19| Vorbereitungen
Ich warf einen Blick auf die Uhr. Fünf Uhr.
Erschrocken ließ ich die Haarbürste fallen und zog mir meine Schuhe über. Dann stürmte ich aus dem Zimmer. Die Treppen runter und dann zweimal links.
Ich hatte meine Zofen heute mindestens zehn mal gefragt, wie ich denn zum Tanzsaal käme, damit ich ja nicht zu spät kommen würde.
Unten angekommen, stieß ich die Türen auf und betrat den Saal.
Der Raum war voll gestellt mit Kisten, Tischen und Stühlen. Auf dem Boden lagen überall Klamotten und auf den Tischen war alles mögliche an Schminke und Perücken ausgebreitet.
Zwischen zwei Kleiderhaufen entdeckte ich die beiden hilflosen Männer, auf der Suche nach etwas Anziehbarem.
"Kann man helfen?"
Sie schreckten hoch und stießen dabei die Köpfe so sehr die Köpfe zusammen, dass ein sehr unangenehmes Geräusch entstand. Sofort fassten beide an die betroffene Stelle und schauten sich dann zu mir um.
"Das tut mir leid, ich wollte euch nicht erschrecken." Verlegen schaute ich auf den Boden.
"Nicht so schlimm. Hauptsache wir haben Hilfe." Cameron lächelte mir aufmunternd zu.
"Ähm.. also... wir haben nämlich ehrlich gesagt keine Ahnung, was wir anziehen sollen.."
"Okay, ich helfe euch."
Die nächsten zwei Stunden verbrachten wir damit, uns umzuziehen, zu schminken und die Haare zu machen. Bei den beiden Prinzen musste ich mich ziemlich anstrengen.
Nicht weil sie hässlich waren- sie sollten nur nicht erkannt werden.
Erschöpft und auch ein wenig stolz betrachteten wir uns im Spiegel.
"Wow. Ich hatte ja keine Ahnung." Cameron spielte ein seiner Jacke herum.
"Und so lebt man bei euch?" Er drehte sich zu mir.
"Ja, wobei du so in unserer Gegend ziemlich auffallen würdest. Das ist Kleidung für die dritte vielleicht noch die vierte Schicht. Dann soweit ich weiß," ich warf Lean einen vielsagenden Blick zu," lebt sie - und ich zitiere- nicht in einer Schicht, in der man sich zu benehmen weiß."
Ich war immer noch ein wenig sauer auf ihn. Wie konnte er nur so arrogant sein?
Lean schob Cameron beiseite.
"Hey, es tut mir leid okay? Ich habe das doch nur abgelesen und mich doch schon tausend mal entschuldigt. Das stand da wortwörtlich." Er kratzte sich am Hinterkopf.
"Ich glaube es dir immer noch nicht. Erst wenn du es mir zeigst." Ich zog auffordernd eine Augenbraue hoch. Das hatte ich mir nach jahrelangem Üben vor dem Spiegel endlich angelernt. Und ich war immer noch ein wenig stolz darauf.
"Okay, na gut. Aber wenn das raus kommt, dass ich dir die Akte gezeigt -oder überhaupt gesto- nein, geliehen habe dann..."
Ich unterbrach ihn;" Du schlägst dich doch ziemlich gut."
Verwirrt schaute er mich an. "Worin?"
"Darin, nicht du zu sein."
Er zog seine Augenbrauen zusammen. "Wieso sollte ich nicht ich sein?"
"Wenn du du wärst, dann würden die Leute da ja schon nach drei Sekunden an deinem Wortschatz zu erkennen, dass du nicht von dort bist."
Sein Gesicht erhellte sich und er drehte sich zu Cameron. Dieser lächele in sich hinein. "Wollen wir los?"
Wir nickten und verlassen anschließend alle drei den Raum.
Der Flur war stockdunkel und wir könnten weder Taschenlampen benutzen, noch das Licht anmachen, da überall Wachen patrouillierten. Cameron lief vorne weg, dicht gefolgt von mir und Lean, der das Schlusslicht bildete.
"Könntet ihr nicht ein wenig schneller? Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit!" maulte Lean von hinten.
Ich drehte mich im Laufen zu ihm um;" Geht nicht, wenn wir rennen, hört uns jeder. Da hätten wir ja gleich nach dem Mittag essen gehen können und den König fragen, ob er mitkommt -oder besser noch..." Ich stolperte und krachte in Cameron hinein.
Ich murmelte ein "T'schuldigung", doch verstummte gleich wieder, als Cameron mir bedeutete, leise zu sein, da er den Finger auf die Lippen legte und Lean hinter mir anfing leise zu kichern, was er mit einem Husten zu verdecken versuchte.
"Psst!" Cameron drückte ihm die Hand auf den Mund.
Lean versuchte mit Gesten zu fragen, was los sei, während Cameron schließlich langsam seine Hand von seinem Mund nahm und uns an die Wand drückte.
Nun warf auch ich ihm einen fragenden Blick zu. Doch er deutete nur auf den Gang vor uns.
Zunächst sah in nichts außer zwei Flure, der eine führte nach links, der andere nach rechts.
Allerdings dauerte es nicht lange und schon wenige Sekunden später kam eine Wache den Korridor entlang. Ich hielt den Atem an. Doch der Wächter lief einfach gerade aus weiter, ohne auch nur einem Blick in unseren Gang zu werfen.
Erleichtert atmete ich wieder aus.
"Das war knapp." Cameron wischte sich imaginären Schweiß von der Stirn und schlich leise weiter, Lean und mich dicht auf den Fersen.
Wir kamen ohne weitere Komplikationen an der Kutsche an. Cameron öffnete die Tür für mich und ich ergriff seine Hand, mit der er mir hinein half.
Kaum saßen wir auf dem roten Samt, ruckelte es auch schon und man hörte das knirschen der Hufe auf dem Kies.
Ich schaute aus dem Fenster, hinauf zum Himmel. Es war Vollmond. Er erstrahle am Himmel umgeben von den Millionen Sternen, als wäre er der Star und sie die Fans.
Cameron lehnte sich zu mir rüber.
"Kennst du die Sternbilder?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Ich zeig dir eins. Schau mal da siehst du den etwas helleren Stern rechts vom Mond?"
Ich nickte.
Er fuhr mit seinem Finger immer wieder eine bestimmte Linie der Sterne nach.
"Wenn du genau hinschaust, erkennst du dort etwas weiter unter ihm noch einen hellen Stern. Und wenn du jetzt diese beiden mit den beiden Sternen gegenüber in deinem Kopf zu einem Viereck verbindest und die Linie oben noch über die drei etwas dunkleren Sterne bis zu dem anderen hellen Stern weiterführst, hast du den kleinen Bär."
So sehr ich mich auch anstrengte. Ich sah nichts weiter als ein paar hellere und ein paar dunklere Sterne, für mich gab es da kein Bild und schon gar keinen Bären.
"Ich sehe keinen Bären", gab ich kleinlaut zu.
Er lachte leise auf. "Der kleine Bär sieht auch nicht aus wie ein richtiger Bär. Er hat mehr die Form eines Viereckes mit einer Schnur dran."
"Tut mir leid, aber ich sehe da rein gar nichts, außer Sterne." Oh tunte mit den Schultern.
Er lächelte mir aufmunternd zu. "Keine Angst, mit ein bisschen Übung bekommst du das bestimmt auch irgendwann hin. Lean hat dafür auch eine Weile benötigt, bis er es verstanden hat, nicht wahr?" Er schaute zu ihm rüber.
Doch Lean war in sich zusammen gesunken und eingeschlafen. Er atmete gleichmäßig ein und aus. Seine Haare fielen ihm ins Gesicht und er hatte seinen Kopf ein wenig auf die Hand gestützt.
Ich wandte mich wieder zum Fenster, doch der Mond war nun von Bäumen bedeckt. Ich seufzte und widmete mich meinen Schuhen, die auch nicht wesentlich spannender waren, als die schwarze Nacht dort draußen.
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