13 (Luna)
"Was ist eigentlich zwei plus zwei mal zwei?", frage ich Isa.
Diese überlegt nur einen Moment. "Acht!", ruft sie dann selbstsicher.
Ich grinse sie nur überlegen an.
"Nicht?" Sie klingt schon etwas unsicherer.
Ich zucke mit den Schultern um sie zu ärgern.
"Häh?", macht sie. "Doch! Zwei plus zwei ist vier. Vier mal zwei ist acht."
Mein skeptischer Blick muss Bände sprechen.
"Okay. Sag!", befiehlt sie. "Wo ist der Fehler?"
"Punkt vor Strich.", erkläre ich kurz.
Sie formt den Mund zu einem stummen Oh, als ihr bewusst wird, dass ich recht habe.
Dann verkündet sie gespielt überheblich: "Natürlich habe ich eine Klammer in meine Rechnung mit einbezogen."
Ich ziehe eine Augenbraue hoch, halte diese Position jedoch nicht lange, bevor wir beide in Lachen ausbrechen.
Wir sitzen gerade bei unseren Hausaufgaben in unserem Stamm-Café. Die Ereignisse der letzten Party am Wochenende haben uns beide sehr erschüttert. Isa blieb bis zum nächsten Tag bei mir und hat auf mich aufgepasst, bis es mir wieder besser ging.
Ich habe meiner besten Freundin nichts erzählt.
Weder von dem Traum noch von den seltsamen Vorfällen. Ich habe ehrlich Angst und leide schon regelrecht unter Verfolgungswahn.
Immer wieder fallen Dinge um, Stimmen der Verzweiflung ertönen. Immer wieder habe ich das Gefühl nicht allein zu sein, wenn ich eigentlich allein bin. Meine Augenringe sind ein Zeugnis meiner schlaflosen Nächte. Aber ich will nicht, dass sich irgendjemand Sorgen um mich machen muss. Natürlich wissen wir beide, dass ich unter Drogen gesetzt wurde. Und dass das absolut nicht in Ordnung ist, wissen wir beide auch. Aber ich will niemanden mit Tatsachen stressen, die nicht mehr abzuändern sind.
Als ich aufwachte, wollte Isa mit mir darüber reden, aber ich habe das Gespräch abgeblockt und sie gebeten alles zu vergessen, was sie nicht tun wird. Ich rechne fest damit, dass sie irgendwann doch darüber reden möchte.
Doch in Moment tun wir beide so, als wäre alles in Ordnung. Aber ich bin mir sicher, dass sie mich von nun an auf keine Party mehr schleifen wird, zu der ich nicht hingehen will. Vielleicht nichtmal dann, wenn ich gerne hingehen möchte.
Müde stütze ich für einen kurzen Moment meine Stirn gegen meine Hände und schaue auf meine Aufgaben. Vor Müdigkeit wird mir schon regelrecht schwindelig. So schwindelig, dass die Schrift auf meinem Papier vor meinen Augen verschwimmt. Ich kneife sie zu, um sie einen Moment auszuruhen.
Als ich meine Hände schließlich wegnehme und zu Isa schaue, begegne ich ihrem besorgten Blick. Noch immer ist mir schwindelig, aber ich will sie nicht weiter unnötig beunruhigen.
Nervös greife ich nach meiner Tasse Kaffee. Immerhin gibt es kein besseres Mittel, um wach zu bleiben. Ich führe sie an die Lippen, während die ganze Welt um mich herum schwankt. Nur einen kleinen Schluck genehmige ich mir. Doch bevor ich sie zurückstellen kann, verwischt mein Blick vollständig. Nur noch die Tasse, welche von meiner Hand gehalten wird, kann ich scharf sehen.
Und dann ganz plötzlich ist alles wieder vorbei. Vorsichtig und hochkonzentriert stelle ich die Tasse zurück. Danach blicke ich lächelnd zu meiner Freundin, die gar nicht mehr vor mir sitzt. Das Lächeln gefriert mir, als ich in das inzwischen mir nur allzu vertraute Gesicht sehe.
~
Erschrocken stehe ich auf und werfe dabei meinen Stuhl um. "Du ... du. Was machst du hier?", bringe ich heraus. Sofort durchströmen mich wieder die altbekannten Gefühle. Mein Herz fährt Achterbahn und etwas unbekanntes steigt in mir auf.
Er sitzt mir gegenüber am Tisch. Auf dem Platz, den vorhin noch Isa besetzt hat. Doch diese ist nun verschwunden. Hastig schaue ich mich um, um nach ihr zu suchen. Doch sie ist nicht da. Nichts ist mehr da.
Keine Menschen, Autos, Häuser und Straßen.
Und dennoch ist es nicht leer. Stattdessen kommt mir dieser Ort mit seiner weiten grünen Wiese ohne Bäume und mit blauem Himmel erschreckend bekannt vor. Es ist der Ort aus meinen Träumen. Genauer aus einem Traum, den ich am hellichten Tag, beim überqueren der Straße hatte.
"Wo bin ich?", frage ich nachdem ich mich wieder im Griff habe. Er hat die ganze Zeit nichts gesagt, sich nicht einmal bewegt. Mein Blick gleitet zu ihm.
Geschmeidig steht er auf und läuft um den Tisch. Ich weiche vor ihm zurück, als er näher kommt. Mit jedem Schritt den er den Abstand zwischen uns verkleinert, verstärkt sich das Gefühl in meiner Brust.
Er lässt sich nicht beirren, stellt meinen Stuhl wieder auf und bedeutet mir, mich zu setzen. Nach dieser Aktion kehrt er an seinen Platz zurück, setzt sich und stützt seine Ellenbogen auf den Tisch, die Hände verschränkt. Ungeschickt lasse ich mich auf den Stuhl plumpsen.
"Wo bin ich hier? Was ist das für ein Ort?", frage ich erneut.
Er seufzt. "Ich denke, man kann es als eine Art Zwischenwelt bezeichnen."
Mehr sagt er nicht dazu. Stattdessen beobachtet er mich, als würde er auf eine Reaktion meinerseits warten. Doch diese Genugtuung gebe ich ihm nicht. Abwartend mustere ich ihn.
Kling. Verwundert schaue ich nach unten. Meine Kaffeetasse ist umgefallen und ergießt ihren Inhalt über den Tisch. Zurückrutschend versuche ich, den Tropfen zu entgehen, die gefährlich nah an die Tischkante fließen, als ein Schatten über den Tisch huscht. Er ist verdammt schnell. Dennoch versuche ich, ihn zu verfolgen und beobachte, wie er blitzartig aus meiner Sichtweite verschwindet.
"Kannst du sie sehen?", reißt mich der Kerl aus meinen Gedanken.
Ruckartig drehe ich mich zu ihm um.
"Wen?", frage ich. Ich begreife sofort, was er meint.
Seine Frage ist für mich irgendwie der Beweis dafür, dass ich nicht verrückt bin. Oder zumindest nicht so verrückt, wie ich denke.
Zum ersten Mal kommt mir der Gedanke, dass er eventuell mit Schuld an allem tragen könnte, das mit in letzter Zeit wiederfährt. Demzufolge muss er die entsprechenden Antworten liefern können.
Aber er scheint keine Antworten geben zu wollen. Stattdessen mustert er mich nur stumm, was das unbekannte Gefühl in mir herausfordert. Es drängt, will hinaus. Noch kann ich es zurückhalten, doch es ist ein ziemlicher Kampf. Bisher wusste ich nicht, was dieses Gefühl ist, was es mir sagen will. Aber jetzt auf einmal ist alles sonnenklar.
Die Welt um mich herum beginnt wieder zu verschwimmen. Mir wird bewusst, dass dies ein Zeichen dafür ist, dass mir nicht mehr viel Zeit bleibt. Bald werde ich wieder zurückgezogen, sitze wieder vor meiner besten Freundin und muss so tun, als wäre nichts gewesen.
Muss so tun, als wäre alles normal.
Muss so tun, als wäre mein einziges Problem die Tatsache, dass mir irgendjemand Drogen untergejubelt hat. Und das obwohl diese Person scheinbar dazu in der Lage ist, mich aus der Realität in eine Zwischenwelt zu ziehen.
Das Gefühl kocht in mir hoch und formt sich zu Worten, die ich unvermittelt ausspucke, als die Welt um mich herum verschwimmt. "Warum hasse ich dich?"
~
So Leute,
Dies ist Teil 13.
Kommentiert und votet doch bitte, wenn ihr Bock drauf habt. Ich freue mich immer darüber.
Konntet ihr Lunas Matheaufgabe auf Anhieb lösen?
Ich reite nun schon seit einer Weile äußerst unauffällig auf diesem mysteriösen Gefühl Lunas herum:
Hättet ihr gedacht, dass es echter Hass ist?
Oder ist mir hier tatsächlich ein Twist gelungen?
Diese Woche haben wir die 1k Reads geknackt. Ich bin mega stolz. Irgendwie.
Als ich angefangen habe zu schreiben, hätte ich niemals damit gerechnet. Also ein fettes Danke an euch. Ihr seid toll!
Ich habe tatsächlich überlegt, ein Special-Teil zu machen, wo ich euch von meiner Motivation und Inspiration zu dieser Geschichte erzähle. Ich lasse das jetzt aber doch.
Übrigens speichere ich jeden Teil in einem einzelnen Schreib-Dokument auf meinem Computer ab und setze eure Tipps mit darunter. Damit will ich mir das Überarbeiten erleichtern.
Ursprünglich wollte ich die Geschichte während des Schreibens immer mal überarbeiten, aber um Verwirrungen zu vermeiden, mache ich das jetzt einfach am Ende.
Hilfreiche Tipps von eurer Seite sind also weiterhin gern gesehen.
Da ich ab nächste Woche voll arbeiten werde, weiß ich nicht, ob ich 2 Teile pro Woche schaffe. Einen wird es aber mindestens geben.
Read u
29.07.18
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