00.

San Francisco, Juli 2019



Mein Herz fühlt sich an, als würde es endgültig in tausend Teile zerbrechen und beide würden darauf rumtrampeln. Ich weiß, sie tut es nicht mit Absicht, dennoch sind diese Worte, als würde sie mir mein totes Herz aus der Brust reißen. Man kann nichts gegen seine Gefühle tun, und auch wenn ich dachte, sie seien längst vergangen, beweist mir das gerade das Gegenteil.

"Val-"
"Nein. Sei kurz still, bitte", unterbreche ich Sophia mit brüchiger Stimme und versuche meine Tränen, die mir in den Augen brennen, vehement zurück zu halten. Schon, seitdem ich weiß, dass sie zusammenziehen werden, ein verdammtes Haus zusammen bauen werden, hätte ich doch ein für alle Mal damit abschließen müssen. Immer wieder kommen diese Gefühle hoch und ich weiß nicht warum. Ich weiss es besser. So lange schon. Habe Zeiten gehabt, in denen ich das alles akzeptiert habe und auch glücklich sein konnte - mit jemand anderem außer ihm. Aber warum fühle ich mich dann so gebrochen?

Ihr Schluchzen, was durch den Hörer schallt, lässt das schlechte Gewissen in mir Alarm schlagen. Was bin ich für eine Frau, die ihrer eigenen Schwester das Glück mit dem Mann, den sie seit Jahrhunderten liebt, nicht gönnt? Wegen ihm haben wir uns schon einmal fast verloren, das wird sich nicht wiederholen. Das darf es nicht.

Ich atme tief durch, versuche meine Gedanken zu sammeln, doch so ganz will es mir nicht gelingen. Daher sage ich das, was mir auf der Zunge liegt.
"Ich freue mich für dich Sophia, wirklich. Auch, wenn ich das jetzt nicht zeigen kann, weiss ich, dass du und Jason schon immer zusammengehört habt. Dass es jetzt so besiegelt ist ... ich will dir nichts vormachen, aber es tut weh. Die Gefühle sind nie ganz weggegangen, aber vielleicht brauchte es gerade das."

"Hör zu, ich-"

"Lass es, Sophia. Keine Entschuldigungen, hörst du? Ich brauche ein bisschen Zeit für mich ... und Ruhe. Genießt den restlichen Urlaub okay?"
Ich drücke auf den roten Hörer und blicke einen Moment auf das Display, was kurz danach schwarz wird. Eine Träne tropft darauf, bis ich mein Handy auf den Boden werfe und mir mit meinen Händen die Tränen aus dem Gesicht wische.

Zum wie vielten Mal weine ich wegen diesem Mann? Warum musste diese Schwärmerei für ihn so tief gehen? Mein Kopf wusste von Anfang an, dass er niemals der meine sein wird, sondern nur meine Schwester ihm das geben kann, was er braucht.

Mein Herz allerdings wollte das nicht akzeptieren. Bis heute, wie es aussieht.

Wenn Sophia wüsste, wie oft ich diesen Schmerz empfunden habe, wenn ich sie zusammen gesehen habe. Wie ich jeden Moment, den ich alleine mit ihm verbracht habe, genossen habe und der hauchfeine Funken Hoffnung damit gefüttert wurde. Dieser besondere Moment in seiner Kajüte, unsere Küsse,  die einen Teil in mir zum schlagen gebracht haben wie kein anderer?

Und doch wird sie es sein, die seinen Nachnamen tragen wird.

Ich tapse in unsere Küche und suche nach etwas Alkoholischem, damit ich diese Information irgendwie verarbeiten kann. Und tatsächlich finde ich eine Flasche Wein, die ich sofort öffne und direkt einen großen Schluck daraus trinke. Gläser werden sowieso überbewertet. Mit der Hand am Flaschenhals laufe ich zurück ins Wohnzimmer, wo ich mich auf derselben Stelle auf das Sofa fallen lasse. Mein Blick bleibt dauerhaft an dem Hiobsbotschafter hängen, der verloren auf dem Boden liegt, während ich Schluck für Schluck die blutrote Flüssigkeit in mich schütte.

Sobald die Flasche leer ist, stelle ich sie auf den Tisch und rutsche vom Sofa auf den Boden, wo ich mich zu meinem Handy beuge, es in meine Hand nehme und nachschaue, ob ich es nicht geschrottet habe. Zum Glück läuft es noch einwandfrei, doch der Blick auf meinen Hintergrund lässt mich hart schlucken. Sophia und ich - zusammen, wie wir lachen.

Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern. Wir waren zusammen bei Anna und haben einen gemütlichen Abend zusammen verbracht. Jason war zu der Zeit mit Logan unterwegs, und da das einer der Abende gewesen ist, wo sie Zeit hatte aufgrund der Arbeit, haben wir uns spontan mit Anna verabredet. Es war ein toller Abend, auch wenn Matteo diesen letztendlich mit seiner Freundin gesprengt hat. Aber so unbeschwert, wie in diesem Moment, war ich selten.

"Verfluchte Liebe", murmle ich und lasse meine Hand, in der das Handy liegt, auf den Teppich sinken. Mir ist jetzt schon bewusst, dass spätestens die nächsten Tage Jason anrufen wird, um mit mir zu reden. Sophia ist alles für ihn und er würde nie wollen, dass etwas zwischen ihr und mir steht.

Zu dumm nur, dass er es selbst ist.

Meine Hand fängt plötzlich an zu vibrieren und erst denke ich, dass es Jason ist. Doch als ich Matteo's Namen lese atme ich erleichtert auf. Ich wäre jetzt eindeutig nicht bereit mit ihm zu sprechen. "Hey Val. Mir ist langweilig und Elli hat keine Zeit. Hast du Lust was zu unternehmen?"

"Ich weiß nicht", antworte ich ehrlich und kurz ist es still auf der anderen Leitung.
"Was ist passiert?", ertönt nach kurzem seine ernste Stimme, woraufhin das erste Schluchzen meinen Mund verlässt.
"Soll ich zu dir kommen?" Ich schüttle stark meinen Kopf, bis mir bewusst wird, dass er das gar nicht sehen kann.
"Nein ... ich, ich denke, ich muss jetzt allein sein."
"Bist du dir sicher?", hakt er nach und ich mache nur einen Laut, dass ich mir sicher bin.

"Na gut. Aber wenn du mich brauchst, ich bin sofort bei dir. Okay?"
"Danke Mateo", sage ich und kann mir tatsächlich ein kleines Lächeln abgewinnen. "Immer doch. Du bist zwar meine Tante, aber an erster Stelle meine beste Freundin. Wenn man das Alter außen vor lässt."

Ich muss daraufhin lachen und ich fühle mich gleich ein klein wenig besser. "Danke Matteo."
"Immer doch. Wir hören uns, Val."

Meine Beine tragen mich von meinem Sofa zur Fensterbank, wo ich mich hinsetze und meinen Kopf an die Fensterscheibe anlehne. Dem Wetter zuschaue wie es meine Gefühle widerspiegelt, die sich nicht kontrollieren lassen. "Reiß dich zusammen, Valeria. Jetzt kannst du nicht anders als endgültig mit diesem Thema abzuschließen. Keine Männer mehr, die dir das Herz brechen werden. Du bist ohne sie besser dran."

Es heißt doch, dass man einen Fehler nicht zweimal begeht.

Tja, ich anscheinend schon ...

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