47. Rosen

Ohne Zeit zu verlieren, umfasste ich die Lampe noch etwas fester und lief unter angehaltenem Atem den langen, dunklen Flur entlang, in dem es komischerweise nach frischen Rosen roch, was mich aber nicht weiter beschäftigte.

Die Hilferufe, die ich eben noch klar und deutlich hören konnte, verstummten und klangen nur dumpf in meinem Verstand immer wieder, wo sie dafür sorgen, dass mein Herz mir von Angst und Wut gleichermaßen angetrieben gegen meine Rippen donnerte und mir damit leichte Schmerzen verursachte.

Und dann, am Ende des Ganges, sah ich plötzlich Licht unter dem Schlitz einer Tür hindurch zu mir nach draußen dringen und hatte nur noch das Ziel, Mandy zu befreien.

Ein letzter tiefer Atemzug, ein festeres umklammern meiner einzigen Waffe und schon legte ich meine schwitzende Hand an den Türgriff, um diesen ganz langsam und fast lautlos herunterzudrücken.

Ich drückte sie auf, sah als erstes mehrere brennende Kerzen und dann, als mein Blick auf die Mitte des von flackernen Lichtern eingenommen Raumes fiel, hörte ich nur noch betäubt dabei zu, wie die Lampe, die sich vorher noch in meiner Hand befand, klirrend zu Boden fiel, während meine Augen sich mit Tränen füllten und ich diesen leblosen Körper betrachtete.

Das Gefühl umzukippen überkam mich, doch ich zwang mich in den Raum zu laufen und sah herunter auf den blassen, nur von einem Handtuch um die Hüfte bedeckten Körper meines Vaters, neben dem Rosen verteilt auf dem Boden lagen, während sie Kerzen alles daran setzten, dass ich das Messer, welches tief in seiner Brust steckte, nur zu gut erkennen konnte.

"Scheiße, scheiße", hauchte ich verzweifelt und schloss meine Augen, um mich versuchen zu sammeln, doch es triggerte mich und ich sah mich erneut in meinem Leben mit solch einer tragischen Situation konfrontiert.

Erst meine Mutter, die ich umgebracht hatte und nun... Nun hatte ich auch noch meinen Vater auf dem Gewissen. Wäre ich nicht gewesen, gäbe es diesen Fiore gar nicht in unserem Leben... Wäre ich nicht da, hätten meine Brüder noch sich liebende Eltern....

"Senan?", sprach mich eine vertraute Stimme hinter mir an und ich erkannte in ihr Rian, der wohl von Ungeduld getrieben nicht mehr warten konnte, nachzusehen, was ich wohl wieder angestellt hatte...

Ich wischte mir schnell meine Tränen weg, drehte mich zu ihm herum und sah das absolute Entsetzen in seinen Augen, während er aussah, als wäre jegliches Leben aus ihm gewichen.

"Geh zu Keeva! Sie soll diesen Raum hier nicht betreten", flüsterte er wie erstarrt und obwohl ich das Gefühl hatte, ich könnte mich überhaupt nicht mehr bewegen, setzte ich einen Fuß langsam vor den anderen und verschwand hinaus in den dunklen Flur, mit der bitteren Erkenntnis, nie wieder diesen Geruch vergessen zu können. Nie wieder dieses Bild vergessen zu können...

Mein Vater war tot...

"Wo ist Rian?", wollte Keeva leise aber bestimmt wissen, als ich nur langsam auf sie und das Treppenhaus zulief und als ich meinen Kopf nur leicht anhob, um sie anzusehen, öffnete sich ihr Mund erschrocken und sie bekam die blanke Panik in ihren Augen.

"Wer würde getötet?", wollte sie wissen und wischte sich dabei die erste Träne weg, die über ihre Wange lief. "Ich kenne diesen Ausdruck in deinem Gesicht. So hast du mich schon Mal angesehen, als du mir die Wahrheit über deine Vergangenheit erzählt hast, also sag mir sofort, wer gestorben ist!"

Sie kam näher auf mich zu, während die Tränen immer schneller über ihre Wangen liefen und ihr Blick dabei immer fordernder wurde, doch ich brachte es nicht über meine Lippen, bis sie mich plötzlich am Kragen meines Shirts packte und mich verzweifelt musterte.

"Cathan."

Ein Hauchen, dass meine zitternden Lippen verließ und auch, wenn dieser Name so leise aus mir herausdrang, kostete er mich all meine verbliebende Kraft und ich spürte nur noch, wie Keeva sich bitterlich schluchzend in meine Arme warf und am ganzen Körper zitterte.

"Nein", wimmerte sie und brachte mich damit auch wieder zum Weinen. Alleine der Klang ihrer Stimme, schmerzte, denn ich ertrug es nicht sie so leiden zu sehen. "Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist."

Sie krallte ihre Nägel in meine Schultern, presste sich enger an mich und legte ihren Kopf seitlich an meine Brust, um zitternd den Flur entlangzuschauen.

"Da waren Hilfeschreie", meinte ich und sie löste sich nur widerwillig von mir, um mit ihrem von Tränen übersähten, wunderschönen Gesicht zu mir aufzuschauen. "Ich dachte...", fing ich an und schüttelte aber meinen Kopf, weil ich mittlerweile nicht mehr wusste, ob ich es mir eingebildet hatte. "Da waren Schreie einer Frau, aber da war niemand."

Keeva schien genauso nachdenklich wie ich, doch in dem Moment kam auch schon Rian zurück, der das Messer, welches eben noch in meinem Vater steckte, in seiner Hand hielt und vollkommen entschlossen aussah, hier alles und jeden fertigzumachen.

"Ihr bleibt hinter mir", kam es kalt aus ihm heraus, als er ohne uns weiter zu beachten an uns vorbeilief und die Treppen nach unten nahm.

Nun löste sich auch Keeva erschrocken von mir und lief ihm hinterher, was ich den beiden gleichtat.

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In der Kürze liegt die Würze 🥺
Wollte nicht noch das nächste Thema mit einbringen, sonst wäre das Kapitel zu lang geworden.

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