Offenheit
Hm.
20. März 2023: Ich glaube, wenn ich meine Liebe verlassen bzw. hinter mir lassen würde, für das, was da jetzt kommen könnte. Wenn ich meinem jugendlichen Leichtsinn, meiner Risikobereitschaft (oder auch meinem Risikohunger?) folgen würde. Wenn ich dann wirklich etwas Neues beginnen würde, dann wäre ich schon ein bisschen ein anderer Mensch, im Idealfall ein besserer. Wenn nicht, wärs echt traurig. Was aber sowieso traurig wäre, wäre mein Herz. Egal ob ich parallel erleichtert und aufgeregt und neugierig wäre. Ich glaube, ich würde in einer neuen Beziehung sein, und es wäre erst einmal lange wie eine sehr sehr krasse Freundschaft. Ich würde lange brauchen. Ich würde sagen: Du, es tut mir so leid. Ich hab extra alles umgekrempelt um mit dir zusammen zu sein, und jetzt bin ich jeden Tag ein bisschen traurig. Ich verspreche dir, ich werd glücklich. Ich hab das ja gemacht, um glücklich zu sein. Und ich bin auch eigentlich immer sehr glücklich. Ich werde das auch wieder, versprochen. Ich brauche nur Zeit.
Und ich stelle mir aber auch vor, wie ich nie wieder in diese Bar gehe und nie wieder dort Uno spiele. (Oder ein letztes Mal die letzte Karte hinschmeiße und laut: UnoUNO! schreie und mich nach dem Spiel in Ruhe und Frieden verabschiede.) Aber ich stelle mir auch vor, wie ich vorher vielleicht noch einmal mit ihm rede. Wie ich ihm die alte Casio schenke, die ich extra meinem Mitbewohner abgekauft habe, nur um dann zu behaupten: ach, mein Mitbewohner wollte die eh nicht mehr, und du meinst ja du brauchst ne Uhr.. Und wie ich ihn dann noch einmal lange anschaue und dann irgendwann sage: Naja, es nützt jetzt nichts. Du bist toll, jemand anderes ist auch toll und wird sehr sehr glücklich mit dir sein. Und du auch. Und ich und mein Freund auch. Und dann würde ich ihn fragen: Hey, wollen wir aber noch ein Bild machen, einfach so? und er würde bestimmt ja sagen, weil er offen ist und auch ein bisschen entrückt von der Welt und so stoisch-neutral-neugierig wie ich. Oder auch einfach höflich. Und dann hätte ich vielleicht ein Foto mit ihm gemacht.
Und ich würde es mir ausdrucken und drunter schreiben: "Selfie mit Seelenverwandtem".
Und es dann irgendwo in einer Schublade vor der Zeit und mir und dem Staub verstecken.
(In einer ganz stark romantisierten Version würde ich dieses Bild dann irgendwann meinen Kindern im Jugendalter zeigen, während ich schon alt bin und hoffentlich viele Lachfalten habe. Aber nur in einer ganz stark romantisierten Version. Im Romantisieren bin ich übrigens sehr gut, wenn ich mal eben drüber nachdenke. Vielleicht ist das ja viel eher meine Übertreibung, meine Grenzerfahrung, mein Bodybuilding. Ja, doch. Das kann schon gut sein.)
Selfies sind so etwas Oberflächliches. Und Seelenverwandschaft sowas Tiefes. Wie Liebe auf den ersten Blick. Superficial und superdeep, je nachdem, vielleicht auch beides.
Und es ist doch witzig: man redet von Liebe auf den ersten Blick, derweile passiert es dir vielleicht niemals! Und trotzdem ist es wahre Liebe. Oder genau im Gegenteil: es passiert dir 2, 3 mal im Leben. Also das zweite Mal auf den ersten Blick und das dritte Mal auf den ersten Blick. Ist doch dumm.
Und du redest von Seelenverwandtschaft und dann ist deine seelische Family vielleicht voll groß. Und was ist mit Seelenfreundschaft?
Oder du redest von dem einen Schicksal, und derweile siehst du zwei Schicksale vor dir, und man kann sich in beide super. gut. gedanklich. reinsteigern. Und du kannst dich unmöglich entscheiden, welches von beiden denn nun schicksalshafter ist als das andere.
Ja, vielleicht sind da auf einmal 2 Lebenswege die du vor dir siehst - und dann schlägst du dich aber einfach durchs Gebüsch... nur um dich entweder zu verirren oder - auch bloß wieder zufällig auf einem oder anderen Weg rauszukommen.
Vielleicht sollte man auch einfach ein bisschen mehr stehenbleiben und nachdenken.
Oder zur Abwechslung mal auf einen Baum klettern.
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