44 - deceived
Sieben laute kurze Töne und ein darauffolgender langer Ton war das, was Niall und mich aufweckte. Wir schauten uns an und wussten beide sofort, was das zu bedeuten hatte. Entweder es war eine Übung oder vollkommener Ernst, zweiteres würde bedeuten, dass das Schiff gerade sank und im Atlantik verschwinden wollte. Wohlmöglich schwebten wir in Lebensgefahr. Wir verloren keine Zeit, mein Herz klopfte mir bis zum Hals und auch wenn ich verdammte Angst hatte, sollte das nun Ernst sein, ich konnte nicht weinen, das Adrenalin in meinen Adern hinderte mich daran. Beim Abendessen hatten wir noch darüber geredet und jetzt sollte es Wirklichkeit werden? Es war drei Uhr in der Nacht, bitte lass das alles nicht wahr sein.
Als Besatzungsmitglieder hatten Niall und ich die Seenotrettungsübung in der Einführungswoche tausendmal durchgekaut und wussten genau, was zu tun war. Dennoch war die Realität nochmal um einiges aufwühlender und einen kühlen Kopf zu bewahren war schwer aber wichtig, ich strengte mich an, dies beizubehalten. Ich dachte an Louis und hoffte einfach nur, dass es ihm gut ging. ,,Hier Niall, deine Rettungsweste", ich reichte dem Iren die seine aus seinem Kleiderschrank, bevor ich meine aus meinem holte. Meine Stimme zitterte, meine Hände auch und Niall stand nur bewegungsunfähig in der Gegend herum. Schnell eilte ich zu ihm, zog ihm seine Rettungsweste über und wir beide zuckten zusammen, als das akustische Signal des Untergangs nochmal durch das Schiff schallte.
Der Fernseher in unserem Zimmer war schon lange angesprungen, zeigte den Sicherheitsfilm und führte nochmal in einzelnen Schritten auf, was wir zu tun hatten. Ich schenkte dem nicht weiter Beachtung und kümmerte mich um Niall. ,,Ni, hör mir zu, alles wird gut, okay? Das ist sicher nur eine Übung", ich drückte ihm seine Bordkarte in die Hand, steckte mir meine in die Hosentasche und da er sich immernoch nicht bewegte ergriff ich seine Hand, zog ihn so aus dem Zimmer. Auf dem Flur war die Hölle los. Alle riefen wild durcheinander, Offiziere klopften an jede Tür, um letzte schlafende zu wecken, keiner war sich sicher ob das eine Übung war, die Stimmung entsprach blanker Panik. So viel zum Ruhe bewahren. Ich entdecke Lukes Lockenkopf, er hatte Michelle an der Hand und auch wenn ich die ganze Zeit vermutet hatte, dass zwischen den beiden mehr lief, konnte ich da im Moment wirklich nicht drüber nachdenken.
Ich ließ den blonden nicht los, während ich zu Luke rannte. ,,Weißt du, ob das eine Übung ist?", fragte ich sofort, er zuckte überfordert mit den Schultern. ,,Ich warte auf Ashton, Calum und Michael, ohne die werde ich nicht von Bord gehen. Zayn und Liam habe ich schon nach oben gehen sehen, dass solltet ihr auch tun. Da erfahrt ihr sicher mehr." Ich nickte, griff Niall noch fester an der Hand und kämpfte uns dann die Treppen hoch, vierzehn Passagierdecks hochzulaufen war kein Spaß. Die Fahrstühle durften in diesem Notfall nicht benutzt werden, da das aber zum Glück nicht die einzige Treppe war, die nach oben führte, war sie nur leicht überfüllt und wir kamen immernoch gut voran. Nialls Pupillen waren riesig und er selbst noch nicht richtig ansprechbar.
Einige wenige Zimmer bildeten zusammen immer eine Gruppe, die bei den Rettungsbooten eine gemeinsame Sammelstelle hatte. Den Weg dorthin hatte ich auf Liams Rat hin ganz am Anfang auswendig gelernt, sodass ich Niall und mich dorthin brachte. Ein Offizier, ich erkannte ihn an seiner Uniform, checkte unsere Bordkarten und hakte uns von der Liste ab. ,,Ist das eine Übung?" Fragte ich ihn vorsichtig, mein Herz schlug mir immernoch bis zum Hals, aber ich war ein wenig beruhigt bei den Rettungsbooten angekommen zu sein. ,,Todernst", war seine einzige Antwort darauf, die Niall wimmern ließ und mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte. ,,Kann ich irgendwie helfen? Ich arbeite auf dem Schiff", fragte ich, doch der Offizier schüttelte nur seinen Kopf und hakte die nächsten ab, die unsere Sammelstelle betraten. Ich schaute sofort hoch, als ich die Stimme erkannte.
Louis hatte mich noch nicht bemerkt, er hielt Eleanor an der Hand, seine Augen waren glasig, aber nicht vor Angst oder Trauer, sondern scheinbar vor Erregung und ich wusste nicht, ob die Situation noch schlimmer werden konnte. Auch Eleanors zersauste Haare und ihre geschwollenen Lippen fielen mir auf. Mit jedem Mal, mit dem mein Herz jetzt Angst durch meinen Körper pumpte, pumpte es auch noch Schmerz hindurch und ich drückte Niall enger an meine Brust, um immerhin ihm die Situation so angenehm wie möglich zu machen. Dabei erinnerte ich mich wieder an Lukes Worte, er hatte gesagt, dass Zayn und Liam schon nach oben gegangen waren. Sie hatten dieselbe Sammelstelle wie wir, doch waren bisher nicht hier. Sie würden unseren Scherz vom Abendessen doch nicht tatsächlich in die Tat umsetzen? Meine Sorge verfiel sofort, als sie in der nächsten Sekunde auftauchten und mit Niall in der Umklammerung fiel ich ihnen erleichtert um den Hals.
Dadurch wurde auch Louis auf mich aufmerksam, doch mit ihm wollte ich gerade eher weniger reden. ,,Wir mussten was klären", murmelte Liam mir ins Ohr, ,,das hier ist nur eine Übung, weil trotzallem viele wegen der Nähe zurm Untergangsort der Titanic Panik geschoben haben." Er sprach so leise, dass nur Niall und ich es verstanden. ,,Was? Aber der Typ da..", fing ich an, doch Liam widersprach mir leise. ,,Sie haben die Anweisung die Fassade so lange aufrecht zu erhalten, bis jeder Passagier an seiner Sammelstelle angekommen ist. Es wissen nur die Leute, die es auch wirklich wissen sollen. Ich hab gute Kontakte, also habe ich es auch gerade in Erfahrung gebracht." Nialls Umklammerung an meiner Hüfte wurde etwas lockerer, der Schock saß aber immernoch tief in den Knochen, weshalb er mich nicht ganz losließ.
Zayn und Liam stellten sich neben uns und da Louis in dieser Zeit erkannt hatte, dass ich auch hier war, kam er jetzt auf mich zu. ,,Harry, was ist hier los? Geht es dir gut?" Ich konnte förmlich den Sex an seiner Haut riechen und rümpfte die Nase. Ich hatte nichtmal ein Recht darauf eifersüchtig zu sein, solange er verlobt war, aber mein Herz übernahm die Oberhand. ,,Das Schiff geht unter, aber wie es aussieht hattest du immerhin die letzten Minuten hier noch ein wenig Spaß", ich schenkte ihm ein gefälschtes Lächeln, mein Gegenüber seufzte. ,,Harry bitte, es ist nicht das, wonach es aussieht. Und wenn das Schiff jetzt wirklich untergeht, ist dass das geringste unserer Probleme." ,,Du hast Recht, reden wir am besten darüber, wenn wir untergegangen sind. Übrigens ist dein Hosenstall offen. Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich habe Niall hier, den ich trösten muss."
Die Angst war zwar jetzt verflogen, der Schmerz aber noch lange nicht und das schlimmste von allem war, dass ich die ganze Zeit das Gefühl hatte, ihn unrechtmäßig zu fühlen. Louis und ich waren nicht zusammen, auch wenn ich mir das gerne einredete und deshalb konnte er machen was er wollte. Louis schien nochmal widersprechen zu wollen, entschied sich dann aber doch anders, machte seinen Hosenstall zu und kehrte zurück zu Eleanor, die ihn sofort ängstlich umarmte. Sie dachten noch, dass das Schiff gleich mit all ihren Habseligkeiten untergehen würde, während ich mich darauf freute, gleich wieder auf mein Zimmer zu können. Ich wollte mich in mein Bett legen und den Schmerz heraus weinen. Louis hätte zu Eleanor sagen können, dass er keine Lust hat, das er nicht will, aber er schien es sogar genossen zu haben und das kränkte mich. Hatte ihm das zwischen uns gar nicht gefallen?
Nach wenigen weiteren Minuten des Bangens, der Angst und des Abwartens wurde der Offizier über sein Funkgerät endlich darüber informiert, dass alle Passagiere an ihren Sammelstellen angekommen waren. ,,Bitte hergehört. Erstmal Sie brauchen keine Angst haben, Sie sind in Sicherheit. Sie haben sich alle gut geschlagen und sind mehr als flott hier erschienen. Der Alarm war nur eine Übung, um alle Zweifel und Ängste möglicher Unfälle zu beseitigen, da die normale Seenotrettungsübung für viele Passagiere nicht ausreichend gewesen war, was das anging. Sie können jetzt zurück auf ihre Kabinen. Ich wünsche eine angenehme Nacht", klärte der Offizier die ganze Situation nochmal offiziell auf und löste damit eine Aufregung vom aller Feinsten aus. 'Warum mussten wir dann aufstehen? Ich hab gerade so schön geschlafen!' Waren einige Sätze die fielen, die der Offizier aber gekonnt ignorierte.
Er scheuchte uns alle wieder ins Schiffsinnere und ließ uns dort allein. Die verstörte Menge an Menschen löste sich auf, es gab aber auch viele erleichterte Gesichter. ,,Harry, ihr müsst morgen nicht zur Frühschicht antanzen. Ich denke alle Passagiere werden heute länger schlafen, deswegen öffne ich die Eisdiele erst zur Spätschicht. Schlaft euch gut aus", Liam umarmte Niall und mich zum Abschied, Zayn folgte und wir wollten gerade auch zurück ins Zimmer, als eine Hand mich am Handgelenk festhielt. ,,Harry", Louis sah mich flehend an, doch ich schüttelte den Kopf. ,,Lass gut sein, wir reden morgen darüber, gerade möchte ich einfach nur den Schock überwinden", wimmelte ich den Mann, den ich liebte ab und ging mit Niall an der Hand auf unsere Kabine zurück. Sofort legten wir uns ins Bett und mit einigen Tränen, ob nun aus Angst oder Schmerz, die ich verlor, schlief ich ein.
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Soo ich hoffe alle, die nach dem letzten Kapitel aufhören wollten zu lesen, werden nun doch weiter lesen, denn natürlich endet das hier nicht wie die Titanic😩😹 Dafür wurde Harry anderweitig verletzt, ob es wirklich nicht so war, wie es aussah..?
Ich wünsche euch einen schönen vierten Advent und für morgen frohe Weihnachten, ich hoffe ihr habt eine tolle Zeit im Kreis eurer Liebsten💗
All the love xx
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