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Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt.
~ Buddha ~
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Theresia PoV
Der Saal wurde mit den lauten Klängen unserer Nationalhymne erfüllt. Leise singe ich von meinem Platz aus mit, was Charlie zum Lächeln bringt. Neben ihr hat sich auch Lilia hingesetzt. Mara musste in die erste Reihe, weil sie früher als wir da war und diese Plätze hochbegehrt sind. Warum, weiß ich nicht. Mir wäre nicht wohl bei dem Gedanken, dass mich tausende von Augenpaaren Mustern und sich denken, was für arrogante Persönlichkeiten wir alle sind.
Das hätte ich jedenfalls gemacht, wenn ich nicht selbst eine Erwählte geworden wäre, die einen anderen Eindruck auf das Casting bekommt. Schon nach dieser kurzen Zeit, die ich hier verbracht habe, habe ich eingesehen, dass das hier nicht die Chance der Erwählten auf einen Prinzen ist, sondern die Chance des Prinzen auf die wahre Liebe.
Als die Menge anfing zu jubeln und zu klatschen blinzelte ich benommen. Anscheinend war ich wieder in eine meiner berühmten Träumereien verschwunden und habe den Anfang des Berichtes verpasst. Das sollte ich mir dringend abgewöhnen, denn sonst werde ich hier schneller herausgeworfen als gedacht.
„...wollen wir heute nicht über Politik reden. Nein. Ab heute hat das Volk die einmalige Gelegenheit, unsere bezaubernden Erwählten zum ersten Mal zu sehen." schwungvoll deutete Spencer Fadaye mit seiner Hand zu den Bänken, auf denen wir Erwählten saßen. Ich begann ganz leicht zu lächeln und hoffte dabei nicht so affig wie Vanessa auszusehen, dessen Lächeln eher an das Zähnefletschen eines Tigers erinnert.
„Dann gebe ich das Wort an die Prinzen. Wer soll ihrer Meinung nach beginnen?" fragte Spencer an die fünf Prinzen, die in gemütlicher, mit samt ausgestatteten Sesseln Platz genommen haben. Es war Nathaniel, der das Wort ergriff.
„Fangen wir mit der Jüngsten an und lassen sie dann immer ein wenig älter und vielleicht auch schöne werden." bei dem letzten Kommentar zwinkerte er und alle Mädchen um mich herum seufzen. Haben die etwa nicht bemerkt, dass das eine indirekte Beleidigung war? Manchmal fragt man sich echt, ob diese Mädchen wirklich auf eine Schule gegangen sind und dort auch ausgebildet wurden. Wahrscheinlich haben sie während des Unterrichts ihre Nägel gefeilt und lackiert. Das jüngste Mädchen -ihr Name war mir leider entfallen- erhob sich aus der ersten Reihe und ging zu Spencer Fadaye.
Dort stellte er ihr ein paar Fragen, die relativ bedeutungslos waren, wie zum Beispiel >Wie gefällt Ihnen ihr Zimmer?< So ging das dann immer weiter mit jeder einzelnen Erwählten. Zuhören tat ich nicht, da es immer die gleichen Fragen waren. Selbst bei Charlie, Mara und Lilia hörte ich nicht zu, auch wenn ich so als schlechte Freundin gelten würde. Ich konnte es einfach nicht. Lieber beobachtete ich die Prinzen und deren Reaktionen. Es war, als wenn ich ein Verhaltensmuster zu finden versuche. Adam war einfach fröhlich und lächelte, was aber gezwungen auf mich wirkte, Jonathan war noch immer ein stiller Beobachter ohne jegliches Mienenspiel und Matthew hatte mal wieder die perfekte Maske. Höflich, aber distanziert.
Im Gegensatz zu ihm war Nathaniel unwirsch. Mit beinahe schon penetranter Intensität sah er die Mädchen an, die unter seinem Blick zu schmelzen beginnen und ihm gefällt das. Jedes arrogante Lächeln, was er wagt zu zeigen, schürt meine Wut. Ein Blick auf Force jedoch ließ mich Lächeln. Unter allen Prinzen war er der Ehrlichste. Es war ziemlich auffällig, dass er von dieser Veranstaltung gelangweilt ist und das machte ihn mir gleich wieder um Einiges sympathischer. Immerhin versuchte er nicht diese gespielte Perfektion eines Prinzen zu übernehmen.
„Als nächsten dann bitte Lady ... oh bitte um Verzeihung, wenn ich deinen Namen falsch aussprechen sollte... Theresia." höre ich auf einmal die Stimme von Spencer Fadaye. Anscheinend bin nun ich an der Reihe.
Lächelnd begrüßt er mich noch einmal und deutete mit einer Hand auf einen gemütlichen Sessel, in den ich mich auch setzte.
„Also Lady Theresia, wer hat dieses Kleid entworfen? Es steht Ihnen ganz hervorragend."
Igitt. Da ist ja schon wieder diese elendige Masche. Dann muss ich eben mitspielen.
„Ja ich liebe es auch. Berdi hat es für mich entworfen. Er ist wirklich talentiert und versteht dein Werk wie ein Meister."
Meine Mutter wird Zuhause bestimmt ausrasten, dass ich nicht auf staunende, naive Fünf mache. Das wäre das Image, was sie sich für mich erhofft hat.
„Na dann wollen wir Ihnen mal glauben. Wenn sie mir die Frage erlauben, hätten sie schon eines der begehrten Treffen mit einem der Prinzen?" fragte er mich und berührte mein Knie leicht mit der Hand als wolle er sagen ‚Ist nicht schlimm, wenn es nicht so ist. Mir können sie es erzählen.'
Ich setzte mein bestes gespieltes Lächeln auf.
„Ja, ich hatte schon die Ehre. Prinz Adam und ich hatten viel Spaß."
Als ich zu dem besagten Prinzen sah, würde mein Lächeln echt und auch er lächelte nicht mehr gespielt.
„Wollen Sie uns mehr darüber erzählen?" fragte Spencer nach.
Fragend sah ich Adam an, der leicht nickte.
„Da wir am Tag des Kennenlernens verhindert waren, hatten wir beschlossen, dass wir unser Treffen als zweites erstes Treffen sehen und dann hat er mich in den Schlossgarten geführt. Dort haben wir dann über und geredet und unsere Persönlichkeiten. Es war einfach, doch ich würde es nicht anders wollen."
Spencer Fadaye nickte und innerlich war ich erleichtert. Offenbar machte ich bis jetzt alles richtig.
„Und wie kam es dazu, dass sie verhindert waren, Prinz Adam?" stellte er dann eine Frage an den leicht errötenden Prinzen.
„Leider war mir ein kleines Missgeschick passiert, was mir die Dame glücklicherweise verziehen hat. Doch dazu müsste ich mich um sie kümmern und habe somit die Zeit des Treffend für Lady Theresia verpasst. Noch heute habe ich in Erinnerung, dass sie gleich Verständnis gezeigt hat. Später hat sie sich mit dieser Dame sogar angefreundet, wenn ich richtig informiert bin. Außerdem werde ich wohl nie vergessen, dass Sie an dem Tag keine Schuhe trug. Ich könnte sogar darauf wetten, dass dies auch heute der Fall ist."
Panisch reiße ich meine Augen auf. Das hat er doch etwa nicht wirklich getan?
„Nun denn Lady Theresia. Würden sie das Kleid so weit hochschieben, dass wir ihre Füße sehen können?"
Hier komme ich wohl nicht mehr weg. Seufzend tat ich das, was von mir verlangt wird, und spüre kurz darauf auch die Kälte an meinen nackten Füßen. Vereinzelt hörte man Menschen lachen, die bemerkt haben, wie richtig Prinz Adam mit seiner Annahme lag.
„Wie kommt es dazu, Lady Theresia?" fragte Spencer Fadaye amüsiert, doch er lachte nicht, was ich ihm hoch anrechnete.
„Ich habe es einfach nicht bemerkt. Nicht einmal als ich durch den Schlossgarten gelaufen bin, habe ich einen Unterschied bemerkt."
Jetzt musste sogar ich lachen und auch Spencer konnte sich einen kleinen Augenblick der Schwäche nicht verkneifen. Schwungvoll stand er auf.
„Applaus für Lady Theresia! Unsere vergessliche Fee."
Das war zwar nicht das Image, was ich haben wollte, aber jetzt konnte ich eh nichts mehr daran ändern. Ich musste mitspielen. Ab heute bin ich eine Fee, die hin und wieder mal etwas vergisst und dabei immer noch gut aussieht. Es hätte mich schlimmer treffen können.
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Viel Spaß beim Weiterlesen 😘
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