II
Dunkelrotes Blut spritzte über den Boden, vermischt mit zermanschter, rosa Gehirnmasse und kleinen Knochenstückchen.
Alice fiel durch den Einschlag der Kugel zurück, ihr Mund war weit geöffnet und sie sah leicht überrascht aus.
Die Zeit schien langsamer zu vergehen, während Alice nach hinten fiel und mit einem dumpfen Geräusch auf den, nun Blutbespritzten, Llaminatboden schlaff aufprallte.
Die Schüler fingen an, vor unbändigem Entsetzen zu Schreien, manche konnten sich vor Schock nicht bewegen, andere weinten verstört. Der Lehrer gehörte zu letzteren und versuchte sich hinter dem Lehrerpult zu verstecken.
Die Gestalt, die in der Türe stand, in einer Hand noch immer die Türklinke, in der anderen eine sehr dunkle, beinahe schwarze Pistole mit langem Lauf, aus dem nun ein wenig Qualm entwich, als letzter Zeuge des Schusses, der sich wenige Sekunden vorher gelöst hatte, war ein Jugendlicher, beinahe noch ein Kind, unter seinen zerzausten, hellbraunen Haaren, die nach allen Seiten abstanden, blitzten zwei schelmische Augen hervor, so gletscherblau, dass es beinahe unnatürlich war. Seine Lippen waren rot und zu einem naiven Lächeln verzogen, seine Eckzähne waren schief und ragten aus seinen Mundwinkeln. Er schaute mit beinahe kindlicher Freude auf Alice herab, wie sie unbeweglich auf dem Boden lag.
Ihr eines Auge starrten Leer an die Decke,das andere war durch den Einschlag der Kugel, knapp unter ihrem Haaransatz völlig zerstört und praktisch nicht mehr vorhanden.
Ihre Haare fingen sich an mit dem Blut, dass sich in einer Lache unter ihrem Kopf ausbreitete, vollzusaugen.
Ihr Antlitz glich einer dunklen Gottheit, deren Haupt ein schwarzer Heiligenschein zierte, graziös lag sie da, Beine angewinkelt, ihre blutleeren Lippen leicht geöffnet und Arme an ihren Seiten ruhend.
Ruhig, zu ruhig, totenblass. Und irgendwie friedlich.
Ich machte mich aus Gewohnheit bereit, ihr Licht aufzunehmen, doch es kam nicht.
Alice's Finger fingen an, kaum merklich zu zucken.
Ihr Augenlid flatterte, ihre Lippen schlossen sich, pressten sich aufeinander, nur um sich wieder zu öffnen und ein rasselndes Husten hervorzubringen. Sie drehte sich windend auf eine Seite, versuchte sich aufzustützen, rutschte allerdings in ihrem eigenen Blut aus und traf hart auf den Boden auf.
Sie kauerte sich schwer Atmend in eine Embryostellung zusammen, hob die Hände zitternd zu ihrer Stirn und fing an, von Sinnen zu Lachen. Ihr Auge war aufgerissen, während ihr Mund zu einem Grinsen verzerrt war, welches einem das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Ein Knirschen tönte über ihr gestörtes Gelächter hinweg, ihr Körper zuckte.
Mit einem Schrei beugte sie ihren Rücken nach hinten durch und verstummte dann plötzlich. Ihr Gesicht wandelte sich wieder von der verstörenden Fratze zu ihrem normalen Ausdruck, sie hielt sich die Wunde, während dem sie vorsichtig aufstand und sich das Blut mit der anderen Hand aus der Augenhöhle wischte.
Man hörte erneut ein Knirschen. Und ein Geräusch, als würde sich etwas schleimiges verbinden. Alices Bein zuckte, sie drohte auszurutschen, fing sich jedoch im letzten Moment.
Der Junge lächelte selbstzufrieden, während er die Szenerie beobachtete.
"Luce hatte also Recht. Es gibt dich wirklich. Akira und Ventura wollten ihm nicht glauben, aber ich hab ihm immer vertraut."
Alice legte den Kopf nach hinten und schaute ihn mit einem aufgerissenen Auge an. Sie öffnete den Mund und liess ein langgezogenes "Eeeeeeeeeeeeh" ertönen.
"Hassu misch gerade erschossn" schlurrte sie darauf und liess ihren Kopf auf ihre linke Schulter fallen.
"Ja, sowie mir Luce gesagt hat. Er hat gesagt ich sollte in das Klassenzimmer 270 gehen und dann auf das Mädchen am nächsten zur Tür schiessen." Sagte der Junge, währenddem er die Schusswaffe in seinen Gürtel steckte und ein letztes mal darüber strich.
"Bissu dumm."
Alice's Kopf fiel nun auf ihre rechte Schulter.
Es knackste und sie zuckte zusammen.
"Dassut weh."
"Tut mir echt leid, aber Luce hat es gesagt!"
Alice verzog das Gesicht und machte einen unsicheren Schritt auf den Jungen zu. Dieser lächelte sanft und breitete die Arme aus.
"Ja, komm zu mir!" Alice streckte einen Arm aus, versuchte nach ihm zu greifen, langte ins Leere.
Sie schwankte, fing sich wieder und machte einen erneuten Schritt auf den Braunhaarigen zu, stolperte und fiel direkt in seine Arme.
Ein kurzes Kichern des Jungen und ein leichter Aufschrei Alice's. Sie verdrehte ihr Auge und sackte zusammen. Der Junge fing sie auf und warf gleichzeitig eine Spritze weg, welche er kurz vorher in ihre Schulter gerammt hatte.
"Okay, ich nehm' die mal mit, tschüss!" Rief er mit einem breiten Lächeln in das Klassenzimmer, den verstörten Menschen zu.
Er hob die Ohnmächtige, als wäre sie nichts, auf seine Schulter und drehte sich um.
Sie hinterliessen eine Blutspur, als sie durch den Lichthof auf den Gang traten. Lehrer sowie Schüler pressten sich an die Wände, starrten entsetzt auf Alice und den fröhlich summenden Jungen.
Alice's Kopf stiess bei jedem Schritt an seinen Rücken, ein Schwall Blut ergoss sich jedes mal auf den Boden. Es sah widerwärtig aus.
Eine Gruppe Lehrer rannte auf sie zu, blieb aber unsicher stehen, als sie die schlaffen Glieder Alice's sahen.
Die Schulleiterin trat hervor und schob ihre Brille mit zitternden Fingern hoch. Ihre Stimme blieb jedoch fest, als sie laut rief: "Du, was hast du hier zu suchen?"
"Ich hab was gesucht, weil es mir Luce gesagt hat! Aber ich hab's schon gefunden!" Er zeigte mit breitem Lächeln auf Alice.
"Lass die Schülerin sofort gehen und bleibe hier bis die Polizei kommt!"
"Hmmm..." Er sah so aus als würde er es sich ernsthaft überlegen, schüttelte jedoch entschuldigend den Kopf.
"Sorry, aber Luce würde das nicht gefallen. Er hat mir extra gesagt, ich soll mich nicht schnappen lassen, also," er nahm die Pistole aus seinem Gürtel, "werde ich nicht auf sie hören können."
Er richtete die Pistole auf die Schulleiterin. Ruhig hielt er sie, sein Finger lag auf dem Abzug.
Die Schulleiterin stolperte nach hinten, rutschte aus und fiel auf ihren Hintern.
Die Waffe folgte ihrer Bewegung.
Im Gesicht der Schulleiterin stand Angst. Ihr war nun absolut egal, was mit Alice geschah. "Nimm sie mit, nimm sie mit und komm nie wieder!" Sie krabbelte nach hinten und kauerte sich zusammen.
"Oh, okay! Dankeschön!"
Er steckte die Waffe wieder in seinen Gürtel und lief an dem zitternden Häufchen vorbei, das einmal eine stolze, furchtlose Frau gewesen war.
War.
Alice's Blut spritzte noch immer auf den Boden, den ganzen Weg bis zum Schulausgang, vor dem ein grosses Motorrad stand, knalltot mit breiten Reifen.
"So." Der Junge legte Alice über den Hintersitz, bemerkte jedoch, dass ihre Haare und ihre Beine den Boden berührten.
Eine tiefe Denkfalte zeigte sich auf seiner Stirn. "Hmmmm"
Er hob Alice wieder auf und setzte sie auf den Rücksitz, von welchem sie sofort von der Seite zu rutschen drohte. Er fing sie wieder auf und schob sie auf den Vordersitz. Dann setzte er sich hinter sie und stützte sie mit seiner Brust.
Zufrieden lächelte er.
Dann gab er mit quietschenden Reifen Gas und liess eine völlige auf dem Kopf stehende Schule zurück.
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