16. Gespräche
Rian lief mir voraus in die Küche und machte uns beiden in aller Ruhe zwei Tassen Kaffee fertig, ehe er mir eine reichte und mich ausgiebig musterte.
"Wie genau ist das passiert?", wollte er wissen und ich erzählte ihm von der Party, von Padraig und Tina und von den komsichen Chinesen, wie sie mich zusammengeschlagen und danach im Wald ausgesetzt hatten. Darüber, dass ich meine Therapeutin jetzt auch privat kannte, schwieg ich lieber.
Er trank ganz genüsslich von seiner Tasse, atmete einige Male tief durch und wandte sich anschließend wieder mir zu. Ich dachte, es wurde wieder eine Standpauke kommen, so wie immer. Machte mich schon bereit dazu, von ihm gesagt zu bekommen, dass ich selbst schuld wäre, umso erschrockener war ich, als er plötzlich auf mich zukam und mich in seine Arme nahm, um mich flüchtig fest an seine Brust zu ziehen.
"Dafür werden sie büßen, Bruder", hauchte er voller Wut in mein Ohr und ich war völlig überfordert von seiner Nähe zu mir, sodass ich einfach nur sprachlos dastand, als er sich wieder löste und zu Odran wandte, der immer noch am Tisch saß und auf neue Befehle wartete.
"Wir fahren zu Cathan. Du bleibst bitte mit Keeva hier", wies er mich noch an und verschwand daraufhin nach oben, vermutlich, um sich umzuziehen.
Ich nahm wie benommen einen Schluck des Kaffees und sah dann zu Odran, der mich mitfühlend musterte.
"Das sie es an dir auslassen... Solche Wichser", regte er sich auf und schlug dabei so fest auf den Esstisch, dass ich vor Schreck zusammenzuckte. "Sollen sie doch direkt zu mir kommen!"
Er stand wütend auf und lief nervös um den Tisch herum, während Rian in seinem schwarzen Anzug die Treppen herunterkam und gerade seine Waffe lud.
"Nein! Nein! Nein!", hörte ich Keeva fassungslos schreien, die ihm hinterherkam und an seinem Anzug herumriss. "Du wirst nicht einfach kopflos jetzt zu irgendwelchen Chinesen fahren und um dich schießen!"
"Halt dich aus meinen Geschäften raus!", wandte sich Rian wütend an sie und drehte sich herum, sodass sie mit Tränen in den Augen zu ihm hochsah. Mein scheiß schlechtes Gewissen holte mich bei diesem Anblick ein und in dem Moment wünschte ich, ich hätte einfach gelogen oder wäre doch nicht hierher gekommen.
Ich wusste, dass meine Brüder solch einen. Angriff nicht auf sich sitzen lassen würden, doch ich dachte erst jetzt, wo ich Keeva verzweifelt weinen sah darüber nach, was alles passieren könnte.
"Ihr müsst mich nicht rächen", warf ich ein und plötzlich waren alle Blicke auf mich gerichtet, sodass es mir kurz den Atem raubte.
Als Rian dann einen ernsten Blick mit Odran austauschte, wusste ich, dass egal was ich oder Keeva sagen würden, es an ihrer Entscheidung nichts mehr ändern würde.
"Ich liebe dich", hauchte Rian an Keeva gewandt und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, wonach sie ihm aber plötzlich eine Backpfeife gab und weinend nach oben verschwand.
Ich konnte sie verstehen...
"Pass auf, dass niemand ins Haus kommt und Senan", sprach Rian mich an und trat dabei nah an mich heran. "Ich vertraue dieses Mal darauf, keine Überraschungen zu erleben. Ich weiß das Jake im Haus war. Ich bin nicht dämlich, aber heute Abend verlange ich, dass du dich nur darauf konzentrierst, dass hier alles ruhig bleibt."
Ich nickte zustimmend und schluckte fest, denn das Rian es wusste, aber nicht ausrastete, zeigte mir irgendwie, dass er mir doch mehr Freiheiten gab, als ich mit meinen vergangenen Tagen verdient hatte...
Oder ich war ihm einfach egal geworden. Ich wusste es nicht und ich war von den letzten Nächten immer noch so durcheinander, dass ich sowieso keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Ich wollte einfach nur noch, dass meine Brüder wieder heil nach Hause kommen würden und der ganze Chinesen scheiß dann ein Ende hätte.
Und dann war da auch noch Irina, die mich heute Abend um 18 Uhr erwartete, doch sie war erstmal Nebensache. Viel wichtiger war jetzt Keeva, die sich wahrscheinlich oben die Augen ausweinte, weil ihr Mann wegen mir sein Leben riskierte.
Ich nahm schnell nochmal die Kanne mit Kaffe, machte meine Tasse und eine weitere voll und lief dann nach oben, um an ihrer Tür angekommen nach ihr zu rufen.
"Keeva?", sprach ich mit ruhiger Stimme und sofort hörte ich sie schluchzen.
"Komm rein."
Mit meinem Ellenbogen öffnete ich gekonnt die Tür und ging anschließend zum Nachtisch, um die Tassen erstmal abzustellen, ehe ich sie musterte, wie sie im Schneidersitz auf dem Bett saß und Nero streichelte.
Mein Blick fiel zum Beistellbett, wo Esme noch ruhig schlief und so setze ich mich auf die Kante des Bettes, um ebenso Nero zu streicheln.
"Ich hab einfach Angst", fing sie an die Stille zu unterbrechen und suchte dabei meinen Blick. "Ich meine nicht nur um Rian. Auch um dich und Odran. Ich dachte nach Juri würde alles Schlimme hinter uns liegen, doch irgendwie kommen immer wieder neue Probleme."
Sie sah wieder zu Nero und schüttelte dabei ihren Kopf.
"Ich hab immer gedacht, dass Golf spielen und Politik total öde und langweilig wären, doch genau das wünschte ich mir jetzt und nicht, dass ich hier darauf warten muss, ob mein Ehemann noch lebendig nach Hause kommt."
"Ach, Keeva", sprach ich beruhigend und nahm ihre Hand, sodass sie mich wieder mit Tränen in den Augen ansah. "Den Beiden wird nichts passieren. Dafür ist Odran zu wütend und Rian zu intelligent. Glaub mir, wenn einer Angst haben muss, dann diese dreckigen Chinesen."
"Achja? Odran wurde vor meinen Augen schonmal angeschossen und Rian hätte ich beinahe auch verloren, wäre mein Cousin nicht gewesen. Was, wenn heute kein Padraig da ist, der sie retten wird? Und so wie du aussiehst, hast du selbst nur Glück gehabt nicht deinen Verletzungen erlegen zu sein."
Shit... Sie hatte Recht... Und umso mehr ich mir das eingestehen musste, umso mehr Angst bekam ich plötzlich auch und hatte dabei nur noch den Wunsch, mir irgendwas rienzupfeifen, was meinen Verstand bestäuben würde.
Doch Keeva brauchte mich bei klarem Verstand und auch Rian vertraute mir komischerweise, also riss ich mich zusammen, atmete tief durch und wandte mich wieder an sie.
"Was hälst du davon, wenn ich Esme eine Flasche fertig mache, Nero kurz rauslasse und wir uns dann einen Film ansehen?"
Sie hob fragend ihre Augenbraue und schaute dabei zu Esme, die langsam aber sicher wach wurde.
"Wie wäre es mit Arielle die Meerjungfrau?"
Ich bekam kurz große Augen und hätte am liebsten nein gesagt, doch ich grinste und nickte, wodurch auch ihre Mimik sich wieder ein wenig erhellte.
Ich hatte bei Mandy also doch Recht. Unsere Mafia hatte wirklich was Muffins backen und Windeln wechseln...
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