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Die Scheidewand, die die gebildeten Stände vom Volke trennt, ist ohnehin schon zu groß, man muß daher mit doppelter Sorgfalt das hauptsächliche Band erhalten, das sie noch zusammenknöpft.

Alexander Freiherr von Humboldt

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Als Osterspecial gibt es mal wieder ein Kapitel aus der unbekannten Perspektive. Wer das wohl ist?

Frohe Ostern an euch alle😘

??? PoV

Genervt stieß ich die Luft zwischen meinen Zähne aus.
„Nein. Sie verstehen nicht. Es soll nicht alles verändert werden." meinte ich zu einem meiner Berater, welche mich mal wieder mit ihren unnötigen Fragen nerven. Er hatte mich gefragt, ob die Farbe, welche für das neue Kinderheim ausgesucht wurde, annehmbar ist oder nicht. Meiner Meinung nach sollte es nicht einfach weiß sein, weshalb ich einige bunte Bemalungen vorgeschlagen habe, was zu einer langen Diskussion geführt hat.

Irgendwie ist es das aber trotzdem wert. Wenn die Kinder dadurch nicht in einem Haus leben und aufwachsen müssen, das an ein Gefängnis erinnert, dann ist es mir jede Mühe wert.
„Ich fürchte, dass ich sie nicht verstehe, eure Majestät." erwiderte mein Berater leicht nervös. Als ob ich das noch nicht mitbekommen habe. Er war aber auch etwas schwer von Begriff.
„Da sie das Gebäude schon haben streichen lassen, wäre ich dafür, dass noch Aspekte hinzugefügt werden, welche kinderfreundlicher sind."

„So etwas wie gelbe Steifen?" fragte er mich und schien sich selbst für diese Idee innerlich zu loben. Ich wollte jedoch einfach nur einen neuen Berater haben. Feuern will ich ihn ja nicht, weil er dann arbeitslos wäre und ich dafür nicht verantwortlich sein soll, doch vielleicht kann ich ihn ja mit jemanden tauschen. Später werde ich noch etwas arrangieren müssen.
„Nein." rief ich harsch und vielleicht etwas zu laut aus, denn er zuckte bei meinen Worten deutlich stark zusammen. Augenblicklich entspannte ich meine angespannten Muskeln und versuchte, lockerer zu werden.

„Kinder sollten Freude empfinden und keine Trostlosigkeit. Dafür schlage ich kleine Bilder vor. Arrangiere mir ein paar 5er, die mir Ideen für ein paar Motive entwerfen können. Ich werde dann entscheiden, welches gewählt wird. Verstanden?"
Eingeschüchtert nickte er und seine Nervosität schien wieder zu steigen. Jeder, der dachte, dass königliche Berater Selbstvertrauen und geistige Stärke besitzen sollten, liebt falsch. Viele und besonders dieser hier waren emotional instabil, weil die diesen Beruf nur aus Zwang ausführen. Bei der Berufswahl gibt es nun einmal keine Entscheidungsfreiheit. Nicht einmal ich könnte mir aussuchen, ob ich das hier auch wirklich machen will.

Als er endlich den Raum verlassen hat, ließ ich mich laut seufzend in den Sessel zurückfallen. Endlich ein wenig Ruhe. Seitdem die Erwählten in dieses Schloss gekommen sind, herrschte hier doch ein reges Treiben. Schon vorher hatten die Angestellten immer irgendetwas zu tun und irgendwo gab es immer Aufruhr, aber nun ist es unvergleichbar schlimmer geworden. Für uns alle.
Zwar ist das Volk in der Zeit des Castings um Einiges zufriedener, doch auch das beschert mir eine Menge Papiere, die ich ausfüllen und unterzeichnen soll. Tausende von Briefen, welche entweder Glückwünsche, Drohungen oder Anderes enthielten. Am schlimmsten war bisher ein Brief von einer Mutter. Ich nahm ihn in die Hand und las ihn noch einmal durch.

Gewidmet an Eure Hoheit,
Mit aufrichtigen Danksagungen wollen wir die Schuld, welche nun auf unseren Schultern liegt, da sie sich so gut um unsere Tochter kümmern, abzahlen. Auch wenn sie ein Herrscher sind, den es an nichts fehlt, so können wir Ihnen dennoch etwas geben. Für den Fall, dass Sie meine Tochter als Ehefrau wählen, kann ich Ihnen eins versprechen. Wir werden dafür sorgen, dass sie keine Nacht mehr einsam sein werden. Wenn Ihnen meine Tochter nicht gefallen sollte, dann hätten Sie noch ihre zwei jüngeren Schwestern zur Auswahl, die sich Ihnen liebend gerne zur Verfügung stehen würden. Hochachtungsvoll.
Persephone Smith

Diese Frau hat eindeutig ein paar Mal zu tief ins Weinglas geschaut. Eigentlich erfordern die Regeln, dass ich sie verhaften lassen muss, doch das würde auch das Ausscheiden ihrer Tochter bedeuten und sie möchte ich nicht für den Fehler ihrer Mutter verantwortlich machen. Dennoch hat dieser Brief eine Wahrheit enthalten, die mir nicht aus dem Kopf geht. Ich könnte nie mehr alleine sein. Wenn sich hier die Liebe meines Lebens befinden würde, dann wäre ich immer in der Gegenwart der Person, mit der ich mein Leben verbringen will.

Doch ich glaube nicht an wahre Liebe. Es existiert Attraktivität, Charakter und Ausstrahlung. Es wird wohl kaum eine Person geben, die mir in allen drei Kategorien gefallen wird. Auch hier beim Casting sind einige Ladys, welche nicht viel vorzuzeigen haben. Sie waren durchschnittlich.
Ein lautes Geräusch riss mich aus meinen Gedanken. Jemand hatte mit einem Ruck die Tür aufgerissen und war in den Raum gestürmt, um danach die Tür wieder hinter sich zu schließen. Es war ein Mädchen und sie trug keine Schuhe. Kam mir bekannt vor. Wie hieß sie noch gleich? Er war sehr außergewöhnlich.

„Ich wusste ja gar nicht, dass es neuerdings Erlaubt ist, wenn sich Erwählte in diesem Stockwerk aufhalten." meinte ich streng, doch innerlich amüsierte sie mich.
Geschockt und mit offenem Mund drehte sie sich um und sah mich aus geweiteten Augen an. Theresia. So hieß sie. Mir gefiel ihr Name. Er war so selten und melodisch, als handle es sich dabei um ein bis jetzt vergessenes Lied.
„Dann scheinen sie wohl falsch informiert zu sein. Mir ist bisher niemand begegnet, der mich wieder hinunterschicken wollte."
Ihre Erwiderung brachte mich zum Schmunzeln. Sie ließ sich nicht so leicht in Verlegung bringen und war schlagfertig. Eine willkommene Abwechslung nach all den Mädchen, die gleich springen, wenn ich es ihnen befehlen würde.

„Setzten sie sich." befahl ich ihr leise. Erst zögerte sie, doch dann schien sie sich der Situation, in der sie sich befand, bewusst zu werden und setzte sich in den Sessel, der neben meinem stand. Als ihr Blick auf die Unterlagen für das neue Kinderheim fiel, hob sie überrascht eine Augenbraue.
„Sie haben ein Kinderheim bauen lassen?" fragte sie überrascht.
„Ja", antwortete ich ihr, „Nur leider scheint mein Berater keine Ahnung zu haben, dass man für Kinder kein Gefängnis bauen soll. Es hat fast zwei Stunden gebraucht, ihn zu erklären, dass ich es kinderfreundlich also mit Bildern haben will."

Bei meinen Worten fing sie auf einmal an zu lächeln. Amüsierte sie mein Leid etwa?
„Das ist echt lieb von Ihnen. Darf ich?" fragte sie und zeigte auf ein leeres Blatt Papier. Ich nickte und reichte ihr einen Stift. Als sie auf dem Papier malte, fiel mir ein, dass sie eine fünf ist. Ich war Gespann auf das Ergebnis. Erst recht als sie nach ein paar farbigen Stiften griff.
„Ich habe mit meinem Bruder früher eine Kunstart gemacht, die sich Graffiti nennt. Ich sollte jetzt aber gehen. Es ist schon spät."

Sie verbeugte sich leicht und legte die Zeichnung auf ihren Platz. Sobald sie den Raum verlassen hat, nahm ich sie mir und staunte nicht schlecht. Mir gefiel ihre Idee. Sehr sogar. In dem Moment fiel mir auf, dass ich mich nicht einsam gefühlt habe als ich Theresia beobachtet habe. Sie hatte so sehr gestrahlt. Wie eine Sonne. Meine Sonne.

(Ich habe nichts Besseres gefunden. Ihr könnt es euch vorstellen, wie ihr wollt.)

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Viel Spaß beim Weiterlesen 😘

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