-------------------------
Nosce te ipsem.
(Erkenne dich selbst)

~Cicero~
------------------------

Theresia PoV:

"Allison! Gib das sofort wieder her!" schreie ich meine kleine Schwester an, die gerade lachend vor mir wegrennt.

Ihre blonden Haare fliegen dabei in kleinen Wellen um ihr herzförmiges Gesicht. Ihre blauen Augen, die sich beim Lachen vor Freude erhellen, sehen mich spitzbübig an.

Wir haben wirklich überhaupt gar nichts gemeinsam. Ihre hellen Haare standen in einem starken Kontrast zu meinen dunkelbraunen Haaren, die im falschen Licht schon fast schwarz wirken können.

Mein Gesicht ist nicht in so einer schönen Herzform wie ihres, sondern eher rundlich. Das Einzige, das wir wirklich gemeinsam haben, ist, dass unsere Augen leuchten, wenn wir lachen oder einfach glücklich sind.

Dann sehen ihre blauen Augen aus wie der Himmel in einem Sommer ohne Wolken. Zwar beneidet mich Alison oft für meine grünen Augen, aber ich finde sie nicht so toll. Eigentlich hasste ich sie regelrecht. In ganz Clermont war ich die Einzige, die grüne Augen hat.

Das lässt mich auffallen und ich bekomme deshalb auch nicht selten verwunderte Blicke zugeworfen. Mein Vater scherzt des öfteren auch mit meiner Mutter, dass sie wohl mit einem Anderen geschlafen haben muss, aber er weiß selber, dass es nicht stimmt. Trotzdem ist es komisch.

Meine kleine Schwester ist die komplette Nachbildung unserer Mutter mit den Augen unseres Vaters, von dem ich nur die Haarfarbe geerbt habe.

Naja und noch meinem Hang zum Dramatischen und den merkwürdigen Humor. Er behauptet aber immer, dass ich wie eine jüngere Version seiner verstorbenen Mutter aussehe und mich auch öfters so benehme wie sie, doch so wirklich Glauben schenke ich ihm nicht. Aber jetzt zurück zu den wichtigen Informationen.

Mittlerweile habe ich meine Kleine Schwester fast über den ganzen Markt gejagt. Natürlich machen wir nur Spaß. Sie hat mir aus Langeweile mein Liederbuch gestohlen und ist davon gerannt.

Dieser kleine Teufel.

Das war vor geschätzten zwanzig Minuten. Sie sah zwar schmächtig aus für eine 5, wie es meine komplette Familie war, aber das konnte einen leicht in die Irre führen. Niemand kannte sich in der Provinz besser aus als sie und das nutzt sie gründlich aus. Meistens war sie schneller um eine Ecke abgebogen, als man sehen und/oder regieren konnte.

Doch dieses Mal habe ich ihre Taktik durchschaut. Als sie gerade noch im letzten Augenblick um die linke Kurve biegen wollte anstatt geradeaus zu laufen, sprang ich nach vorne und warf sie um. Lachend lagen wir im Dreck und ich nahm Allison schnell das Buch ab, bevor sie auf die Idee kam, noch einmal wegrennen zu wollen.

Einige Passanten der niedrigen Kasten sahen uns beide amüsiert an, während die höheren Kasten uns nicht hatten angewiderter betrachten können, aber das habe ich mit der Zeit zu ignorieren gelernt.

"Na komm du kleine Kichererbsen." wies ich Allison sanft an und half ihr aufzustehen, nachdem ich wieder auf meinen eigenen zwei Beinen stand. Mit ihrem typisch dauerhaften Grinsen nahm sie mich an der Hand und so liefen wir schweigend den Pfad zu unserem kleinen Haus entlang. Wir wohnen zu sechst in diesem Haus. Außer meinen Eltern, meiner Schwester und mir leben da noch mein größerer Bruder James und mein kleiner Bruder Collin. James hatte ähnliche Haare wie ich und die braunen Augen unserer Mutter.

Da Collin erst ein paar Monate alt ist, konnte man bei ihm auch nur Mom's Augen sehen. Noch hatte er eine Glatze, aber er hätte nicht niedlicher sein sollen. Seine Wangen hatten das normale Babyspeck und sein Grinsen war so unnormal entzückend.

Wenn er lacht, dann geht einem richtig das Herz auf. Meiner Meinung nach war er das süßeste Baby von Carolina. Vielleicht auch von ganz Illea, doch da habe ich keinerlei Erfahrung. In meinem gesamten Leben habe ich diese Provinz mit keinen Fuß verlassen.

Seufzend laufe ich in das Haus hinein, in dem ich aufgewachsen bin. Allison hält immer noch meine Hand und merkt gar nicht, dass meine Stimmung sich in wenige Sekunden verschlechtert hat. Als ich die Tür mit meiner linken Hand öffne, merke ich sofort, dass etwas nicht stimmt. Drinnen angekommen sehe ich meine Mutter geschockt den Bildschirm des Fernsehers blicken.

Sobald sie mich erblicken, bekomme ich erwartungsvolle Blicke zugeworfen. Was ist denn jetzt los?

*

Ihr Name wird Tseriesia ausgesprochen.

Ihr könnt sie euch vorstellen wie eine jüngere Version der Frau auf den Cover, aber auch eure eigene Fantasie nutzen😉

Viel Spaß beim Weiterlesen😘