Kapitel 29
Eine Entscheidung war dann gut, wenn es sich auch gut anfühlte. Wenn man nicht mehr darüber nachdenken musste. Wenn alles seinen Lauf nahm und ruhig war. Wenn es einen nicht mehr durcheinander brachte oder unter Druck setzte. Dann war die Entscheidung, die man getroffen hatte, die Richtige.
Collin wusste, dass ich mit unserem Kuss nicht direkt von ihn entschieden hatte. Vielleicht passierte so etwas nur in Nicholas Sparks Filmen. Wir waren alle mit dem realen Leben beschäftigt, denn College stand vor der Tür. Die Sommerkurse haben vor zwei Wochen geendet und der richtige Unterricht war zehnmal schlimmer. Ich verbrachte meine Zeit mit Jo in der Bibliothek, ab und zu setzte sich Collin zu uns. Ich versuchte mich mit Mr Donovans Unterricht anzufreunden und wenn wir Zeit hatten, dann sahen wir uns das Training des Lacrosse Teams an. Unser Leben war auf einmal so vollgepackt, ganz anders als wie im Sommer.
Jo war die Erste, die mich erwischte, wie meine Gedanken zu Logan zum ersten Mal nach Wochen abschweifte. Mr Donovan hatte uns erneut seine Lieblingsaufgabe aufgegeben. Er gab uns eine Szene aus einem Film, die bedeutend für die Entwicklung der ganzen Handlung war und bat uns erneut zwischen den Zeilen zu lesen. Wir sollten herausfinden, was so ausschlaggebend an der Szene war und zu einem Unglück stammte die Szene gerade aus einer Tragödie.
Ich erwischte mich selbst dabei, wie ich die Szene mit meinem eigenen Leben verglich. In den letzten zwei Wochen habe ich nicht mehr viel darüber nachgedacht, denn ich war beschäftigt genug, um überhaupt keinen freien Gedanken mehr zu haben.
Jo war von ihrem Bett runter zu mir auf den Boden gekrabbelt und hatte mir eine Hand auf mein Knie gelegt. „Du musst was dagegen tun, Ali, denn gerade umgehst du das Problem eher, als es gelöst zu haben."
Heute war es nicht anders. Ich versank in unseren Hausaufgaben, aber in Wahrheit konzentrierte ich mich nicht darauf. Wochenende waren hart, denn da hatte ich Zeit und zu wenig Beschäftigung. „So kann das nicht weitergehen.", hörte ich sie schimpfen und blickte zu ihr hoch, als sie sich vor meinem Bett auftürmte. „Wir werden uns heute einen netten Abend machen, so einen richtigen Mädelsabend. Ich kann das nicht länger mitansehen."
Ich konnte mich nicht gegen sie wehren, denn sie beschloss in den Laden drei Straßen weiterzugehen und uns Snacks und Getränke zu kaufen, während ich es uns vor unserem kleinen Fernseher gemütlich machen sollte. Ich stieß einen Seufzer aus und bezweifelte, ob mich das Ganze wirklich ablenken würde.
Nachdem sie aus dem Zimmer verschwand, machte ich mich daran das zu tun, was sie mir befohlen hatte und zog unter ihrem Bett, die zwei dünnen Yogamatten heraus und legte sie zwischen unsere Bette, direkt vor den Fernseher auf den Boden. Von unseren Betten holte ich alle unsere Kissen und schnappte mir die Kuscheldecken an dem Fußende ihres Bettes und ließ mich in dem Wirrwarr aus Decken und Kissen fallen.
Wenn immer ich über Logan nachdachte, dann fühlte ich mich komisch. Seitdem ich ihn kenne, habe ich mich noch nie so fern von ihm gefühlt. Er kam mir fast schon wie ein Unbekannter vor, jedoch wenn ich über ihn und alles, was passiert war, nachdachte, hatte ich diesen Gedanken, den ich nur schwer runterschlucken konnte.
Ich hatte eine Zuflucht, wenn es Zuhause mal wieder Ärger gab. Ich wusste, dass ich dorthin rennen konnte und sicher sein würde. Ich würde es schamlos ausnutzen, wenn ich es brauchte und es war gut möglich, dass ich dort sicherer war, als ich es je Zuhause war. Aber ich liebte mein Zuhause und ganz egal, wie oft ich verletzt worden würde, ich würde immer dorthin zurückkehren würde.
Meine Zuflucht war Collin.
Und mein Zuhause?
Das war noch immer Logan.
Ich wollte diesen Gedanken bis in das Hinterste von meinem Kopf schieben. Es einfach ignorieren. Ich schaltet den Fernseher ein, wo gleich Jos Lieblings-Talkshow ‚The Tonight Show Starring Jimmy Fallon' laufen würde. Meine Hand griff nach einer der Klatschzeitschriften, die sie andauernd las und blätterte hindurch. Die Themen war absurd, als würde es genau wissen, in welcher Lage ich mich befand.
Traummann oder Fehlgriff?
Hängen Sie noch immer an Ihrer ersten großen Liebe?
Konfession: Ich habe ihn gehen gelassen. Das war mein größer Fehler.
Ich pfefferte die Zeitung in die Ecke. So konnte ich mich sicherlich nicht ablenken. Stattdessen griff ich nach der Fernbedienung und drehte die Lautstärke etwas auf. Vielleicht konnte Jimmy Fallon mich mit seinen Sketchen eher ablenken. Ich legte eine der Decken um mich und lauschten der amüsierenden Stimme des Moderators.
„Die Filmreihe, in der unser nächster Gast mitspielt, geht in die dritte Runde. Nach leichter Enttäuschung von dem zweiten Teil, ist der Dritte jedoch von den Kritikern als um Weiten besser erwartet. Bitte grüßen Sie mit mir, den Percy Jackson Darsteller Logan Lerman!", rief Jimmy Fallon auf.
Mein Blick schoss nach oben und da sah ich ihn— auf meinem Bildschirm. Gekleidet in einem schwarzen Anzug. Er hatte sich seine Haare anders gestylt, was ihn mehr zusammengelegt aussehen ließ. Wortlos starrte ich auf den Fernseher und überlegte, ob mir das Schicksal einen Streich spielen wollte.
„Logan, schön dich wieder bei uns zu haben.", führte Jimmy fort.
„Ebenfalls, Jimmy. Danke für die Einladung, ich war ewig nicht mehr hier."
Sein schwaches Lächeln zuckte nach oben zu dem perfekten Vorzeigelächeln, welches jeder Filmstar draufhaben musste. Es ließ sein ganzes Gesicht erhellen und ihn wirklich glücklich wirken lassen.
„Du bist ein Weltklasse Schauspieler und hast in den letzten paar Jahren neben großen Namen gespielt, zudem bist du ein absoluter Mädchenschwarm. Normalerweise ist das Publikum nur wegen mir so weiblich besetzt, aber ich denke heute Abend haben sich viele deiner Fans hinein geschlichen.", lachte Jimmy.
Logan stimmte ihm ein. „Das mag sein. Ich betitelt mich selbst nicht gerne als einen.", erwiderte er charmant, wie man es von ihm kannte.
Typisch wie es von Jimmy Fallon war, brach er sofort mehr in seine Privatsphäre ein. „Viele deiner Fans sind sehr kurios über das, was in deinem Privatleben in der letzten Zeit passiert. Vor allem, aufgrund dieser zwei Fotos. Kannst du dazu etwas sagen?", fragte Jimmy ihn un hielt zwei verschiedene Fotos hoch. Das Erste zeigte ihn und mich am Flughafen. Ich konnte mich an den Tag noch genau erinnern. Ich hatte ihm damals gewarnt, dass uns womöglich Kameras sehen konnten und er hatte mir gesagt, dass es ihm egal wäre. Sollte die ganze Welt doch wissen, dass ich seine Freundin war.
Das Zweite zeigte nicht mehr uns. Es zeigt Logan Hand in Hand mit Alex aus einem Restaurant gehen. Den Stich in meinem Herz würde ich liebend ignorieren.
Stumm betrachtet er die beiden Bilder, blickte kurz nachdenklich auf seine Hände, bevor er seinen Mund öffnete. „Das erste Foto...", er stockte. Meine Augen hingen gebrannt an dem Bildschirm. So sehr, dass ich gar nicht bemerkte, wie Jo in unser Zimmer zurückkam, die Einkaufstasche abstellte, sich ihrer Jacke entledigte und sich neben mich setzte. Erst, als sie ihre Arme um mich legte, bemerkte ich sie.
„Das erste Foto ist ehrlich gesagt eine lange Geschichte. Aber sie gehört der Vergangenheit an."
„Warum das?", fragte der Moderator und fügte ein halbwegs höfliches ‚Wenn ich fragen darf' hinzu.
Logan schmunzelte traurig, legte dabei seinen Hand auf den Tisch von Jimmy. „Sagen wir es so, manchmal müssen Entscheidungen getroffen werden. Manchmal verbockt man etwas. Manchmal gibt es keinen anderen Ausweg und manchmal funktioniert etwas nicht so, wie du es dir gewünscht hast."
Er konnte froh sein, dass er im Gegensatz zu mir ein Schauspieler war. Entweder taten ihm seine eigenen Worte nicht selbst weh oder er war einfach nur verdammt gut darin, sie vor der laufenden Kamera zu verstecken.
„Und das Zweite?", hakte Jimmy sanfter nach.
„Das ist meine Filmpartnerin Alexandra Daddario und ich, nachdem wir alle gemeinsam essen waren. Es ist nur ein Schnappschuss von der ganzen Nacht und um ehrlich zu sein, es war ein wirklich Absturz, weswegen ich ihre Hand gehalten habe.", erklärte Logan und blickte ins Publikum, „Man muss schließlich die Vorteil des Erwachsenensein ausnutzen."
Das Publikum lachte bei seinem Witz.
„Also datet ihr euch nicht?"
Logan schüttelte seinen Kopf, richtet dabei seine Krawatte. „Nein, wir sind nur Freunde."
„Also ist keins der Fotos aktuell für dich?"
„Doch", entgegnete er ihm, „das Erste. Es wird immer aktuell für mich bleiben."
Fallon grinste verschmilzt. „Dieses mysteriöse Mädchen hat dir wohl dein Herz gestohlen."
Das Publikum war still, wartend auf Logans Antwort. Er fuhr sich mit seiner Zunge über die Lippe und ich schwor im gleichen Moment zuckten unsere Mundwinkel nach oben. „Das hat sie in der Tat.", mit diesem Satz schaltete Jo den Fernseher aus und drehte mich zu ihr, sodass sie mich ansehen konnte. Ich ließ alles hinaus. Alle Tränen, die ich seit Wochen aufstaute und nie mehr hinaus lassen wollte. Wiedermal fand ich mich selbst in den Armen meiner besten Freundin, weinend um die wohl schwerste Entscheidung in meinem Leben.
„Ich muss ihn sehen", wisperte ich, womit ich mich selbst überraschte, aber nicht Jo.
– – –
Jo und mein gemeinsamer Mädelsabend erfüllt nicht wirklich, denn ich war ziemlich früh neben ihr eingeschlafen, nachdem wir ‚White Chicks' eingelegt hatten. Am nächsten Morgen überforderte ich sie mit den Folgen, von dem, was ich ihr gestern gesagt hatte. Ich telefonierte mit meinem Dad, was zu einem längeren Gespräch wurde, als ich es erwartet hatte.
Logan hatte ihm noch bevor das gestrige Interview mit Jimmy Fallon ausgestrahlt wurde von ihm und mir gebeichtet. Jedoch hatte er die Erpressung mit Josh weggelassen, wofür ich ihm dankbar war. Mein Dad zählte auf Josh. Er brauchte ihn beim Dreh an seiner Seite und konnte sich jetzt ein Verlust in sein Vertrauen nicht leisten. Zwar war er etwas enttäuscht, dass ich es ihm nicht selbst gesagt hatte, aber verstand es zugleich, dass ich ihn nicht enttäuschen wollte, weil ich seine Regeln nicht befolgt und mein Privatleben mit meinem Arbeitsleben vermischt hatte.
„Wir sind zurzeit in Atlanta.", sagte mein Dad.
„Ich fliege noch heute zu euch."
Jo bekam leicht die Panik, als ich ihr von meinem chaotischen, kurzfristigen Plan erzählte und meinen Koffer unter meinem Bett hervor zog, um alles für einen Kurztrip in den Bundesstaat Georgia zupacken, während sie nach Flugtickets suchte.
Tatsächlich fand sie noch einen Last-Minute Flugticket für mich und huschte mich mit dem Packen. Innerlich hoffte ich darauf, dass ich Collin heute nicht mehr begegnen würde, denn ich könnte ihm nichts hiervon erklären. Jo half mir die letzten Sachen einzupacken, meinen Koffer zuschließen und begleitet mich in aller Eile nach unten.
Sie hatte mir zuvor noch ein Taxi für bis an den Flughafen gerufen, welches bereits auf mich wartet. Jo blieb im Vorgarten am Tor stehen und sah mich an. „Ich wünsche dir viel Glück, Ali. Tue das, was dein Herz dir sagt.", ihre Augen wurden ungewöhnlich glasig. „Ruf mich an und bleib nicht zu lange weg. Denk dran, egal, was du tust, Collin und ich auch lieben dich."
Ich zog sie in eine enge Umarmung. „Pass bitte auf ihn auf, okay?"
„Das mach' ich.", versprach sie mir, bevor sie mich gehen ließ. Ich konnte nicht fassen, was ich hier gerade tat. Ich war tatsächlich auf dem Weg zu Logan. Wochen waren vergangenen, seitdem wir das letzte Mal miteinander gesprochen hatten. Wenn ich vor ihm stehen würde, wusste ich bisher noch nicht, was ich ihm sagen würde. Er hatte mich darum gebeten, dass ich mich melde und das habe ich nicht getan. Womöglich hatte er schon längst mit mir abgeschlossen, obwohl es in seinem Interview anders klang, aber solche Live-Interviews waren aufgenommen. Seine Meinung konnte sich wieder geändert haben.
Ich spielte mit dem Gedanken, dass ich Collin anrufen und ihm wenigstens sagen sollte, wo ich war und dass es mir leid tat. Damit würde ich vermutlich nur alles schlimmer als besser machen.
Es war egoistisch.
Ich dachte nur an mich und nicht, was Collin und Logan dachten oder wie sie sich fühlten. Ich hatte sie gar nicht verdient. Vor allem hatte ich ihre Liebe nicht verdient.
War das, was ich tat, egoistisch oder kämpfte ich um die Liebe?
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Wie wird Logan wohl auf sie reagieren, wenn er sie sieht?
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