuerten.
"Bleib einfach nur wach", schluchzte Keeva und entwickelte anscheiend aus ihrer Angst und Panik heraus Bärenkräfte, denn während ich schon ins Wanken geriet, diesen 1.80 Mann zu halten, hätte ich ihr zugetraut, dass sie ihn sich gleich über ihre Schultern legt.
Rian gab keinen Antwort mehr. Sein Kopf lag einfach nur vorne über nach unten gerichtet und das Gefühl, dass er gerade starb, brachte mich erneut zum Weinen und auch ich umfasste ihn fester. Rasend schnell liefen wir die Treppen herunter, während ich nur noch unsere Schluchzer und unsere Schritte hören konnte.
"Der Notarzt ist schon draußen!", meinte Keeva plötzlich und auch ich sah das Blaulicht, dass sich im untersten Stockwerk durch die Türe ganz hinten schlich.
Wir liefen den langen Gang entlang, in dem Odran uns plötzlich humpeld entgegenkam, um Rian vorsichtig auf seine Arme zu nehmen.
"Beeil dich!", flehte Keeva den Riesen an und als wir ihm hinterher wollten, hörten wir plötzlich hinter uns in der Stille ein lautes Bellen, dass Keeva mich bittend ansehen ließ. "Ich muss bei Rian bleiben! Bitte hol Nero!"
Ich nickte und wischte mir schnell die Tränen weg und auch, wenn ich nichts anderes als zu Senan wollte, lief ich schnell wieder zurück den Flur entlang, um ihren treusten Gefährten zu suchen.
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😳 Hoffe es hat euch gefallen ❤️
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