01 - Blaze
Die späte Mittagssonne strahlte auf ihr schwarzes Fell und hinterließ eine angenehme Wärme.
Sie rollte sich noch etwas fester zusammen, kniff die Augen zusammen und schnurrte leise.
Sie lag auf einem großen Granitstein, der die Wärme optimal einfing und abstrahlte.
Allerdings möglichst weit entfernt von den Gitterstäben. Zu oft waren schon Hände hineingesteckt worden, die versucht hatten, sie zu berühren und zu oft schon waren diese viel zu hohen Töne von den nebenstehenden größeren Felllosen gekommen, als sie ein Knurren von sich gab und zurücksprang.
Seither mied sie es, zu nahe an diese Gitterstäbe zu kommen.
Sie spitzte ihre Ohren. Hatte sie da nicht ein Klappern gehört? Tatsächlich!
Sie gähnte, erhob sich von ihrem liebsten Felsen und streckte sich träge.
Ein aufgeregtes Bellen kam vom Käfig nebenan. Ein kleiner, orangefarbenen Fuchs, noch sehr jung, stellte sich auf die Hinterpfoten und hielt sich mit den Vorderpfoten an den Gitterstäben der eingelassenen Tür fest. Er bellte aufgeregt: „Sie kommt! Sie kommt! Oh, was für eine Freude! Es ist die Alte!"
Tatsächlich. Heute war es die Alte. Sie hatte einen runden Behälter in der Hand. Ein Klicken ertönte, sie schlüpfte zu dem orangenen Fuchs herein und steckte sich den metallischen Stab, welchen sie zuvor in die Tür gesteckt hatte, in ihre Tasche.
Die Schwarze leckte sich übers Maul und trottete gemächlich an die Gitterstäbe heran, die zum anderen Käfig angrenzten.
Die alte Felllose klapperte gerade erneut mit dem Eimer und der junge Fuchs vollführt vor Freude einen Luftsprung, was die Felllose mit Futter aus dem Behälter belohnte.
Der junge Fuchs schnurrte kurz und verschlang gierig das Futter.
Die Schwarze legte missbilligend die Ohren an, mitten in dem Gedanken, dass Füchse eigentlich doch wild, frei und ungezähmt seien, doch sie senkte sofort den Blick, als der Orangene sie anschaute.
Die Schwarze war schließlich eine Füchsin und Füchsinnen durften sich nicht anmaßen, Rüden zu kritisieren, noch nicht einmal in ihren Gedanken oder ihnen in die Augen zu schauen.
So war es seit ewigen Zeiten schon und wer sich daran nicht hielt, naja, dem wurde des Nachts ein Besuch abgestattet den man nicht so schnell vergessen würde.
Nicht, dass das Blaze in ihrer Zeit in dem Käfig das je miterlebt hätte. Sie wusste es nur vom höheren Sagen.
Sie hielt den Kopf immer noch gesenkt und dachte an die Zeit zurück, eine viel zu kurze Zeit, in der sie noch wild und frei im Wald gelebt hatte. Doch dann waren die Felllosen gekommen, hatten ihre Heimat zerstört, sie eingefangen und in diesen Käfig gesperrt, wo Tag für Tag andere Felllosen kamen, meist mit kleineren zusammen und sie anstarrten und schließlich zum nächsten Käfig gingen.
Sie erinnerte sich an die warme Sonne auf ihrem Pelz, die es einst gab, doch nun, wenn sie auf dem Granitstein lag, gab es die warme Sonne nur noch in ihrer Vorstellung. Stattdessen waren dort helle Lampen, die leichte Wärme verbreiteten und erst dann ausgingen, wenn die Felllosen nicht mehr kamen. Vielleicht war dass die Zeit, in der draußen der Mond regierte. Doch das wusste sie nicht. Seit sie in diesem Ort eingesperrt worden war, kannte sie den Mond nicht mehr. Keine Sonne, keine Sterne. Keinen Wind in ihrem Pelz. Oh Wiese es doch vermisste, den Sind in ihrem Pelz zu spüren!
Doch sie musste sich eingestehen, sie hatte es im Vergleich noch gut getroffen. Sie kannte keinen Fuchs in diesem Ort, der dass irgendwann in seinem Leben einmal erlebt hatte.
Plötzlich hörte sie ein Klicken. Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen und sprang erschreckt zurück. Die Alte schlüpfte durch ihre Käfigtür zu ihr herein. Die Schwarze kniff die Augen zusammen und musterte sie feindselig.
Sie mochte keinen von diesen Felllosen, doch am allerwenigsten die! Sie würde garantiert nicht wie diese Orangene Fuchsschande vor ihr Männchen machen wie ein Hund!
Die Alte klapperte mit dem Eimer und schaute sie, soweit sie dass beurteilen konnte, abwartend an. Doch sie machte keine Anstalten irgendetwas zu machen und zog sich in eine Ecke zurück. Ihr Magen knurrte leise. Doch sie war fest entschlossen, nicht nachzugeben.
Die Alte begann mit einer scharfen, hohen Stimme zu fluchen, zumindest hörte es sich so an. Dann griff sie in den Behälter und warf ihr wütend das Futter entgegen.
Die Schwarze sprang zurück und die Alte stapfte zur Tür, zückte den Metallstab, steckte ihn in die Tür und schlüpfte wieder raus.
Die Füchsin beobachtete sie, bis die Alte in der Menschenmenge vor dem Käfig verschwunden war und näherte sich dann dem verstreuten Futter auf dem Boden, als plötzlich die Stimme des orangenen Fuchses namens Pecan ertönte: „Schieb ab, Blaze!"
Ohne von dem Futter aufzuschauen, wusste sie, dass Pecan ganz dicht an den Gitterstäben zu ihrem Käfig saß.
Sie dachte kurz nach und schnurrte dann seidenweich: „Was willst du?"
Diesmal, schon wütender, antwortete Pecan: „Dein Futter - Gib es mir!"
Ein leichtes Knurren lag in seiner Stimme.
Blaze wusste, sie musste ihm das Futter geben, so wollte es das Gesetz, mit dem alle Füchse aufwuchsen. Das alle Füchse im Blut hatten. Sie wurden damit geboren, sie wurden damit aufgezogen und ihr ganzes Leben wurden sie davon verfolgt, wie von einem unsichtbaren Schatten.
Sie hatte sich schon fast dazu entschlossen, dass Futter unter den Gitterstäben durchzuschieben, doch dann wurde sie wütend. Sie sollte hungern, nur weil sie eine Füchsin war? Noch dazu war sie älter und größer als Pecan.
Sie erhob sich zu voller Größe und knurrte: „Das ist mein Futter, Pecan! Wenns dir nicht passt, versuchs doch und komm durch die Gitterstäbe!"
Pecan, sichtlich überrascht von ihrem selbstbewussten Auftritt, baute sich nun ebenfalls zu voller Größe auf, was sichtlich lächerlich wirkte, da er Blaze nur bis zur Schulter reichte.
Vielleicht wächst er ja noch...
Und wenn nicht die Stärke, dann sicherlich die Unfreundlichkeit.
Pecan starrte sie an. Blaze senkte automatisch den Blick zu Boden, wie es ihr seit sie ein Junges gewesen war, beigebracht worden war. Entweder von ihrer strengen Mutter oder von ihrem stets gewaltfreien Vater.
Sie blinzelte schnell das Bild der am Boden liegenden Körper ihrer Eltern Weg. Wie ihre Knochen knacken. Ihre Augen hervorquollen und Rochelle Atemzüge als das brummende Felllosen Diener über sie gerollt war.
Sie schüttelte energisch den Kopf.
Pecan meldete sich mit einem Knurren. Anscheinend hatte er das Kopfschütteln auf sich bezogen.
Kann ich ihm eigentlich auch nicht verübeln.
Blaze spürte, wie sich der böse Blick Pecans einen Weg in ihr Fell grub. Ein dumpfes Fauchen gab er von sich und knurrte dann: „Vergiss es. Denkst du, ich bin so groß wie ein Wurm?"
Blaze konnte sich ein amüsantes Kichern kaum verkneifen.
Wenn es um die Körpergröße ging, könnte es einige geben, die ihn sicherlich damit vergleichen würden.
Bevor sie etwas entgegnen konnte, knurrte Pecan feindselig: „Wir werden heute Nacht kommen und das wirst du nicht vergessen... Du wist lernen, dich anständig gegenüber einem Rüden zu benehmen..."
Pecan erhob sich, flutscht die Zähne und stolperte davon.
Blace Herz setzte einen Schlag aus, als sie begriff, was soeben passiert war. Sie war zu weit gegangen! Viel zu weit! Sie hatte das heiligste Gesetz in Frage gestellt! Nein, nicht in Frage gestellt, sondern missachtet!
Ein Zittern durchlief ihren Körper.
Pecans Drohung oder besser gesagt Versprechen klang noch immer in ihren Ohren nach " Wir werden heute Nacht kommen und das wirst du nicht vergessen..."
Was hatte sie nur getan?
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