23. Chaos
Ich stand noch eine Weile einfach in der Sonne. Dachte dabei über die letzte Nacht nach... an die Küsse, die Berührungen und was sie in mir ausgelöst hatten, um mich dann geknickt wieder zur Villa zu wenden.
"Alles okay?", erkundigte sich Keeva mitfühlend als sie meinen Gesichtsausdruck sah und sofort verstellte ich mich gekonnt und schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln.
"Ja, alles bestens", gab ich ihr zurück und lief anschließend hoch ins Badezimmer, um mich mit Odrans Kulturbeutel auf die Toilette zu setzen. Ich nahm mir einige der Beruhigungstabletten und schmiss sie mir in den Mund, um diese am Wasserhahn mit genügend Wasser herunterzuspülen. Anschließend betrachtete ich mich im Spiegel und schüttelte über mich selbst den Kopf. Wie konnte ich so naiv sein? Ich wusste es doch durch Jake besser, das Frauen einen sowieso immer nur verletzten. Rian hatte einfach nur unglaublich großes Glück...
Vielleicht bestrafte Gott mich auch einfach nur weiterhin für meine schlimme Vergangenheit, oder aber, ich bildete mir viel zu viel ein. Wir waren nur Freunde... Mehr nicht... und diese Nacht nur ein beschissener Ausrutscher...
Ich atmete nochmals tief durch und suchte anschließend mein Zimmer auf, um mich mit meinem Handy ins Bett zu legen.
Hey, wo bist du?
Schrieb ich Jake und es dauerte gar nicht lange, bis eine Nachricht zurückkam, die ich verwirrt mehrmals lesen musste.
Bei Irina. Dachte du wolltest auch kommen?!
Was zum Teufel ging eigentlich ab???
Ich stand schnell von meinem Bett auf, zog mir meine Jeansjacke an und machte mich auf den Weg nach unten.
"Rian, kannst du mich zu meinem Motorrad fahren?", fragte ich ihn unter Stress, doch er hatte Esme auf dem Arm und schüttelte verneinend den Kopf.
"Ich habe gleich eine Veranstaltung mit Keeva. Wir müssten eigentlich schon los, aber die Dame braucht ja ewig im Bad", antwortete er selbst unter Strom und mein Blick fiel zu Odran, der aber auch sofort verneinend den Kopf schüttelte.
"Ich passe auf Esme auf."
Klasse !!!
Ohne weitere Zeit zu verschwenden, schnappte ich mir den Schlüssel von Odrans Porsche vom Tisch, woraufhin er mich aber mahnend ansah.
"Ein Kratzer und ..."
"Jaja, schon klar", gab ich ihm zurück und lief raus in die Sonne, um mich in den engen, gelben Porsche zu setzen. Wie konnte ein Riese wie Odran so ein Auto fahren???!!!
Als der Motor startete, ging plötzlich auch das Radio an und als aus den Boxen irgendein scheiß von Whitney Houston herausschallte, machte ich mir ernsthafte Gedanken um meinen Bruder.
Entweder war er der fucking sensibelste Mafia Kerl in ganz Irland, oder er war schwul....
Ich gab Irinas Adresse im Navi ein, fuhr die Straßen entlang und kam dann auch schnell bei ihrer Villa an, wo ich den Porsche etwas abseits am Rand parkte und sofort die Haustür ansteuerte.
Nach mehrmaligen Klingeln wurde diese auch schon von einer kleinen schwarzhaarigen Asiatin geöffnet, die mich lächelnd eintreten ließ. Sie huschte sofort wieder um die Ecke und ich stand völlig sprachlos da, während ich Laute Musik aus dem Raum neben mir hörte und erstmal dort nachsehen ging.
"Hallooo starker Mann", begrüßte mich eine Rothaarige, die mich sofort umarmte und weiter mit ins Wohnzimmer zog, wo ich mich völlig überfordert umsah. Dort saßen mehrere ältere Männer auf der Couch, während die Frauen um sie herum tänzelten.
"Ich suche meinen Freund", versuchte ich der Rothaarigen zu erklären, doch sie schnappte sich einfach mein Gesicht und steckte mir ihre Zunge in den Mund, wodurch ich mich fast schon vergewaltigt fühlte.
"Ey!", hörte ich Irinas Stimme hinter uns und nachdem diese aufdringliche Frau mein Gesicht wieder los ließ, kam Irina auf uns zu und verpasste ihr eine Backpfeife, während sie auf russisch zu fluchen schien.
What the fuck!!!
"Komm mit", meinte Irina und nahm mit einem wütenden Blick auf die andere meine Hand, um mich mit in den Flur und die Treppen nach oben zu ziehen.
"Ich hab keine Ahnung, was hier abgeht, aber ich suche eigentlich nur Jake", gab ich ihr zu verstehen und entriss ihr meine Hand, denn das war mir in dem Moment wirklich alles viel zu viel. Mein Kopf dröhnte leicht von diesem Chaos und meinem Magen ging es nach den Tabletten auch nicht besser....
"Keine Sorge, Süßer. Jule kümmert sich um ihn", erklärte Irina mit einem Zwinkern und flüchtig sah ich an ihr herunter. Sie hatte nur einen kurzen Bademantel aus Seide an und sah unfassbar gut aus. Dennoch wollte ich eigentlich nur gehen und meinen Kopf frei bekommen.
"Wenn du willst, sieh selbst nach, ihr Zimmer ist das da."
Ich folgte ihrem Blick und stellte mich an die weiße Tür, um erstmals zu lauschen, doch kein Ton war von innen zu hören.
"Jake?", sprach ich laut und klopfte, während ich Irinas belustigten Blick auf mir bemerkte.
Nachdem wieder kein Zeichen kam, öffnete ich zögerlich die Tür und sah Jacke auf dem Bett liegen, während eine hübsche Braunhaarige auf seinem Becken saß und seinen Rücken massierte.
"Er schläft", meinte diese und nachdem ich nickend wieder die Tür geschlossen hatte, kam Irina auf mich zu und zog mich ohne etwas zu sagen in das Zimmer gegenüber.
"Du musst dich Mal entspannen", meinte sie und ich sah mich in dem dunklen Raum um, der nur von einer einzigen Nachttischlampe erhellt wurde. Die Rolläden waren ganz nach unten gelassen worden und ein rundes Bett befand sich genau in der Mitte des Raumes.
"Du bist eine Hure, oder?"
Sie stellte sich neben mich und sah mich fassungslos an.
"Ich bin eine Escort. Bitte verwechsel das nicht", gab sie bissig von sich und tapste auf ihren Füßen zum Bett, um sich auf die Kante zu setzen und neben sich auf die Bettdecke zu klopfen. "Und jetzt komm endlich her. Ich musste schon so lange warten."
"Ich...", stotterte ich und spürte plötzlich eine Panikattacke kommen. Fuck! Das hatte gerade noch gefehlt.
Voller Panik hielt ich mir ans Herz, dass immer schneller zu schlagen schien und rang dabei hektisch nach Luft, wodurch Irina mit großen Augen auf mich zukam und mir ihre Hand beruhigend auf den Rücken legte.
"Hey, hey... Alles ist gut... Setzt dich erstmal", meinte sie und führte mich zum Bett, wo ich mich mühsam auf der Kante niederließ. "Mach deinen Kopf zwischen deine Beine und atme ganz tief ein und aus", befahl sie und ich tat es einfach ohne Diskussion oder Widerstand.
Ich bemerkte wie meine Lungen sich langsam wieder mehr mit Sauerstoff füllten und auch das Gefühl, gleich einen Herzinfarkt zu bekommen, verschwand zu meinem Glück.
"Hast du sowas öfter?", wollte sie mitfühlend wissen und streichelte mir dabei unaufhörlich über den Rücken.
"In letzter Zeit immer öfter", gab ich ihr ehrlich zurück und erhob mich wieder, um zu ihr herüber zusehen.
"Schonmal darüber nachgedacht, vielleicht zu einem Arzt zu gehen?"
"Ja, ich gehe zu einer Therapeutin", erklärte ich wehmütig und plötzlich tauchte Mandy mir in meinen Gedanken auf. Ich musste darüber nachdenken, dass sie jetzt wohl gerade bei ihrem Mann saß. Ihm vielleicht sogar schon verziehen hatte und wer weiß was trieb.
"Ich bin so ein scheiß Mensch", platzte es plötzlich aus mir heraus und ich hatte keine Ahnung wieso ich mich Irina öffnete, aber mein Herz schmerzte wie schon lange nicht mehr und diese Tabletten machten mein Hirn echt Matsche.
"Nein, bist du nicht", versuchte sie mich zu beruhigen, doch ich konnte nicht anders als mir die einzelnen Tränen aus dem Gesicht zu wischen und mich selbst zu bedauern.
Da saß ich nun... Ein Häufchen Elend, dass seine Mutter getötet hatte... das keine wirkliche Familie hatte und das sich anscheinend in eine unerreichbare Frau verliebt hatte, wobei ich es nichtmals verdient hätte, zurückgebliebt zu werden.
"Kann ich irgendetwas tun?", fragte Irina und wischte mir sanft über meine Wange, über die noch einzelne Tränen flossen.
Ich fühlte mich in dem Moment wie ein Weichei... Als hätte ich mir selbst die Eier abgeschnitten und sie im Meer versenkt.
Irgendwie wollte ich mir selbst beweisen, dass ich noch ein ganzer Mann war, so kam es, dass ich aufstand und mich zu Irina lehnte, um sie am Hals runter ins Bett zu drücken, wodurch sie mich mit großen Augen überrascht ansah.
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