Die meisten der Mädchen blieben während der Fahrt für sich und sahen gedankenverloren aus dem Fenster. Die ganze neue Situation wahr unfassbar: demnächst würden sie in einem Schloss leben, zusammen mit so vielen Anderen-ob sie Freunde werden oder sich wenigstens alle gut miteinander verstehen würden?
Melody Lee jedoch wollte nicht für sich bleiben. Freundlich lächelte sie einige an, auf der Suche nach einer Gesprächspartnerin, doch ihr Blick blieb an einem dünnen Mädchen mit schwarzen Haaren und Brille hängen. Im Gegensatz zu den Anderen schien sie sich nicht im geringsten Unwohl zu fühlen. Es sah aus, als wäre es für sie selbstverständlich zu den Teilnehmerinnen zu gehören, denn sie musterte ihre Konkurrentinnen mit einem Blick, der pure Arroganz ausstrahlte.
Dieses Mädchen, Arwen Mae Montrose, sah nun zu ihr und ließ ihren Blick abfällig über sie schweifen. Melody versuchte trotzdem ihr ein freundliches Lächeln zu schenken; wer weiß, vielleicht war das ja ihre Art mit dem Druck der auf allen Anwesenden lastete umzugehen.
"Hallo."
Arwen Mae's Stimme war emotionslos und von einer bestimmten Kälte getränkt, als sie antwortete.
"Guten Tag."
Melody wollte nicht auf dieses seltsame Mädchen eingehen und wandte sich ihr ab.
"Es ist unhöflich ein Gespräch anzufangen und es dann nicht fort zu führen!" sagte Arwen Mae plötzlich und setzte noch hinzu:"Was sind Sie? Eine erbärmliche Sechs?" Melody drehte sich ihr wieder zu. Sie konnte nicht fassen, was sie eben gehört hatte.
"Nein, ich bin eine Fünf. Außerdem ist niemand erbärmlich, nur weil er weniger Geld hat. Ich dachte nur, dass du nicht mit mir reden willst. Es tut mir Leid, wenn ich da falsch lag!"
Kühl erwiederte sie:"Sie haben Recht. Mit minderwertigen, wie Sie es sind geb ich mich nicht ab." Empört schüttelte Melody den Kopf und drehte sich dem Mädchen zu, dass neben ihr saß. Genau wie Arwen Mae hatte sie dunkles Haar, doch ihr Blick war weich. "Aufgeregt?" fragte sie.
Melody nickte. "Und wie." Das Mädchen, Gemma Hudson, warf sich die Haare über die Schultern und erwiederte:"Wäre auch seltsam, wenn du es nicht wärst." Melody nickte zustimmend und sagte mit einem Blick über die Schulter:"Manche sehen aber so aus, als wäre die ganze Situation hier alltäglich."
Gemma sah sich um. "Sie können es nur besser verstecken. Glaub mir, ich kenne mich da aus." Traurig dachte sie an ihre Familie und wie oft sie ihnen schon etwas vorgegaukelt hatte, wenn es um ihre Gefühle ging. Zu oft.
Arwen Mae beobachtete, wie die beiden sich unterhielten und ihr war klar, dass deren Gespräch von ihr handeln musste; von ihrem schrecklichen Verhalten. Du schaffst das, sagte sie sich immer wieder. Nur bloß nicht deine Fassade verlieren.
"Lange Fahrt oder? Nicht gerade spannend", wurde sie von einem Mädchen mit himmelblauen Augen angesprochen.
"Nein, ist es nicht. Sie sind?" fragte sie und bewahrte den kühlen Unterton in ihrer Stimme.
"Angel Whites. Können wir das mit dem Siezen bitte lassen?" Arwen Mae nickte. "Du bist aus Honduragua oder?" Wieder ein kühles Nicken.
"Ja und S... Ich meine Du?" Angel lachte und erwiederte:"Das mit dem du musst du aber noch lernen." Es war nicht böse gemeint, dass wussten beide, aber Arwen Mae schnaubte und fragte gehässig:"Was bist du, dass du mir Anweisungen geben willst?"
"Und das mit diesem aufgesetzten arroganten Getue solltest du auch noch Mal üben. So ein Verhalten durchschaue ich sofort." Arwen Mae funkelte sie böse an und fauchte:"Du hast kein Recht über mich zu Urteilen." Dann drehte sie sich weg.
"Ich bin keine Gefahr für dich. Ich werde sowieso bald rausgeschmissen. Also lass uns Freunde werden." Sie streckte ihr die Hand hin.
"Vergiss es! Ich kenn dich nicht einmal und Freundschaft fordert Vertrauen. Und dir werde ich nie vertrauen."

Die Limousine stoppte und ein Mann in schwarzem Anzug öffnete die Tür. "Wir sind da!"

Anna sprang überglücklich aus dem Auto und sah sich um. Ein Mädchen mit leuchtend grünen Augen kam zögerlich auf sie zu.
"Hallo, ich bin Anna." stellte sie sich vor, als sie sie bemerkte. "Ich bin Juliette, schön deine Bekanntschaft zu machen." Ihren Nachnamen erwähnte sie mit Absicht nicht. Sie hatte keine Lust auf eine der Rollen aus einem Film reduziert zu werden.
"Aus welcher Provinz kommst du?" fragte Anna.
"Aus Zuni. Und du?"
"Aus Allens." Juliette zog die Augenbrauen hoch. "Aus Allens? Das ist wirklich eine wunderschöne Provinz. Ich bin dort öfters aus beruflichen Gründen." Sie musste sich bremsen, wenn sie nicht gleich alles von sich preisgeben wollte.
"Als was arbeitest du denn?" fragte Anna neugierig.
"Ich bin im Show Business tätig." versuchte sie es ausweichend.
"Also bist du eine Zwei, oder?" Juliette hasste es eine Zwei zu sein, denn dann wurde man immer als Arrogant abgestempelt.
"Ja."entgegnete sie also gedehnt.
"Ich auch. Aber das ist mir eigentlich egal. Ich bin Sängerin, aber keins meiner Lieder hat es jemals ins Radio geschafft." Enttäuscht von sich selbst blickte sie zu Boden.
"Das wird schon. Ich kann ja mal versuchen etwas mit einem Filmproduzenten zu engagieren. Wir Künstler müssen doch zusammenhalten, nicht wahr?"
"Auf mich kannst du auch immer zählen." Juliette hatte das Gefühl, Anna vertrauen zu können. "Ich bin übrigens Juliette Estelle, die Filmschauspielerin, aber bitte erzähl das keinem, ja? Ich möchte nicht nur auf meine Rollen reduziert werden."
Anna zwinkerte ihr zu. "Freundinnen müssen doch zusammenhalten. Und ich hab das Gefühl, das könnten wir werden."
"Ja. Das Gefühl habe ich auch."

A/N:
So. Das war ja Mal viel kennenlernen, aber das muss ja sein. Ich hoffe es ist einigermaßen gut geworden und ihr seid zufrieden mit dem Kapitel?! 😃
Also: ihr werdet jetzt ins Schloss herein gelassen und von Janice Freth, der königlichen Beraterin herzlich begrüßt. Sie sagt euch, dass es ihr erst einmal in den Damensalon gehen sollt, wo euch die Königin und Kronprinzessin Adaleigh bereits erwarten.
Eine Wache, Luke Baxter (xXxDELIAxXx), führt euch dorthin.
Im Damensalon angekommen, möchte die Königin sich mit euch unterhalten um sich ein erstes Bild von euch machen zu können.

Weiter geht es voraussichtlich am 26.02 um ca 15 Uhr