5. Shit

"Fuck!", schrie ich erschrocken und spürte kurz nach diesem lauten Schuss noch, wie der Typ hinter mir einfach zu Boden fiel. Ich drehte mich mit großen Augen herum und sah weiter weg plötzlich Padraig, der grinsend auf mich zukam und gerade seine Pistole wegsteckte. Er hatte ausnahmsweise Mal eine Lederjacke über seinem weißen Tanktop an, sonst sah er aus wie immer mit den vielen Ketten und Ringen.

"So langsam liebe ich euch Gallaghers", strahlte er und stellte sich dabei genau vor mich. "Bei euch ist immer genau die Aktion, die ich brauche."

Ich sah ihn überrascht an, beobachtete ihn noch, wie er dem Typen am Boden seine Wertgegenstände abnahm und drehte mich anschließend wieder zu Irina und dem anderen herum, der plötzlich gar nicht mehr so mutig wirkte.

Pisser!

Ohne groß nachzudenken zielte ich genau auf seinen Kopf, hörte noch sein jämmerliches Gebettel nach Vergebung, doch die Reue kam seinerseits zu spät. Wenn ich etwas noch mehr hasste, als mein eigenes Leben, dann, wenn Männer sich an Frauen vergingen.

Ich drückte ohne zu Zögern ab, spürte mein Herz dabei wild klopfen und nachdem auch der Schrank zu Boden fiel, ging ich sofort auf Irina zu, die immer noch panisch wirkend an der Hauswand lehnte und mir tief in die Augen sah.

"Alles okay?", fragte ich vorsichtig und sie nickte wie benommen, um sich plötzlich einfach in meine Arme zu werfen.

"Er hat die Trennung nicht akzeptiert", erklärte sie mit leiser Stimme und schmiegte ihren Kopf dabei fest an meine Brust, während ich ihre zierlichen Arme um meinen Körper spürte, die sich nahezu in meinen Rücken krallten.

Fuck! Ich war nicht gerade der Typ Mann, der  Frauen beruhigen oder trösten konnte, also legte ich ihr meine Hand auf den Rücken und klopfte einfach ein paar Mal, so wie Rian es bei Esme tat, wenn sie Mal wieder weinte und sich nicht beruhigen ließ. Anschließend löste ich mich noch kurz von ihr, um meine Jeansjacke auszuziehen und sie ihr um ihren zitternden Körper zu legen.

"Da hat Keeva wohl Recht gehabt", riss Padraig mich aus meinen Gedanken, den ich auf seine Aussage hin fragend musterte.

"Was meinst du damit?", wollte ich wissen und es kam sowieso die Frage in meinem Verstand auf, was er hier überhaupt zu suchen hatte. Das Zigeunerviertel war sicher allein mit dem Auto eine Stunde entfernt.

"Sie meinte ich solle ein Auge auf dich haben, weil sie sich Sorgen macht. Ich hab bei Jake auf dich gewartet, bin euch dann unauffällig gefolgt und ja, man könnte wirklich behaupten, dass wir Zigeuner einen Sinn für sowas haben."

Er zeigte auf die Beiden am Boden liegenden und zuckte völlig gleichgültig mit den Schultern, bis sein Blick plötzlich auf Irina fiel, die immer noch an mich geklammert vor mir stand.

"Deine?", fragte er und ich schüttelte kaum merklich den Kopf. Ich kannte sie ja nichtmals obwohl sie jetzt schon mit ihrer Nähe mehr in mir auslöste, als diese ganzen Schlampen die ich sonst vögelte.

"Man könnte behaupten, ich habe einen Sinn dafür in solche Situationen zu geraten", gab ich ihm zurück und dann war es Irina, die sich zögerlich von mir löste und hoch in meine Augen sah, während sie sich mit einer Hand einzelne Tränen wegwischte.

"Ich... ich sollte jetzt nach Hause", meinte sie überfordert und als sie sich dann zu ihrem Ex am Boden wandte, bückte sie sich herunter zu seinem leblosen Körper, was ich angespannt beobachtete. Ich dachte erst, sie würde jetzt vielleicht doch trauern oder sowas, doch sie war Padraig anscheinend sehr ähnlich. Sie ließ ihre zierlichen Hände in die Innenseite seiner Jacke gleiten, zog kurz darauf Geld und ein Handy heraus und nachdem sie sich mit den Sachen in der Hand erhoben hatte, gab sie ihm noch einen festen Tritt in die Seite, der mich wirklich beeindruckte.

"Ich hoffe du schmorst in der Hölle! Arschloch!"

Padraig warf mir einen Blick zu, der mich auch nur erahnen ließ, dass er sie genauso crazy fand wie ich, doch genau das war es auch, was ich plötzlich so faszinierend an ihr fand. Sie war irgendwie anders. Anders als die ganzen Frauen, die ich sonst so kennenlernte.

"Also, ich danke euch", wandte sie sich erneut uns zu und wollte gerade gehen, da hielt ich sie aber an ihrem Arm zurück.

"Wo wohnst du? Wir bringen dich nach Hause", erklärte ich und hoffte dabei einfach, sie würde ja sagen und es ohne Widerrede zulassen. Ich wollte sie nach dem ganzen Scheiß hier nicht alleine auf der Straße wissen, was mich plötzlich selbst berunruhigte. Seit wann interessierte mich sowas?

"Was geht denn hier ab?", hörte ich plötzlich Jake hinter uns und drehte mich flüchtig zu ihm herum. Er hatte das besoffene Mädchen an seiner Seite, die aber plötzlich hysterisch herumschrie als sie die Leichen sah und abhaute. Natürlich fiel sie erstmal mit ihren Stöckelschuhen fast noch gegen eine Mülltonne, aber irgendwann war nur noch ihr Geschrei zu hören und sie raus aus unserem Blickfeld.

"Wir sollten vielleicht auch gehen", warf Padraig in die Stille ein, woraufhin Jake ihn genervt ansah.

"Ihr hättet die scheiß Leichen ja wenigstens verstecken können. Jetzt hat die ganze Vorarbeit bei der Kleinen nichts gebracht!"

"Wir können zu mir", sprach Irina laut dazwischen und schaute nur mich dabei an. "Also wenn ihr wollt. Und du", wandte sie sich anschließend an Jake. "Ich habe mehrere Cousinen die wirklich offen dafür sind, was nächtliche Abenteuer angeht."

"Bin dabei!"

Jakes Lächeln wuchs bei ihren Worten ins Unermessliche und nachdem Padraig mir zunickte und sich eine Zigarette anmachte, spürte ich Irinas Hand an meiner, zu der ich dann fragend heruntersah. Ihre blauen Augen musterten mich, als würde sie mich lesen wollen, doch ich wich diesem Chaos in meinem Verstand schnell aus und nahm meine Hand aus ihrer, um mir auch eine Zigarette anzumachen.

"Dann lasst uns gehen", kam es aus mir und gemeinsam liefen wir dann die engen Straßen entlang, ohne wirklich zu wissen, was auf uns zukommen würde.

_______

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top