Kapitel 32

Nach dem Frühstück waren bereits alle unsere Gepäckstücke in das, für Maxons Verhältnisse, kleine Auto gepackt worden. Wir hatten darauf bestanden, ohne Begleitung von Wachen oder Zofen zu reisen und unter großem Protest hatte Aspen schließlich zugestimmt. Ich umarmte Mary und Lucy zum Abschied noch einmal. Alle hatten sich in der Eingangshalle versammelt, um uns zu verabschieden. Als ich auf Aspen zuging wurden meine Knie weich vor Aufregung. Gleich würde ich Maxon für mich alleine haben, ohne ihn im Bericht wöchentlich mit dem gesamten Volk Illéas teilen zu müssen. Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, als Aspen mir zum Abschied noch einen Freundschaftlichen Kuss auf die Stirn gab.
"Amüsiert euch schön!" Hauchte er mir noch ins Ohr, dann ergriff ich Maxons Hand und wir liefen zum Auto.
Er öffnete mir die Beifahrer Seite, wie immer ganz der Gentleman. Ich stieg strahlend in das Matt schwarze Auto. Nur wenige Momente später hatte auch er sich neben mich gesetzt und drehte die Schlüssel im Schloss um, woraufhin der Motor aufheulte. Er sah mich noch einmal prüfend an "bereit?" "Bereit." Erwiderte ich und er trat lachend aufs Gaspedal. "Würdest du mir jetzt endlich sagen, wo es hingeht?" Ein schiefes Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab doch wie sehr ich dieses Lächeln auch liebte, im Moment machte es mich wahnsinnig.
"Ich sage dir so viel: wir werden wie normale Menschen leben."
"Und wie definierst du, Maxon Schreave, das Wort 'normal'?"
"Normal, hm... ich glaube du unterschätzt mich. Nur weil ich der König bin heißt es nicht das ich nicht auch ohne den Palast und das ganze drum herum leben kann."
"Da bin ich ja mal gespannt." Ich sah ihn herausfordernd an.
"Warte, ich kann es dir gleich beweisen" Nun zog ich eine Augenbraue hoch "Wie willst du mir das bitte jetzt beweisen?" Ohne ein weiteres Wort zu sagen fuhr er von der Hauptstraße in einen kleinen Ort und parkte den Wagen am Bürgersteig. Er stieg aus, nahm meine Hand und führte mich zu einem schäbig wirkenden Haus. Ich konnte den Tabak bis nach draußen riechen und war mir sicher, dass Maxon niemals in so eine Kneipe gehen würde, doch wie selbstverständlich betrat er das muffige Gasthaus. Der Barkeeper hob freundlich die Hand, um uns zu bedeuten, das wir willkommen waren. Ich folgte Maxon an den Tresen und wir setzten uns auf zwei der Barhocker.
"Was darfs sein?" Fragte der etwas rundliche Mann, der auf mich einen sehr sympathischen Eindruck machte.
"Einen Tequila für mich. Was möchtest du A- Mer?" Er benutzte mit Absicht nicht meinen vollen Namen, da wir sonst vermutlich erkannt worden wären. Diese Flitterwochen würden wir als stinknormales Paar verbringen. Ohne Krone.
"Für mich bitte einen Orangensaft."
Der Mann lächelte verschmitzt. "Du bist hier in einer Bar Schätzchen."
"Ach was? Das hab ich ja gar nicht mitbekommen. Dann hätte ich jetzt gerne ein Glas Orangensaft"
"wie sie wollen." Antwortete er und ich sah zu Maxon, der in sich hinein lachte. Klar, denn er kannte meinen Dickkopf. Der freundliche Barkeeper nicht.
"Ich bin Übrigens Jake." Sagte dieser, während er ein kleines Glas vor uns mit dem teuflischen Getränk befüllte und eine kleine Flasche mit Orangensaft. In diesen Gegenden machte man sich nicht die Mühe den Saft noch einmal in ein Glas zu füllen. Das erinnerte mich an früher, früher als ich selbst noch kaum Geld besaß.
"Cheers!" Sagte Maxon und hielt mir sein Glas hin. Ich stieß meine Flasche dagegen, er kippte sich den Tequila runter, währen ich bescheiden an meinem Saft nippte. Das getrânk schmeckte wiederlich und brannte sich förmlich in meine Speiseröhre. Ganz klar, dass dies kein gewöhnlicher Orangensaft war. Für mein Kind stellte ich die Flasche wieder auf den Tresen und verlor kein Wort über den Alkoholgehalt der Flasche, denn auch wen ich eigentlich keinen Alkohol trinken sollte, hatte es sich gut angefühlt. In dieser Sekunde fühlte ich mich nicht wie die Königin von Illèa, auch nicht als 5 oder 1. Ich fühlte mich lebendig. Doch diese Unbeschwertheit hielt nicht lange an. Ich hörte ein dumpfes Klopfen und drehte mich in die Richtung, aus der es kam. Ich konnte nicht fassen, was ich sah. An der Fensterscheibe der kleinen Kneipe hatte sich eine Schar von Menschen angesammelt, die uns nun aus großen Augen ansahen.
"Was ist da los?" Hörte ich Jake sagen.
"Ich bitte um Verzeihung, das haben wir nicht gewollt. Selbstverständlich werden wir sofort gehen, bevor es noch Unannehmlichkeiten gibt." Jake sah uns nur verwirrt an. Dann schien es bei ihm Klick zu machen. "Eure Majestät." Verdattert verbeugte er sich mehr schlecht als recht vor uns und schien sich in seiner Haut nicht mehr wohl zu fühlen. Maxon legte das Geld auf den Tresen, nahm meine Hand und machte sich auf den Weg zum Ausgang. "Wir müssen einfach schnell zum Auto laufen, okay?" Ich nickte nur geistesgegenwärtig und stolperte ihm hinter her. Erst vor der Tür erkannte ich sie näher. Es waren Kinder. Dünne Kinder, hungrige Kinder, arme Kinder... als sie uns kommen sahen knicksten sie ebenfalls. Maxon wollte mich zum Auto ziehen, doch ich wand mich aus seinem Griff und sah die Leute einfach nur an. Sie waren wie ich. Wie ich damals... "eure Majestät" Es war eine zitterige stimme, die hinter den Kindern erklang. Ich sah zu ihrem Sprecher und erkannte eine alte Frau, die an das Gebäude gelehnt auf einer Zeitung saß. Ich spürte wie sich Tränen in meinen Augen bildeten und die Umgebung ein wenig verschwamm. Erst da merkte ich, das die Frau zitterte. Es war zwar nicht kalt, doch ein frischer Wind wehte durch die Gassen. Ohne groß darüber nachzudenken zog ich meine Baumwolljacke aus. Sie war zwar nicht sonderlich warm, doch besser als nichts war sie alle mal. Ich legte sie ihr um die Schultern und sie griff nach meinen Händen.
"Sie sind eine gute Königin, viele sind unzufrieden mit der Herrschaft doch sie, sie könnten so viel erreichen. Sie sind besonders, sie sind gutherzig. Verfolgen sie weiterhin ihre Ziele, ich weiß es mag nicht so aussehen, doch sie als Königspaar sind sehr angesehen. Die Leute schätzen sie, sie und das was sie für uns tun. Vergessen Sie nicht dass es Leute gibt die hinter ihnen stehen." Sie lächelte Matt und nun konnte ich die Tränen nicht mehr zurück halten. Mehr als ein leises "Danke" brachte ich nicht zustande, dann richtete ich mich wieder auf, lief an den Kindern vorbei zu Maxon, er nahm mich einfach in den Arm. Ohne ein Wort zu sagen führte er mich zum Auto und wir setzten uns schweigend.
"Du bist unglaublich, Amerika." Sagte er dann in einem so unglaublich liebevollen Ton, das ich mich zu ihm umdrehte und ihn in einen leidenschaftlichen Kuss zog. Erst als wir uns wieder von einander lösten bemerkte ich die Kinder, die lachend durch die Scheiben schauten und ich konnte auch auf Maxons Gesicht ein Schmunzeln erkennen.

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