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Als das Mädchen die Augen wieder öffnete, war das erste was sie sehen konnte, ein grelles, weißes Nichts.
Schwerfällig richtete sie sich auf und stellte mit schmerzverzerrtem Gesicht fest, dass ihr Arm in einen fetten Gips eingewickelt war.
„Ach du heilige Scheiße...", murmelte sie und setzte sich aufrecht hin. Dann sah sie sich in ihrem Zimmer um.
Es gab einen hellbraunen Holztisch mit einem Stuhl, der aussah, als hätte jemand ihn aus dem Kindergarten geklaut. Dann gab es noch einen in die Wand eingebauten Kleiderschrank. Die Wände waren weiß und sahen langweilig aus. Gerade als sie anfangen wollte ihren Gips zu untersuchen und zu ergründen, warum sie im Krankenhaus war, kam ein junger Arzt herein.
„Guten Tag, Hope.", sagte er und das Mädchen nickte.
„Guten Tag."
Dann wandte sie sich wieder ihrem Gips zu.
„Können Sie mir sagen, warum ich einen Gips habe und warum der Pink ist?", fragte sie und sah den Arzt ernst an. Welcher Volldepp auch immer dafür verantwortlich war, würde aber bald noch Ärger mit ihr bekommen.
„Das weißt du nicht mehr?", fragte der Arzt verwundert und Hope verdrehte die Augen.
„Wenn ich es wüsste, würde ich doch nicht fragen, oder?", gab sie ein wenig genervt zurück und der Arzt lief rot an.
„Äh, du hast dir nach dem Autounfall den Arm gebrochen. Vermutlich als du aus dem brennenden Auto gefallen bist."
Verwirrt sah Hope ihn an. „Autounfall? Brennendes Auto?", fragte sie und sah den Arzt verständnislos an.
„Ja, du und deine Eltern hatten einen Autounfall und du bist aus dem brennenden Auto gefallen. Dabei hast du dir den Arm gebrochen.", erklärte der Arzt und das dunkelhaarige Mädchen sog lautstark die Luft ein. Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Das Geschehene spielte sich wie ein Film vor ihrem inneren Auge ab.
Wir waren auf dem Weg zu Onkel Rea. Wie wollten Dads Geburtstag feiern und hatten ihn eingeladen. Aber weil Rea angeblich noch zu erschöpft von der Tour war, hat er uns vorgeschlagen zu ihm zu fahren. Dad wollte das Auto auf einer Landstraße gerade abbremsen, da hat der Motor Feuer gefangen. Mum hat geschrien und wollte aussteigen, aber irgendwie konnte sie nicht. Ich konnte gerade die Türe aufreißen da explodierte der vordere Teil des Wagens. Vor Schreck konnte ich mich gar nicht bewegen. Das Atmen wurde immer schwerer und plötzlich hat Dad mich aus dem Auto geschubst. Ich bin hingefallen und einfach liegen geblieben. Irgendwann kamen Sanitäter und haben mich in den Krankenwagen gebracht.", erzählte sie wie in Trance und starrte die ganze Zeit auf die leere Wand. Ihr Gehirn war wie in Watte gesteckt und alles was man zu ihr sagte, kam nur durch einen dicken Schleier aus grauem Nebel bei ihr an. Dieser dicke Schleier sorgte allerdings auch dafür, dass alle Geräusche gedämmt wurden. Das sie dabei sehr gruselig aussah, merkte sie überhaupt nicht. Der arme Arzt bekam Panik vor dem in Trance gesetzten Mädchen, und rief seine Kollegen.
Als ein weiterer Arzt den Raum betrat, riss Hope sich mit allem was in ihrer Macht stand aus der Trance und sah ihn an.
„Hope, hörst du mich?", rief er und sie hatte das Gefühl, dass ihr Gehörgang jeden Moment explodierte.
„Ja, ich höre Sie klar und deutlich und wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir das nächste Mal nicht so dermaßen in den Gehörgang brüllen.", sagte sie und rieb sich das piepende Ohr. Der Arzt wollte gerade etwas erwidern, da unterbrach sie ihn auch schon wieder:
„Können Sie mir jetzt bitte sagen, wer für diese hässliche Farbe verantwortlich ist? Und wo sind meine Eltern?"
Die beiden Ärzte sahen sich etwas nervös an. Der jüngere der Beiden fing dann an zu erklären.
„Für die Farbe ist keiner so wirklich verantwortlich. Es ist nur so, dass alle anderen Farben gerade aus waren.", erklärte er und Hope nickte.
Immer diese billigen Ausreden!, stellte sie gedanklich fest, sagte aber nichts.
„Und wo sind meine Eltern?", fragte sie noch einmal. Langsam wurde auch sie von der Nervosität der beiden Ärzte angesteckt.
„Unser herzliches Beileid, Hope. Aber deine Eltern sind noch am Unfallort gestorben.", sagte der ältere der Beiden.
Hopes Herz setzte für einen Schlag aus.
Ihre Eltern waren tot.
Sie hatte als einzige überlebt.

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