13. Sun, Moon und Sky
"Ich bin so froh d-"
Ich konnte meinen Satz nichtmals zu Ende bringen, da ich solche Schmerzen im Brustkorb hatte und dadurch nur noch vor mich hinhusten musste. Jeder Atemzug brannte und ich hatte keine Ahnung, wie lange die zwei Riesen dafür auf mich eingeschlagen hatten.
"Schon gut. Wir sind da", beruhigte mich Jake und stützte mich so gut er konnte auf einer Seite, während Padraig meine andere Seite nahm und Valentina uns vorauslief. Sie hatte ihr Handy in der Hand und leuchtete uns den Weg durch die Dunkelheit.
"Wie lange war ich weg?", fragte ich und spuckte danach wieder Blut aus.
"Zwei Tage. An dem Abend im Club kam ein Typ zu uns. Er meinte kein Wort zu niemanden, sonst wärst du tot und wir sollten dich heute hier abholen", erklärte Padraig und allein dadurch, wie er seinen Kiefer immer wieder anspannte, merkte ich, wie wütend er schien.
"Wir müssen ihn nach Hause bringen", meinte Jake und sofort blieb ich stehen und schüttelte heftig mit dem Kopf.
"Auf gar keinen Fall!", versuchte ich laut zu sagen, doch ich röchelte wieder nur vor mich hin. "Rian und Odran dürfen davon nichts erfahren, sonst haben diese Pisser genau das, was sie wollten!"
Flüchtig schaute ich zu Padraig, bis er endlich zustimmend nickte und dann zu Jake, der mir ebenfalls mit einem Nicken sein Schweigen versprach.
"Zu mir kannst du aber nicht. Die anderen würden sofort Keeva anrufen und damit wüssten es auch deine Brüder", warf Padraig anschließend ein und ich musste ihm dabei leider Recht geben. Seid der Geburt von Esme war Keeva so etwas wie eine Zigeunerkönigin geworden und würde man mich so in dem Viertel sehen, wäre ich geliefert.
"Und mein Stiefvater prügelt mich wahrscheinlich genauso zusammen, dass ich so aussehe wie du, wenn ich dich so zu Hause anschleppe", gab auch Jake nun zu, dass für mich kein Platz bei ihm war. Ich war ihm aber nicht böse, immerhin kannte ich seinen Stiefvater und es wäre nicht das erste Mal, dass er Jake Krankenhausreif prügeln würde.
Wir liefen langsam weiter durch die Dunkelheit, bis wir endlich an einer Straße ankamen und ich Valentinas Wagen sah.
"Dann kommst du eben mit zu mir", sagte diese plötzlich ernst und wandte ihren Blick dabei zu Padraig. "Natürlich nur, wenn es okay für dich ist."
Auch ich schaute nun zu Padraig und war gespannt darauf, inwieweit er mir wirklich vertraute. Rian ließ mich nichtmals in die Nähe von Keeva...
"Ich hab überhaupt nichts dagegen. Ich komme aber noch mit um die Wunden zu desinfizieren, denn das würde mir dann doch zu weit gehen", meinte er ruhig und ich musste mir ein lachen verkneifen.
"Du willst ja nur meine nackte Haut anfassen", gab ich ihm grinsend zurück und er zog provozierend eine Augenbraue nach oben.
"Es wird mir so einen verdammten Spaß machen dir den Alkohol auf die Wunden zu schütten. Du hast ja keine Ahnung."
Er lächelte und auch ich musste trotz meines Zustands wirklich lächeln.
Jake hielt mir dann die Tür des pinken Autos von Valentina auf und unter Schmerzen nahm ich Platz, während Padraig Jake noch Geld zusteckte, damit dieser sich ein Taxi rufen konnte.
"Wir sehen uns, Bruder", rief er mir dann noch ins Auto zu und verschwand hinter uns in der Dunkelheit, während die anderen beiden Platz nahmen und wir langsam losfuhren.
Völlig erschöpft lehnte ich meinen Kopf gegen die Fensterscheibe, beobachtete die vielen Lichter, die so wahnsinnig schnell an mir vorbeizogen, während Valentina und Padraig über ihre Zukunft sprachen.
Ich hörte nur wie benommen hin, doch bekam durch das leise Rauschen in meinen Ohren sowieso nichts mit und hatte genug damit zu kämpfen, mich überhaupt noch wach zu halten. Immer wieder fielen mir die Augen zu und ich fühlte mich in einer Art Tagtraum gefangen, wobei es sich bei den ständigen Schmerzen wohl eher um einen Alptraum handelte.
"So, da sind wir", riss Tinas Stimme mich dann aus meinem vor mich hindösenden Zustand und neugierig starrte ich vor uns auf ein kleines Einfamilienhaus, das so gar nicht zu ihr zu passen schien.
Es sah eher aus, als würde dort mit dem kleinen Vorgarten eine Vorstadtfamilie leben, was Tina nochmals interessanter machte.
"Sag mal, was arbeitest du eigentlich?", fragte ich geradeheraus, als die Beiden sich gerade abschnallten.
"Ich arbeite im Kindergarten", lächelte sie und sah mir dabei im Rückspiegel entgegen.
"Ernsthaft?"
"Ja, wieso?", wollte sie wissen und sah zu mir nach hinten, wo ich ihrem Blick ausgesetzt nur unwissend mit den Schultern zuckte. Ich hatte noch nie eine Kindergärtnerin gesehen, die so viele Piercings und Tattos hatte. Normalerweise liefen die doch in Oma Klamotten herum, oder etwa nicht?
Die Zeiten hatten sich wohl geändert...
"Komm, ich helfe dir", riss Padraig mich aus meinen Gedanken und reichte mir die Hand, um mir aus dem Wagen zu helfen. So langsam kam ich mir wirklich vor wie ein Pflegefall...
Wir folgen Tina zu ihrem Haus und nachdem sie die weiße Haustür mit dem Glas in der Mitte aufgeschlossen hatte, kamen uns sofort mehrere kleine Hund entgegengerannt, die allesamt quiekende Freudenlaute von sich gaben.
Chihuahuas... Wie ich solche Kläffer hasste...
"Hey!", ermahnte mich Tina mit einem strengen Blick, da sie wohl bemerkt hatte, dass ich nicht gerade erfreut über die drei kleinen reagierte. "Kein Wort gegen sie. Sie sind mehr Familie als die meisten Menschen."
"Verstanden", gab ich ihr kleinlaut zurück, denn ihr Blick ließ mich nur zu gut wissen, dass sie mir womöglich den Kopf abreißen würde bei der kleinsten Provokation. "Wieso bleibst du heute Nacht nicht hier?", wandte ich mich sofort an Padraig, der aber nur lachend den Kopf schüttelte und mich stützte, während wir um die Ecke in ein großes Wohnzimmer liefen.
"Zigeuner machen nachts Geschäfte, dass weißt du doch", ließ er mich wissen und half mir auf die gelbe Couch, die ganz hinten an der Wand stand.
Während Padraig dann mit Valentina in einen angrenzenden Raum verschwand, lehnte ich mich nach hinten und ließ meinen Blick durch das wirklich bunt wirkende Zimmer gleiten.
Sie hatte in der hinteren Ecke einen kleinen Fernseher, was nur zu gut zeigte, dass sie wohl wenig fern sah. Vor der Couch befand sich ein runder Glastisch, auf dem mehrere Zeitschriften lagen und Süßigkeiten aller Art lagen. Dazu die ganzen Pflanzen um mich herum und ein großes Bücherregal.
Ja, das erinnerte dann irgendwie doch an eine Frau, die im Kindergarten arbeitete...
Padraig kam mit einer Flasche Wodka zurück ins Wohnzimmer, kurz darauf auch Tina mit mehreren Handtüchern und sie stellten alles ordentlich auf den Tisch vor mir, während ich mich aus Angst vor den Schmerzen schon leicht verkrampfte.
Ich wusste ja nichtmals, wie schlimm mein Gesicht wirklich aussah und der Rest meines Körpers. Im Endeffekt konnte ich nur spüren, dass ich echt mitgenommen aussehen musste.
"Ich helfe dir aus der Jacke", meinte Padraig und ich lehnte mich etwas nach vorne, um mir selbst meine Jacke auszuziehen. Etwas von meinem noch übrig gebliebenen Stolz wollte ich dann doch behalten.
Unter quälenden Schmerzen fing Padraig dann an, meine Wunden im Gesicht und auf den Armen zu säubern, während Tina mir gegenüber stand und wohl versuchte mich abzulenken.
"Sie heißen Sun, Moon und Sky", erzählte sie von ihren Hunden und nahm jeden einzeln so auf den Arm, dass ich mir ihre Gesichter zu den Namen einprägen konnte, was einfach war, da alle verschiedene Farben hatten.
Mir gefiel Moon am besten. Er war ein Männchen und komplett schwarz. Auch sein Blick war irgendwie depri und ich konnte mich direkt mit ihm identifizieren.
"Maus, holst du uns was zu trinken?", wandte Padraig sich dann lächelnd zu ihr und stellte gerade die Flasche und das Tuch wieder auf den Tisch, während Tina nach einem freundlichen Nicken aus dem Zimmer verschwand.
"Kein Ton, Senan", meinte er dann plötzlich und sah mir tief in die Augen. Ehe ich verstand, was überhaupt los war, griff er mir in den Schritt und drückte so fest zu, dass ich unter Schmerzen auf meine Lippe biss und meine Hände in die Couch krallte.
"Ich vertraue dir, also wage es dich auch nur mit einem verfickten Blick auf sie mein Vertrauen zu missbrauchen und kein Alkohol der Welt wird dir noch helfen können! Hast du das verstanden!?"
Ich nickte heftig und erst, als er meine Eier endlich losließ, stieß ich meine gesamte angestaute Luft wieder heraus und fasste mir an meinen schmerzenden Bauch.
"Hier, Babe", kam Tina mit einer Flasche Wasser und drei Gläsern zurück und sah irritiert zwischen mir und Padraig hin und her, der ihr ein Grinsen schenkte und mir auf die Schulter klopfte.
"Danke", meinte er und reichte mir eines der Gläser, um sich neben mir auf der Couch niederzulassen, während ich immer noch das Gefühl hatte, er hätte mir die Eier herausgerissen....
Ich traute mich ja nichtmals mehr, sie überhaupt noch anzusehen, also konzentrierte ich mich auf Moon, der neben mir auf dem Boden saß und mich ansah und war trotzdem froh, dass Padraig mir überhaupt so weit vertraute.
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