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Die Erfahrung lehrt uns, dass Liebe nicht darin besteht, dass man einander ansieht, sondern dass man gemeinsam in gleicher Richtung blickt.
- Antoine de Saint-Exupery -
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Theresia PoV
Überlegen lächelnd gehe ich durch die Gänge, dessen Farben mir heute umso fröhlicher erscheinen. Es war mir egal, ob er zu einem großen Teil aus schwarzen Teppichen besteht, aber es war ein freundliches Schwarz. Alles war heute so wunderbar. Warum ich so denke?
Das erste Mal seit langem fühle ich mich wirklich frei. In meiner Provinz wurde mir immer alles befohlen und man konnte die Welt nie auf seine Art entdecken. Die ganze Zeit habe ich nur damit verschwendet, mich an einen Plan zu halten, den sich irgendeine fremde Person ausgedacht hat. Und wofür das alles?
Um in das nächste gut geplante Gefängnis zu kommen. Das Schloss. Auch hier hatte man kein Recht auf Individualität. Schon am Anfang ist klar, dass du irgendwie herausstechen musst und du suchst dir ein Image aus, welches deinem Persönlichkeitsbild überhaupt nicht entspricht. Eigentlich weiß man schon gar nicht mehr, wer man eigentlich ist. Man fungiert einfach als eine hübsche kleine Figur in dem größten Schachspiel, was jemals existieren wird. Das Leben.
Doch das war jetzt vorbei.
Jetzt, wo ich den Zettel zerrissen habe, kann ich solange ich sein, wie ich will. Jedenfalls bis sie mich wieder nach Hause schicken. Doch diese Zeit werde ich genießen. Sollten die anderen Erwählten doch in dem Stress untergehen, welcher unweigerlich in dieser Prüfung auftauchen wird. Ich habe eindeutig genug. Nach 18 Jahren meines Lebens habe ich ein Recht darauf, meine Freiheit einzufordern.
Deshalb sehen mich die Wachen wahrscheinlich auch so an, als wenn ich meinen Verstand verloren habe, weil ich hier so glücklich durch die Gegend springe und nicht wie die Anderen an meiner Prüfung hocke.
„Hallo." begrüße ich eine besonders witzig blickende Wache, die mir in der Nähe des Speisesaals begegnet. Sollte er doch gucken. Kann ich ihm nicht verübeln. Immerhin bin ich ja auch sehr ansehnlich. Dafür würde ich ihn nicht einmal mit meinen fehlenden Schuhen berühren wollen. Was dachte sich das Königshaus eigentlich dabei, Wachen so lange zu behalten? Irgendwann nehmen sie zu und bekommen überall Dellen und Falten. Echt eklig.
Außerdem. Wer will schon etwas mit einer verschrumpelten Rosine anfangen, wenn man auch einen knackigen Apfel haben kann?
Keiner.
Ich merke selber, wie merkwürdig mein Vergleich ist, jedoch habe ich ziemlichen Hunger, was meine Denkweise rechtfertigt, oder?
Lächelnd betrete ich irgendeinen Raum, den ich noch nie gesehen habe. Die Tür sah so interessant aus. Sie ist zwar braun und aus Holz, wie jede andere Tür es auch war, doch sie hatte irgendetwas Magisches.
Sobald ich das Innere sah, würde mir mein Lächeln schlagartig vom Gesicht gewischt. Ich befand mich in einer riesigen Bibliothek. Wenn ich riesig sage, dann meine ich auch riesig. Ich konnte gar nicht so weit sehen, weil die Regale so lang waren, dass sie in der Unendlichkeit mündeten.
Doch etwas Anderes zog meinen Blick auch wir magisch auf sich. Die Personen, die an einem der Tische sitzen, an denen man ungestört lesen kann und die mich ansehen.
Es waren Prinz Adam und Prinz Jonathan.
Mein Herz musste um Einiges schneller schlagen als es sollte. Wenn sie jetzt schon herausfanden, dass ich nicht vorhabe, den Test zu bestehen, kann ich meine Freiheit vergessen.
„Hallo Theresia." begrüßte mich Adam freundlich lächelnd.
„Setzte dich doch zu uns."
Mit seiner linken Hand deutete er mir, zu ihnen zu kommen, während sich Prinz Jonathan wieder seinem Buch widmete. Er scheint wohl noch immer kein Mann vieler Worte zu sein, aber immerhin hat er sein Aussehen. Ich will nicht oberflächlich klingen, aber dieser Kerl hat das Zeug zu einem Gott.
Seine Haare, welche flauschiger aussehen als das Fell eines Welpens, waren in einem Braunton, wie man ihn selten in der Natur sah. Es war relativ hell, hatte jedoch dunklere Strähnen, die sich über seinen Kopf verteilen. Doch es sah nicht bescheuert aus. Im Gegenteil. Es scheint eher so, als wenn sie dorthin gehörten. Auch seine Augen waren außergewöhnlich. Sie hatten nicht nur eine Farbe, sondern scheinen eher so, als wenn sie sich nicht zwischen grau und blau entscheiden können. Seine Augen waren klar und blickten einem geradezu in die Seele. Vielleicht tun sie das auch.
„Hallo, Prinz Adam. Hallo, Prinz Jonathan. Ich will sie nicht stören, wenn das denn der Fall ist. In dem Falle gehe ich einfach weiter."
Ich machte schon ein paar Schritte als ausgerechnet Jonathan mich an meinem Arm festhielt. Dabei sah er mir fest in die Augen. Wie die stürmische See, die ich schon so lange nicht zu Gesicht bekommen habe.
„Bleib doch. Wir wollen eh mal ein weniger trocknendes Gespräch führen als sonst immer. Wie wäre es, wenn du uns irgendetwas Neues über dich erzählst."
Schon wieder? Dabei wissen sie doch schon so viel. Da muss mir wohl etwas einfallen.
Vorsichtig setzte ich mich auf einen der Stühle neben denen von Jonathan und Adam, welche mich beide gespannt ansahen. War ich wirklich so interessant? Dabei passiert mir doch nie wirklich etwas Aufregendes.
„Ich habe keine Ahnung, was ich euch erzählen könnte." gab ich zu und lächelte verlegen.
„Ich habe euch beiden schon so viel über mich erzählt. Wie wäre es, wenn ihr mir ein wenig von euren Interessen erzählt?"
Man sah die Überraschung auf Adams Gesicht und die übliche Gleichgültigkeit in dem von Jonathan. Doch dann sprang Adam plötzlich auf und zog mich an meinem rechten Arm hoch, was mich erschreckte. Er war doch eher wie ein kleines Kind als ein Prinz.
„Was hast du vor?" fragte ich ihn lachend und sehe aus dem Augenwinkel, dass Jonathan uns aus der Bibliothek folgt.
„Nimm es ihm nicht übel." sagte Adam als er anscheinend bemerkte, wem meine Aufmerksamkeit galt.
„Er redet eigentlich nie mit Unbekannten. Jonathan ist eher einen von den Personen, die lieber ihre Taten sprechen lassen."
Er war gar nicht stumm? Ich dachte, dass er nicht reden kann. Oh Wow. Das musste ich auch erst einmal verarbeiten. Dabei wüsste ich wirklich gerne, wie seine Stimme klingen würde.
Adam ließ auf einmal meinen Arm los und ich stellte mit Erschrecken fest, wo wir waren.
„Ist das nicht toll?" fragte Adam, der lächelnd den Musikraum betrat.
„Und hier werdet du und Jonathan jetzt ein Duett spielen."
*
Viel Spaß beim Weiterlesen 😘
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