6 (Luna)

Hier stehe ich nun "fett Party machend" . Ich bin zusammen mit Isa hier. Diese Veranstaltung soll mein achtzehntes Lebensjahr einläuten, bevor ich morgen Abend mit meinen Eltern das obligatorische Geburtstagsessen im 5-Sterne-Restaurant einnehme.
Sie kommen morgen früh erst wieder.

Isa hat Spaß. Ich nicht. Stattdessen fühle ich mich einsam und verloren. Die große Menschenmenge gibt mir das Gefühl, allein zu sein. Ich gehöre nicht dazu.
Es fühlt sich an, als gäbe es zwei Fraktionen: mich und die anderen.

Isa tanzt. Ihr Partner ist ihr dabei ziemlich egal. Als stolze Besitzerin der Volljährigkeit geht sie öfter weg und weiß genau, wie es abläuft. Sie hat vorgetrunken und lässt kaum eine Gelegenheit aus, sich von einem der Anwesenden hier etwas ausgeben zu lassen.

Ich stehe abseits, während sie mit einem Kerl nach dem anderen lacht und feiert und tanzt.
Der Alkohol macht sie locker und gelöst. Mir macht der Kontrollverlust Angst, den ich immer spüre, sobald ich auch nur einen Schluck getrunken habe. Ich mag keinen Alkohol.

Während Isa flirtet, versuche ich nicht aufzufallen.

"Hey du.", spricht mich jemand von hinten an. Ich fahre zusammen. In letzter Zeit häufen sich seltsame Momente. Wenn ich allein bin, höre ich immer wieder die Stimmen. Genauso fällt immer wieder irgendwas um. Das macht mich schreckhaft.

"Sorry.", sagt er, während ich mich zu ihm umdrehe. "Ich wollte dich nicht erschrecken." Er muss ganz schön schreien, um gegen die Musik anzukommen.

Der etwas ältere Junge schaut mich aus klaren Augen an. Er wirkt nicht betrunken, anders als die meisten anderen hier. Das macht ihn mir auf Anhieb sehr sympathisch. Hinzu kommt seine Körpergröße. Er ist nicht ganz so groß. Und in diesem Gedränge fühle ich mich durch große Menschen ziemlich eingeschüchtert. Immerhin fällt es nicht schwer, mich zu übersehen, gegen mich zu stolpern und und mit Alkohol zu übergießen oder mich unabsichtlich zu verletzen.

Ich nicke und lächele leicht. Aber eigentlich will ich nur hier weg.

Isa hat mich allein gelassen. Für sie ist das Treiben hier Spaß, ein Spiel. Sie ist immer auf der Suche nach dem nächsten Kerl in ihrem Leben. Aber richtig wichtig ist ihr letztendlich keiner. Sie wechselt ihre Freunde ständig, tauscht sie aus, wenn sie jemand besseren findet. Die Kerle kommen und gehen. Nur ich bleibe.
Denn ich war schon vorher da.

Es ist ihre Art und Weise, ihr Leben zu genießen. Ich weiß das. Aber verstehen, kann ich sie nicht.

Immer wieder drängt sie mich dazu, mit ihr wegzugehen. Sie will, dass ich auch jemanden finde. Aber aus irgendeinem Grund habe ich nicht das Bedürfnis danach. Stattdessen will ich nichts ändern an meinem ruhigen Leben. Ich habe eine Familie, eine beste Freundin und ein Ziel. Und falls mir zufällig der Richtige über den Weg stolpert, werde ich das bestimmt erkennen. Was brauche ich mehr?

"Bist du öfter hier?", fragt er.

Ich schüttele den Kopf. Ich bezweifle, dass ich laut genug reden könnte, damit er mich versteht.

Er kratzt sich unsicher am Kopf. "Wollen wir kurz rausgehen und reden?", fragt er dann. "Hier drin ist es etwas sehr laut."

Ich werfe einen schnellen Blick zu Isa, um mir einen Moment Zeit zum überlegen zu geben. Isa hat mich scheinbar schon total vergessen. Eng umschlungen küsst sie gerade den Kerl von vorhin. Und dieser kurze Moment reicht für meine Entscheidung.

Ich denke an die Person vor mir, die meine Antwort erwartet.

"Ich ... ich will nicht rausgehen.", schreie ich in sein Ohr und beiße mir auf die Lippen.

"Du willst nicht mit mir reden, oder?", fragt er.

Diesmal schüttle ich als Antwort den Kopf und fühle mich dabei sehr schlecht. Die Wahrheit ist, dass sich diese ganze Situation falsch anfühlt. Er fühlt sich nicht richtig an. Ich glaube zwar, dass er kein schlechter Mensch ist. Aber ich bezweifle, dass es großen Nutzen für uns haben würde, zu reden. Es würde nichts dabei herauskommen.

Wenn sich etwas nicht richtig anfühlt, kann es auch nicht richtig sein.

Zumindest glaube ich das.

Peinlich berührt dreht er sich um und geht. Ich schaue ihm noch einen Moment hinterher, bis er von  der Masse verschluckt wird.

Jetzt bin ich wieder allein.

Nach einem weiteren kurzen Blick zu Isa, beschließe ich zur Toilette zu gehen. Immerhin habe ich sonst nichts, was ich machen könnte. Ich will mich aber noch nicht von ihr verabschieden und gehen.

~

Ich entferne mich von der Tanzfläche und gehe zu der Seite des Raumes, auf der die Toiletten sind. Hier ist die Tür. Sie führt zu einem schmalem, dunklem Gang, den ich bis zum Ende durchgehen muss. Abgesehen von mir hält sich hier gerade niemand auf. Die Musik von außen ist hier nur noch gedämpft zu hören.

Etwas packt meinen Arm und ich fahre herum. Eine große Hand hält mich fest.

"Hey.", murmelt eine Stimme in mein Ohr, die mir einen Schauder den Rücken herunter jagt.

"Du bist mir vorhin schon aufgefallen." Alkoholatem dringt an meine Nase und ein unangenehmes Gefühl beschleicht mich.

Er presst mich gegen die Wand des Ganges. Angst breitet sich in mir aus, macht mich bewegungsunfähig. Ich möchte schreien, doch kann nicht. Wage es nicht in sein Gesicht zu sehen, so sehr ekelt mich der Geruch an.

Völlig wehrlos wie ich bin, kann ich nur darauf hoffen, dass jemand vorbeikommt, bevor ich herausfinde, was der Mann genau vorhat.

Plötzlich wird er zur Seite gerissen und stürzt zu Boden. Er ächzt, während er sich seiner Lage langsam bewusst wird.

Ich drehe den Kopf in die Richtung des Schlages, um meinen Retter zu sehen. Doch die Tür ist zu. Noch immer sind wir bloß zu zweit in diesem Gang.

Der Mann ächzt, während schwankend versucht, wieder auf die Beine zu kommen. Wie angewurzelt beobachte ich ihn, kann nicht begreifen, was gerade hier passiert. Wurde er gerade ernsthaft von Nichts niedergeschlagen?

Helles Licht blendet mich, als die Tür aufgerissen wird. Jemand kommt rein und zieht mich mit sich. Endlich erwache ich aus der Starre und versuche mich zu wehren, aber er ist stärker als ich.

Er zerrt mich durch den ganzen Saal Richtung Ausgang. 

~

"Geht es dir gut?", fragt er, als wir draußen angekommen sind.

Als ich sein Gesicht erkenne, fasse ich mir unwillkürlich an die Brust. Mein Herzschlag beschleunigt sich augenblicklich und es hat nichts mit dem eben erlebten zu tun. Sein Anblick löst dieses Gefühl in mir aus. Aber ich kann es noch immer nicht definieren.

Vor mir steht der Mann aus meinem Traum. Er ist älter als ich. Bestimmt so Anfang bis Mitte zwanzig.

Die Realität stürzt auf mich ein weil er da ist, weil ich ihn erkenne, weil er mich - offensichtlich - kennt.

Das Ganze löst einen Kurzschluss in mir aus und ich fliehe zurück nach Innen. Ich sollte sowieso nicht draußen allein mit jemandem sein. Nach dem Ereignis gerade will ich das auch gar nicht.

Er folgt mir. Ich bleibe stehen und drehe mich zu ihm um, sobald ich wieder von feiernden Menschen umgeben bin. Auch er bleibt stehen und ich sehe, wie sich seine Lippen bewegen. Er spricht, aber ich kann ihn nicht verstehen. Dafür ist es hier einfach viel zu laut. Ich weiche vor ihm zurück.

Jemand packt mich am Arm und ich zucke wieder zusammen. Mein malträtierter Arm tut inzwischen schon ziemlich weh. Es ist auch immer derselbe, der gepackt wird. Aber diesmal erkenne ich die schwarz lackierten Fingernägel.

Langsam drehe ich mich zu Isa um.

Diese beachtet mich jedoch gar nicht, sondern sieht einfach nur an mir vorbei.

"Wer war das?", brüllt sie in mein Ohr.

Als Antwort zucke ich mit den Achseln.

"Er sieht gut aus.", bemerkt sie und leckt sich die Lippen.

"Ich will nach Hause.", erkläre ich.

Sie legt den Kopf schief. "Immernoch ungeküsst?"

Peinlich berührt, drehe ich mich wieder Richtung Ausgang. Er ist weg.

Aber eine Antwort meinerseits wartet sie nicht ab. Seufzend ringt sie mir das Versprechen ab, bald wieder mit ihr feiern zu gehen.

Dann gehen wir.

~

Was wir die ganze Zeit über nicht bemerkt haben, ist die Gestalt, die uns aus den Schatten heraus beobachtet hat.

Aber wir werden sie noch kennen lernen.

~

So Leute
Dies ist Teil 6.
Ich will Kommentare und Votes!
Ihr dürft mir gerne sagen, dass ich die geilste Perle dieser Welt bin😉.

Spaß beiseite.
Natürlich freue ich mich über jeden Geisterleser da draußen.
Aber noch viel mehr freue ich mich über schöne Kommentare und auch Votes.
Dies ist immerhin die einzige Anerkennung, die ich für meine "Tätigkeit" hier bekommen kann. Die einzige Möglichkeit, zu erfahren, ob es sich wirklich lohnt, weiter zu schreiben...
Nein, jetzt mal ernsthaft. Ein paar kleine Klicks von euch, bedeuten mir unglaublich viel.

Wieso glaubt ihr, war der Kerl plötzlich weg?
Und von wem wurden sie beobachtet? Freund oder Feind?

Nächste Woche noch zwei Prüfungen.
Dann bin ich fertig. Fix und fertig. Am Ende.
Hoffentlich habe ich dann auch alles bestanden.

Man schreibt sich.
Bussi bussi

24.06.18



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