but I'll never show it on my face

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Noch eine ganze Weile lehnte ich an dem Geländer und ließ die Großstadt unter mir auf mich wirken.

Ich war so etwas gewöhnt, schließlich performte ich tagtäglich an den verschiedensten Orten, doch der Ausblick faszinierte mich jedes Mal aufs Neue.

Von hier oben erschienen mir meine Probleme so klein, so unbedeutend, dass es schon fast lächerlich war. Liebeskummer war schrecklich, aber verglichen mit den Problemen, mit denen sich oft schon viele jüngere Leute herumschlagen mussten, wie zum Beispiel Krebs oder Todesfälle in der Familie, kam ich mir kleinlich vor.

Ich hatte Zayns Liebe ganz einfach nicht verdient.

Ich hatte ihn und mich aufgegeben. So sah es nämlich aus.

Als ich die Anwesenheit einer weiterer Person neben mir spürte, da rechnete ich halb damit Leigh-Anne ins Gesicht zu blicken. Doch als ich mich drehte, traf mich der Anblick jener Person wie ein Schlag ins Gesicht.

Ich umklammerte das Geländer, da ich drohte auf meinen High-Heels den Boden unter den Füßen zu verlieren.

,,Jesy meinte, du seist hier", ich nickte bloß, sprechen konnte ich noch gar nicht.

Ich war immer gut mit den Jungs und auch ihren Freundinnen befreundet gewesen, doch da ich sie nach Zayns Ausstieg aus der Band nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, fühlte es sich komisch an, so neben ihm zu stehen. Das mein (ehemaliger) Freund dann kurz darauf auch noch einen Schlussstrich unter unsere Vergangenheit zog, machte die Situation nur noch zusätzlich komplizierter.

,,Ich na ja... eigentlich hatte ich nicht vor, mich zu melden", nervös fuhr Louis fort und achtete gar nicht darauf, ob ich ihm zuhörte oder nicht.
,,Aber da ich vorhin deine Bandkolleginnen in dem Club getroffen habe, dachte ich, es sei eine gute Idee, doch zu suchen. Denn wir waren immer gute Freunde und na ja... Ich möchte einfach, dass du weißt, dass es mir leid tut. Die Sache mit der Trennung. Ich würde ja zu Zayn gehen und ihm deswegen ordentlich in den Arsch treten, aber die Situation zwischen uns ist momentan nicht unbedingt entspannt."

Das stimmte. Mehrmals hatte ich im Radio gehört, dass Zayn und die übrigen Bandmitglieder auf Twitter aneinander geraten waren, aber wer konnte es ihnen schon verdenken? Sie fühlten sich verraten von Zayn und einsam. Das musste selbst ich zugeben, wo ich doch eigentlich Partei für meinen Ex ergreifen sollte.

Wobei, musste ich das überhaupt?

Eigentlich nicht und um ehrlich zu sein hatte ich Zayn schon nach seinem Ausstieg nicht wirklich verstanden. Er wusste, wie die Jungs waren und er wusste, dass nach seinem Ausstieg alles anders werden würde. Aber deswegen brauchte er vor laufender Kamera nicht Sachen behaupten, die nicht der Wahrheit entsprachen.

Denn diese fünf Jungs verband eine Freundschaft, die so leicht nichts durchtrennen konnte.

Aufmerksam musterten mich Louis' strahlend blaue Augen, während ich ihm das sagte.
Doch statt traurig auszusehen, zuckte er nur grimmig mit den Schultern.

,,Tja, schade nur, dass er seine egoistische Entscheidung aber getroffen hat. Manchmal frage ich mich wirklich, ob er nur einen einzigen Moment an uns gedacht hat. Oder meinetwegen auch an unsere Freundschaft. Niall hat es nie zugegeben aber er hat geweint, tagelang. Und ich-"

,,Du hast auch geweint", stellte ich mit einem Blick in sein müdes Gesicht erschrocken fest. Selbst hier in der Dunkelheit konnte ich erkennen wie eingefallen Louis' Wangenpartie war und wie sich dunkle Ringe unter seinen Augen abzeichneten.

,,Das schon. Aber nicht deswegen", meinte er schließlich und ich hörte ihn leise schlucken, als er sich durch das zerstrubbelte Haar fuhr. Trotz der traurigen Situation musste ich lächeln, sein Haar war noch immer genauso unordentlich wie früher.

El hatte ihm immer stundenlange Predigten-

Erschrocken hielt ich mir die Hand vor den Mund, als es mir wie Schuppen von den Augen fiel.

Denn sowohl Louis als auch ich wussten, dass sie der Grund war. Der Grund für Louis' Leiden.

,,Scheiße, Louis. Wie... Ich meine..."

Mein Atem stockte, denn ich wusste nicht wirklich, was ich sagen sollte.

Genauso wie meine Trennung von Zayn, war Elounors Abschied damals durch alle Medien gegangen. Dramatisch und urplötzlich hatte das 1D-Traumpaar die Bühne verlassen und zurück waren Fragen über Fragen geblieben, die sich bis heute vielleicht nur wenige Menschen erklären konnten. Auch mir war es damals unwirklich vorgekommen, und als ich Eleanor darauf angesprochen hatte, schwieg sie einfach nur.

,,Ich habe einfach einen einzigen verdammten Fehler gemacht und der hat mich meine vierjährige Beziehung gekostet. Aber wahrscheinlich habe ich es nicht anders verdient."

Louis' Schultern bebten doch auch von ihm kamen keine Erklärungen mehr. Und plötzlich verstand ich es. Er war genauso zerbissen, wie ich. Und er brauchte genauso Hilfe.

,,Hey", meinte ich leise und versuchte, dass Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken.
,,Ich weiß zwar nicht, wie wir das Problem mit El beheben können, aber ich weiß, was mir geholfen hat, wenn mich meine Erinnerungen wieder zu Zayn zurück gedrängt haben." Mit Erstaunen stellte ich fest, dass zumindest nicht mehr alles in mir schmerzte, wenn ich seinen Namen laut aussprach. Na das nannte ich doch einmal einen Fortschritt!

Ohne zu Zögern lehnte ich mich nun zu meinem neuen, alten Freund herüber und legte vorsichtig meine Arme um ihn. So standen wir eine ganze Weile da. Ich merkte, wie Louis leise schluchzte und war verwundert darüber, warum ich so gar nicht den Tränen nahe war. Noch heute Vormittag hätte das ganz anders ausgesehen.

Ich verstand Louis. Er trauerte seiner großen Liebe hinterher und das war völlig in Ordnung.

Aber Louis war auch stark. Ganz anders, als ich. Er würde das schon schaffen.

Mit einem gekrächzten "Danke", löste er sich schließlich von mir.

,,Danke", meinte er noch einmal, doch ich lächelte nur wissend.
,,Es ist... komisch. Seit unserer Trennung werde ich von allen mit diesem komischen, mitleidsvollen Blick angesehen, selbst von Harry. Dabei weiß er genau, dass ich das hasse. Und es tut mir leid, dass sagen zu müssen, aber gerade bin ich froh, dass du auch erst eine Beziehung hinter dir hast, denn du verstehst mich."

Ja, das tat ich wirklich.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit verstrich, in der ich einfach hier oben stand und mich mit Louis unterhielt. Irgendwann wurde mir kalt und sein teurer Mantel, der genauso gut von Harry hätte stammen können, wechselte seinen Besitzer.

Diese gesamte Situation war so verdammt unwirklich, mit ihm hier auf dem Dach zu stehen und sich über die jeweiligen Ex-Partner zu unterhalten. Doch trotzdem fühlte es sich gut an.

Hier mit Louis zu stehen, war wie früher, wenn wir als Truppe in dem Backstagebereich auf den Auftritt der Jungs warteten. Wenn wir uns die verrücktesten Geschichten erzählten und uns gegenseitig neckten. Wenn Niall und Harry sich gemeinsam wegschlichen, um Fans zu überraschen, wenn Louis vor ihrer Stylistin Lou weglief, da er nicht die Haare gemacht bekommen wollte. Wenn ich mit El, Danielle und später Sophia zusammen hockte und nur den Kopf schüttelte, über die verrückten Aktionen der Jungs.

Denn es war nicht nur Zayn, der mir fehlte. Offen gestanden war es unsere ganze große, kleine Familie.

Ich wandte mich zu Louis und eine kurze Zeit versank ich in seinen blauen Augen. Wir blickten uns schweigend an, ein warmes Gefühl durchströmte mich. Ich fühlte mich geborgen bei ihm, fast so wie früher bei Zayn. Ein wichtiger Punkt, der mir aber erst viel später bewusst wurde. Leider.

Doch so überstrahlte für einen winzigen Augenblick dieses Gefühl alles andere und ehe ich mich versah, lagen meine Lippen auf seinen. Louis' Lippen fühlten sich rau an und so anders als die vom Zayn. Und trotzdem hätte es genauso gut er sein können, den ich gerade küsste und dieser Gedanke trieb mir für kurze Zeit die Tränen in die Augen. Doch auch deswegen wehrte ich mich nicht oder stieß ihn von mir, ich rührte mich nicht.
Unsere Lippen bewegten sich gegeneinander, Louis presste mich gegen das Geländer. Meine Hände suchten nach Halt und landeten schließlich in seinen Haaren.

Das, was wir hier taten, war so unglaublich falsch, wie es nur etwas sein konnte.

Warum ich ihn trotzdem küsste, fiel mir erst jetzt ein, mitten in dieser kalten dunklen Nacht, die bald in den Tag übergehen würde.

Denn aus uns beiden, aus Louis und mir, sprach gerade die Trauer.

Denn einen Moment lang vergaß ich meinen Schmerz und es fühlte sich so an wie früher, wenn Zayn es war, der mich küsste.
Wenn ich ihm nach einem anstrengenden Konzert mit meinem Wagen abholte und wir uns einen gemütlichen Abend mit einer Pizza auf der Couch machten. Auch wenn ich es nur ungern zugeben wollte, so hatte ich Zayn vertraut, immer und überall. Dass er dieses Vertrauen missbraucht hatte, würde wohl noch sehr lange an meinem Selbstvertrauen nagen. Doch ich wusste, dass ich trotz allem nichts gegen meine Gefühle für Zayn machen konnte. Sie würden wohl noch eine ganze Weile Platz in meinem Leben einnehmen.

Dies war der Grund, warum ich gerade mit einem meiner ältesten Freunde herum knutschte, als gäbe es kein Morgen mehr.

Denn ich war mir mehr als hundertprozentig sicher, dass Louis es mit El genauso ging, wie mir mit Zayn.

Er war genauso verletzt wie ich, suchte genauso blind nach einem Platz, der den Schmerz für ein paar Sekunden erträglicher machen konnte. Denn Glück war vergänglich. Immer.

Und so steigerten wir uns in etwas hinein, was es gar nicht gab. Küssten Personen die gar nicht jene waren, die wir küssen wollten und fühlten nichts mehr um uns herum. Doch so konnte ich einen Augenblick lang diese verdammten braunen Augen aus meinen Gedanken wischen.

Und so war unser Tun vielleicht sogar gerechtfertigt.

Doch im nächsten Moment siegte schließlich mein Verstand und mit einem Ruck stieß ich Louis von mir fort.

Louis' Augen waren geweitet, als er mich so anblickte, auch er konnte anscheinend nicht fassen, was wie gerade getan hatten. Verdammt nochmal, ich hatte gerade mit dem ehemaligen besten Freund meines Ex-Verlobten herumgeknutscht!

,,Verdammt..."

Langsam ließ Louis sich an dem Geländer hinabsinken, bis er schließlich auf dem Boden hockte. Die Hände in seinem Gesicht geschützt, traute er sich kaum, mich anzusehen.

,,Was denn? So schlecht war der Kuss jetzt auch ich wieder nicht", war mein kläglicher Versuch, die Situation noch ein bisschen erträglicher zu machen. Doch ein vorwurfsvoller Blick aus Louis' dunkel gewordenen Augen zeigte mir, dass dies gerade nicht der richtige Zeitpunkt für Scherze war.

,,Hör zu, Louis." Ich ließ mich neben ihm nieder sinken.
,,Hier von wird niemals jemand erfahren, okay? Weder El, noch Zayn. Und es so hart es auch klingen mag, aber selbst wenn, wäre es egal. Denn wir sind nicht mehr mit ihnen zusammen. Weder du mit El, noch ich mit Zayn. Ich sage nicht, dass unsere Aktion nicht falsch war, denn das war sie, aber es gibt Schlimmeres."

Ich fand es komisch, dass ausgerechnet ich in dieser Situation die Verantwortungsvolle spielte und Louis gut zuredete, während er immer noch nicht zu wissen schien, was er sagen wollte. Doch außer aufmunternden Worten, blieb in meinem Gehirn auch nicht mehr viel übrig. Ich fragte mich, was meine Bandkolleginnen wohl zu diesem "Unfall" sagen würden.

Wahrscheinlich wären sie einfach nur enttäuscht. Und das wollte ich auf keinen Fall riskieren.

Deswegen würde auch niemals jemand von unserem Kuss erfahren, dass nahm ich mir jetzt vor.

,,Okay."

Louis drehte sich zu mir und sah mir ernst in die Augen.

,,Perrie, versprich mir, dass du niemandem etwas sagen wirst, okay? Versprich es."

,,Ich verspreche es", entgegnete ich fest, denn das war alles, was ich diesem Moment sagen oder tun könnte.

Louis stand schließlich auf und ich wusste, er würde gehen.

,,Aber Louis?"

,,Ja?"

,,Versprich du mir auch, dass sich das hier jetzt nicht zwischen uns stellen wird, okay? Wir bleiben in Kontakt. Bitte. Ich vermisse dich und die Jungs."

Louis nickte und als er sich gerade zum Gehen wenden wollte, da rief ich ihm noch einen Satz hinterher, der mir schon so lange durch den Kopf ging: ,,Und vielleicht solltest du kämpfen. Manche Beziehungen kann man retten. Andere nicht."

Er drehte sich nicht um, doch ich konnte bis hier hin sehen, wie seine Schultern bebten. Dann ging ein Ruck durch seinen Körper und ich bemerkte, wie sein Rücken sich straffte. Doch trotzdem entging mir das leise Nicken nicht, mit dem er mich schließlich alleine ließ.

Noch lange saß ich da, an dem Geländer gelehnt und blickte auf die Tür, die sich schon lange hinter dem braunhaarigem Bandmitglied geschlossen hatte.

Und als langsam die Sonne die ersten Hochhäuser in goldenes Licht tauchte und nach und nach die Sterne am Himmel verschwanden, saß ich immer noch dort.

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