22| Ich hatte ihm einfach vertraut, ohne Zweifel
"Und wo bringt ihr mich hin?"
Ich schaue aus dem Fenster. Man konnte aber kaum etwas erkennen, da es stockdunkel im Wald war.
"Erstmal in ein Versteck, dann wieder zum Schloss."
Verwirrt drehte ich mich wieder zu Gale um. "Warum denn nicht gleich ins Schloss? Ich habe nicht bemerkt, dass uns jemand verfolgt." Ich deutete zum Rückfenster.
"Nein, das ist es nicht. Im Schloss da ist gerade ...Ähm... also...."
Ungeduldig rutschte ich auf meinem Platz herum und tippte mit dem Fuß auf den Holzboden der alten Kutsche.
"Dort wird gerade ein Anschlag verübt." Er schaute mich nicht an.
"Was?! Wir müssen sofort da hin! Die anderen warnen, ihnen helfen!"
"Das geht nicht. Wir haben schon ein paar Leute geschickt, zur Hilfe. Du musst wissen, wir haben ein Abkommen mit der Königin, dass wir bei Angriffen der Oat dem königlichen Militär zur Seite stehen."
Endlich schaute er mir wieder ins Gesicht.
"Mit der Königin? Warum nicht mit dem König?"
Er seufzte.
"Du musst wissen, der König ist nicht so toll wie, er manchmal vielleicht scheint. Er hat ja keine Ahnung. Überhaupt- er hat ja keinen blassen Schimmer, was er da macht." Er warf verzweifelt die Arme in die Luft.
"Wir haben vor etwa einem Jahr ein Termin mit dem König gemacht, um sozusagen ein mündlichen Friedensvertrag zu vereinbaren. Wir haben ihm erklärt, dass wir ihm sämtliche Informationen über die OAT überbringen und deren Militär bei Angriffen zur Seite stehen. Du musst wissen, die die da Ausgebildet sind, also ich weiß ja nicht was sie bei der Ausbildung machen, aber die meisten von denen sind so unfähig...."
Erfuhr sich mit der Hand übers Gesicht und stützte anschließend den Kopf in die Hände. Die Ellenbogen hatte er auf seinen Knien platziert.
"Auf jeden Fall... wo war ich nochmal ? Ah ja, also wir wollten natürlich auch etwas im Gegenzug. Und das war nicht wirklich viel. Wir wollten einfach nur, dass vielleicht einmal im Monat oder alle sechs Wochen, jemand vom Schloss vorbei kommt in unser kleines Dorf und uns genug Lebensmittel bringt. Oder wenigstens ein paar oder ein wenig Medizin. Denn du musst wissen , unsere Gruppe, wir bestehen nicht aus den Kasten 3 oder 4. Wir sind alle Kaste 5 oder 6. Da ist das Leben nicht einfach. Aber das brauch ich dir ja nicht zu erklären, das weist du ja selbst."
Ich nickte.
"Der König hörte uns nur mit halbem Ohr zu und als wir ihn fragten, ob er damit einverstanden wäre, schickte er uns raus. Doch kurz bevor wir das Schlossgelände verließen, kam die Königin. Mit ihr haben wir uns dann geeinigt. Aber der König, dem ist das Leben seiner Bürger vollkommen egal. Das einzige, was für ihn zählt, ist wie unser Land nach außen hin scheint und sein Reichtum. Deshalb hoffen wir auch, dass dieses blöde Casting bald vorbei ist und endlich Cameron oder Lean König werden."
"Ihr wisst auch nicht, wer es ist?"
Er schüttelte nur den Kopf.
"Warum habt ihr mich eigentlich gerettet?"
"Ein paar der Kandidatinnen scheinen für uns eine gute Königin abgeben zu können. Und die versuchen wir natürlich zu erhalten."
Ich nickte und schaute wieder nach draußen. Wir fuhren nun nicht mehr durch den Wald sondern durch ein kleines Dorf.
Wir schwiegen uns zwar an, aber es war keine unangenehme Stille, bei der man unbedingt etwas sagen musste.
Allerdings durchbrach ich diese dann doch ein wenig später.
"Könntest du das bitte öffnen?"
Ich deutete auf das Seil um meine Hände. "Mich juckts am Rücken."
Gale lachte. Dann holte er ein Taschen messer aus seiner Hosentasche und durchtrennte das Seil. Sofort kratze ich mich an der betroffenen Stelle.
Er schaute nach draußen.
"Mich wundert es, dass du mir so schnell vertraut hast. Ich hatte eigentlich erwartet, dass du skeptisch bist. Ich meine, woher hättest du denn wissen sollen, ob ich dich nicht anlüge?"
Ich dachte darüber nach. Er hatte eigentlich Recht. Das war mir noch gar nicht in den Sinn gekommen. Ich hatte ihm einfach vertraut, ohne Zweifel. Andererseits; was hätte ich denn auch zur Wahl gehabt?
"Ich hatte ja eigentlich keine Wahl."war meine schlichte Antwort.
Mit einem Ruckeln hielt die Kutsche vor einem alten Haus. Der Zaun der Veranda war an einigen Stellen ein wenig kaputt und der Putz bröckelte auch schon an der Fassade ab. Aber dennoch sah es ziemlich gemütlich aus.
Gale öffnete die Tür und sprang heraus. Dann half er auch mir raus zu klettern.
Er brachte mich in das Haus, in dem eine alte Dame mit ihrer Katze lebte. Sie saß auf einem schäbigen Sofa und strickte einen Schal. Ich setzte mich zu ihr auf das weiche Polster, gegenüber vom Kamin. Gale nahm im Schaukelstuhl in der Ecke Platz.
Ich drehte mich zu Gale um. "Eine Frage hätte ich noch; warum wollten die eigentlich mich haben?"
Doch Gale starrte weiter ins Feuer.
"Gale?"
Er schreckte aus seinen Gedanken hoch und schaute zu mir herüber. "Sorry, war gerade in Gedanken. Was hattest du gefragt?"
"Ich wollte wissen, warum die Oat mich wollten und nicht Cameron oder Lean?"
Er dachte nach. Lange. Solange, dass ich irgendwann schon dachte, dass er gar nicht mehr antworten würde.
"Ich glaube, sie hätten dich als Druckmittel für den König genommen, um zu bekommen, was sie wollten."
Ich runzelte die Stirn. Das ganze machte in meinen Augen überhaupt keinen Sinn.
"Aber wäre es da nicht schlauer, wenn sie den Prinzen haben? Ich meine sein Sohn ist ihm doch viel wichtiger, als eine kleine sechs."
"Du musst wissen, sein Sohn ist ihm überhaupt nicht wichtig. Ich glaube es käme ihm ganz gelegen, wenn dieser Weg vom Fenster wäre. Denn sobald er heiratet, wird er König. Aber wenn du gefangen genommen werden würdest. Und dass an die Öffentlichkeit gelangen, dann würden sich wahrscheinlich kaum noch Mädchen fürs Casting bewerben und viele das jetzige Casting auch verlassen. Und das würde dem Frieden Schaden, die Menschen würden sich nicht mehr sicher fühlen und unzufrieden sein. Dass zeigt sich auch nach außen hin und wie gesagt ist nur das äußere Bild des Landes dem König wichtig."
So langsam fing ich an, zu verstehen. Doch noch war nicht alles klar.
"Aber wenn der Prinz gestorben, gefangen worden wäre, dann hätten sich die Leute doch auch nicht sicher gefühlt."
"Der König hätte vielleicht gesagt, er wäre an einer schweren Krankheit gestorben."
"Und bei mir nicht?"
"Wie denn? Es gäbe genug zeugen, dass du verschwunden bist und davor kerngesund warst. Die Elite, das Personal, die Wachen, alle im Schloss."
Ich seufzte und lehnte mich nach hinten. Das waren eindeutig zu viele Informationen auf einmal für mein Gehirn.
"Möchte jemand Tee?"die alte Dame, deren Name ich immer noch nicht wusste, stand auf und strich ihr Kleid glatt.
"Nein danke." Erwiderte ich höflich, wohingegen Gale einen nahm.
Wenige Sekunden später kam sie jedoch ohne Tee wieder ins Wohnzimmer gestürzt. Ihr Gesicht war Kreidebleich und sie zitterte noch mehr als vorher.
"Felicia, was ist passiert?" Gale sprang auf und lief zu ihr.
Also hieß die Dame wohl Felicia.
"Die Oat sind da. Sie haben Waffen dabei." Sie drehte sich zu mir. "Kindchen, du musst hier weg. Hier."
Sie nahm einen dicken Mantel von der Wand und lege ihn mir über die Schultern.
Nicht im Stande mich zu bewegen, oder gar zur sprechen starrte ich sie einfach an. Mein Gehirn hatte einfach ausgesetzt und war somit auch zum Denken nicht in der Lage.
"Nimm ihn und geh durch die Hintertür raus. Renn' durch den Garten und kletter' über den Zaun. Laufe dann rechts immer an den Gärten entlang, bis zu einem roten Haus. Dort bist du sicher."
Ich nickte nur. Dann schob sie mich auch schon zur Tür hinaus.
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Ein komisches, kurzes Kapitel. Ich hoffe es gefällt euch trotzdem:)
Wenn ihr irgendwo einen Fehler findet, lasst es mich wissen, damit ich ihn verbessern kann :)
Irgendwie habe ich es leider nicht geschafft früher zu Updaten😬
Lg
Erdbeertorte11
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