Schutz
Zeke trat in die Mitte des Saals und ließ eine Handvoll des feinen, schimmernden Sands durch seine Finger gleiten. Der Sand schwebte in der Luft, seine winzigen Körner glitzerten wie Sterne, die sich auf den gesamten Raum verteilten. Ein leichter Windstoß trug sie zu allen Ecken des Saals, über die Köpfe der bewusstlosen Maskenmänner hinweg, und legte sich schließlich auf jede Oberfläche wie ein zarter, schützender Schleier. Ich konnte fühlen, wie die Magie des Sandes sich wie eine warme, beruhigende Welle im Raum ausbreitete und jede Erinnerung an das, was hier geschehen war, verblassen ließ.
Zeke seufzte leise, als der letzte Sandkorn in der Luft zerging. „So wird keiner von ihnen wissen, dass O’Kelly je hier war – oder was er vorhatte. Alles, was sie noch wissen werden, ist ein leerer Raum und ein verlorener Traum.“
Ruhn nickte und hob sein Zepter. Mit einer gezielten Bewegung zog er die Spitze durch die Luft, als würde er eine unsichtbare Tür öffnen. Ein dünner, blauer Riss erschien im Raum, weitete sich dann aus und begann wie ein Fluss aus blauem, kristallklarem Licht zu leuchten, bis ein voller, funkelnder Torbogen entstanden war. Dahinter konnte ich die Silhouetten einer anderen Welt erkennen – eine Werkstatt, festlich geschmückt, von warmem Licht erfüllt und einem Duft nach Zimt und Tannennadeln durchzogen.
„Santas Werkstatt?“ fragte Julien erstaunt und sah Ruhn an, der lediglich mit einem müden Lächeln nickte.
„Ja. Es ist der einzige Ort, wo wir gerade sicher sind und wo O'Kellys Spuren sich nicht hinverfolgen lassen,“ erklärte Ruhn. „Außerdem… kann Santa uns vielleicht weiterhelfen.“
Ich schluckte nervös, warf einen letzten Blick zurück in den Raum voller schlafender Maskenmänner und trat dann mit den anderen durch das Portal. Die kalte, klare Luft des Schlosses blieb zurück, und als ich auf der anderen Seite des Portals ankam, fühlte es sich an, als wäre ich in eine andere Welt getreten.
Die Werkstatt war noch immer überwältigend – überall standen riesige Regale voller Spielsachen, Werkzeugbänke und halbgefertigte Puppen, Züge und Bausteine. Ein riesiger Weihnachtsbaum, geschmückt mit glänzenden Kugeln und kleinen, funkelnden Lichtern, ragte in der Mitte des Raumes auf und spendete ein sanftes, goldenes Licht.
Santa, der breitschultriger Mann mit einem langen, weißen Bart, kam uns mit einem Lächeln entgegen. Sein Gesicht war freundlich, und seine Augen funkelten weise und voller Güte. >Da seid ihr ja! Ich hab' schon gehört, dass ihr etwas… Aufregendes hinter euch habt. Aber wie ich sehe hat alles geklappt<
Ruhn nickte und legte eine Hand auf Zekes Schulter. >Ja, wir haben einen guten Kampf hinter uns. Aber nun wird es Zeit all dem ein Ende zu setzen, Santa.“
Santa nickte verstehend und deutete auf ein paar große, gepolsterte Sessel, die in einer gemütlichen Ecke um ein Kaminfeuer standen. „Kommt, setzt euch. Wir haben viel zu besprechen – und ihr alle werdet die Kraft brauchen, die nur ein bisschen guter, alter Weihnachtsmagie geben kann.“
Zeke, Ruhn, Julien und ich setzten uns, und zum ersten Mal seit Beginn unseres Abenteuers konnte ich tief durchatmen. Der Kampf war vorbei.
Wir saßen, umgeben von all den Werkzeugen und schimmernden Zauberdingen, die nur hier, im Herzen des Weihnachtlands, zu finden waren. Überall lag der leichte Duft von Kiefernnadeln und frisch gebackenem Lebkuchen, und die Wände leuchteten warm im Schein der Laternen, die Santa in seiner Werkstatt aufgehängt hatte.
>Nun fehlt nur noch ein letzter Schliff< murmelte Ruhn, als er über eine Art schimmerndes Kraftfeld blickte, das vor uns im Raum schwebte. Es sah aus wie eine riesige Blase aus Licht und Nebel, die sich langsam drehte und von innen heraus strahlte. Dieses Schutzschild würde unsichtbar über der Menschenwelt liegen und sicherstellen, dass keiner der Wächter jemals versehentlich die Barriere durchbrechen würde – und dass keine fremde Macht aus dem Traumland eindringen könnte.
>Ja, ohne deinen Sand geht hier gar nichts mehr, Zeke< fügte Fips hinzu und zwinkerte, während er sich an einem Regal anlehnte und eine Miniatur-Schneekugel drehte, als hätte das alles hier überhaupt nichts Ernstes an sich. >Dein Sand ist das letzte Puzzlestück, das die Magie aktiviert und den Schutzschild vervollständigt.<
Santa trat auf uns zu, seinen Blick fest auf Zeke gerichtet. Sein Bart schimmerte im warmen Licht, und seine Augen leuchteten mit einer Art Güte, die in uns allen das Gefühl erweckte, wirklich beschützt zu sein.
>Zeke, deine Magie ist die wichtigste von allen. Dieser Schutz wird die Welten trennen und gleichzeitig bewahren. Dein Sand wird den letzten Schliff geben und die Träume der Menschen sicherstellen – die reinen Träume, ohne das Risiko, dass jemand wie O’Kelly sie missbraucht.<
Zeke trat vor und streckte die Hand über die schimmernde Blase aus. Einen Moment lang schloss er die Augen, und ich konnte sehen, wie er seine Kraft sammelte. Mit einer langsamen, sanften Bewegung ließ er den Sand aus seiner Hand fließen. Die winzigen, funkelnden Körner schwebten wie Sternenstaub durch die Luft und umkreisten das Schutzschild, fügten sich sanft in die Magie ein, als wären sie schon immer Teil davon gewesen.
Langsam begannen die Lichtschichten des Schutzschildes zu pulsieren. Zekes Sand verband sich mit dem Schild, und das Nebellicht wuchs und verfestigte sich, bis es wie eine schimmernde, schützende Wand um uns heraufwuchs. Die Werkstatt war erfüllt von einem sanften, tiefen Surren, als würde die Magie leben, als würde sie in diesem Moment wirklich wach werden.
Dann schien das Licht, das von der schimmernden Blase ausging, sich zu beruhigen und in sich zusammenzufließen, bis nur noch ein glühender Punkt in der Luft zurückblieb. Ein letzter heller Strahl leuchtete auf und verschwand, und Stille legte sich über die Werkstatt. Das Schild war nun in Kraft gesetzt, unsichtbar und stark.
Zeke trat zurück und atmete tief durch, und ein leichtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. >Es ist vollbracht.<
>Sehr gut< sagte Ruhn zufrieden. >Damit ist das Gleichgewicht wiederhergestellt. Die Wächter und die Menschenwelt sind geschützt.<
Fips schlug Zeke leicht auf die Schulter. >Nicht schlecht, Sandmann. So macht man das.<
Santa nickte und klopfte Zeke leicht auf den Rücken, seine Augen strahlten vor Stolz. >Ihr habt alle etwas Großartiges geschafft. Wir Wächter können nun in Frieden ihre Aufgabe erfüllen.<
Während wir noch in Santas Werkstatt standen und die ruhige Freude des Augenblicks genossen, wusste ich, dass wir alle das gleiche dachten: Was auch immer in der Zukunft kommen mochte, heute hatten wir eine wichtige Grenze wiederhergestellt – und das Gefühl der Verbundenheit, das wir in diesem Moment teilten, würde uns in den kommenden Herausforderungen begleiten.
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