8. Kein Ausweg/ der noch nie da gewesene Traum
Der Weg hoch zum Schloss war der schwerste und gleichzeitig auch leichteste für Jr an diesem späten Abend. Er flitzte ihn entlang und blieb nicht stehen. Deanerys auf den Armen und in einer Geschwindigkeit, die extra nicht die schnellste war, rannte Jr auf das Schloss zu. Mit vielen Gedanken im Kopf war es für Jr schwer sich von Deanerys eigentlich zu trennen. Doch er wusste, dass es gefährlich war, wenn er bleiben würde und außerdem hatte er sich ja was geschworen, was dieses Mädchen anging. Jr wollte versuchen den Schwur nicht zu brechen. Er hatte ohnehin nicht viele Möglichkeiten. Schon gefühlt vor einer Ewigkeit hatte er sich dafür entschieden. Also wieso zweifelte er daran?
Jr wurde langsamer, als er den Eingang zum Schloss sah, den er hatte nehmen wollen, und versteckte sich schnell hinter der Ecke, um die er gerade nachdenklich herum rasen wollte. Er hatte Snape zuerst nicht gesehen, doch im letzten Moment hatte er im schon glimmenden Mondlicht ihn zum Glück erkannt. Snape, der neben dem Eingang wahrscheinlich Wache hielt, kickte wahllos kleine Äste und anderes Zeug umher. Sein fettiges schwarzes Haar klebte förmlich an seinem Kopf und sein Umhang, den er so gewissenhaft trug, wippte bei jedem vor und zurück Schreiten auf und ab.
Jr kannte Snape schon einige Zeit, doch hatte ihn nie richtig gemocht. Eigentlich war das sogar untertrieben. Jr hasste Snape so abgrundtief! Das hatte auch seine vielen Gründe. Gefühlte tausende Male hatte Snape versucht Jr irgendwie schlecht zu machen und alles auf ihn zu schieben. Jr konnte diese Male nicht mehr zählen.
Snape gähnte laut. Jr wusste nicht, ob er wirklich glauben sollte, dass Snape müde war.
„Vielleicht hat er mich doch gesehen", dachte Jr schnell und wartete nur darauf, das Snape sich umdrehte und in den Schatten verschwand. Ein paar Minuten musste er noch aushalten, bis Snape wieder gähnte und dann wirklich mit stampfenden Schritten in den Schatten eintauchte. Diesen Moment nutzte Jr. Er schlüpfte mit Deanerys ins warme Schloss, ging mit flottem Gang durch die Flure und blieb erst stehen, als der Ausgang weit aus der Sicht war. Vorsichtig ein- und ausatmend beruhigte Jr seinen Puls. Klar würden die Lehrer nach Deanerys suchen, klar war es auch gefährlich, aber sie war nicht für ewig weg. Bald würde sie wieder in ihrem Bett liegen. Jr erreichte den Gemeinschaftsraum von den Slytherins fast ungesehen. Nur einmal als er an Ms. Norris vorbei gehuscht war, wäre er fast in Filchs Finger geraten. Er hatte sich aber noch in letzter Sekunde aus dem Radar gezogen. Und war weiter gerannt.
Jetzt stand er am Eingang und schlüpfte hinein. Der Gemeinschaftsraum war inzwischen leer. Alle Schüler waren schon in ihren Betten, doch Jr war trotzdem vorsichtig. Er schaute sich um. Sich zu orientieren war leicht, doch Jr ließ sich Zeit. Ein paar Erinnerungen schlugen auf ihn ein, als seine Augen zum dritten Mal durch den Gemeinschaftsraum glitten. Langsam und darauf bedacht keine großen Geräusche zu machen schlüpfte er in den Schlafsaal der Mädchen. Jr fühlte sich unwohl dabei, als Junge in einem Mädchen Schlafsaal zu sein und zwischen schlafenden Mädchen zu stehen.
Jr schüttelte sein Unwohlsein ab und legte Deanerys, die immer noch fest schlief, ins Bett. „Bis irgendwann, Deanerys", flüsterte er noch in ihr Ohr und huschte aus dem Schlafsaal, versteckte seine blonden Haare unter der Kapuze und ging aus dem Gemeinschaftsraum.
Plötzlich hörte Jr Schritte aus der Richtung, in die er gehen musste. Leise drückte er sich in eine der Ecken, die ihm am nächsten war. Spannte sich an, zwang sich keinen Laut von sich zu geben und etwas flacher und damit leiser zu atmen. Er wusste ungefähr, wer da in seine Richtung kam. Als sich Snape an ihm vorbei schob, bestätigte sich seine ungefähre Vermutung.
Jr sah Snape nochmal und nochmal gähnen und schüttelte seinen Kopf. „Der Kerl hat selbst schuld, wenn er immer Nachtschichten macht", dachte Jr. „Er kann es doch einfach auch mal lassen!" Doch obwohl er diese Gedanken hatte, beschlich ihn trotzdem das Gefühl, dass Snape ihn gesehen hatte, und deswegen mit ihm spielte. Er wollte sich gerade einreden, dass das nicht stimmte, als Snape ruckartig stehen blieb, sich umschaute, ob jemand da war, und sich dann, als er sich vergewissert hatte, ganz zu Jrs Ärger genau in seine Richtung drehte und in die Dunkelheit zischte, „Ich habe dich schon gesehen, Crouch Söhnchen. Du brauchst dich also nicht vor mir zu verstecken!" Seine Stimme hinterließ bei Jr fast Ekel. Er musste sich zusammenreißen nicht seine Ohren zu verdecken. Das fehlte ihm noch
Er war nicht gerade scharf darauf mit Snape zu sprechen. Das verursachte doch nur wieder Schwierigkeiten, doch so wie Jr Snape kannte, wollte dieser, dass er Schwierigkeiten bekam.
Na, dann mal tschüss Plandesunbemerktrausschleichens, war schön dich gehabt zu haben, aber jetzt kann ich das wohl vergessen. Snape kam näher in Jrs Richtung und ein Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus. „Na, hast du keine Erwiderung?" Er blieb wieder stehen.
„Oder hast du dir den Mund verzaubert?" Täuschte Jr sich oder hatte Snape gerade leise gelacht?
Snape kam noch näher auf sein Versteck zu. Jr, der sich immer noch kein bisschen bewegt hatte, konnte jetzt den Rauchgeruch riechen, der an Snape haftete, und bewegte sich jetzt doch ein bisschen von ihm weg. Nicht wegen des Geruchs, sondern wegen Snape selbst. Dieser bemerkte es jedoch und wickelte sich immer noch grinsend fester in seinen Umhang. Jr vermutete stark, dass er dies nur deshalb tat, weil er so seinen Zauberstab versteckte. Es war schon eine eingespielte Geste, die er zu häufig anwandte.
Doch Jr hatte auch seine Tricks. Lächelnd griff er in die Tasche seines Umhangs und schloss seine Hand um seinen eigenen Zauberstab.
Als Snape gerade wieder anfangen wollte ihm irgendein Spruch an die Birne zu werfen, war Jr schneller. Er trat aus seinem Versteck und schoss Snape mit einem Expelliarmus den Zauberstab aus der Hand.
„Erstens, ich bin kein Söhnchen!", zischte Jr Snape zu, währendessen Snapes Zauberstab geräuschvoll zu Boden fiel, was ihn kurz verdutzt gucken ließ. „Und zweitens, habe ich meine wunderschöne Stimme noch und kann sehr gut damit mich austauschen. Also ich bitte um ein wenig bessere Einschätzung, Mr Snape." Snape erwiderte dazu nichts, hob stattdessen seinen Zauberstab auf und zielte auf Jr, der den Zauber aber gekonnt abblocken konnte.
„Vielleicht hast du deine Stimme wieder, Jr", fing Snape langsam wieder an, „aber das ändert nichts daran, dass du ein schwacher und mickriger Junge bist. Und dass ich jetzt dazu noch was über dich weiß." Jr kochte vor Wut.
„Ach ja, und was weißt du über mich?" Snape ließ sich Zeit mit seiner Antwort und sagte dann langsam und mit wohlwollenden Pausen: „Du hast das Targaryen Mädchen entführt und ich werde auch herausfinden warum." Jr zuckte kurz zusammen. Schlimm genug, dass Snape ihn in die Enge trieb.
„Ich muss irgendwas erwidern. Ich darf es nicht so stehen lassen. Zeig ihm nicht, dass du Angst hast. Lass ihn das nicht sehen. Er darf es nicht rausfinden, dass es dich trifft", dachte Jr und schaute Snape fest in die vor Belustigung blitzenden Augen.
„Ich bin ja erstaunt, dass gerade du das sagst. Ich dachte, du machst nichts anderes, als hier ständig kandidierend in einer Ecke zu sitzen." Jr richtete sein eigenen Zauberstab auf seine Wange, bevor langsam weiter redete. „Von den ganzen anderen Dingen will ich gar nicht anfangen. Ach ja, und übrigens, du wirst mir so schnell nicht auf die Schliche kommen." Jr verwandelte sich in die schwarze Wolke und schwebte noch kurz über Snape, bis er den Gang runter und nach draußen sauste. Wieder in Gedanken bei Deanerys, und tief hoffend das Snape es nie rausfinden würde, was er für dieses Mädchen empfand.
Deanerys träumte etwas anders als sonst. Mit ihrem Zauberstab in der Hand ging sie durch einen Wald, der dunkler nicht hätte sein können. Sie konnte nicht die Hand vor Augen sehen und wusste auch nicht, wohin sie lief. Sie wusste es nicht, jedoch wussten es ihre Beine ganz genau. Und so ließ sich Deanerys von ihren Beinen durch den Wald tragen und wartete nur bis dieser zu Ende sein würde. Wenn sie ehrlich mit sich selbst war, hatte sie nämlich keinen Bock mehr auf diesen Wald. Dieser Wald war ihr unheimlich. Sie fühlte sich irgendwie beobachtet und verfolgt. Sie wollte einfach raus. Um so froher war Deanerys, als ihre Beine auf einer Lichtung stehen blieben und die dichten Bäume hinter ihr waren. Jetzt hatte sie auch die Chance sich umzusehen. Es war Nacht. Der Mond schien auf die Lichtung hinab und ließ ihre Haare fast silbrig schimmern. Sie genoss den Augenblick, schaute zum Mond hoch und schloss die Augen.
„Das ist alle Mal besser, als mit einem Entführer unter der alten Eiche zu diskutieren", dachte sich Deanerys und dankte dem Traum doch oder halt eben dem, der ihn ihr gegeben hatte. Als Deanerys die Augen wieder öffnete und nach vorne zu den dichten Bäumen sah, bemerkte sie etwas hoch aufragen hinter den Bäumen. Es sah aus wie ein dunkler großer Umriss, der sich von den Bäumen abhob und in den Himmel ragte.
Was ist das? Deanerys ging näher auf die Bäume zu. Konzentriert schaute sie zu dem dunklen Umriss. Dieser war immer noch schwer zu erkennen. So konnte man nur so eine Art Hügel vermuten. Deanerys musste die Augen zusammen kneifen, doch dann schob sich der Mond über die Bäume hinweg auf den Umriss zu. Endlich konnte Deanerys erkennen, was es war. Über den Umriss noch weit von ihr weg waren Spitzen eines Schlosses zu erkennen. Oder war es doch ein Haus?
Deanerys Herz machte einen kurzen Sprung. Bald würde der Wald endlich aufhören und sie würde bei diesem Haus sein. Mit neuem Mut hob sie den Kopf und machte sich bereit das letzte Stück durch den Wald zu spazieren. Sie würde bald draußen sein, dennoch war das Haus ein ganzes Stück weg. Also musste sie wohl oder übel weiter gehen. Deanerys ging zwischen den dichten Bäumen hindurch bereit die letzten Meter zu machen. Wer weiß, was sie erwarten würde? Sie hoffte etwas Gutes, doch diese Hoffnung begrub sie fast schon wieder. Sie wusste selbst nicht warum, aber sie tat es.
Deanerys ging inzwischen gefühlt wieder eine Ewigkeit durch den Wald und mit jedem Schritt fragte sie sich mehr und mehr, ob sie nicht doch auf dieser Lichtung hätte bleiben sollen. Sie war durchaus kein Angsthase, aber sie hatte ein mulmiges Gefühl in der Magengrube. Was, wenn da etwas passierte? Deanerys blieb stehen.
Sie hatte sich irgendwie doch anders entschieden. Sie würde nicht ganz zu diesem Haus laufen. Doch wo konnte sie hin? Deanerys drehte sich einmal um und schaute auf den Weg, den sie gekommen war. Da war alles dunkel. Sie drehte ihren Kopf wieder nach vorne. Auch alles dunkel.
Plötzlich zischte etwas an ihrem Ohr vorbei. Deanerys sah aus dem Augenwinkel etwas Schwarzes, das aussah wie eine Wolke oder so etwas ähnliches. Doch so schnell, wie sie es gesehen hatte, war es auch irgendwie wieder verschwunden. Deanerys zuckte kurz, erholte sich aber davon schnell wieder und wollte gerade weiter gehen, als sie eine Stimme hinter sich hörte, die ihr verdächtig vertraut erschien. „Na, was machst du denn hier, Deanerys?" Deanerys wagte einen Blick zurück. Hinter ihr stand Snape und grinste sie an.
„Was macht denn mein Lehrer in meinem Traum?", dachte sie. Deanerys war es zu unangenehm, sie sagte deswegen auch erstmal nichts, sondern beobachtete Snape aus den Augenwinkeln. Doch dann rutschte doch was über ihre Lippen. „Das gleiche könnte ich Sie fragen, Professor. Was machen Sie hier?" Snape antwortete nicht, sondern kam immer näher und zu Deanerys Schrecken veränderte sich sein Gesichtsausdruck.
Deanerys ging ein paar Schritte von ihm weg, doch er kam ihr hinterher. „Willst du zu diesem Anwesen dort?", fragte Snape nach einer Weile mit brüchiger Stimme. Deanerys nickte und ging noch ein paar Schritte. Das ließ Snape grinsen.
„Dann werde ich dich dahin jagen!", schrie Snape plötzlich und wurde schneller. Er rannte auf Deanerys zu, die nicht wusste wie ihr geschah. Was hatte ihr Professor da eben gesagt? Er wollte sie jagen? Wie? Deanerys wollte nicht glauben, was sie da gehört hatte.
Snape war fast bei ihr angekommen. Deanerys wusste, dass sie was tun musste, sonst würde er sich ihr Bein schnappen und sie vielleicht auch noch zu Boden werfen. Das durfte sie nicht zulassen!
Deanerys stand da, atmete tief ein und rammte Snape, der schon in ihrer Reichweite war, ihren Ellenbogen gegen seine Schulter. Snape schrie kurz wütend auf, was Deanerys als Bestätigung nahm, dass sie getroffen hatte. Deanerys taumelte rückwärts, drehte sich um und rannte davon, währenddessen Snape sich aufrappelte. Sie rannte und rannte.
Endlich lichteten sich die Bäume und Deanerys musste abrupt anhalten. Auf einmal wurde ihr schwindlig und sie hatte das Gefühl, sie müsste sich übergeben. Schnell machte sie die Augen einen Spalt zu.
Als das Gefühl endlich besser wurde, staunte sie. Sie war, ohne es richtig zu merken, bei einem Tor angekommen. Links und rechts von ihr befanden sich zwei hohe und gerade geschnittene Hecken, dahinter ein kleiner oder klein aussehender Garten, den sie nicht richtig erkennen konnte, mit einem Weg, der zum Haus führte. Deanerys riss die Augen auf. Das Haus.. das eigentlich fast schon eine Villa war. Das hatte sie im Wald gesehen, besser gesagt, die Villa.
Nur wie kam sie hier her? Das konnte gar nicht sein. Deanerys schaute links und rechts, doch da war niemand. Wer oder was hatte sie hier? Deanerys schaute dreimal links und rechts. Da war aber wirklich niemand. Dann schaute sie wieder zur Villa und zuckte unwillkürlich zusammen. Hinter dem Tor auf dem sauberen Kiesweg stand jemand. Die Person war in einen Umhang gehüllt und kaum zu sehen. Auch wenn es ein Fremder war, nahm Deanerys all ihren Mut zusammen und rief durch das Tor. „Hey, Sie da, können Sie mir helfen?" Die Person drehte sich zu Deanerys zwar nicht ganz um, doch Deanerys hätte schwören können, dass die Augen unter der Kapuze sie genau ansahen.
Und dann kam das, was Deanerys nicht erwartet hatte. Die Person kam in ihre Richtung und gerade, als Deanerys den Satz aussprechen wollte, dass sie sich verlaufen hatte, fiel aus der Kapuze eine blonde Strähne und alles um sie herum wurde schwarz.
Deanerys schlug die Augen auf und schaute sich um. Sie lag in ihrem Bett in Hogwarts.
Wo war der Junge hin? Deanerys setzte sich auf. Der Junge war nirgends zu sehen. Nur ein paar Schmatzer von Pansy, die ein paar Meter entfernt tief und schlief, waren zu hören. Von dem Jungen keine Spur. Seufzend ließ sich Deanerys wieder in ihr Kissen sinken. Wo der Junge wohl jetzt war? Und was war das für ein Traum gewesen? Und wieso dachte sie über den Jungen nach? Alles Fragen, auf die Deanerys gern verzichtet hätte. „Wieso stelle ich mir diese überhaupt?", fragte sie sich zuletzt und schloss danach wieder die Augen, um weiter zu schlafen. Das war wirklich komisch gewesen.
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