45 - solving
Auch wenn ich gehofft hatte, wirklich lange schlafen zu können, da der Schock und die Müdigkeit mir noch tief in den Knochen saß, war das natürlich nicht möglich. Punkt acht Uhr morgens klopfte es immer und immer wieder an unserer Zimmertür und da Niall sich mit einem Murren umdrehte, musste ich seufzend aufstehen. In der Reflektion des Fernseher erhaschte ich einen kurzen Blick auf mein Spiegelbild, meine Augen waren vom Weinen noch ganz rot und verquollen. Die halbe Nacht hatte ich wach gelegen, mich gefragt, welchen Worten von Louis ich glauben schenken konnte, was ihm all das wirklich bedeutete oder bedeutet hatte. Ich konnte es mir einfach nicht erklären und auch wenn ich dem Gespräch am liebsten aus dem Weg gehen wollte, ich wusste das es sein musste, um alles zu klären.
Wie ich vermutet hatte, stand dieser jetzt auch vor der Tür, kaum das ich sie geöffnet hatte. Louis musterte mein zerfallenes Ich, meine zersausten Locken, das verweinte Gesicht, wahrscheinlich konnte man noch die letzten Tränenspuren erkennen. ,,Hättest du nicht etwas warten können?" Müde rieb ich mir den Schlaf aus den Augen. ,,Ich hätte heute ausschlafen können." ,,Tut mir leid, aber ich konnte die ganze Zeit nicht schlafen. Du sahst gestern so verletzt aus und mein schlechtes Gewissen hat mich aufgefressen." ,,Ist schon okay, Louis, sie ist deine Verlobte und ich bin ich", abwertend zeigte ich auf mich selbst. ,,Harry bitte, zieh dich an und wir gehen irgendwohin, wo wir alleine sind. Für mich bist du nicht nur du", hörte ich Louis noch flüstern, als ich mich schon umdrehte, um mich umzuziehen.
Louis blieb im Türrahmen stehen, während ich mir schnell das Fußballtrikot von ihm auszog und gegen einen Pullover austauschte. Meine Jogginghose behielt ich vorerst an und nachdem ich in Socken und Schuhe geschlüpft war, folgte ich Louis aus dem Zimmer. Niall war schon wieder eingeschlafen. Wir gingen an Deck, das durch die Ereignise der letzten Nacht wie leergefegt war. Höchstens die Köche und Helfer waren schon auf den Beinen, um das Frühstück fertigzustellen und zu servieren, obwohl ich bezweifelte, dass sie gerade viel zu tun hatten. Louis ging voraus an die Spitze des Schiffes, wo er mich schon gehalten hatte, als wäre ich seine Rose, als wäre ich der wichtigste Mensch für ihn.
Louis wollte meine Hände ergreifen, doch ich legte sie schnell um das Geländer, schaute auf den Atlantik hinaus. Die leichten Wellen brachen am Schiff, weit und breit kein Festland in Sicht. Wäre in der Nacht wirklich das Schiff untergegangen, ich wüsste nicht was ich hätte machen sollen. Aber es war beruhigend zu wissen, dass alles so gut, schnell und relativ ruhig abgelaufen war. Jeder wäre in Sicherheit gewesen, fragt sich nur, ob das in einer echten Notfallsituation auch so gewesen wäre, doch darum wollte ich mir jetzt keine weiteren Gedanken machen. Es würde schon nichts derartiges passieren.
,,Harry, ich weiß wonach es gestern aussah und du hast allen Grund verletzt zu sein." ,,Hab ich nicht, wir sind nicht zusammen." ,,Noch nicht", erwiderte Louis und ließ mich dadurch aufschauen. ,,Meinst du echt, ich würde meine Verlobte einfach aus Spaß verlassen? Natürlich möchte ich danach mit dir zusammen sein, ich möchte mit dir das Schiff verlassen, wenn die Reise vorbei ist und der Welt zeigen, dass du mein bist. Das gestern Abend, Eleanor hatte Lust, ich wusste nicht was ich tun soll", Louis fuhr sich durch die Haare, die Vorstellung ließ mir übel werden. ,,Es ist schon okay, es wäre sicher auffällig gewesen, hättest du nicht mitgemacht", erwiderte ich, schluckte den Schmerz herunter, der in meiner Stimme mitschwang.
,,Was mich so daran stört, du sahst so aus, als hättest du es richtig genossen und als hätte die Seenotrettungsübung euch unterbrochen. Eleanor sah auch mehr als zufrieden aus, wahrscheinlich hättet ihr im Rettungsboot noch weiter gemacht. Du hast mich nicht betrogen, du kannst mich nicht betrügen mit deiner eigenen Verlobten. Es fühlt sich dennoch so an, beim Zeichen der schlimmsten Not bist du zu Eleanor zurück gekehrt. Ich weiß nicht warum ich überhaupt eifersüchtig bin, warum ich Angst um dich hatte, als ich dachte das Schiff würde untergehen oder mich in den Schlaf geweint hab, das war doch von vornherein klar. Ich bin so dumm." Die letzten zwei Sätze sprach ich eher zu mir selbst, ich legte meine Hände auf mein Gesicht und atmete tief durch. Plötzlich spürte ich Louis Arme um meinen Körper, ich wollte mich wehren und um mich schlagen, ließ es schlussendlich aber doch zu. Seine Umarmungen fühlten sich an, als würde man nach Hause kommen.
,,Ich kann dir sagen, die Seenotrettungsübung hat mich gerettet und weißt du warum? Ich war nicht erregt, Eleanor hat mich nicht angemacht, ich hab keinen hoch gekriegt. Erst als ich die Augen geschlossen und mir dich vorgestellt habe, konnte ich halbwegs mitspielen. Aber es war nicht dasselbe, es waren nicht deine Berührungen, nicht deine Stimme, nicht dein Geruch. Es warst nicht du. Deshalb habe ich absolut nichts gefühlt. Bevor wir überhaupt hätten weitergehen können, ging der Alarm los. Glaub mir, ich habe weniger Angst als Erleichterung gespürt. Einzig und allein hatte ich Angst um dich, wäre das Schiff wirklich untergegangen, ich hätte jede Kabine nach dir durchforstet. Es tut mir schrecklich leid, dass du geweint hast, ich hätte dich gerne getröstet, aber du hattest allen Grund, das zu empfinden, die Eifersucht zu fühlen. Mir ging es nicht anders, als ich dich da so eng umschlungen mit Niall gesehen habe. Ich wusste, dass du ihn nur getröstet hast, weil er Angst hatte, aber in diesem Moment hätte ich ihn am liebsten von dir gerissen."
Durch Louis letzte Aussage entfuhr mir ein kleines Kichern und ich gab mir einen Ruck, die Umarmung zu erwidern. Kaum tat ich dies, fiel etwas Anspannung von Louis Körper und er seufzte erleichtert. ,,Außerdem finde ich es süß, wenn du eifersüchtig bist", fügte der braunhaarige noch hinzu und drückte mir einen Kuss auf die Wange. ,,Naja, geht so. Also habe ich keinen Grund, dass aus Paris zu bereuen? Du wirst nicht zu Eleanor zurück gehen?" ,,Absolut gar keinen, ich kann kaum erwarten, dies zu wiederholen und vielleicht noch etwas zu vertiefen", erwiderte Louis, ,,und natürlich werde ich das nicht. Ich bin und war nie wirklich an ihr interessiert. Du hast mir das ganz klar vor Augen geführt. Durch dich habe ich herausgefunden, was mein Körper und mein Herz wirklich begehrt."
Ich löste mich etwas von Louis, um mich einmal schnell nach Zeugen umzusehen, bevor ich unsere Lippen vereinte. ,,Du warst wirklich eifersüchtig auf Niall", stellte ich grinsend fest, als ich seine Worte nach dem Kuss realisiert hatte. ,,Halt die Klappe du Idiot und küss mich", brummte mein Gegenüber nur und zog mich wieder zu sich heran, um mich erneut küssen zu können. Glücklich erwiderte ich, ich hatte mir zu viele Sorgen gemacht und alles in einem einzigen kurzen Gespräch mit Louis klären können. Dieser führte mich nach einigen weiteren Küssen an die Spitze des Schiffes. Ich erinnerte mich an seine Worte, als er mir erzählt hatte, das er gerne hierher kam, um in Ruhe nachzudenken oder wenn er mal nicht schlafen konnte. Und auch wenn wir schon öfter gemeinsam hier waren, es war immer wieder schön, intim und sehr besonders.
Louis umarmte mich von hinten, seinen Kopf legte er auf meiner Schulter ab. Lachend genoss ich den Wind in den Haaren, das Rauschen des Meeres und die Nähe zu dem Mann, den ich liebte. Ich streckte meine Arme wie so gut wie jedes Mal aus und fühlte mich gleich wieder frei. So wollte ich mich immer fühlen, wenn ich mit Louis zusammen war. Geborgen, gewollt und geliebt. ,,Ich hab eine Idee", hauchte Louis, brachte mich dazu, meine Augen zu öffnen. ,,Welche?" Ich konnte nicht aufhören zu lächeln, das alle meine Sorgen unbegründet waren und Eleanor Louis nicht einmal mehr anmachte beruhigte mich ungemein. ,,Komm mit", er ergriff meine Hand und zog mich zurück auf das Sonnendeck, wodurch wir ins Schiffsinnere gelangten.
Die Flure waren immernoch relativ leer, hier und da wuselte ein wenig Personal durch die Gegend. Louis blieb plötzlich vor einer Tür stehen und lächelte mich an. ,,Hier drin sind kleine Entspannungsräume. Ein Ort der Stille und wenn wir schon nicht auf unseren Zimmer gemeinsam beieinander schlafen können, dann wenigstens hier." Louis öffnete die Tür und ich folgte ihm neugierig. Zwar wusste ich, dass das Schiff mit so etwas ausgestattet war, ich wäre nur nie auf die Idee gekommen, diesen Räumen einen Besuch abzustatten. Die kleinen Entspannungsräume waren voneinander abgetrennte Kabinen, jeder bot die ultimative Privatsphäre, freie Räume waren grün markiert, besetzte rot.
Zu dieser Uhrzeit waren noch alle frei, weswegen wir eine Kabine in der hintersten Ecke wählten und diese abschlossen. Ein Hauch von Vanilleduft lag in der Luft, ein Lautsprecher in der Decke ließ entspannende Musik erklingen und mehr als ein Matratzenturm, zusammen mit tausenden von Decken und Kissen befand sich nicht hier drinne. Ich wusste, dass diese mehrmals am Tag gereinigt und ausgetauscht wurden, nach jedem Gast hier aufs neue. Kichernd warf ich mich in das Kuschelparadies, gefolgt von Louis, der mich sofort in seine Arme schloss. ,,Jetzt können wir noch eine Runde schlafen", flüsterte Louis, gab mir einen letzten Kuss. ,,Hab ich auch bitter nötig", erwiderte ich gähnend und schloss selig die Augen, fühlte mich nirgendwo so wohl wie in seinen Armen und konnte kaum erwarten das New York näher rückte.
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Ob Harry zu naiv ist was Louis angeht? Oder sagt Louis die Wahrheit?
Wie war euer Weihnachten? Habt ihr es schön verbracht?💗
All the love xx
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