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Ein Geheimnis, das du verborgen halten willst, darfst du keinem – auch nicht den Vertrautesten – mitteilen, denn keiner wird das Geheimnis besser bewahren als du selbst.

~Saadî~
(zwischen 1209 und 1213 - 1292), auch (Sadi), auch Moscharref od-Din ibn oder Mosleh od-Din, persischer Dichter, wandte sich nach Studien in Bagdad der Mystik zu, verfaßte zwei didaktisch-ethische Meisterwerke, die die sozialen Verhältnisse der Zeit vor dem Hintergrund der Vergangenheit behandeln; bedeutende Liebesdichtung

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Theresia PoV

Mit leisen Schritten gehe ich die verlassenen Gänge hindurch, darauf bedacht, kein einziges Geräusch von mir zu geben. Es war still. Fast schon beängstigend still. Ich fühlte mich sehr unwohl. Immerhin machte ich hier etwas Verbotenes, was vielleicht zu meinem Rauswurf führen kann, doch ich kann und werde jetzt nicht einfach wieder umkehren.
Meine Neugierde zwang mich dazu. Es war wie ein extrem stärker Drang, den man sich einfach nicht widersetzen kann, auch wenn man nichts lieber als das machen würde. Eine Eigenschaft, die ich von meiner Mutter geerbt habe und gerne wieder loswerden wollen würde. Doch das geht nicht. Dafür bin ich wahrscheinlich schon zu alt. Immerhin sind die Lebenserwartung in meinem Staus eher gering, auch wenn ich jetzt eine drei geworden bin.

Ein Geräusch, welches sich verdächtig nach heranwollenden Schritten anhört, lässt mich aufschrecken. Schnell laufe ich zu einem der Fenster, hinter dessen Vorhängen man mich mit etwas Glück nicht sehen wird. Hoffe ich zumindest.
Gerade noch rechtzeitig kann ich mich in die Wärme Hülle des Vorhangs retten, welche mich wie eine Decke umschließt. Mich wird man nicht sehen können, weil die Vorhänge bis zum Boden reichen, aber es gab trotzdem einen Nachteil. Ich selbst konnte auch nichts sehen.
„Hier lang!" rief eine Stimme nicht gerade leise. Nur meine Selbstbeherrschung könnte verhindern, dass ich bei diesem lauten Geräusch vor Schreck zusammenzucke. Es hörte sich an, als wenn sie keine fünf Meter von mir entfernt stehen müssen.

„Kommt jetzt! Wir haben noch fünf Minuten. Danach müssen wir wieder hier heraus gekommen sein. Hunter hat schon die Schleusen geöffnet. Cameron ist auch schon da. Ich hoffe für euch, dass wir nicht schon wieder wegen euch die Letzter sind."
Man merkt zwar, dass der Tonfall der Person einen amüsierten Touch hat, aber trotzdem schockierten mich diese Worte. Waren sie etwa im Begriff zu Flüchten? Doch wer sollte aus dem Schloss flüchten wollen? Ich schätze mal, dass es keine Erwählten sind und auch keine Wachen, da sie ja alle freiwillig hier sind.

Vielleicht Flüchtlinge aus dem Palastgefängnis? Rein theoretisch würde es stimmen können, aber dafür habe ich zu viele Berichte gesehen und weiß, dass im Moment alle Gefangenen in das Staatsgefängnis geliefert wurden. Wer kommt also noch in Frage?
„Warum musst du uns immer so hetzen? Immerhin sollten wir doch eh im weit entferntesten Raum nach diesem ... Autsch!"
Ein dumpfer Laut ließ erahnen, dass die Person, die gerade geredet hat, wohl gestürzt sein muss. Ein Lachen, eindeutig von einer Frau stammend, bestätigte meine Vermutung. Auch ihr Worte waren die pure Bestätigung.

„Schon wieder? Man sollte meinen, dass du wenigstens in einem Schloss nicht so tollpatschig bist, aber da liegt man anscheinend falsch."
Noch immer lachte die Frau und man könnte meinen, dass es ganz normale Zofen sind, aber mein Unterbewusstsein rät mir, mich weiterhin zu verstecken. Irgendetwas hat mich bei den Worten des Mannes von vorhin zum Nachdenken gebracht.
„Willst du etwa die Königsfamilie sehen? Würden die wissen, dass wir da sind, wären wir schon morgen tot. Lass uns zu den Anderen. Ich fühle mich so beobachtet."
Bei ihren Worten werde ich in eine Schockstarre versetzt. Anscheinend tun sie etwas Verbotenes. Was würden sie also tun, wenn sie merken, dass ich alles gehört habe?

Und die Stille, die soeben auf dem Gang herrscht, macht das ganze nicht besser. Es war unheimlich. Ich traute mich keinen Millimeter weit und meine Muskeln waren bis an ihre Grenzen angespannt.
Auch nach gefühlten fünf Minuten später, in denen ich mich nicht gerührt habe, passiert rein gar nichts. Ehrlichster atmete ich aus, zog aber gleich wieder ruckartig die Luft ein als der Vorhang mit einem gewaltsamer Ruck zur Seite gerissen wird. Der Schrei bleibt mir im Hals stecken, weil ich so geschockt bin. Ich kann einfach nicht glauben, wer da vor mir stand.

„Nathaniel?" fragte ich mit leiser, immer noch belegten Stimme. Es erschien mir so surreal, dass ich ausgerechnet auf ihn treffe. Ausgerechnet ihn hatte ich gerade am Wenigsten erwartet.
„Ja, ich bin es. Oder sehe ich etwa für dich wie eine einfache Zofe aus?" fragt er mich genervt und verdreht die Augen.
Witzig würde es ja schon aussehen, wenn er eine kleine Haube und Schürze tragen würde, aber das muss er ja nicht wissen. Auch wenn es bestimmt ein guter Dämpfer für sein Ego wäre. Doch er ist immer noch ein Prinz. Sollte er sich nicht auch so benehmen?

„Natürlich nicht. Ich bin nur überrascht." meinte ich kurz und knapp. Ich musste mich bei ihm echt beherrschen, nicht beleidigend zu sein, weil ich Vorhänge, hier noch länger zu sein.
„Überrascht?" hackte er nach. Sei doch einfach leise! Ich will nicht provoziert werden, aber lange halte ich nicht durch.
„Komm mit!" gab er mir harsch einen Befehl, den ich automatisch nicht befolgte. Meine Mutter hatte mir beigebracht, dass man nur auf einen Befehl hört, wenn dieser von einer Person kommt, die einen gewissen Umgang besitzt. Und seine Tonlage war zu bestimmt. Das mochte ich ganz und gar nicht.

Anscheinend hatte auch Nathaniel gemerkt, dass ich nicht vorhatte, seinem Befehl zu folgen, denn er griff nicht gerade sanft nach meinem linken Arm. Seine Hand traf auf Haut. Mein Bademantel hatte ich wohl irgendwo komplett verloren. Jetzt hätte ich ihn gerne wieder, weil ich das Gefühl seiner Hand auf meiner Haut nicht mag. Sie war wie seine Seele. Rau und kalt.
„Du tust mir weh!" rief ich und schmiss meine Bedenken über Bord. Wenn er mich verletzten will, dann möchte ich mindestens verbal bewaffnet sein.

Doch von ihm kam kein einziges Wort mehr. Nicht einmal als ich anfing laut vor mich hin zu fluchen, kam keine Reaktion seinerseits.  Es war zum Weinen.
Gerade bin ich dabei noch eine weitere Salve an Flüchen auszustoßen als Nathaniel auf einmal stehen bleibt und ich mit voller Wucht von ihm weggezogen werde.
„Was wollt ihr hier?" fragte er Personen, die ich nicht sehen konnte, weil er mich hinter seinen Rücken platziert hat.
Doch ich wollte es gar nicht wissen. Es klang nicht gut.



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Viel Spaß beim Weiterlesen 😘

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