26 - Ein neues Kapitel beginnt

Die Welt schien wieder in Ordnung zu sein. Nach all dem Herzschmerz und Kummer hatte ich das Gefühl, dass es sich gelohnt hatte. Max und ich ... Ich und Max ... Es war wie eine Melodie, die mich begleitete.

Wir lagen eng aneinander gekuschelt im Bett, als mir die Sache beim Italiener gestern durch den Kopf ging.

"Du hast gesagt, das mit der Frau war nicht so, wie es aussah ... erzählst du es mir?" Meine Stimme zitterte leicht und ich spürte, wie sich ein Knoten in meinem Magen bildete. Doch ich musste es wissen. Ich musste verstehen, was gestern passiert und wieso er bei mir aufgetaucht war.

Max raffte sich auf, zog sich erst seine schwarze Boxershorts an, dann sein T-Shirt. Ich sah ihm stirnrunzelnd zu, unsicher, ob ich etwas Falsches gefragt hatte. Plötzlich verlegen, zog ich die Bettdecke bis unter mein Kinn.

Doch dann setzte er sich auf die Bettkante und nahm meine Hand. Seine Berührung beruhigte mich und ich spürte, wie die Zweifel langsam wieder von mir abfielen.

"Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich brauche dringend einen Kaffee. Gestern war wohl doch etwas zu viel ...", sagte er und stand auf.

Ich schluckte all meine Fragen herunter, stand ebenfalls auf und zog mich an. Dabei entging mir nicht, wie gierig er mich betrachtete.

Grinsend hob ich meine Augenbrauen, kniff ihm spielerisch in die Seite und ging in die Küche. Jule hatte Nachtschicht gehabt. Sie musste heute früh irgendwann gekommen sein und wenn ich so an den Bademantel und mein Top dachte, die im Wohnzimmer verstreut auf dem Boden lagen, würden sicherlich später einige Fragen auf mich zukommen, wenn sie ausgeschlafen hatte.

Während Max kurz im Bad verschwand, machte ich uns frisch aufgebrühten Kaffee. Der Duft von frisch gemahlenen Bohnen erfüllte die Küche.

Als er schließlich aus dem Bad kam, setzte er sich lächelnd an den Küchentisch und nahm einen großen Schluck aus seiner Tasse. Der Kaffee schien ihm gutzutun und ich konnte sehen, wie sich die Anspannung in seinen Schultern langsam löste.

"Um auf deine Frage zurückzukommen", begann Max die Unterhaltung. Er sah in seine Tasse schwarzen Kaffee und wirkte verträumt. "Johanna ist eine alte Schulfreundin. Sie ist Anwältin, also habe ich sie gebeten, mir wegen Tyler zu helfen."

"Und kann sie?" Meine Stimme war leise, meine Gedanken wirbelten durcheinander.

Max schüttelte den Kopf.

"Und dein Bruder?", hakte ich nach.

"Der ist Anwalt für Arbeitsrecht. Johanna ist auf Familienrecht spezialisiert, aber sie sagt, dass ich keinerlei Rechte habe. Dass ich die Wohnung klein geschlagen habe, hat mir nicht unbedingt geholfen. Ihr Tipp ist, ich solle mir das Geld lieber sparen." Er lachte kurz auf und sah noch immer verträumt auf seinen Kaffee. "Als ob mich das scheiß Geld interessieren würde."

Sein Blick hob sich zu mir und er verzog eine Seite seines Mundwinkels. "Deswegen haben wir uns getroffen und deswegen habe ich danach ein bisschen zu viel getrunken."

Es fiel mir schwer, direkt auf das nächste Thema zu wechseln, vielleicht war es auch nicht unbedingt einfühlsam, aber die Frage loderte in mir.

"Bereust du die letzte Nacht?"

Ein Lächeln umspielte seine Lippen. "Habe ich das nicht vorhin schon klar und deutlich gemacht?"

Dieses Mal war ich diejenige, die nach unten auf ihre Hände sah. "Doch, aber ... nach dem ganzen Hin und Her würde es mich nicht wundern."

Stille herrschte für einen Moment, bis Max aufstand und zu mir kam. Automatisch drehte ich mich zu ihm und sah in seine dunklen Augen, als er mein Gesicht auch schon mit seinen Hände umrahmte. "Vorbei mit dem Hin und Her. Okay?"

Ich nickte wie hypnotisiert, wieder einmal unfähig, etwas zu sagen ... Als Max mich sanft an sich zog und mich fest umarmte, ließ seine Nähe mich alles andere vergessen - die Zweifel, die Unsicherheiten, die Sorgen. Er küsste mich und sorgte für einen Schwall an Schmetterlingen in mir.

"Wir schaffen das zusammen, Max", flüsterte ich. "Und wenn es dir schlecht geht, bin ich für dich da."

Er lächelte dankbar und drückte mich enger an ihn. Es fühlte sich gut an, seine Wärme zu spüren und zu wissen, dass ich für ihn da sein durfte.

***

Ich freute mich, dass Paul heute die Frühschicht hatte. Das bedeutete, dass ich den Morgen ruhig angehen lassen konnte, ohne mich beeilen zu müssen.

Nachdem Max sich verabschiedet hatte und nach drüben in seine Wohnung gegangen war, machte ich mich frisch. Zähneputzen, eine heiße Dusche, frische Kleidung - alles fühlte sich schön und wie neu an, genauso wie mein Inneres.

Ich strahlte von innen heraus und anscheinend konnte man das auch von außen sehen. Jule trat verschlafen aus ihrem Zimmer, war aber gleichzeitig so wach, um mich mit Fragen zu durchlöchern. Sie hatte sich gewundert, dass das Wohnzimmer hell war, als sie nach Hause kam. Außerdem lagen meine Klamotten herum, deswegen hatte sie dann vorsichtig einen Blick in mein Zimmer gewagt.

"Was hast du?", lachte ich auf, als ich ihren neugierigen Blick bemerkte.

"Keine Sorge, es kamen keine Geräusche aus deinem Zimmer, sonst hätte ich das wohl nicht gemacht", erklärte Jule grinsend. "Aber wer lag da bitte neben dir?"

"Das erzähle ich dir und Paul am besten gleich zusammen."

Bevor ich alles doppelt erzählen musste, gingen wir zusammen nach unten in die Küche, wo Paul bereits beschäftigt war. Ich begann zu erzählen, angefangen bei dem späten Klingeln gestern Abend, über das Gespräch mit Max bis hin zu dem, was folgte.

"So, mehr erzähle ich nicht. Eine Lady schweigt und genießt", beendete ich schließlich meine Erzählung. Paul und Jule tauschten einen Blick aus, bevor sie beide anfingen zu grinsen.

"Na, da hast du dir ja einen heißen Nachbarn angelacht", neckte mich Paul und schenkte mir einen amüsierten Blick. "Oder sollten wir lieber Badboy sagen?", kicherte Jule.

Ich verdrehte die Augen und schüttelte lachend den Kopf. "Ach, hört auf. Max ist einer von den guten und außerdem sind wir nur Freunde ..."

Jule hob skeptisch eine Augenbraue. "Sicher, Lina. Glaubst du das wirklich selbst?"

Ich seufzte und ließ mich gegen die Rückenlehne meines Stuhls sinken. "Ich weiß es nicht. Aber im Moment genieße ich einfach seine Gesellschaft und lasse alles andere auf mich zukommen."

Paul und Jule lächelten mich beide an, als würden sie nicht glauben, dass es nur Freundschaft zwischen uns war. Vorbei mit dem Hin und Her, hatte er gesagt ...

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top