Kapitel 16: Accident


"Hey, bist du nicht Viola? Du bist neu hier nicht wahr?", spricht mich das Mädchen an, das mich heimlich von der Bar aus beobachtet hatte. Sie ist groß, schlank, hat lange blone Haare und trägt einen knall roten Lippenstift.

"Hey, Ja ich bin mit meiner Familie von London hierher gezogen," antworte ich freundlich.

Sie geht nicht weiter darauf ein, stattdessen fragt sie mich ob ich Ethans neue Freundin bin. Verwirrt sage ich Ja.
Was will das Mädchen von mir? Zuerst starrt sie mich heimlich an und dann kommt sie, ohne sich auch nur in irgendeiner Art und Weise vorzustellen zu mir, um mich mit Fragen zu bombardieren.

"Du Ärmste." Ihr Blick verrät etwas von Mitleid, doch kommt mir das ganze irgendwie nicht richtig vor.

"Warum sagst du so etwas? Wer bist du überhaupt?"

"Ich bin Ethans Ex-Freundin. Und du solltest auch Schluss mit ihm machen. Er ist nicht der, für den er sich ausgibt."

Völlig entgeistert sehe ich sie an.

"Ethan ist der netteste Junge, den ich in meinem ganzen Leben kennenlernen durfte und wir sind sehr glücklich zusammen." Meine Stimme klingt ein wenig schärfer als ich eigentlich vor hatte, aber das macht dem Mädchen überhaupt nicht aus.

"Ich weiß. Ich war es auch mit ihm. Anfangs ist es die perfekte Beziehung, die schönste Zeit in deinem Leben. Er ist nett, einfühlsam und total fürsorglich. Aber irgendwann kam mir das ganze komisch vor. Immer wieder lieh er Geld von mir. Natürlich gab ich es ihm, er war schließlich mein Freund, ich habe ihm vertraut. Aber es wurde immer mehr und als ich es ihm nicht mehr geben wollte, wurde er aggressiv." Sie macht eine kurze Pause um zu seufzen.

"Ich habe Schluss gemacht. Das Geld habe ich bis heute noch nicht zurück bekommen."

"Wieso sollte ich dir so etwas glauben? Ich meine, ich kenne dich nicht einmal." Ich werde ein wenig unsicher.

"Es liegt ganz bei dir. Du hast Recht, wir kennen uns nicht. Ich will dich nur vor einem großen Fehler bewahren, auch wenn es jetzt vielleicht schwer vorstellbar für dich ist. Denk doch einmal darüber nach. Du hast viel Geld. Ich habe viel Geld. Du warst bestimmt schon einmal bei Ethan, du hast selbst gesehen dass es seiner Familie und ihm fehlt."

Nach diesen Worten, sieht sie mich noch einmal eindringlich an, steht auf und verschwindet in der Dunkelheit.
Plotzlich bekomme ich Kopfschmerzen und mir wird ganz schwindelig. Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Kann Richtig nicht von Falsch unterscheiden. Einerseits, kenne ich dieses Mädchen doch gar nicht und sie lügt bestimmt. Aber was will sie damit erreichen? Ist sie in Ethan verliebt und ich stehe ihr im Weg? Will sie mich dazu bringen mit Ethan Schluss zu machen?
Ethan ist meine Erste große Liebe und es ist wirklich etwas Ernstes gewesen.
Hat sie aber vielleicht doch Recht? Ist Ethan wirklich nur auf mein Geld aus? Es ist tatsächlich komisch, dass wir beide viel Geld haben und Ethans Familie hat bestimmt hohe Schulden. Aber die letzte Zeit war so wunderschön. Das kann doch nicht alles nur gespielt gewesen sein. Ich muss an Dad denken. Wie er zu mir sagte, dass ich die Menschen in der Gegend noch nicht kenne und Ihnen nicht blindlinks vertrauen soll.
Wem soll ich nicht trauen? Ethan? Oder dem geheimnisvollen Mädchen? Angst steigt in mir hoch. Traurigkeit und Verzweiflung.
Ich bin so in mich gekehrt, dass ich erst nicht bemerke, wie er sich neben mich setzt und mir den Cocktail geben will.
Ich spüre nur noch ein Verlangen: Nach Hause zu gehen, in mein Kissen zu schluchzen und über die Worte von Ethan's Ex-Freundin nachzudeneken.

Ohne in seine Augen zu sehen murmele ich vor mich hin, dass ich gehen will. Ich muss Nachdenken. Er fragt mich, was passiert sei, aber ich schüttele nur den Kopf und wende mich von ihm ab, damit er die Träne nicht sieht, die feucht meine Wange hinunter fließt. Die Musik hallt dumpf und laut in meinen Ohren wieder und die rot- orangenen Feuerfackeln verschwemmen vor meinen Augen.

"Geht es dir nicht gut?"
Höre ich Ethan fragen, aber es kommt mir vor, als wäre er Kilometer weit weg.
Vorsichtig hilft er mir hoch. Wir laufen zu seinem Motorrad und ich setze den Helm auf. Er startet den Motor und fährt auf die Straße. In völliger Dunkelheit, vorbei an den dunklen Schatten der Palmen, die der Mond auf schwarzen Teer wirft.
Die Musik der Party wird immer leiser, bis sie schließlich ganz verstummt.

Vor meinem Haus hole ich den Schlüssel, der immer unter dem Blumentopf liegt und schließe die Haustüre auf.
Ich drehe mich noch einmal um. Ethan steht an das schwarze Motorrad gelehnt, ein paar Meter von mir weg. Ich sehe nach oben in den dunklen Sternenhimmel und bete, dass das Mädchen Unrecht hat und all das nicht nur gespielt war. Dann senke ich den Blick und starre Kopfschüttelnd auf den Boden, während mir bereits die nächsten Tränen kommen. Er berührt sanft meinen Arm.

"Was ist los?" flüstert er in die Dunkelheit.

Ich spüre das Verlangen ihn zu umarmen und nie wieder los zu lassen aber irgendetwas in mir wehrt sich dagegen und so bleibe ich einfach nur stehen. Unfähig etwas zu sagen oder ihm auch nur in die Augen zu sehen.

Was soll ich glauben?

Ich nehme seine Hand von meinem Arm und zwinge mich, ihn noch einmal anzusehen, bevor ich mich umdrehe, hineingehe und die Türe hinter mir schließe. Ich stolpere die Treppe hinauf zu meinem Zimmer, schließe die nächste Türe und lasse mich an ihr heruntergleiten, bis ich angelehnt mit meinen Händen vor dem Gesicht zusammanegekauert, in dem dunklen Raum sitze und vor mich hin schluchze.

Ethans Sicht:

Ich liege auf dem alten Holzbett in meinem Zimmer, starre aus dem Fenster hinaus, auf das dunkle Wasser in dem sich der Mond spiegelt.
Meine Gedanken sind völlig wirr.

Was ist passiert? Habe ich irgendetwas falsch gemacht?

Bis jetzt war alles so schön, die Zeit mit ihr und auf der Party war doch auch alles gut. Aber als ich mit dem Cocktail zurück kam, war sie wie ausgewechselt. Völlig in sich gekehrt. Hat sie nicht sogar geweint? Vor ihrem Haus starrte sie in den Himmel und sagte kein Wort. Im Gegenteil sie strich meine Hand weg, sagte noch nicht einmal "Tschüss" oder "Gute Nacht".
Was soll ich denn jetzt tun? Ich kann ihr doch nicht helfen, wenn sie mir nichts erzählt.
Ich schließe die Augen um nachzudenken aber es macht alles keinen Sinn.

Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, denn als die Ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster hineinscheinen, wache ich auf. Mein Kopf brummt heftig und schon muss ich wieder an gestern denken.
Immer wieder schreibe ich ihr eine Nachricht und rufe sie an. Die Tage vergehen und ich bekomme keine Antwort. Als ich einmal bei ihr Zuhause anrufe, meldet sich Elly mit ihrer hellen, süßen Stimme. Ich frage sie ob Viola da sei und höre, wie sie die Treppen hinauf rennt.
"Ethan ist dran," sagt sie. Nach einer kurzen Pause erzählt sie, dass es Viola nicht gut gehe.
Ich verabschiede mich und schmeiße mein Handy auf mein Bett.

"Sag mir doch was los ist!" schreie ich verzweifelt die Wand an.
"Was habe ich falsch gemacht?"

Plötzlich klingelt mein Handy. Voller Hoffnung sehe ich auf das Display aber es ist nur Amy.

"Hey, Amy", melde ich mich.

"Hi, Ethan, was ist los? Du hast dich seit Tagen nicht mehr gemeldet. Ich habe mir echt Sorgen gemacht, als ihr bei der Party plötzlich verschwunden wart."

"Tut mir leid. Mit Viola war irgendetwas. Sie wollte nach Hause."

"Was ist passiert?"

"Das ist es ja gerade. Ich weiß es nicht. Wir saßen zusammen und alles war gut, dann bin ich aufgestanden und wollte uns was zu trinken holen und als ich dann zurück kehrte, war sie wie ausgewechselt, total in sich gekehrt ich glaube, sie hat sogar geweint. Aber als ich sie gefragt habe was los sei, gab sie mir keine Antwort."

"Hast du sie denn inzwischen schon erreicht?"

"Nein sie geht nicht an ihr Handy und meine Nachrichten ignoriert sie. Vorhin ging ihre kleine Schwester an das Telefon, sie sagte nur, dass es Viola nicht gut gehe und legte dann auf"

"Das ist komisch. Wie wäre es, wenn du einfach mal bei ihr vorbei schaust? Dann muss sie mit dir reden"

"Ja, wahrscheinlich hast du Recht."

"Natürlich, Mädchen haben immer Recht," sagt sie lachend und legt dann auf.

Ich stecke mein Handy in die Hosentasche und laufe nach draußen zu meinem Motorrad. Bald darauf komme ich bei ihrem Haus an und klingel an der Türe. Ihre Mom öffnet und begrüßt mich erfreut.

"Viola ist oben in ihrem Zimmer," sagt sie.

"Okay, danke"

Ich laufe die Treppe hinauf und bleibe dann stehen um kurz zu klopfen.

Violas Sicht:

Ich liege auf meinem Teppich neben Toffee und streiche durch ihr dichtes, weiches Fell. Sie merkt, dass ich traurig bin und macht deshalb ihren süßen Hundeblick und leckt mein Gesicht, um mich aufzumuntern.
Als es an meiner Türe klopft murmele ich: "herein" und lege mich wieder hin ohne zu schauen, wer kommt. Es ist bestimmt eh nur Mom oder Dad.

"Hey," Höre ich dann jedoch seine vertraute Stimme, die mich zusammen zucken lässt. Ich setze mich hin.

"Hi, was machst du hier?" frage ich unsicher.

"Du hast mir nicht geantwortet und auf meine Anrufe hast du auch nicht reagiert. Ich- weißt du, ich lag tagelang Zuhause, mein Kopf voller Fragen. Ich habe jede zweite Minute das Handy angestarrt.
Nur um dann fest zustellen, dass keine Nachricht von dir kommen wird."

"Ethan, du hast keine Ahnung, was du mir angetan hast oder? Du bist doch der Grund dazu!" Nachdem ich das gesagt hatte bereue ich es sofort. Erschrocken über mich selbst, presse ich die Hand vor meinen Mund.
Ich habe mich nicht bei ihm gemeldet, um nachzudenken, aber niemals hatte ich vor, egal ob ich mich für oder gegen ihn entscheiden würde, ihn so anzuschreien.

Geschockt sieht er mich an. Ich spüre, wie mir eine Träne die Wange hinunter rollt.

"Nein! Was habe ich denn getan verdammt. Du ignoriert mich, schreist mich an, aber wenn ich dich frage warum, gibst du mir keine Antwort! Ich zerbreche meinen Kopf darüber aber komme einfach auf keine Lösung."

"Ethan..." Ich will es ihm sagen, aber breche in Tränen aus und weiß nicht, wie ich anfangen soll.

"Auf der Party- Sie, hat mir erzählt, dass du..." weiter komme ich nicht, denn meine Stimme versagt. Ich habe höllische Kopfschmerzen, spüre meinen schnellen Herzschlag pochen und habe das Gefühl, jeden Moment zusammen zu brechen.

"Viola erzähl mir doch bitte endlich was los ist, es kann doch nicht ewig so weiter gehen! Und wer ist sie?"

Ich bekomme keinen Ton heraus, auch weil ich Angst habe, dass ich dem Mädchen zu Unrecht geglaubt habe und damit das Vertrauen zwischen mir und Ethan komplett zerstört habe.

Ich sage dass ich Zeit brauche. Zeit zum Nachdenken. Deshalb bitte ich ihn zu gehen. Ich habe Angst, es noch schlimmer zu machen, als es ohnehin schon ist.

Kopfschüttelnd dreht er sich um und geht zurück zur Türe. Ohne sich umzudrehen sagt er:

"Ich kann doch nichts tun, wenn du mir nicht sagst, was los ist. Ich kann das auch nicht mehr lange. Wie du mich ansiehst und dann sagst dass ich daran Schuld bin. Ich bin auch ein Mensch. Glaubst du mir gefällt das ganze etwa?" Seine Stimme ist völlig ruhig. Ohne jegliches Stottern oder Schreien.

Ich sehe auf. Auch wenn ich sein Gesicht nicht sehen kann bemerke ich jetzt, wie es ihm wohl gehen muss. Bestimmt hatte er seit Tagen keinen Schlaf mehr, weil ich er sich nur noch Gedanken macht. Über sich, mich, das Ganze überhaupt und uns.
Ich wische die Tränen aus meinem Gesicht und in diesem Moment wird mir klar, wem ich mehr Vertrauen muss und wer schon die ganze Zeit Recht gehabt hatte.
Plötzlich tut er mir unglaublich leid. Gerade als ich sagen will, dass er bleiben soll, bemerke ich die geschlossene Türe.
Ich weiß zuerst nicht, was ich tun soll, aber mein Körper bewegt sich ganz von allein. Ich reiße die Türe auf, renne die Treppen hinunter und sehe, wie er gerade auf sein Motorrad steigt, den Motor an macht und los fährt.

"Ethan warte!" Rufe ich ihm hinterher.

Ich weiß nicht ob er es nicht gehört hat oder nicht hören wollte, denn er bleibt nicht stehen. Er fährt aus der Einfahrt hinaus und biegt um die Ecke.
Schluchzend lasse ich mich auf den Boden fallen und kauere mich auf dem Gras neben meiner lieblings Palme nieder. Ich weine alles aus mir heraus, den ganzen Druck, der die letzten Tage auf mir gelastet hat und alles, was ich falsch gemacht hatte.
Plötzlich höre ich ein Reifenquietschen und kurz darauf entsteht ein wildes Gehupe der Autos. Ich höre immer mehr entsetzte Schreie und bald darauf die laute Sirene einens Krankenwagens. Obwohl ich nicht will, bewegen sich meine Beine wiedereinmal ganz von alleine. Ich will kehrt machen und weg rennen, weil ich nicht weiß, was für entsetzliche Bilder mich vielleicht erwarten, aber ich kann nichts dagegen tun. Es ist, wie wenn ich magisch von etwas angezogen werde. Die Geräusche werden immer lauter und ich weiß, dass es um die nächste Ecke passiert ist. Dort, wo ich Ethan zuletzt gesehen habe.
Zuerst bemerke ich die vielen Menschen, die um den Unfall herum stehen. Ich bewege mich weiter vorwärts, durch die Menge hindurch und stehe vor einem schwarzen, zerstückelten Motorrad. Die Einzelteile liegen verstreut auf dem schwarzen Teer herum und glänzen in der Sonne.
Dann fällt mir der Rettungswagen auf und zwei Menschen, die einen Jungen auf einer Trage in das Gefährt hiefen. Mein Herz pocht als würde es gleich explodieren und die entsetzen Stimmen der Leute um mich herum, die immer "Oh nein, wie Schrecklich" oder "Wie konnte das nur passieren," flüstern, verstummen immer mehr. Und dann stehe ich plötzlich vor ihm, sehe sein Gesicht, blutverschmiert, von Schmerzen verzerrt.
Seinen Körper, schwer atmend mit mehreren Wunden. Seine Augen sind geschlossen, Schweißperlen haben sich auf seiner Stirn gebildet und sein Körper zuckt immer wieder zusammen und ich höre sein schweres Stöhnen.
Ethan.
Ich realisiere immer mehr, was passiert ist und meine innere Stimme ist stink wütend.

Das ist alles deine Schuld! Alles ist deine Schuld!

Plötzlich schlägt er die Augen auf und keucht.
"Viola," presst er hervor und versucht sich aufzurichten aber in dem Moment kippt er mit einem schweren, lauten Atemzug zurück auf die Liege, er hustet noch ein mal, dann gehen seine Augen zu und sein Kopf kippt auf die Seite. Sofort sehe ich den Einsatzleiter herum rennen und Anweisungen erteilen.
Ich presse meine Hände auf meine Augen, weil sie diesen Anblick nicht ertragen. Ich schreie alles aus mir heraus.
"Nein! Nein!" Schreie ich immer wieder und merke, wie mir der schwarze Asphalt immer näher kommt. Das Schreien geht in ein verzweifeltes weinen über. Ich will zu ihm, aber die Rettungsleute halten mich zurück.
"Ethan," heule ich. "Das ist mein Freund! Lasst mich doch zu ihm!"
"Sie können jetzt nicht zu ihm. Das Rettungsteam dort versucht gerade alles um ihm zu helfen. Es tut mir leid. Es wird ihm bestimmt bald besser gehen, dann können Sie ihn besuchen," versucht mich einer zu beruhigen.
Verschwommen erkenne ich, wie sich die Türen des Wagens schließen und zwei Menschen hinter der kleinen Scheibe mit einem Defibrilator hantieren. Dann geht die Sirene los und er braust fort. Fort in das nächste Krankenhaus.
Die Tränen fließen nur so aus mir heraus. Ich verliere jegliche Kraft und lasse mich auf meine Knie sinken, die Hände vor dem Gesicht und in meinem Schoß vergraben, schluchze ich vor mich hin. In der Hoffnung, dass das alles nur ein schrecklicher Abltraum ist...

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Hey!
Kommentiert mal bitte, wer von euch das Buch noch liest :)
-Nicht um Kommentare zu bekommen, sondern weil es mich wirklich interessiert- ❤
Wäre total nett :D
Dankeschön schon mal im Voraus!

Lg. Eure Cupcake ♥♥

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