Kapitel 1: Über Feuer und Flamme

Die Schule steht in Flammen.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Das hoffe ich zumindest.

Die Flammen lecken hungrig an den Wänden und der aufsteigende Rauch aus dem Nebenraum brennt in meinen Lungen. Es fällt mir schwer zu atmen und irgendein rationaler Teil in meinem Gehirn rät mir zu fliehen, doch ich bleibe bewegungslos an dem Einzeltisch sitzen. Die Hitze der Flammen leckt an meiner unbedeckten Haut und lässt meine Klamotten schmelzend heiß an mir kleben. Dunkler Rauch steigt vor meinen Augen auf und ich spüre die reizende Hitze in meinem Gesicht. Sie treibt mir brennende Tränen in die Augen und trotz des wässrigen Schimmers sehe ich die rötlichen Flammen, die sich gierig ausbreiten. Noch beschränkt sich das Feuer auf den Nebenraum. Die Türe zwischen den beiden Zimmern ist geschlossen, doch das mannshohe Fenster zwischen ihnen lässt zu, dass mein Blick gedankenverloren auf den Flammen hängt. Es ist nur noch eine Frage von wenigen Minuten, bevor die ersten Flammen die Türe erreichen und sich wie hungrige Geier zu mir durchkämpfen werden.

Sollten wir nicht gehen?"

Die piepsige Stimme von Pok dringt an mein Ohr und bereits im nächsten Moment bildet sich im dichterwerdenden Rauch das tapsige kleine Monster ab. Mit seinem gräulichen Fell hebt er sich von dem dunklen Farbton des giftigen Rauches ab, während seine schwarzen Knopfaugen fast darin unterzugehen scheinen. Tapsend kommt das kleine Monster auf mich zu und bleibt mit wenig Abstand vor mir stehen. Seine bläulichen Ohrhaare wiegen sich im kaum merklichen Luftzug leicht hin und her, während seine kleinen Hörner tapfer in die Luft ragen. Ich ringe mich zu einem langsamen Kopfschütteln durch und stütze meine Ellenbogen auf dem Tisch vor mir ab. „Es brennt," stellt Pok jetzt mit einer ruhigen Stimme fest und legt seinen ovalen Kopf leicht schräg. Dadurch wippen seine langen, abstehenden Ohren wild auf und ab und nebensächlich bemerke ich, dass die dunklen Flammen jetzt sogar schon an den Wänden des Nebenraums lecken. Nicht mehr lange und der ganze Raum würde in Flammen stehen. Das Knistern des Feuers kann ich selbst durch die Wände hören. Es erinnert mich an das beruhigende Geräusch eines Lagerfeuers, auch wenn sich unter dieses Knistern noch etwas Anderes legt. Ich höre laute Stimmen, Schreie, Sirenen und in unregelmäßigen Abständen einen etwas lauteren Knall. Meistens dann, wenn ein Teil des Gebäudes in sich zusammenstürzt. In anderen Teilen muss sich das Feuer schon deutlich weiter ausgebreitet haben, als hier. Ich habe keine Ahnung wie lange die Schule den lodernden Flammen standhalten wird. Trotzdem bewege ich mich noch immer nicht von der Stelle.

„Es war nicht meine Schuld, Pok," murmele ich jetzt leise vor mich hin und fahre durch meine schulterlangen Haare. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie Pok leicht mit dem Kopf nickt und sich die Bewegung auf seine Ohren überträgt, die dabei nach vorne und nach hinten wippen. „Aber du hast es gehofft," bemerkt das kleine Monster anschließend und langsam nicke ich. Pok weiß immer was ich denke, hoffe, fürchte und auch dieses Mal hat er keine Scheu dieses Wissen zu präsentieren. Matheunterricht. Wer hofft da denn bitte nicht auf einen langwierigen Feueralarm? Kurz spiegeln sich die hungrigen Flammen in den runden Augen von Pok und tief atme ich durch, um meinen selbstverteidigenden Gedanken zu vertreiben. Dunkler Rauch dringt tiefer in meine Lunge und ich spüre den reizenden Film in meinem Rachen. Er schabt wie tausend kleine Nägel über meine inneren Organe und hustend stütze ich mich auf die Tischplatte. Meine Muskeln verkrampfen sich und doch sorgt das Husten nicht dafür, dass das Brennen in meinen Lungen verschwindet. Stattdessen raubt es mir noch mehr von meiner Luft und ich spüre den brennenden Druck auf meinem Brustkorb, der wie ein Stein auf meinen Lungen liegt und Atmen dadurch eine ganz eigene Herausforderung wird. Ein verzweifeltes Keuchen ist in diesem Moment alles was ich noch zu Stande kriege. Es wird nur noch wenige Minuten dauern, bevor das Feuer den letzten Sauerstoff im Raum verbrennt und ich ohnmächtig werde. 

Wir sollten gehen," stellt Pok jetzt besorgt fest und versucht seine länglichen Arme in die kugelige Hüfte zu stemmen. Jedoch sind seine pfotenähnlichen Händen zu dick und ungelenkig, um diese Haltung auch nur wenige Sekunden aufrecht zu halten. Also legt Pok erneut den Kopf schräg und mustert mich aus seinen großen, schwarzen Augen. „Es war nicht meine Schuld," wiederhole ich meine zu vorigen Worte, als würde ich sie mir selbst einreden wollen. Gleichzeitig presse ich meine kalten Hände fest gegen meine Stirn und füge das unsichere Hoffentlich nur gedanklich an meinen Satz. Doch wie immer weiß Pok genau was ich denke. „Es ist ein Feuer," das hungrige Knistern des Feuers wird lauter, mischt sich jedoch auch mit einem anderen Geräusch, dass ich in diesem Moment nicht zuordnen kann. „Und du hältst ein Feuerzeug in den Händen." Blinzelnd richte ich meinen Blick auf Pok, der ein unbeholfenes Schulterzuckend andeutet. Eigentlich sollte ich daran gewöhnt sein, dass mir das kleine Monster nur selten zustimmt oder überhaupt derselben Meinung ist wie ich. Ich glaube deshalb ist er hier.
Die Flammen züngeln inzwischen hungrig über die Wände und erklimmen langsam die Decke. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie die Türe erreichen und auch mich komplett einschließend werden. Tränen stehen in meinen gereizten Augen und ich spüre die brennende Hitze auf meinem Körper. Die ersten Flammen haben bereits die Türklinke erreicht. Der giftige Rauch, der durch den Türspalt zu mir dringt, wird dichter.  

Ich folge Pok's Augen, die jetzt demonstrativ auf meine Hände gerichtet sind. Sie liegen mit der Handfläche auf der hölzernen Tischplatte, die sich durch die näher kommenden Flammen langsam anfängt aufzuwärmen. Obwohl sie fest auf die Platte gedrückt werden, setzt sich das leichte Zittern meiner Muskeln durch. Zwischen ihnen liegt ein silbernes Feuerzeug. Pok hat die Wahrheit gesagt. Die Geräusche von brechendem und knarrenden Holz wird lauter und ich glaube selbst durch das Knistern des Feuers Teile des Gebäudes den Flammen nachgeben zu hören. Jedoch höre ich in dem ganzen Knistern und Rascheln schwere Schritte und Stimmen. „Das solltest du lieber wegpacken," mein kleiner Freund zeigt mit einer etwas unbeholfenen Geste auf das Feuerzeug zwischen meinen Händen und nickend folge ich seinem Hinweis. Meine zitternden Finger legen sich um das silberne Gehäuse des Feuerzeuges und langsam schiebe ich es in meine Hosentasche. Es liegt schwer in ihr, als bärge es ein Geheimnis, von dem noch nicht einmal ich selbst weiß.

Dieser Gedanke macht mir zu schaffen. Das Feuerzeug verschwindet gerade noch rechtzeitig in meiner Tasche. Bereits in der nächsten Sekunde wird die Türe rechts von mir mit einem kraftvollen Stoß aufgetreten und knallt mit einem lauten Geräusch gegen die brennende Wand. Das Holz gibt sowohl dem Tritt, als auch dem Aufschlag und der Hitze nach und zerberstet gleich an mehreren Stellen. Holzsplitter fliegen in die Luft und verglühen nahezu sofort in der drückenden Hitze des Raumes. Im selben Moment löst sich das obere Scharnier und die gesamte Türe fällt mit einem lauten Knall nach vorne. Der neue Schwung an Sauerstoff reicht aus, um das Feuer im Nebenraum mit hohen Stichflammen anzuheizen. Ich zucke unter dem plötzlichen Knall erschrocken zusammen und Pok löst sich ruckartig im dunklen Rauch auf.

„Hier ist sie," höre ich eine tiefe Männerstimme, die durch einen rundlichen Helm und schwarzer Atemschutzmaske verzerrt wird. Mein Blick gleitet langsam zu der Türe, in dessen Rahmen zwei Feuerwehrmänner stehen. Im aufsteigenden Rauch wirken sie größer und stärker und die grellen Flammen werfen tanzende Schatten auf ihre schwarz-gelbe Uniform. Beide tragen Sauerstoffmasken im Gesicht, sodass ich hinter dem Schutzglas nur vage ihre Augen erkennen kann. Einer von ihnen trägt eine Axt in den Händen. „Ich wiederhole," ich erkenne, dass einer der Männer in ein schwarzes Funkgerät spricht, „Wir haben die vermisste Schülerin gefunden. Erstes Stockwerk, letztes Zimmer, links."

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Ein neues Kapitel, ein neues Buch. Ich hoffe ihr alle gibt dieser Story eine Chance. Ich arbeite schon lange an dieser Idee und endlich habe ich die Motivation und den Mut, sie auch hier zu veröffentlichen. In den letzten Jahren haben sich meine Geschichten fast ausschließlich auf Teen Wolf bezogen aber ich glaube Erin und Pok sind genau die richtigen Charaktere um einen neuen Weg einzuschlagen. Würde mich über eure Meinung/Gedanken zu dem Anfang freuen.

Lg CoolerBenutzername
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