Kapitel 02

Mit meinen Schuhen in der Hand (es wurde echt schwer darin zu laufen) tapse ich mit nackten Füßen über den kalten Boden bis zur Haustür und schließe diese mit dem unter der Fußmatte verstecktem Schlüssel auf.
Und dann schreie ich. Laut.

Mit einem Satz ist Alex bei mir und mit dem nächsten hat Ethan seinen Schwanz aus dieser widerlichen kleinen blonden Schlampe gezogen und hüpft auf mich zu, während er sich die Hose hochzieht.
Baby ich..Scheiße! Ich...", stottert Ethan und ich beobachte wie Alex Faust in seinem Gesicht landet und Ethans Kopf zur Seite schellt.
„Du dreckiger Bastard.", Alex.
„Hast du sie gevögelt und dann hergebracht?", Ethan.
„Sie hat dich geliebt.", Alex.
* * *
Kennt ihr das, wenn die Welt für einen Moment still steht? Alles so leise und klar erscheint. Ihr euer Blut durch eure Adern rauschen hört und euer Kopf ganz frei ist?
Und wenn die Welt sich dann weiter dreht, ist alles anders.
Bei Manchen passiert das, wenn ein geliebter Mensch stirbt, bei Anderen wenn sie von einer Krankheit erfahren.
Bei mir war dieser Moment jetzt.

Wie in Trance stoße ich mich von der Wand ab und laufe langsam auf Ethan zu. Ich fühle mich gedemütigt; so unglaublich widerlich, ich würde mir am liebsten die Haut vom Körper kratzen. Oder ihm seine Augen aus. Die letzten vier Jahre meines Lebens ziehen vor meinem inneren Auge vorbei...meine gesamten Highschool Jahre, meine Unschuld, mein Vertrauen, habe ich ihm geschenkt. Meine Liebe.
Und ich fühle mich verletzt.

Meine ganze Trauer und Demütigung dringt an die Oberfläche, als ich Schwung nehme und meine Hand auf seine bereits verletzte Gesichtshälfte fliegt. Und dann...dann greife ich Alex Hand und ziehe ihn zurück zu seinem Auto. „Ich muss hier weg.", flüstere ich und er nickt, als ich mit meiner Hand über meine Wange fahre und erst jetzt bemerke, dass ich weine.

Alex greift nach meiner Hand und verschränkt unsere Finger miteinander bevor er: „Er ist es nicht wert, Schatz." flüstert. „Ich weiß."
Und ich weiß es wirklich. Ich habe ihn geliebt. Ich liebe ihn. Natürlich tue ich das, doch der Tag heute war viel zu schön, als dass ich ihn mir jetzt ruinieren lasse. „Heute ist er das nicht."
                                 * * *
„Weißt du, ich könnte dich ihn vergessen lassen." Inzwischen sitzen wir auf Alex Couch und ich habe meine nackten Beine auf seinem Schoß abgelegt. „Was meinst du damit?", Alex Hand fährt über mein Knie bis hin zu meinem Oberschenkel und eine leichte Gänsehaut überkommt mich, als er sich nach vorne beugt und seine andere Hand über mein Gesicht, meinen Hals hinunter zu meinem Schlüsselbein wandert. Er beugt sich noch weiter nach vorne und ich kann seinen heißen Atem auf mir spüren, worauf in meinem Bauch ein komisches Kribbeln entsteht. Ein Kribbeln, das ich bei Ethan verspürt habe, als wir uns kennenlernten. Ein Kribbeln, das nichts Gutes bedeutet.

Geschockt von dieser Erkenntnis, lege ich meine Hände auf seine Brust um ihn wegzuschieben und hauche: „Ich brauche einen Drink."

Alex lacht, doch schwingt sich von der Couch und läuft rüber in seine offene Küche. „Bee du kannst ihn wirklich vergessen." „Ich glaube nicht, dass das eine gute..." „Wir mischen einen Drink zusammen, mit allem was Ethan hasst. Danach wirst du nicht mal mehr seinen Namen kennen.", unterbricht er mich und ich war noch nie glücklicher, dass ich meinen Satz nicht beendet habe.

„Er hatte eine Allergie auf Erdnüsse. Ich konnte nichtmal einen Snickers in seiner Nähe essen, so schlimm war es.", nickend kippt Alex etwas Erdnuss Schnaps in ein Glas: „Weiter?"
„Als kleines Kind hat er so viele Erdbeeren gegessen, dass er drei Tage lang Brechdurchfall hatte." „Nicht dein Ernst?", Alex lacht und greift zu der Erdbeerlikör Flasche.
Ich nicke: „Seit dem kann er nichts mehr was mit Erdbeeren zutun hat auch nur ansehen. Ob Kaugummi, Gummibärchen, Lutschbonbon, Erdbeerbrause.. ganz egal. Er hat es gehasst." „Perfekt."

„Tequila und Martini konnte er nicht leiden. Schade eigentlich, ich liebe es.", grinsend greife ich nach den beiden Flaschen und reiche sie Alex.
„Mehr war da eigentlich nicht, aber ich finde Whisky und Gin toll, also rein damit!"

Alex schiebt mir ein Glas rüber und ich schnuppere an der dunkelbraunen merkwürdigen Flüssigkeit, worauf mir Tränen in die Augen schießen: „Heilige Scheiße."
„Bereit?" „Bereit wenn du es bist."

Die fast schon ätzende Flüssigkeit rinnt meinen Rachen runter und entfacht ein Feuer, das ich in diesem Moment mehr als nur brauche. Ich schüttele meinen Kopf und stöhne leicht um das Brennen zu vertreiben, aus dem Augenwinkel kann ich sehen, dass es Alex nicht anders geht. „Verdammte Scheiße, der hat es in sich."

„Alex?", ich weiß nicht ob es an den ganzen Drinks liegt, die ich heute Abend hatte oder an diesem Drink, der mein Hirn zu benebeln scheint. Vielleicht liegt es auch an der Tatsache, dass ich von einem der Menschen die ich am meisten liebe so dermaßen verletzt wurde, doch in diesem Moment ist mir mehr als nur egal was für Folgen diese zwei kleinen Worte haben werden.

„Ja?"

„Küss mich."
                                  * * *
Ich würde gerne sagen, dass ich am nächsten Morgen von Sonnenschein und Vogelzwitschern geweckt wurde, doch so ist es nicht. Heftiger Regen plätschert an die Jalousien und reißt mich aus meinen süßen Träumen. Mit einem Mal erinnere ich mich an immer mehr Ereignisse von gestern Nacht und bemerke, dass das Wetter sich meiner Stimmung anzupassen scheint.

Zuerst war da eine Party, die wirklich toll war. Und dann.. war da Ethan, was nicht so toll war. Und schließlich...scheiße!

Ich springe aus dem Bett, worauf sich mein Körper mit einem heftigen Dröhnen in meinem Kopf rächt, doch ich bin viel zu geschockt von der Erkenntnis die mich trifft, als ich an meinem nackten Körper und dem grummelnden, ebenfalls nacktem Alex auf dem Bett schaue, um darauf einzugehen.

Ich.Hatte.Sex.Mit.Alex.

Mit Alex Carter.

Meinem besten Freund Alex.

Scheiße.

Nachdem ich hastig in meine Unterwäsche und eine Jogginghose sowie T-Shirt von Alex gestiegen bin, rüttele ich diesen wach und schreie ihm schon fast ins Ohr: „Wir haben einen riesigen Fehler gemacht!"
„Scheiße Bee gehts noch?", er hält sich den Kopf und stöhnt bevor er mir in die Augen blickt und langsam zu grinsen beginnt.
„Einen ziemlich heißen Fehler." „Alex!", ich haue ihn nicht gerade sanft gegen den Oberarm, worauf er noch einmal stöhnt. „Bitte versprich mir einfach, dass es jetzt nicht komisch wird zwischen uns." „Versprochen, Prinzessin."

„Und jetzt los, steh auf! Wir treffen uns gleich mit Penn im Lilly's und brauchen beide dringend Aspirin."
                                 * * *
Das Lilly's heißt eigentlich Lilly's Dinner, doch ist durchaus auch für seine leckere Auswahl
an Frühstücks Menüs bekannt. Seit wir aufs College gehen, verbringen wir jeden verkaterten Morgen hier.

„Wow ihr seht Beide wirklich scheiße aus."
„Dankeschön, beste Freundin. Sowas hört man immer wieder gerne.", lacht Alex und ich schmunzele. Seit unserem kleinen Wiedergutmachungs-Gespräch habe ich die Sache abgehakt. Dafür geht mir Ethan nicht mehr aus dem Kopf und wie auf Knopfdruck fühle ich mich elendig und lasse die Schultern hängen.

„Alles gut?", Penn zieht fragend ihre perfekt gezupfte Augenbraue hoch, während sie einen Berg Zucker in ihren Kaffee rührt und Alex seine Waffeln in Schokosauce ertränkt.
Ich dagegen habe irgendwie garkeinen Appetit und stochere nur lustlos in meinem Speck neben meiner Waffel rum. „Ja... Nein. Ethan.. es ist aus." Sie hört sofort auf mit umrühren und starrt mich entgeistert an: "Was!?" „Ich habe ihn beim Fremdgehen erwischt. Gestern Nacht. Mit einer blonden Frau."

„Ich sage euch doch, alle Blondinen sind gleich!",als Penn grade mal zehn Jahre alt war, fand ihre Mutter heraus dass ihr Vater eine Affäre hat. Mit einer blonden Frau. Seit dem schwört Penn, dass alle Blondinen gleich sind und lässt sich da auch nicht vom Gegenteil überzeugen.

„Schatz, das tut mir so so leid. Er... naja du weißt doch was ich zu ihm gesagt habe." „Blonder Spießer.", ich nicke und zwinge mich zu einem Lächeln.
Wie auf Kommando fängt mein Handy an zu klingeln und nach einem Blick auf das Display weiß ich wer mich mit SMS bombardiert.
„Es ist er. 40 Nachrichten und 22 Anrufe seit gestern.", ich schlucke. „Mein Stummmodus hat sich eben ausgeschaltet. Schade, war schön mit ihm."

Meine besten Freunde gehen garnicht auf meinen versucht zwanghaft lustigen
Witz ein: „Was schreibt er?" Ich überfliege die ersten Nachrichten, die sowas wie Es tut mir leid, Schatz. Komm zurück. Und Wir fangen von vorne an. enthalten und bleibe schließlich bei seiner letzten, bisher längsten SMS hängen.

Blake, Schatz. Langsam mache ich mir Sorgen um dich. Du bist einfach abgetaucht, redest nicht mehr mit mir. Ich habe einen riesigen Fehler gemacht. Natürlich habe ich das.
Ich würde gerne sagen, ich war gestresst und betrunken und du warst nicht da, aber nichts rechtfertigt das, was ich getan habe.
Bitte komm zurück und lass uns über alles reden. Zusammen schaffen wir alles.
Ich liebe dich.

Ich schlucke und Penn und Alex seufzen. Alle 39 Nachrichten haben mich nicht bewegt, ich konnte ihn hassen. Ich hasse ihn, aber ich liebe ihn auch und genau deswegen kann ich bei dieser Nachricht nicht mehr stark sein.
Diese Nachricht enthält soviel, was ich gerne hören würde. Nicht alles, nein ich will eine Erklärung, aber so viel.

„Du willst doch nicht etwa zu ihm zurück?!", geschockt reißt Penn die Augen auf als ich zögere. „Ich... ich weiß es nicht.", ich beiße mir auf die Lippe. „Ich liebe ihn Penn! Nur... ich will nicht eins von den Mädchen sein, die sich betrügen und schlecht behandeln lassen und ihren Freund trotzdem nicht verlassen können.
Ich will nicht zu ihm zurück, nur weiß ich nicht ob mein Herz das auch so sieht.", gebe ich ehrlich zu und dann schießen mir Tränen in die Augen, die ich schnell versuche wegzuwischen.

„Du hast noch garnicht richtig geweint. Jeder darf Trauern, Bee.", meint Alex und greift nach meiner Hand die auf der Stelle wärmer wird. Nicht gut, garnicht gut.
Ich schlucke zum gefühlt tausendsten Mal seit gestern Nacht und schaue wie ein ängstliches Reh in die Augen meiner besten Freunde: „Ich darf jetzt schwach sein.", doch die Wahrheit ist: ich kann garnicht anders als jetzt schwach zu sein.
Und dann laufen mir die Tränen strömenweise übers Gesicht und ich versuche garnicht mehr sie wegzuwischen.

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