11. Frankreich
Nachdem Padraig und ich in meinem Zimmer einige Gläser Whisky getrunken und einen Joint geraucht hatten, fühlte ich mich absolut am schweben. Die Probleme schienen so weit entfernt, dass sie nichtmals mehr zum Greifen waren. Der Frieden brach über mich hinein und erst, als Padraig von meiner Couch aufstand und mir seine Hand reichte, wusste ich, dass es noch viel weiter hoch hinaus gehen würde.
"Valentina holt uns gleich ab", meinte er und seine Stimme kam zwar nur noch gedämpft in meinem Verstand an, doch ich nickte und schnappte noch meine Jeansjacke, um diese über mein schwarzes Shirt zu ziehen und ihm nach draußen in den Flur zu folgen, wo Rian gerade mit Esme auf dem Arm aus dem Schlafzimmer kam.
Er warf mir einen flüchtigen Blick zu, verweilte dabei etwas zu lang auf meinen wahrscheinlich roten, glänzenden Augen und holte dann tief Luft, um mich danach vollkommen zu ignorieren.
Obwohl Padraig wahrscheinlich genauso drauf aussah wie ich, bekam er von ihm nette Worte und sogar Esme in den Arm gedrückt.
Naja, er war eben Keevas Cousin... Jemand, der den Beiden das Leben gerettet hatte... Da konnte ich nicht mithalten...
Als die Beiden mir vorraus nach unten liefen, erkannte ich sofort, dass der Tisch gedeckt war und Keeva und Odran schon daran saßen und Rotwein tranken.
"Esst ihr mit?", fragte Keeva sofort an mich gewandt und lächelte dabei so sanft, wie sie es bei mir immer tat, doch ich schüttelte verneinend den Kopf und lief einfach an allen vorbei zur Haustür. Immer mehr hatte ich das Gefühl, erdrückt zu werden. Mein Brustkorb fühlte sich an, als würde er sich nicht mehr vollständig aufbauen bei meiner Atmung... als würde eine Last von Tonnen darauf ruhen, während mein Herz immer schneller pochte und mich damit leicht zum Schwitzen brachte.
Ich wusste, dass es eine Panikattacke war, denn diese erlebte ich in letzter Zeit immer öfter und immer schlimmer. Vielleicht lag es auch aus der Mischung an Pillen und Gras, die ich mir täglich einschmiss... Oder auch an zu wenig Schlaf und essen... Ich hatte keine Ahnung.
"Alles okay bei dir?", hörte ich plötzlich Odran hinter mir, der mir vorsichtig seine Hand auf den Rücken legte und sich über meine schnelle Atmung wohl Sorgen machte.
"Und was, wenn nichts okay ist?", fragte ich und drehte mich dabei zu ihm herum. "Was machst du dann? Mich in eine Klapse abschieben?"
Er sah mich entschuldigend an, doch er sagte nichts und wich meinem vernichtenden Blick dann aus.
Es tat mir leid... Wirklich... Ich wollte nicht, dass er meinen Hass auf Rian abbekam, aber er war der Einzige, der mir als Puffer diente.
"So, wir können", gab Padraig lächelnd von sich, als er gerade aus der Haustür hinter Odran kam und ohne den Riesen nochmals zu beachten, folgte ich dem Zigeuner die Einfahrt herunter bis zur Straße, wo ich sofort einen pinken Kleinwagen entdeckte, aus dem laute Rockmusik ertönte.
"Sie wird dir gefallen", erklärte Padraig und veränderte sich von einer Sekunde auf die andere vollkommen in seiner Art. Er wirkte selbstbewusster, glücklicher und als Valentina dann aus dem Wagen stieg, fasste er sofort grinsend um ihre Hüften, hob sie ein Stück hoch und gab ihr einen so leidenschaftlichen Kuss, dass selbst mir etwas heiß wurde.
"Das ist sie", meinte er nach dem Kuss stolz und freundlich hielt sie mir ihre Hand entgegen, die ich mit dem Blick in ihr wirklich süßes Gesicht entgegennahm. Sie passte optisch perfekt zu dem verrückten Zigeuner. In ihren hellen Haaren hatte sie einige pinke Strähnen, die großen grünen Augen, dazu die vielen Tattos auf den Armen und die Piercings an Ohren und Lippe...
Sie wirkte auf jedenfall nicht langweilig.
"Wie geht's?", fragte ich sie und zog meine Hand dann wieder zurück, während sie grinste und zu Padraig herübersah, der sie immer noch stolz anblickte.
"Mir geht's immer gut", erwiderte sie. "Und wie geht's dir?"
"Genauso", gab ich zurück und wunderte mich selbst darüber, was für ein guter Lügner ich mittlerweile geworden war.
"So steigt ein. Wir sollten los", unterbach sie anschließend die aufkommende Stille und ohne Widerrede stiegen wir ein und fuhren Richtung Stadt, während die Sonne langsam unterging und es mir vorkam, als würde sich jeder Tag bei mir einfach nur noch wiederholen...
Ich versuchte die gesamte Fahrt über mir über nichts Gedanken zu machen, stattdessen lauschte ich der Rockmusik und sah immer wieder vor zu Padraig, der seine Hand durchgehend auf Valentinas Schoß liegen hatte.
Wollte ich sowas auch?
Ohne mir diese Frage zu beantworten, holte ich mein Handy heraus und machte erneut die Nachricht von Irina auf, um ihr zurückzuschreiben.
Ja, echt schade.Was machst du heute so? Senan
Ich wartete kurz, ob sie direkt anworten würde, doch da nichts kam, steckte ich das Handy wieder weg und sah wieder nach draußen, wo es mittlerweile dunkel war.
"Wohin fahren wir eigentlich?", fragte ich irgendwann nach vorne gewandt, denn diese Fahrt kam mir nur noch unendlich vor.
"In einen französischen Club außerhalb von Dublin", gab Padraig mir zurück und kurz war ich der Meinung, mich verhört haben zu müssen, doch da er weiter nichts sagte, meinte er es wohl wirklich ernst.
Als wir endlich vor einem wirklich klein wirkenden Club ankamen, sah ich vom Parkplatz aus plötzlich Jake, der sich mit paar Mädels amüsiert zu unterhalten schien und sah nach dem Aussteigen sofort fragend zu Padraig, der nur grinsend die Schultern hob.
"Ich dachte ein wenig mehr Freunde tun dir gut", erklärte er und legte seinen Arm um Valentinas Schultern, um neben mir her zu Jake zu laufen, der, als er mich sah, augenblicklich ein Lächeln auflegte und mir entgegenkam.
"Da bist du ja", lachte er dreckig und drückte mir einen Kuss auf die Wange, während er mich fest an dich drückte.
Ein Zeichen dafür, dass er wohl schon viel getrunken hatte.
"Schon gut du Idiot", schubste ich ihn grinsend weg, wodurch er nur noch mehr lachte.
"Habt ihrs dann bald Mal?", kam es von Padraig, dem wir anschließend nach innen in den Club folgten.
Während die französische HipHop Musik immer lauter, die Lichter immer greller und die Frauen immer lockerer wurden, wurde ich auch zunehmends wieder entspannter und genoss dabei einen Drink nach dem anderen, bis Valentina uns drei zum Tanzen drängte.
Im Laufe des Abends stellte sie sich wirklich als eine liebevolle Frau heraus. Durchgehend hatte sie ihre Augen auf Padraig gerichtet und sie schien auch an überhaupt nichts anderem, außer ihm, gefallen zu finden. Nichtmal Jake beachtete sie, obwohl der sich beim Tanzen wieder Mal alle Mühe gab uns zu blamieren.
Stundenlang tanzte ich ausgelassen zu der Musik, lachte dabei über Jake und machte nur Pausen, wenn wir rauchten oder tranken, bis ich plötzlich wieder spürte, wie mein Brustkorb sich auf seltsame Weise verengte und ich kaum noch Luft bekam.
"Ich bin gleich wieder da!", rief ich Jake über die laute Musik hinweg zu, der nur nickte und sich wieder einigen Mädels zuwandte.
Flüchtig fiel mein Blick noch zu Padraig und Valentina, die sich knutschend im Takt der Musik bewegten, bis ich meine Augen wieder Richtung Ausgang wandte und einfach nur an die frische Luft wollte.
Draußen angekommen empfing mich die kühle Nachtluft und während einige Betrunkene hier herumtorkelten, machte ich mir eine Zigarette an und entfernte mich einige Schritte von dem kleinen Eingang, um nochmals mein Handy herauszuholen.
Keine Nachricht...
Ehe ich meinen Kopf wieder erheben konnte, spürte ich plötzlich jemanden hinter mir, der mir etwas über den Kopf zog und mir damit die Luft abschnürte, bis ich nur noch schwarz sah.
Fuck!
______
😳
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