Kapitel 6
Auch der zweite Kaffee am Morgen half nicht gegen meine stärker werdende Müdigkeit. Trübe ging ich am Set herum, während die Crew noch die letzten Schliffe an der neuen Kulisse ausarbeiteten. Gestern hatte Logan mich nach unserem gemeinsamen Spaziergang wieder zurück ins Hotel gefahren. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, weil ich andauernd an ihn gedacht hatte. Sein Lachen schallte noch immer durch meinen Kopf. Ich schmunzelte leicht über den Gedanken, als ich hinüber zu Dad und Josh ging.
„Ich denke, wenn wir den Winkel der Kamera noch etwas–", mein Dad stoppte sich sofort, nachdem er mich erkannte. „Da bist du ja!"
„Warum? Hast du mich etwa gesucht?", fragte ich verwundert und reichte ihm einen neuen Kaffee, da ich ein grobes Gefühl dafür gehabt hatte, dass er wieder Koffein brauchte.
„Kannst du bitte zu Jake gehen und mit ihm den Text durchgehen. Der muss heute komplett wegen der Kampfszene sitzen."
„Klar, wisst ihr, wo er gerade ist?"
„Der müsste in seinem Trailer sein", murmelte Josh mehr ab als anwesend. Ich nickte ihm dankend zu und lief hinüber zu der Reihe von Trailern. So langsam kannte ich einen großen Teil am Set, weswegen ich viele auf meinem Weg grüßte. Vor Jakes Trailer hielt ich und klopfte geduldig an seiner Tür.
"Herein!"
Ich öffnete die Tür und schritt die kleine Treppe hinauf. Jake Abel sah auf der Couch mit seinem Skript in der Hand. Trotz des Lächeln in seinem Gesicht wirkte er mehr deprimiert als motiviert. „Ich soll mit dir deine Lines nochmal durchgehen.", erklärte ich mein Erscheinen.
Er nickte, worauf ich mich neben ihm auf die Couch setzte.
Ich half ihm bei ein paar Hängern mit meiner speziellen Methode, die ich mir im Flug nach Vancouver ausgedacht hatte. Bei Logen hat sie auf jeden Fall geholfen – wie anscheinend auch bei Jake. „Danke, du bist wirklich eine gute Hilfe.", bedankte er sich bei mir.
„Kein Problem", erwiderte ich hektisch die gleiche Antwort wie sonst auch und blickte auf meine Uhr. In einer knappen halben Stunde würde der Dreh beginnen, dennoch begannen die Licht oder Stellvorbereitungen immer früher. Gemeinsam machten wir uns auf zum Set, damit wir rechtzeitig da waren.
Das Setting sah wirklich atemberaubend aus. Wir befanden uns etwas außerhalb des nahgelegenen Waldes, der nördlich von dem eigentlichen Studio lag. Die Bäume wirkten durch den Kulissenbau noch gruseliger, als sie ohnehin schon aussahen. Die Äste waren kaum mit Blättern beschmückt, obwohl der Herbst noch gar nicht angefangen hatte.
Heute war eine Schwert Kampfszene dran, wo Logan gemeinsam mit Brandon und Alex gegen Jake und ein paar ausgebildeten Stuntmännern kämpfte, die in diesem Falle Komparsen waren. In mir baute sich eine leichte Panik auf, da keiner von den Vieren von einem Stuntdouble ersetzt worden und mir die Szene, wie sie im Skript stand, viel zu gefährlich vor kam. Mein Dad hatte mir am Morgen versichert, dass alles wie eine Choreografie eingeübt ist, aber die Panik wollte trotzdem nicht gehen.
Ich umklammerte meinen Kaffeebecher, als meine Augen gebrannt auf die Geschehnisse vor mir sah. Dieses Mal hatte ich mir direkt einen Platz neben meinem Dad gesichert, weil ich das Bedürfnis, einschreiten zu können, nicht untergehen konnte.
„Und Action!", rief mein Dad und gab den Startschuss für die Szene. Sofort gab der Schwertkampf. Jedes Mal, wenn eines der fälschlichen, dennoch gefährlichen Schwert aufeinander haute, zuckte ich leicht zusammen und umklammerte meinen Becher umso fester, bis meine Hand sich beinah verkrampfte. Die Choreografie schien zu sitzen, jeder Schwerthieb haute auf die passende Stelle.
Eine Kamera fokussierte auf das Spiel zwischen Logan und Jake, welche sich gegenseitig fieser ansahen. „Gib auf, Jackson!", hörte ich Jake seinen Text aufsagen.
Mein Herz klopfte so stark, dass meine Brust schmerzte. Logan erwiderte eine Verteidigung, wie es im Skript stand. Alles lief gut – zu gut für mein Bauchgefühl. Das Schwertspiel zwischen Logan und Jake war nun im Vordergrund, während sich Brandon mit Alex und den anderen Stuntdoubles im Hintergrund befanden. Erneut nahm die Choreografie ein schnelles Tempo an, was mich nervös machte.
Ich machte mir Angst und Sorgen um Logan und die Anderen.
Dann gab mein Bauchgefühl nach und es offenbarte sich der Realität.
Einer der Stuntmänner wirbelte schneller als ein Donner herum, was nicht zur Choreografie passend, denn er holte mit seinem Schwert aus, wie er es vermutlich Sekunden später tun sollte. Da Logan vollkommen in seiner Rolle und seinen eigentlichen Aufgaben versunken war, bemerkte er den Angriff nicht und das Schwert traf Logans Arm.
Plötzlich hörte jeder auf seiner Arbeit nachzugehen, denn vor ihren Augen ereignete sich etwas, womit keiner gerechnet hatte. Logan fiel auf seine Knie, ließ sein Schwert fallen und hielt sich betroffen den Oberarm. Ich fühlte mich wie erstarrte, konnte mich jedoch als Erster aus der Starre wieder befreien. Augenblicklich flog mein so gut wie leerer Kaffeebecher auf den Boden. Ich sprang hervor, lief geradewegs auf das Set, ignorierte jedoch Kamera, die noch lief.
Sein Name drang erstickend aus meiner Kehle.
Alex und Brandon, ebenso wie Jake und die anderen Stuntmänner liefen auf den verwundeten Filmstar zu. Dieser Schritt stand nicht im Drehbuch und gehört auf keinen Fall in die Choreografie!
Der Stuntkoordinator drückte sich an allen vorbei, die um Logan versammelt hatten. „Alles okay?", fragte er ihn und sah sich sofort seinen Arm an. Innerlich verfluchte ich ihn, obwohl er vermutlich rein gar nichts für diesen blanken Fehler konnte.
„Logan!", zischte Alex nervös und unruhig. Ich stürzte mich neben Brandon und sie. Verzweifelt blickte zu Logan, der sich in der Hocke leicht vor Schmerzen krümmte und mit dem Stuntkoordinator tuschelte. Was darauf folgte, geschah so schnell. Die Sanitäter holten Logan sofort eine Liege und trugen ihn, wie als könnte er nicht mehr laufen, weg. Man sagte Dad sofort, dass es besser wäre, wenn er für ein paar Check Ups ins Krankenhaus gebracht wird, wogegen er natürlich nichts sagte. Jetzt stand Logans Gesundheit im Vordergrund, auch wenn, dass für mein Dad hieß, dass sich der Dreh verschieben und damit höhere Kosten aufkommen würden.
Der Anblick von Logan auf dieser Liege schmerzte mir im Herzen. Wieso musste das gerade passieren? Ich ärgerte mich über mich selbst, da ich so hilflos neben ihm gestanden habe, anstatt ihm irgendwie zu helfen. Ich biss mir feste auf meine Unterlippe, die vor Angst bebte. Der Stuntkoordinator redete mit seinem Team und dem Mann, der den Fehler begannen hatte. Meine Blick lag fest auf ihm. Ich ärgerte mich so sehr. Morgen würde er keine Arbeit mehr haben!
Brandon kam auf mich zu. In seinen Augen war Verwirrung und Sorge zu erkennen. „Alles okay, Ali?"
„Ja", murmelte ich, „es war nur ein Schock."
Ich sprach so leise, um den Fakt zu verstecken, dass ich fast am Weinen war.
„Du killst den Typen gerade mit deinem Blick."
„Hat er nur verdient.", zischte ich leise und verschränkte meine Arme. Bevor er noch irgendetwas sagen konnte, verschwand in die gleiche Richtung, in die die Sanitäter Logan getragen hatten. Ich musste unbedingt wissen, wie es ihm ging.
„Ali! Du kannst da jetzt nicht hin!", sagte Josh mit drohender Stimme und hielt mein Handgelenk fest umschlossen.
Ich blickte auf seine Hand, die fest zudrückte und mich vom Weiterlaufen hinderte. „Lass mich los, Josh.", fauchte ich.
„Das geht uns nichts an, Alicia."
Es war mir egal, ob mich das eigentlich nichts anging. Josh wusste doch rein gar nichts. Nichts von den Küssen zwischen Logan und mir, dem Knistern und den überwältigen, wachsenden Gefühlen. Er wusste nichts.
Ich riss mich mit voller Kraft los und fuhr ihn geradewegs an: „Ich bin für die Schauspieler zuständig. Das ist mein Job, also lass mich ihn richtig ausführen, anstatt mich davon zu hindern!"
Ich drehte mich wutentbrannte von ihm weg und lief im schnellen Trab zum Sanitäter Zimmer, welches extra für Unfälle da war, wissend, dass sie dort erstmal Logan hingebracht haben mussten. An der Tür hielt mich eine weißbekleidete Sanitäterin auf. „Miss Harries. Sie dürfen nicht hier rein. Mr Lerman braucht wirklich Ruhe.", sagte sie und drückte mich von der Tür weg.
„Schon gut, lassen Sie sie durch.", ertönte es schwach durch die offen stehende Tür.
Erwartungsvoll sah ich die Sanitäterin an. Wieso hielt mich denn bloß jeder auf zu ihm zu kommen? Wieso konnte ich nicht bei ihm sein? Sie checkte mit einem Blick nochmals um die Erlaubnis, die er ihr wohl erteilte und ließ mich passieren. Ohne eine Sekunde zu verschwenden, rannte ich auf ihn zu und schloss ihn in eine Umarmung.
„Autsch! Pass bitte auf.", krächzte er rau. Hastig ließ ich ihn wieder und begutachtet seinen bereits verarzteten Arm.
„Hat er dich nur am Arm getroffen?", fragte ich unsicher.
„Ist nur ein kleiner Kratzer. Hat ein wenig geblutet, aber nichts weiter.", erklärte er beruhigt, trotzdem erschöpft.
„Ich hatte solche Angst um dich.", rutschte es mir raus, aber ich bereute es keine Sekunde.
Auf einmal sah mich Logan mitleidig an. Seine Hand umfasst mein Handgelenk und zog mich mit seiner letzten Kraft auf seine Liege. „Du brauchst dir nie wieder Sorgen um mich zu machen, das verspreche ich dir.", sagte er so leise, dass der Wind seine Worte mit sich reißen konnte.
Ich spürte, wie mir warme Tränen in die Augen schossen und trotzdem erhellte ein Lachen im Raum. Es war meins. Sofort zog ich Logan mit und wir lachen gegen den Schmerz. Ein weiteres Mal blickte in seine Augen und glaubte jedes Wort, was er mir gesagt hatte.
Es gab nichts anderes, an was ich mehr glauben wollte.
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Tut mir leid, dass erst jetzt ein Update kommt.
Leider habe ich kaum Zeit oder den Kopf dazu irgendetwas zu schreiben und ich möchte euch ja keinen Mist schreiben. Ich hoffe, ihr könnt mir das verzeihen :(
xx LeeshyBee
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