3 - perfect stranger
Noch für eine kurze Zeit waren meine grünen Augen unter dem Blick des Fremden gefangen, doch als ich aus dem Augenwinkel sah, wie mir ein Kunde zuwinkte, wünschte ich dem jungen Mann vor mir einen guten Appetit, bevor ich ging und die Familie abkassierte. So ging das die restliche Stunde und die ganze Zeit über konnte ich mir nicht nehmen, immer mal wieder zu dem braunhaarigen Wuschelkopf zu sehen. Ich machte kein Geheimnis daraus, das ich in meiner Sexualität ganz offen war, wenn ich mich verliebte dann war das eben so. Ich fragte mich, mit wem er wohl die Kreuzfahrt machte, wie lange er auf dem Schiff sein würde und wie er hieß. Doch ich war zu schüchtern um zu fragen. Nachher wollte er gar keine Konversation führen und dann wäre das ziemlich peinlich.
,,Wir schließen nun, aber kommen sie gerne morgen wieder", erklärte ich dem schönen Fremden, als die Uhr acht Uhr abends anzeigte und machte ihn darauf aufmerksam das er der letzte verbliebene Kunde war. ,,Oh natürlich und danke nochmal für das Eis." Der junge Mann stand auf, schenkte mir ein letztes umwerfendes Lächeln und verließ damit die Eisdiele. Kurz sah ich ihm noch nach, bis Liams Schulterklopfer meine Aufmerksamkeit auf sich zog. ,,Das war doch heute ein super erster Tag. Mit euch kann ich definitiv arbeiten." Niall und Luke standen ebenfalls dabei und lächelten freudig. ,,Danke, es hat auch wirklich Spaß gemacht. Die Zeit wird sicher super schnell vorbeigehen", sagte ich etwas wehleidig und brachte noch die letzten Eisbecher in die Spülmaschine, bevor Luke, Niall und ich dann zurück zu unseren Kabinen ging.
,,Kommst du mit zur Rede des Kapitäns?" Niall lag auf seinem Bett, als ich ihn das fragte und gerade aus der Dusche gekommen war. ,,Definitiv, ist wie Liam sagte sicher wirklich interessant. Dann sollten wir aber auch gleich los, um gute Plätze zu kriegen", antwortete Niall mit einem Blick auf die Uhr und stand vom Bett auf, um seine Arbeitskleidung gegen normale Klamotten auszutauschen. Auch ich schlüpfte in gemütliche Klamotten, rubbelte mit dem Handtuch meine Locken trocken und schon kurz darauf fuhren wir mit dem Fahrstuhl zum Zwischendeck, um von dort aus zur Showbühne zu kommen.
Tatsächlich war es schon rappelvoll, obwohl es erst in fünfzehn Minuten losgehen würde. Einen Sitzplatz bekamen wir nicht mehr, dafür aber relativ am Rand einen Stehplatz, von dem aus wir immer noch einen guten Blick auf die Bühne hatten. Ein wenig schaute ich mich in der Menge um, es waren viele Passagiere hier und wahrscheinlich noch längst nicht alle. Ungefähr 2800 Gäste wurden von Hafen zu Hafen mitgenommen, einige davon stiegen aus, doch andere kamen wieder dazu, sodass sich die Zahl der Gäste über die drei Monate die Waage halten sollte. Sie genossen die Reise, das Treiben der Wellen und die Aussicht auf die wunderschöne See. Während ich mich so umguckte entdeckte ich einige Personen wieder, die ich heute Abend bedient hatte. Darunter war auch der junge Mann, dem ich den Eisbecher geschenkt hatte.
Sein Blick sah ziemlich genervt aus, neben ihm saß eine junge hübsche Frau mit langen braunen Haaren, die unentwegt auf ihn einzureden schien. Leider waren wir zu weit weg, sodass ich nicht hören konnte, worum es ging, aber sein Blick sprach Bände. Seufzend löste ich meinen Blick von den beiden und sah weiter, beobachtete die Leute bis der Kapitän begleitet von einem tosenden Applaus auf die Bühne kam. Als ich ihn kennengelernt hatte trug er ganz normale Freizeitklamotten, aber nun hatte er sich vollständig in sein Kapitänsoutfit gekleidet, das so blau war wie die See. Seine Jacke zierten einige wichtige Anstecker und auf seinem Kopf saß ein Kapitänshut, der vorne drauf das Symbol eines Ankers hatte. Alles in allem strahlte er diesmal viel mehr Autorität aus, als noch vor einer Woche.
,,Guten Abend liebe Gäste. Ich darf sie ganz herzlich willkommen heißen auf der RainbowCruise. Schon seit einigen Jahren darf ich Kapitän dieses Schiffes sein und ich kann ihnen versichern, sie werden am Ende ihres Urlaubs nicht enttäuscht sein", seine Stimme schallte laut durch das Mikrofon, sodass er die ungeteilte Aufmerksamkeit von jedem in diesem Raum besaß. ,,Zuerst einmal möchte ich mich auch dieses Jahr wieder bei meiner herausragenden Crew bedanken, ohne die das Schiff sicher niemals so schnell einsatzbereit gewesen wäre. Jedes Mitglied der Besatzung ist wichtig und dafür da, ihnen den perfekten Urlaub zu bieten. Einen kräftigen Applaus bitte." Auch wenn ich wusste, dass mein Job auf diesem Schiff nicht gerade bedeutend war, überkam mich dennoch ein wenig das Gefühl des Stolzes, so gelobt zu werden und die Gäste glücklich zu machen.
,,Wir befinden uns jetzt auf dem Mittelmeer, hier reisen wir zu den Ursprüngen der europäischen Geschichte. Es ist wirklich eine der schönsten Arten, diese Region kennenzulernen und auch wenn ich mittlerweile schon um die halbe Welt geschippert bin, es ist immer wieder schön, hierher zurückzukehren. Ich hoffe ihnen hat der geschichtsträchtige Hafen von Barcelona zugesagt. Denn jetzt geht es in Richtung Balearen. An der größten der fünf Baleareninseln, nämlich Mallorca, legen wir am Hafen der Hauptstadt Palma de Mallorca an. Packen sie dafür aufjeden Fall schonmal ihre Sonnencreme aus, der Wetterbericht verspricht Temperaturen von bis zu 38 Grad Celsius, aber wir befinden uns ja auch im Hochsommer. Gegen morgen Nachmittag sollten wir ankommen und dann zwei Tage dort verweilen. Am Abend des zweiten Tages legen wir wieder ab.
Mit mehr Infos möchte ich sie heute noch nicht belästigen. Am Abend unserer Abreise von Mallorca werde ich ihnen hier gerne noch etwas über unser nächstes Reiseziel erzählen, wenn Sie Interesse daran haben, was für Sehenswürdigkeiten sie sich aufjeden Fall anschauen sollten. Ich hoffe sie genießen ihre erste Nacht auf hoher See und herzlichen Dank, dass sie sich für RainbowCruise entschieden haben. Ich wünsche eine angenehme, sturmlose Nacht und noch viel Spaß mit dem heutigen Showact", damit verschwand der Kapitän wieder hinter dem Vorhang der Bühne und schlug wahrscheinlich gleich den Weg zur Brücke ein.
So gut wie jeder war schonmal auf Mallorca, aber dieses Reiseziel würde für mich eindeutig ein neues sein. Allgemein jeden Hafen den wir ansteuerten, würde in ein Land führen, das ich noch nie zuvor betreten hatte. Und das machte mich so verdammt glücklich, denn ich war neugierig all die Kulturen und Sitten kennenzulernen, wie die Menschen drauf waren und einfach mal Veränderung zu erleben, bevor alles wieder Trist, einsam und einfach wird. ,,Schaust du dir noch den Showact an?" Fragte ich Niall dann, der gähnte und mit dem Kopf schüttelte. ,,Ich bin so kaputt, ich hau mich gleich aufs Ohr. Auch wenn die Schicht morgen nicht so lang wird, wenn wir durch Mallorca spazieren möchte ich fit sein."
Er streckte sich einmal und sah mich dann fragend an. ,,Kommst du mit?" ,,Ich komm gleich nach, ich schau noch kurz zu, aber muss dann auch dringend ins Bett. Ich werde leise sein, falls du schon schlafen solltest." ,,Danke, dann bis später oder morgen", der Ire lächelte mich noch einmal an und ging dann seiner Wege durch die Halle zum Flur, wo sich der Fahrstuhl befand. Einige andere Gäste gingen jetzt auch, aber neue kamen dazu, weshalb ich einfach auf meinem Platz stehen blieb und gebannt dabei zusah, wie gerade ein Trapez von der Decke gefahren wurde. Es war mir unbegreiflich, wie dieses tonnenschwere Luxusschiff sich mit all dem Schnick Schnack über Wasser halten konnte, aber das war wohl die Magie der Physik.
Nach kurzer Wartezeit setzte Musik ein, drei Frauen in hautengen Kostümierungen kamen hinter dem Vorhang hervor, um ihre Handgelenke hatten sie bunte Tücher gebunden, welche sie anmütig in einer Choreografie hin und her bewegten. Dann schwang sich eine auf das Trapez, das dann ein wenig nach oben gefahren wurde, damit sie nicht auf dem Boden aufkommen würde. Sie vollführte dort Kunststücke von denen ich nur zu Träumen wagte und als sie sich dann nur mit ihren Kniekehlen an der schmalen Holzstange festhielt und mit den Händen nach einer zweiten Artistin griff, die sich durch einen Rückwärtssalto ebenfalls in die Luft beförderte, war es definitiv Zeit für mich, schlafen zu gehen. Ich warf einen letzten Blick in die Zuschauermenge und als mir dort die blauen Augen das letzte Mal für heute Abend begegneten, die so schön, aber doch so verloren aussahen, vergaß ich kurz wo ich war.
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Da hat der Fremde wohl eine ganz besondere Wirkung auf Harry, aber wen wundert's?🌝
All the love xx
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