8
Als Doreen und Hope aus dem Krankenhaus kamen, hatte Hope wieder recht gute Laune.
Ihr Arm war gut verheilt und sie musste nur noch einen Verband tragen. Die zwei größten Vorteile an der Sache, waren 1. Die Farbe. Ihr Gips war pink gewesen, ihr neuer Verband schwarz. Und 2. Konnte sie mit dem Verband trainieren. Natürlich nicht so ausgelassen, wie sie gerne würde, aber der Arzt hatte erlaubt, dass sie am Boxsack ein wenig trainieren durfte und auch Krafttraining durfte sie machen.
Ausnahmsweise war es also nicht Hope, die die schlechteste Laune im Haus hatte. Nein, es war Doreen.
„Der hat schon wieder einfach seine Sachen überall liegen gelassen!", regte sie sich auf als die beiden in die Küche gingen. „Wann lernt er endlich, dass Geschirr in die Spülmaschine gehört?!", meckerte sie herum und Hope verzog sich lieber wieder auf ihr Zimmer. So wenig sie ihren Onkel im Moment auch leiden konnte, aber Doreen war noch um einiges Schlimmer.
Am Abend saßen die Beiden am Küchentisch und Doreen erzählte die ganze Zeit an einem Fort. Und zwar nicht nur Gutes über Rea. Irgendwann reichte es Hope.
„Wie haltet Onkel Rea das nur mit dir aus?!", rief sie, stand auf und ging, ohne noch ein Wort zu verlieren, in ihr Zimmer. Dort ließ sie sich seufzend auf ihren Stuhl sinken und atmete erst einmal aus.
„Hält.", murmelte sie dann. „Wie hält Onkel Rea das nur mit dir aus."
Gedanklich konnte sie schon die vorwurfsvolle Stimme von Herrn Müller hören und beschloss daher, noch ein wenig zu lernen. Nach einer Weile hörte sie aber auch wieder auf. Mit hängenden Schultern ging sie zu ihrer Stereoanlage und legte Neon wieder ein. Dann ließ sie sich neben Conner auf ihr Bett fallen.
Erst jetzt, wo Rea so gar nicht da war, merkte sie, wie wichtig er ihr doch eigentlich war. Erst jetzt, wo er nicht mehr in ihr Zimmer schaute, um zu gucken, ob noch alles in Ordnung war, fiel ihr auf, wie gut es getan hatte. Erst jetzt, wo er nicht im Haus war spürte sie, wie leer es ohne ihn war. Wie sehr sie ihn doch vermisste.
Am nächsten Morgen wachte Hope mäßig gut gelaunt auf und zog sich schnell an.
„Conner, wish me luck.", raunte sie dem Koalabären zu, ehe sie ihr Zimmer mit dem Rucksack auf dem Rücken verließ. Sie schlurfte nach unten, machte sich ein schnelles Frühstück To-Go und verließ dann das Haus.
Warum auch immer, aber der Schulbus fuhr, hier mitten in der Pampa, doch tatsächlich direkt vor dem Grundstück und so musste Hope nur das Tor passieren und kurz auf den Bus warten.
Im Bus fühlte sie sich etwas fehl am Platz. Alleine setzte sie sich relativ weit hinten ans Fenster und steckte ihre Kopfhörer in die Ohren. Sofort kam ihr „Darkness" von ihrem Onkel entgegen und das Gefühl von gestern Abend kam wieder in ihr hoch. Schnell übersprang sie den Song und schluckte die aufgekochten Tränen runter. Ein paar Jungs fingen an, über sie zu tuscheln, doch Hope ignorierte es und hoffte, dass sie bald an der Schule ankam.
Angekommen stieg sie als eine der Letzten aus und folgte einfach dem Strom. Sie hatte keine Ahnung, wo sie hin musste und irrte durch die Gänge ihrer neuen Schule. Alles war so viel größer als in Irland.
Plötzlich hörte sie hinter sich Schritte und drehte sich um.
„Guten Tag. Kann ich dir helfen?", fragte eine junge Frau und Hope nickte.
„Ich bin Hope. Ich bin neu an der Schule und suche die Klasse 9b.", erklärte sie der Frau. Diese fing über Hopes Aussprache an zu grinsen und nickte.
„Dann komm mal mit.", forderte sie das Mädchen auf und lief los. Hope folgte ihr einfach blindlings. Aber irgendetwas in Hopes Inneren versetzte ihr einen Stich. War das eine Lehrerin? Und wenn ja, war es dann wirklich angebracht über ihre Aussprache zu lachen? Hope seufzte leise als die Frau plötzlich abrupt stehen blieb.
„So, dass hier ist dein Klassenraum. Ich bin übrigens Frau Rieks.", stellte sie sich vor, zwinkerte und ging davon.
Wäre sie ein bisschen weniger gesprächig, würde sie perfekt zu Traver passen..., überlegte Hope und fing an zu grinsen. Sie bezweifelte sehr stark, dass überhaupt ein weibliches Wesen länger als zwei Tage mit Traver auskam. Aber um sich über den Assistenten ihres Onkels lustig zu machen, hatte sie jetzt keine Zeit.
Sie nahm all ihren Mut zusammen und klopfte.
„Herein?", erklang eine brüchige Stimme und Hope öffnete die Türe. Hinter der Türe war ein heller Klassenraum und eine ältere Frau stand am Pult. „Oh, du bist bestimmt Hope.", sagte die Frau und blickte Hope durch ihre etwas zu große Brille an.
„Genau.", lächelte Hope verlegen.
„Freut mich das du da bist. Komm herein wir haben gerade Geschichte. Setzt dich irgendwo, wo es dir passt und dann lausche einer wunderbaren Geschichte über Julius Cesar.", lächelte die Frau. „Ich bin übrigens Frau Alfs."
Hope war verwundert. Das war die netteste Person, die sie bisher in Deutschland getroffen hatte. Ihren Onkel ausgenommen.
Denn dieser zählte ja nicht wirklich.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top