Kapitel 25: Zwischen Überraschung und Furcht

Blinzelnd starre ich den hellblauen Schmetterling auf meinen Fingerspitzen an. Ich habe den Mund in fassungsloser Faszination leicht geöffnet und bin sprachlos. Das angenehme Kribbeln zieht sich noch immer durch meinen Körper und verwandelt die Gedanken, die gerade noch bedrückend in meinem Kopf gehangen haben, in glitzernde Seifenblasen, die einfach lautlos zerplatzen und verschwinden. Ein winziges Lächeln macht sich auf meinen Lippen breit und ich beobachte den Schmetterling dabei, wie er langsam seine Flügel spreizt. Ich kann den sanften Lufthauch auf meiner Haut spüren, als er sie flatternd ausprobiert. Pok ist dicht zu mir gerutscht und hat sich weit nach vorne gelehnt. Sein weiches Fell streift meine Haut und sein Kopf liegt auf meinem Arm auf. Er hat die Augen weit geöffnet und mustert fasziniert den Schmetterling auf meiner Haut. Seine Ohren berühren mein Kinn und streichen kitzelnd über meine Haut. Seine kleinen Hörner glänzen im Licht der tiefstehenden Sonne und mein Blick schweift von ihm zu dem Schmetterling. Dieser erhebt sich nun mit kräftigen Flügelschlägen federleicht in die Luft und schwebt tänzelnd über den Boden. Pok streckt vorsichtig den Arm aus, wagt es jedoch nicht, das Insekt mit seiner Pfote zu berühren.

„Unglaublich," flüstere ich leise vor mich hin und beobachte fasziniert den Schmetterling dabei wie er immer höher in den Himmel steigt. „Nochmal," das kleine Monster springt wie ein begeistertes Kleinkind neben mir auf und ab, „Nochmal!" Er klatscht seine rundlichen Pfoten begeistert ineinander und seine Ohren wippen wild auf und ab. Seine kindliche Freude bringt mich zu einem leisen Auflachen und erneut schließe ich die Augen. Dieses Mal stelle ich mir einen gelben Schmetterling vor. Sein Körper ist schwarz wie die Nacht, während die Flügel in einer sonnengelben Farbe glänzen. Weiße Punkte zieren die Spitzen der Vorderflüge, während sich schwarze Muster auf der gelben Haut abzeichnen. Erneut durchzieht mich ein magisches Kribbeln und als ich meine Augen blinzelnd öffne, sitzen direkt zwei gelbe Schmetterlinge auf meiner Handfläche. „Wow," Pok staunt mit großen Augen und lehnt sich erneut weit über meinen Arm. Er mustert die beiden Schmetterlinge, die sich nun gemeinsam von meiner Handfläche erheben und federleicht zusammen durch die Luft tänzeln. Sie scheinen miteinander zu spielen. Sie fliegen in Kreisen umeinander und die Sonnenstrahlen bringen ihre Flügel zu einem magischen Glänzen.

Plötzlich ein lauter Knall.

Ich zucke erschrocken in mir zusammen und fahre herum. Pok springt wie ein schreckhaftes Tier auf und wie Seifenblasen in der Luft zerplatzen die Schmetterlinge. Gelber Staub rieselt vor uns auf den Boden, während ich mich nervös umschaue. Nichts Ungewöhnliches ist zu sehen, doch ich kann nahezu die Gefahr spüren, die plötzlich wie ein dunkler Schatten über mir hängt. Dicke Wolken haben sich vor die Sonne geschoben und ein leichter Wind hat die Luft erfasst. Die Leichtigkeit ist aus meinem Körper verschwunden und in meinem Kopf hallt nur ein Gedanke wieder: Schattenkrieger.

„Wir sollten gehen," sage ich beunruhigt an meinen imaginären Freund gewandt und schlucke schwer. Ich rappele mich hektisch vom Boden auf und schaue mich erneut nervös in der Umgebung um. Die Sonne ist hinter dunklen Wolken verschwunden und die Wärme, die gerade noch in der Luft gelegen hat, ist einer prickelnden Kälte gewichen. Eine Gänsehaut hat sich auf meine Arme gelegt, jedoch bin ich mir nicht sicher ob sie von meiner Nervosität oder vom plötzlichen Temperaturabfall kommt. Ich schlinge sie einfach fest um meinen Oberkörper und setze mich mit schnellen Schritten in Bewegung. Die Magie des Momentes ist zerbrochen und die gerade noch friedliche Nachbarschaft erscheint plötzlich gefährlich. Die nervöse Unsicherheit ist zurück. Die Gedanken in meinem Kopf sind zurück und mit ihnen die Sorge. Meine Schritte tönen plötzlich gespenstisch laut auf dem Asphalt nieder und tief atme ich durch. Mein Herz rast und schlägt mir kräftig gegen die Brust. Die Angst hat sich fest um meinen Brustkorb gezogen und schwer schlucke ich. Was wenn Tyke Recht hat und die Schattenkrieger hinter mir her sind? Hier sind? Panisch werfe ich einen Blick durch meine Umgebung. Ich zucke erschrocken zusammen als der Wind durch einen Baum fährt und irgendwo in der Nähe eine Gartentüre zuschlägt. „Wird schon alles gut gehen," meldet sich nun Pok zu Wort und tapst mit vorsichtigen Schritten neben mir her. Auch er scheint beunruhigt. Er wirft seinen Blick abwechselnd nach links und rechts und seine unterschwellige Freude ist aus seinen Bewegungen verschwunden. Die Angst scheint ihn genauso ergriffen zu haben, wie mich selbst.

Im selben Moment nehme ich eine schnelle Bewegung im Augenwinkel wahr und schreckhaft zucke ich zusammen. Mein Kopf fährt herum und mit großen Augen erblicke ich einen dunklen Schattenkrieger. Er steht auf der anderen Straßenseite und mustert mich mit aufmerksamen Blick. Seine roten Augen funkeln gefährlich auf und schwer schlucke ich. Die schwarze Rüstung schmiegt sich an seinen kräftigen Körper und für wenige Sekunden glaube ich, dass seine Silhouette in schwarzen Rauch übergeht. Selbst auf die Entfernung kann ich sehen, wie seine Muskeln kampfbereit angespannt sind. Er ist bereit auf mich zuzustürmen. Ein sprungbereiter Löwe auf Jagd. Ich schlucke schwer und weiche langsam zurück. Dabei nehme ich eine weitere Bewegung in meinem Augenwinkel wahr und als ich meinen Kopf flüchtig zur Seite schweifen lasse, sehe ich auch dort einen weiteren Schattenkrieger. Mein Blick schweift nach rechts. Zwei Schattenkrieger. Wieder nach links. Ein Schattenkrieger. Nach vorne. Drei Schattenkrieger. Ich schlucke schwer und versuche panisch alle dunkeln Gestalten gleichzeitig im Auge zu behalten. Sie haben sich in Bewegung gesetzt und kommen mit langsamen Schritten auf mich zu. Ich hingegen weiche weiter nach hinten aus, obwohl ich in meinem Rücken schon fast die undurchdringbare Gartenhecke spüren kann. Meine Schritte scheinen ohrenbetäubend laut auf dem Asphalt aufzuschlagen. Meine Atmung rast. Mein Blut rauscht in meinen Ohren und kämpft mit dem kräftigen Schlag meines Herzens um das lautere Geräusch. Meine Augen schweifen panisch durch meine Umgebung. Ich habe Angst die Krieger aus dem Blick zu verlieren, möchte im selben Moment jedoch eine Möglichkeit finden ihnen zu entkommen. Panik. Ich kann Pok dicht neben mir spüren. Beim Anblick der Angreifer ist er dichter zu mir gerutscht und hängt nun hilfesuchend an meinem rechten Bein. Ich kann sein weiches Fell auf meiner Haut spüren und den festen Griff, mit dem er sich nervös an meinen Oberschenkel klammert.

Das kriegst du ja jetzt auch alleine hin, oder?" mein Blick fällt für wenige Sekunden auf das kleine Monster, „Dann gehe ich nämlich mal!" Ich kann sehen wie Pok die Anstalt macht sich in Luft aufzulösen. Feigling. „Wage es nicht," zische ich meinen kleinen Freund warnend zu und mein drängender Unterton lässt ihn zögern. Ich kann sehen, wie er trotz meiner Warnung mit dem Gedanken spielt einfach zu verschwinden. Dann jedoch seufzt er leise auf und bleibt an meinem Bein hängen. Ich weiß nicht, ob er bei dem bevorstehenden Kampf eine Hilfe sein wird, aber ihn bei mir zu haben ist immer noch besser als den Schattenkriegern alleine gegenüber zu stehen.

Ich richte meinen Blick zurück auf die dunklen Gestalten, die immer näher rücken. In meinem Rücken kann ich bereits die ersten Äste und Blätter spüren. Ich habe keine Chance weiter zurückzuweichen und die Schattenkrieger haben eine undurchdringbare Formation gebildet. Meine Ferse setzt langsam auf dem Boden auf und ich kann hören wie unter meinen Schuh ein herumliegender Ast zerbricht. Dieses Geräusch hallt dieses Mal tatsächlich laut durch die Straße und als hätte sich ein Schalter umgelegt, stürzen die Schattenkrieger los.

Direkt auf mich zu.
Toll.
Ich werde sterben.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top