28

Rena sah mit prompt stark klopfendem Herzen zu Gideon hin, der finster auf das Handy blickte.
Dann aber stutzte.
„Du telefonierst echt mit der Bayern-Luna? Woher hast du ihre Nummer, die hab ja nicht mal ich ...", wollte er sich das Handy schnappen, aber das nette blonde Mädchen hatte den Anruf bereits beendet.
Und auch die Nummer des Anrufes wurde nicht angezeigt. Sie hatte sie anonymisiert.
Tja, was für ein kluger Mensch.

Gideon starrte noch weitere Sekunden blicklos auf das Handy Display, dass inzwischen aber wieder dunkel geworden war, bevor er es ihr schlicht zurück reichte.
Rena nahm es schweigend entgegen und legte es neben sich auf das Bett, senkte den Kopf und wartete.
Doch Gideon wurde nun gar nicht wütend. Ganz im Gegenteil sogar. Er setzte sich zu ihr auf das Bett und raufte sich frustriert die Haare.

„Mir war nicht bewusst, dass es dir schon lange so schlecht gegangen ist, Rena. Ich dachte im Taunus hätten sie alles im Griff. Das bessere Krankenhaus, die besseren Ärzte...", rechtfertigte er sich leise.
Rena seufzte laut auf.
„Darum ging es gerade gar nicht bei unserem Gespräch, Gideon. Es ging um die Göttin der Werwölfe.", erklärte die ihm leise und sah seine Mundwinkel verächtlich nach unten zucken.
„Die alte Schrapnelle kann mich mal! Falls Sie überhaupt existiert.", knurrte er düster.
Okay ... er lästerte der Werwolfgöttin? Gar nicht gut, oder?
„Du glaubst vielleicht nicht an die Göttin der Werwölfe, doch sie existiert ganz sicher.", flüsterte Rena um Ruhe bemüht, denn schließlich war das hier ein Reizthema.
Er wandte ihr auch nur den Kopf zu und sah sie lange schweigend an.

Rena lächelte schließlich doch noch ein klein bisschen.
„Weißt du... Ich hab es da sicher leichter als du. Die Christen kennen meist nur einen Gott und er ist für alles und jeden zuständig.
Aber im Hinduismus gibt es tatsächlich sehr viele Götter und Göttinnen. Und für mich ist es darum absolut keine Frage, wer hier nun unser Leben bestimmt und unser Schicksal dirigiert.
Auch Tiere haben alle eigene Götter, die ebenfalls Tiere sind und Werwölfe haben ... Luna.
Aber keine Sorge.
Ich erwarte nicht von dir, oder den anderen Menschen, dass ihr zu jemanden betet, der euch so geschaffen hat, wie ihr jetzt seid.
Du bist sehr unglücklich damit und andere Menschen sind es auch. So sehr sogar, dass sie lieber tot sein wollen, statt ein Werwolf zu sein.
Und das weiß sicher auch die Göttin, weshalb sie für euch nach Auswegen gesucht hat..."
„Auswegen? - Rena! Bist du Gescheit? Wir sitzen hier in einer Falle aus der es keinen Ausweg mehr gibt. Falls also diese Tölen-Göttin wirklich existiert, kann sie mich und alle anderen Menschen mal kreuzweise!", knurrte er leise und Rena nickte nur wieder stoisch.

„Ja, das sehe ich ein. Du tust hier so viel, arbeitest an allen Missständen gleichzeitig und es scheint trotzdem nie genug zu sein.
Du kannst dich nie ausruhen oder einfach nur zufrieden und glücklich sein.
Doch die Göttin hat dich eigens hierfür auserwählt, Gideon, ... weil du stark bist.
Zumindest stark genug, für das hier.
Auch wenn es für uns gebissene Menschen natürlich gemein ist. Auch wenn es von den anderen Wölfen und den anderen Rudeln heimtückisch, böse und niederträchtig war uns einfach zu Ihresgleichen zu machen.
Das hat zu so viel Unglück und Leid geführt. Und nur deshalb ist das hier nun das größte Rudel von allen, weil es aus gebissenen Menschen besteht und nicht aus friedlich geborenen Werwölfen."
„Und genau deshalb sind sie jetzt auch hinter dir her, Rena ... die anderen Rudel ... um dich in ihrem Sinn zu beeinflussen", stellte Gideon finster fest.
Rena nickte erneut und deutete auf ihren Laptop.
„Alpha-Luna Mia schickte eine Einladung zum Mate-Ball im Taunus. Ich soll dich und ein paar Single Wölfe mitbringen..."
„Können die glatt vergessen!", erklärte er ihr tödlich ruhig.
Rena nickte wieder und schluckte hart.
„Ihre Beeinflussung ist nach hinten losgegangen. Ich hab ihnen auch nicht geantwortet, noch werde ich das tun. Sie haben mich wohl nur deshalb so lange da behalten und in ihrem Rudel Freundschaften schließen lassen, um nun ein Lock- aber auch Druckmittel gegen mich zu haben. Das tut schon irgendwie weh...", lächelte sie kläglich vor sich hin.

Da griff Gideon auf einmal wieder ihre Hand, ohne hinzusehen, verflocht einfach nur seine Finger mit ihren, und hielt sie fest.
Ein zitternder Ausatmer entfuhr ihm, der Rena erneut zu ihm hinblicken ließ.
„Ich wusste nicht, dass sie dir auch in den Kopf geschossen haben. Oder ins Herz... und die ... die Kehle durchgeschnitten. Du musst so unglaublich viel Angst gehabt haben...", flüsterte er schließlich heiser vor unterdrücken Gefühlen.
Rena senkte nur leise ausatmend den Kopf.
„Ja... ich hatte große Angst. Sie wollten mich töten. Und sie wollten es unbedingt.
Aber da ich so unglaubliche Heilfähigkeiten bewies, haben sie mir zwischendurch immer noch literweise Blut abgenommen. Sie dachten wohl, sie könnten damit eine Art Wundermittel gegen alle Krankheiten oder Verletzungen der Welt entwickeln.
Aber tatsächlich war es nur ich, die ständig wieder so komplett geheilt ist. Alle anderen Werwölfe in Gefangenschaft sind gestorben."
„Sie sind nun zu ihrem Glück alle miteinander tot, sonst würde ich glatt noch mal auf die Jagd gehen.", knurrte Gideon zornig und ballte die Hände zu harten Fäusten.
Rena seufzte leise auf.
„Was würde es dir bringen Menschen zu töten die Werwölfe genauso hassen wie du es tust?", fragte sie ihn leise und er merkte irritiert auf.
„Ich hasse dich nicht...", begann er doch Rena unterbrach ihn rasch.
„Du hasst aber dich selbst und alle die als Werwolf geboren wurden und wie solche aufwuchsen."
„Ist das nicht verständlich? Es sind abartige Monster...!"
„Es sind Werwölfe! Keine Menschen!
Darum verstehen wir sie nicht und sie uns nicht. Darum weigerst du dich auch eine Seelenverbindung wie zwischen Werwölfen üblich anzuerkennen.
Alle Menschen weigern sich das.
Ich hoffe und bete also zu der Werwolf-Göttin Luna, dass sie hier keine einzelnen Seelen bei uns untergebracht hat, die nun vielleicht für immer darunter leiden müssen ihr anderes Seelenstück nicht finden zu können.
Es wäre zu schmerzlich für unsere armen gebissenen Menschen, würde die Göttin ihnen auch das noch so antun, nach allem was sie schon zuließ, dass uns geschah.
Jedoch, und das sage ich jetzt nur dir, weil ich auf dein Verständnis hoffe, Gideon ... Die Götter haben immer einen Plan. Und sie verfolgen ihn unbarmherzig, wie es uns erscheint. Jedoch, in all dem Unglück, hat sich doch herauskristallisiert, dass etwas Gutes damit bezweckt war.
Die Werwolf Rudel können nun nicht mehr ihre allzu menschlichen Kinder so quälen, wie sie es getan haben.
Die Göttin hat die anderen Rudel hart bestraft, ohne dass es jenen überhaupt bewusst ist und sie hat eigens dich auserwählt, Gideon, gebissene Werwölfe, denen böse Dinge widerfahren sind, in deine Obhut zu geben.
Und das tust du auch. Du rettest sie aus ihrem jeweiligen schlimmen Schicksal, bringst sie hoch in den Norden, und hier finden Sie dann endlich einen sicheren Zufluchtsort.
Natürlich spielen sie dann aber erst mal verrückt. Und natürlich ist es gut, wenn du sie dann auch Alphabannen kannst.
Einfach nur, damit sie zur Ruhe kommen, und nicht, um sie weiter zu gängeln. Ich finde deine Entscheidungen gerade sehr klug, und gut.
Ich werde auch weiter hinter dir stehen, falls die Menschenregierungen irgendetwas wollen. Ich stehe auch zu dir, wenn die anderen Rudel Einfluss nehmen wollen.
Denn so, wie es nun aussieht, hat mich die Werwolf - Göttin Luna ebenfalls dazu ausersehen, an deiner Seite zu stehen und dich mit meinem hiersein zu beschützen.
Ob mir das nun persönlich gefällt oder nicht ist in den Plänen einer Götter nicht wichtig. Wir müssen uns ihnen unterwerfen. Denn sie sind nun mal Götter..."
„Scheiß Götter in einer scheiß-verdammten Welt!", knurrte er nur wieder finster und nahm dann wieder ihr Handy, blickte es finster an und knurrte leise auf.
„Wenn ihr nicht aufhört Rena zu Stalken und zu beeinflussen versuchen, gibt es Krieg! Und zwar einen unehrenhaften, Bayern Luna!
Ich warte garantiert nicht darauf, bis wir in eurem Viadukt gefangen und davon gespült werden. Ich warte auch nicht darauf, bis wir eine Einladung in euer Gebiet erhalten und glaub mir, ihr werdet uns erst dann bemerken, wenn ihr eine Kugel im Kopf habt. Sag das deinem Alpha und dann hör auf, mit deinen IT-Fähigkeiten herum zu spielen.
Ob wir hier in unserem Rudel nun klarkommen oder nicht, ist nicht eure Sache. Das war's nie und wird es auch niemals sein!"

Er öffnete die Schublade und legte ihr Handy dort in eine gepolsterte Kiste, wie auch sein eigenes und schloß beides wieder.
Rena sah ihn nur noch kritisch an.
„Du wirst also auch bespitzelt?", fragte sie ihn irritiert.
Gideon nickte lediglich ernsthaft. „Nimm dein Handy besser nur dann mit dir mit, wenn du es wirklich brauchst oder jemanden anrufen willst."

Rena stand seufzend auf, öffnet die Schublade und auch die Kiste, um sich ihr Handy zurückzuholen.
„Es tut mir leid, aber meine Großmutter in Delhi könnte jederzeit anrufen. Und das möchte ich dann hören können. Sie ist schließlich der einzige Mensch aus meiner Kindheit, der mir jetzt noch geblieben ist.
Sie hält heimlich mit mir Kontakt, gib mir immer noch oft gute Ratschläge..."
„Weiß sie, dass du ein Werwolf bist?", fragte Gideon sie angespannt.
„Sie weiß von meinem Onkel, dass ich mich in ein Tier verwandelt habe. Sie weiß von mir, dass ich von einem Tier gebissen und mit einer Krankheit infiziert wurde. Sie hält eine Göttin für verantwortlich, dass aus mir gemacht zu haben, und denkt, dass sie damit einen besonderen Plan verfolgt.
Sie ist ... anders, als andere Menschen. Anders als meine Eltern. Und ich kann ihr nun zumindest sagen, welche Göttin dafür verantwortlich ist. Sie wird ihr also wahrscheinlich etwas opfern und sie bitten, die Krankheit wieder von mir zu nehmen..."
„Als ob das was bringen würde..."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top