Gut oder Böse?

Ich überlegte noch immer, ob er Lumi hier zurück lassen wollte und wurde auch noch immer nicht ganz schlau daraus, wo auf einmal seine Motivation herkam von hier zu fliehen.
Wir standen beide draußen in der kühlen Nachtluft, dicht an die Hauswand gepresst. Ruhn hatte erzählt, dass es oben auf dem Dach Fenster gab über die wir am besten rein konnten.

>Also dann< ich drehte mich um und griff an den rauen Stein der Außenwand. Einfach nicht nachdenken sondern machen, war wohl das beste Motto für unser vorhaben.
Zum Glück war die Verfassung der Hauswand schlecht genug, so dass überall Rillen und Löcher entstanden waren in die wir rein greifen konnten um uns festzuhalten.

Ächzend und schnaufend zog ich mich auf das Dach. Als sportlich würde ich mich definitiv nicht beschreiben. Für Ruhn schien das ganze weniger anstrengend gewesen zu sein. Locker setzte er sich neben mich auf die Dachziegel.
>Komm erstmal wieder zu Atem. Es dauert bis dein Körper wieder bei Kräften ist< sagte er sanft und sah in die Ferne. >In all der Zeit bin ich nie hier oben gewesen<

Ich sah ihn an und setzte mich auf. >Was sollte man auch hier oben wollen?< sprach ich meinen Gedanken einfach laut aus.
>Du bist definitiv genauso überheblich wie alle anderen Menschen< er sah mich grinsend von der Seite an.
>Ich kenne leider nicht so viele ...< ich stockte, was genau war er jetzt eigentlich? >die so gruselig aussehen wie du, aber du bist definitiv der gemeinste< beendete ich meinen Satz.
>Ich bin also gruselig?< er ließ seine Beine lässig am Rand des Daches runter baumeln.
>Naja schon, mit diesem Outfit voller Knochen und Zähne und dann das da in deinem Gesicht. Ist das eigentlich aufgemalt?< fragte ich nun doch.
>Vielleicht findest du es ja irgend wann heraus< antwortete er und stand auf.
Scheinbar war unsere kurze Pause vorbei.

>Wo ist Lumi eigentlich?< fragte Ruhn, während wir über das Dach kletterten.
>Er wollte irgend was holen. Als du gefangen warst, hatte er plötzlich davon gesprochen, dass du immer an irgend einen Ort verschwinden würdest und dafür Zähne und einen Trank brauchen würdest< erinnerte ich mich.
Ruhn drehte sich zu mir um. >Und du hast ihm geglaubt?<
>Ich hatte keine Zeit es zu hinterfragen, da war er schon davon geflogen<
>Lumi ist ein Schisser, er wird sich irgend wo versteckt haben und hoffen das du das Problem alleine löst< entgegnete Ruhn.

An einem Fenster machte er halt und spähte vorsichtig durch die Scheibe hindurch. Ich hockte mich neben ihn und sah ebenfalls hindurch.
Der Dachboden wurde scheinbar als Abstellraum genutzt. Überall standen Möbel, zum Teil gestapelt.

>Wir holen das Zepter, wenn uns Lumi auf dem Weg nicht begegnet gehen wir ohne ihn< ernst sah mich Ruhn an. Ich nickte langsam, wahrscheinlich hatte er recht. Wir konnten nicht das ganze Hotel ab suchen, wenn diese Männer immer noch auf uns lauern würden. Ob sie schon bemerkt hatten, das wir fehlten?

Ruhn öffnete das Fenster und sprang in den Raum hinein. Ich ging das ganze etwas vorsichtiger an und hangelte mich am Rahmen runter. Wir standen in dem dunklen Abstellraum, das nur von dem Mondlicht draußen erhellt wurde und vor uns lag ein verdammt langer Weg bis zu dem Zimmer, wo das Zepter versteckt war.

>Wenn du mich nicht brauchen würdest um hier raus zu kommen, hättest du mich im Keller dann auch einfach zurück gelassen?< ich wusste nicht warum es mir wichtig war die Frage zu stellen, aber sie brannte sich plötzlich in meinen Kopf.
Ruhn war immer noch ein Fremder, der mich in dieses Schlamassel mit rein gezogen hatte, aus eben dem Grund. Um von hier zu fliehen.

>Vielleicht... vielleicht hätte ich dich auch mitgenommen, weil du immer so tolle Fragen stellst< spottete er. Ich wollte gerade etwas erwidern da verschwand er vor meinen Augen.

>Vielleicht hätte ich dich auch mitgenommen, um vor meinen Brüdern anzugeben, was für eine hübsche Frau mir in die Arme gelaufen ist< raunte er in mein Ohr. Ich zuckte vor Schreck zusammen, als ich realisierte das er plötzlich hinter mir stand.
>Ich glaube die Einsamkeit hier, hat dich zu einem Psychopathen gemacht< stieß ich aus und entfernte mich mit einem Schritt von ihm.

Ich hatte keine Lust auf solche spielchen. Denn sie riefen in mir die Frage auf, ob es richtig war ihm zu helfen von hier zu fliehen.
Was wenn es doch einen tieferen Grund gab, dass er hier eingesperrt war? Was wenn dieser Traum mit seinem Bruder von ihm kam? Hatte er vielleicht eine solche Macht, mir Geschichten in den Kopf zu setzen die sich so echt anfühlten? Hatte ich womöglich einen Fehler begangen, ihm zu helfen wieder an seine Macht zu kommen?
Schließlich hatte er nur davon gesprochen, dass es weh tat, würde er sich an der Energie von mir bedienen. Doch über den Schmerz hinaus, war ich zusammengebrochen. Es hatte sich angefühlt, als würde er das Leben aus meinem Körper herausziehen ...

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