Kapitel 28

Ich saß noch immer auf der Rückbank des schwarzen VW Busses und war geschockt. Ich war einfach entführt worden! Aber von wem? Und warum?
In meinem Kopf meldete sich eine leise Vorahnung, welche ich allerdings sofort wieder beiseiteschob.
Ich nahm all meinen Mut zusammen und fragte: „Warum entführen sie mich?"
Meine Stimme zitterte zwar etwas, war aber einigermaßen stabil.
„Ruhe dahinten!", fuhr mich einer der Männer an. Plötzlich blieb das Auto stehen. Ich hörte wie Türen aufgingen und jemand sich mir gegenüber setzte. Dann zog mir jemand die Augenbinde ab und ich blinzelte ins Licht. Ich zwinkerte mehrmals, um wieder klar sehen zu können. Als nicht mehr alles verschwommen war, erkannte ich das es keiner der Männer war der vor mir saß.
Es war meine Mutter!

Meine Ahnung hatte sich bestätigt.
Ich hätte mir ja denken können, dass Larissa michauch entführen würde. Ehe sie auch nur irgendetwas sagen konnte, schrie ich sie an:
„Sag mal, hast du Störungen? Davon, mich zu entführen, wird es doch auch nicht besser. Und ich werde dich nicht mehr mögen!"
„Das sehen wir ja dann...", sagte sie ruhig. Doch ich schwor mir, kein Wort mehr mit ihr zureden. Maximal noch ein "nein", aber mehr nicht!
„Komm mit.", sagte sie. Doch ich bewegte mich keinen Millimeter. „Komm mit, Laila!", sagte sie streng. Doch ich bewegte mich immer noch nicht. Sie seufzte. „Hat dein Vater dich denn gar nicht erzogen?"
Jetzt wurde ich wütend. „Mein Vater hat mich besser erzogen, als du es je hättest tun können! Auf ihn höre ich nämlich!"
Das klappte ja super. Ich hatte mir das noch keine zwei Minuten geschworen, und schon brach ich meinen Schwur! Kaum zu glauben!
Larissa seufzte. „Wer nicht hören will, muss fühlen.", murmelte sie. „Marco, hol sie doch bitte aus dem Auto.", rief sie dem größeren der beiden Männer zu. Marco kam zu mir und hob mich aus dem Auto. Ich unterdrückte den Drang zu schreien. Marco stellte mich auf den Boden. Dann kam meine Mutter und wollte mich umarmen, doch als sie ihre Hände um mich legte, riss ich mich los und rannte weg. Ich wollte nicht von ihr berührt werden!
Ich rannte und betrachtete erst jetzt das erste Mal wirklich die Umgebung. Wir waren bestimmt einige Kilometer von der Innenstadt entfernt. Doch ich wusste nicht wohin ich rannte. Also lief ich einfach immer der Nase nach. Neben mir waren einige Bäume und vor mir lag der Rhein. Eigentlich war mein Plan, zum Rhein zu rennen, doch als ich hinter mir einen Motor aufheulen hörte, änderte ich den Plan. Ich rannte in Richtung der Bäume. Ich hoffte, dass die Bäume zu nah beieinander standen, als dass der Bus hindurch passte.
Ich hörte erst mit dem Rennen auf, als ich weit in den Wald gerannt war und den Motor nicht mehr hörte. Keuchend blieb ich stehen und stütze mich gegen eine alte Eiche. Dann kramte ich aus meiner Tasche mein Handy und wollte Papa anrufen. Doch...
„Kein Netz!", fluchte ich leise. Doch dann kam mir eine Idee. Ich kletterte die Eiche nach oben und versuchte es erneut.
„Zum Telefonieren sollte das Netz hier oben reichen.", murmelte ich und wählte Papas Nummer. Doch er ging nicht dran. „So ein Mist!", murmelte ich. Verzweifelt lehnte ich meinen Kopf gegen den Stamm. Doch dann huschte noch ein Gedanke durch meinen Kopf. Ich wählte eine andere Nummer.
„Hallo?"
„Guten Tag, Polizei Köln hier! Was kann ich für Sie tun?", erklang eine weibliche Stimme an der anderenLeitung. Erleichtert atmete ich auf.
„Guten Tag. Hier spricht Laila Santos. Ich wurde gerade von meiner Mutter entführt. Ich konnte ihr entkommen und sitze auf einem Baum in der Hoffnung, dass sie mich nicht findet! Aber ich weiß nicht, wo ich bin, und mein Vater geht nicht an sein Telefon.", erklärte ich so gut es ging meine Situation.
„Kannst du mir deine Lage beschreiben?", fragte die Frau.
„Also, ich bin hier in einem kleinen Wald mit vielen Eichen. Ich glaube so zwei Kilometer von der Innenstadt entfernt. Und ich kann von hier aus den Rhein sehen.", ich gab mir Mühe, alles so genau wie möglich zu beschreiben.
„Okay, Laila. bitte bewahre Ruhe. Ich diktiere dir eine Nummer und du schickst mir dann Fotos von deiner Umgebung. In Ordnung?", ihre Stimme war ruhig und das beruhigte auch mich. Ich ließ mir die Nummer diktieren und machte dann Fotos, die ich der Polizistin über WhatsApp schickte. Doch plötzlich hörte ich unter mir Stimmen.
„Ihr seid so inkompetent!", meine Mutter schimpfte offenbargerade mir Marco und seinem Kollegen. Schnell legte ich auf. Doch ich schrieb der Polizistin:
>Es tut mir leid, dass ich aufgelegt habe. Aber ich kann meine Entführer hören.<
Sofort kam die Nachricht der Polizistinzurück.
>Mach dir keine Sorgen. Ich habe einen Streifenwagen zu dir geschickt. Bleib einfach auf dem Baum sitzen, und sei ruhig.<
Auch wenn ich wusste, dass die Polizistin mich nicht sehen konnte, nickte ich.
Nervös sah ich nach unten. Plötzlich sah ich sie. Larissa und die beiden Männer gingendurch den Wald und suchten nach mir. Ich schluckte. Unter keinen Umständen wollte ich, dass sie mich entdeckten. Auf einmal hatte ich das Gefühl, in der Ferne blaues Licht ausmachen zu können.
Endlich! Das Licht kam immer näher. Doch als ich das Gefühl hatte, die Sirenen zu hören, schrieb ich schnell der Polizistin:
>Können Sie Ihren Kollegen sagen, sie sollen ihre Sirenen ausmachen? Ich kann sie von hier oben aus sehen und hören.<
>Aber natürlich<
Kam die Antwort zurück, und kurz darauf waren die Sirenen aus. Als das Blaulicht schon sehr nah war, blieb es plötzlich stehen. Ich hoffte, dass die Polizisten kamen und mich retteten. Ich schluckte wieder. Doch plötzlich konnte ich ihre Schritte auf dem Waldboden hören. Erleichtert atmete ich aus. Ich sah noch einmal nach unten, um mich zu vergewissern, dass Larissa weg war. Als ich mich vergewissert hatte, kletterte ich nach unten. Doch als ich den nächsten Ast erreichte, hörte ich einen Schuss knallen.
Der Ast gab unter meinen Füßen nach und mit einem angsterfüllten Schrei stürzte ich in die Tiefe.

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