32 | Mulmige Gefühle
Ihr Süßen :) Zeit für das nächste Kapitel. Ich wünsche euch viel Spaß :D
Romina biss sich auf die Zunge, als ihre Augen über die Nachricht von Elian huschten. Tagelang hatte er nichts von sich hören lassen, und ausgerechnet jetzt, wo Felix mit Amir über sie sprach, meldete er sich bei ihr und sie hatte verpasst, was Amir gesagt hatte. Hektisch stellte sie ihr Handy lautlos und horchte in die Stille hinein, in der Befürchtung, die beiden Männer könnten sie gehört haben.
Sie fühlte sich hin- und hergerissen. Sollte sie das Gespräch annehmen oder sich auf die Unterhaltung zwischen Felix und Amir konzentrieren, der sie so lang entgegengefiebert hatte? Ihre Finger zitterten leicht, als sie auf das Display ihres Handys sah. Schwer atmend entschied sie sich dazu, Elians Anruf für den Augenblick zu ignorieren. Sie war so angespannt, dass ihre Muskulatur schmerzte. Die Stille, die in der Wohnung herrschte, war nahezu unerträglich.
„Ich hoffe für dich, du meinst das wirklich so", hörte sie Amir schließlich sagen. „Es wäre echt schade, wenn ich dir das Gesicht brechen müsste."
„Ich will wirklich nur das Beste für Romina", erwiderte Felix mit fester Stimme. Ein wohliges Gefühl breitete sich von ihrem Bauch bis in ihre Fingerspitzen aus, während sie sich erleichtert mit dem Rücken gegen die Wand lehnte, die Augen schloss und den Moment genoss.
Ihr Handy vibrierte erneut. Mit einem Seufzen schaute sie abermals darauf. Ein weiterer Anruf von Elian. Sie biss sich auf die Unterlippe, haderte kurz mit sich selbst, bevor sie in den Hausflur zurückhuschte und den Anruf schließlich doch annahm. Dabei zog sie leise die Tür hinter sich zu.
„Hey", begrüßte sie Elian nervös, in der Hoffnung, dass Felix und Amir nicht doch noch auf sie aufmerksam geworden waren. Sie wusste nicht, warum, aber sie sollten nicht wissen, dass sie ihr Gespräch belauscht hatte.
„Hey, Romina", sagte Elian. „Wie geht's dir?"
"Ganz gut", schwindelte sie. "Und dir?"
„Auch gut. Können wir uns sehen und reden?"
Sie biss sich auf die Zunge.
„Gerade ist es schlecht, ich bin bei meinem Bruder. Aber wir können uns gern in den kommenden Tagen treffen", bot sie an, auch, wenn es stimmte, was Gia gesagt hatte, und sie ihre Entscheidung längst getroffen hatte. Dennoch wollte sie so fair sein und persönlich mit Elian darüber sprechen.
„Okay. Wann passt es dir?", kam er direkt zur Sache.
„Morgen nach der Arbeit?", schlug sie vor, um das Gespräch schnellstmöglich hinter sich zu bringen.
„Okay. Wo?"
„Am Rhein? Da, wo wir häufiger spazieren gegangen sind?"
„Alles klar. Schreib mir nochmal, wann genau du dort bist, und wir treffen uns auf dem Parkplatz", erwiderte er. Sie schluckte. Seine Stimme klang sehr geschäftig und nicht so, als würde er sich danach verzehren, sie wiederzusehen. Ob er zu demselben Entschluss gekommen war?
„Mache ich", versicherte sie. „Dann bis morgen."
Mit den Worten legte sie auf. Als sie in die Wohnung zurückkehrte, schaute sie geradewegs in die Gesichter von Felix und Amir, die mittlerweile vom Wohnzimmer in den Flur gewechselt waren. Es war offensichtlich, dass Felix gerade dabei war, zu gehen.
„Hey", lächelte sie, darum bemüht, ihre aufgewühlten Gefühle zu kontrollieren.
„Hey, Romy. Alles gut?", fragte Felix und musterte sie interessiert. Seine Augen funkelten und sie wäre ihm am liebsten freudestrahlend um den Hals gefallen, doch solang sie die Fassade aufrechterhalten und ihnen vorgaukeln konnte, nichts von ihrem Gespräch mitbekommen zu haben, wollte sie die Gelegenheit ausnutzen.
„Ja, bei dir auch?", lenkte sie von sich ab und begrüßte ihn mit einer kurzen Umarmung. Dabei genoss sie das Gefühl seiner Nähe und sog den würzig-holzigen Duft seines Parfums ein.
„Was treibt ihr?", fragte sie, als sie sich von ihm gelöst hatte. Amir und er tauschten einen kurzen Blick aus.
„Wir haben ein bisschen geredet", erklärte Amir beiläufig.
„Über deine Zukunft?", gab sie sich weiterhin ahnungslos. Amir nickte zu ihrer Erleichterung.
„Ja, genau."
Noch immer war Romina sich nicht sicher, ob sie sie nicht doch bemerkt hatten, und bloß nichts sagten, um die Situation nicht komplizierter zu machen, als sie war. Sie kannte die beiden gut genug, um zu wissen, dass keiner von ihnen eine solche Angelegenheit in ihrer Anwesenheit ausdiskutieren wollen würde. Dazu waren sie beide zu stolz.
„Er hat mir ein paar gute Ratschläge gegeben", ergänzte Amir mit einem versöhnlichen Lächeln in Felix' Richtung, das Romina innerlich ausatmen ließ. Die Stimmung zwischen den beiden schien tatsächlich entspannt zu sein, so, als hätten sie ihre Differenzen bezüglich eines Kennenlernens überwunden.
„Manchmal ist es gut, die Dinge von außen zu betrachten", sagte Felix bedeutsam.
„Und einem den Kopf zurechtzurücken", fügte Amir mit einem bedächtigen Seitenblick in Felix' Richtung hinzu. Felix nickte.
„So, ich muss los, die im Studio warten auf mich", erklärte er und verabschiedete sich von Amir.
„Wir sehen uns, Bruder", sagte der, während sie einander einen brüderlichen Handschlag gaben. Erleichterung machte sich in Romina breit, als sie realisierte, dass sich die Situation zwischen den beiden entspannt hatte. „Bis dann, Romy", ergänzte er, drückte sie nochmal kurz und verschwand.
Nachdem die Tür hinter Felix ins Schloss gefallen war, wandte sie sich Amir zu. Ein nahezu liebevoller Ausdruck lag in seinen Augen. Sie kannte ihn sonst nur als den unnahbaren Typen, doch jetzt war ihm deutlich anzusehen, dass er sich um seine kleine Schwester sorgte.
„Komm", sagte sie aufmunternd. „Ich mache uns was zu essen. Ich habe einen Riesenhunger mitgebracht."
Als Romina sich am nächsten Tag auf den Weg zu ihrer Verabredung mit Elian machte, hatte sie die ganze Nacht kaum geschlafen. Felix war im Studio verschwunden, sodass sie keine Gelegenheit gehabt hatten, miteinander zu sprechen. Als er im Morgengrauen nach Hause gekommen war, hatte er ihr eine kurze Nachricht geschickt und gefragt, ob sie Lust hatte, sich am Abend mit ihm zu treffen, doch da sie für ein letztes Gespräch mit Elian verabredet war, hatte sie ihr Treffen mit Felix auf später verschoben.
Unruhig schaute sie sich auf dem Parkplatz unweit des Rheinufers nach Elian Auto um. Die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen und das Wasser des Flusses glitzerte im Abendlicht. Ihr Magen zog sich unheilvoll zusammen, als Elian schließlich auf den Parkplatz rollte. Während er seinen Wagen in einer Parklücke abstellte, nagte sie an ihrer Unterlippe. Sie biss sich auf die Zunge, als er ausstieg. Er sah gut aus, trug einen dunklen Pullover, darüber eine lässige Lederjacke, eine Jeans und Sneaker. Seine Haare hatte er frisch frisieren, den Bart stutzen lassen.
„Hey", begrüßte er sie, als er vor ihr stehenblieb.
„Hey", erwiderte sie lächelnd. Er lächelte ebenfalls, zumindest ansatzweise.
„Wie geht's dir?", wollte er wissen. Sie atmete schwer.
„Geht so", sagte sie ehrlich. „Und dir?"
Er runzelte die Stirn.
„Wieso nur geht so?", hakte er nach. Sie deutete mit einem Nicken auf die Uferpromenade.
„Lass uns ein paar Meter gehen, dann erzähle ich dir alles", antwortete sie. Als sie sich in Bewegung gesetzt hatten, berichtete sie ihm von dem Einbruch in ihre Wohnung. Elian hörte aufmerksam zu, während die Sonne hinter dem Horizont verschwand und den Himmel in warme Farben tauchte.
„Und sie haben keine Ahnung, wer es war?", fragte er mit finsterer Miene, als sie am Ende der Geschichte angelangte. Sie schüttelte den Kopf.
„Nein. Bisher nicht", antwortete sie. Er machte ein nachdenkliches Gesicht.
„Mies, tut mir leid", erwiderte er. Sie strich sich schwer seufzend mit den Fingerspitzen durchs Haar.
„Ich bin einfach nur froh, dass ich zu dem Zeitpunkt nicht zuhause gewesen bin", sagte sie. „Allein, wenn ich daran denke, dreht sich mir der Magen um."
„Hmm", machte er. Am liebsten hätte sie ihm weiter ihr Herz ausgeschüttet und ihm gesagt, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie jemals wieder in ihrer Wohnung übernachten sollte, ohne bei jedem kleinen Geräusch zusammenzuzucken. Doch sie hatte das Gefühl, dass zu viel zwischen ihnen stand.
„Elian, ich habe nachgedacht", wechselte sie also das Thema und kam zum eigentlichen Grund für ihre Verabredung.
„Ich auch, und es macht mich immer noch wütend, dass du nicht ehrlich zu mir warst", erwiderte er mit einem anklagenden Blick. Sie biss sich auf die Zunge.
„Du hast recht. Und deshalb will ich jetzt ehrlich zu dir sein", fuhr sie entschieden fort. „Ich habe mir eingestanden, dass mein Herz an jemand anderem hängt und es wäre nicht fair, wenn ich dich weiterhin kennenlernen würde, während meine Gedanken woanders sind."
Elian versteifte sich neben ihr.
„Das ist ein Scherz, oder?", fragte er schroff, während seine Augen noch ein wenig dunkler wurden und er sie bedrohlich ins Visier nahm. Romina schluckte. Sie hatte angenommen, dass er enttäuscht sein würde, aber seine Wut überraschte sie.
„Nein, ich meine es ernst", stellte sie dennoch klar.
Seine Augen funkelten vor Zorn und er schien Schwierigkeiten zu haben, seine Emotionen zu kontrollieren. Seine Nasenflügel waren aufgebläht und sein Atem hatte sich beschleunigt, während er die Schultern straffte und sich vor ihr aufbaute.
„Du warst die ganze Zeit, die wir miteinander verbracht haben, mit einem anderen beschäftigt?", fragte er sie, doch es war mehr ein Knurren.
„So ist es nicht", versuchte sie kopfschüttelnd zu erklären. „Es ist kompliziert."
„Kompliziert...", wiederholte er mit schneidender Stimme. Sie schluckte unmerklich, als er sie mit seinem kalten Blick regelrecht durchbohrte.
„Elian, es tut mir leid", beteuerte sie, wissend, dass er allen Grund dazu hatte, sauer auf sie zu sein.
„Hast du eine Ahnung, wie verarscht ich mich von dir fühle?", entgegnete er sarkastisch.
„Ich möchte einfach fair zu dir sein. Du bist ein guter Kerl und verdienst jemanden, der wirklich mit dem Herzen dabei ist", machte sie einen weiteren Versuch, doch selbst in ihren Ohren klang die Aussage mitleiderregend. Elian schnaubte.
„Und du denkst, dieser Vogel ist mit dem Herzen dabei?", fragte er spöttisch, dann schüttelte er den Kopf. „Ich habe echt gedacht, dass du anders bist."
Sie schluckte. Es gab nichts, was sie ihm noch sagen konnte. „Alles klar, Romina. Dann danke ich dir, dass du meine Zeit verschwendet hast."
Mit den Worten wandte er sich von ihr ab und ließ sie stehen. Der kalte Wind wehte ihr ins Gesicht und sie zog die Jacke enger um ihren Körper, während sie ihm nachschaute. Doch sie hielt ihn nicht auf. Damit würde sie alles nur noch schlimmer machen.
Als er außer Sichtweite war, atmete sie tief durch. Anschließend machte sie sich auf den Weg zu ihrer Wohnung. Es war an der Zeit, sich ihren Ängsten zu stellen. Mit zitternden Händen fand sie sich im Flur ihres kleinen Reichs wieder. Der Schlüsselbund in ihrer Hand fühlte sich schwer an. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken, als sie ihren Blick durch die vertrauten Räume schweifen ließ, die noch immer vom Einbruch verwüstet waren. Bisher hatte sie nur das Nötigste aufgeräumt, nachdem die Polizei alle Spuren gesichert hatte und verschwunden war.
Schwer atmend drückte sie die Tür hinter sich ins Schloss. Ihre Brust zog sich quälend zusammen, als sie sich langsam durch die Räume bewegte, und nahm ihr beinah die Luft zum Atmen. Sie wusste, dass sie aufräumen musste, doch der Gedanke daran lähmte sie. Die teils umgeworfenen Möbel und zersplitterten Gegenstände machten sie nervös, denn sie erzählten die Geschichte von dem, was in ihrer Abwesenheit hier vorgefallen war.
Ihr Blick wanderte nervös von einem Raum zum anderen, als sie plötzlich leise Geräusche zu hören glaubte. Ihr Herz begann augenblicklich zu rasen und ihre Nackenhaare stellten sich alarmiert auf. Ihr Atem wurde flacher und ihr Puls schien in ihren Ohren zu dröhnen. Sie blieb stehen und horchte in die Stille hinein. Dann nahm sie all ihren Mut zusammen und bewegte sich von Raum zu Raum, schaltete überall das Licht ein und überzeugte sich mit wild klopfendem Herzen davon, dass sie allein war.
Dennoch konnte sie die unangenehme Anspannung nicht abschütteln. Sie beschloss, sich zu beruhigen und wenigstens einen kleinen Schritt in Richtung Normalität zu machen, indem sie mit dem Aufräumen begann.
Also hob sie umgeworfene Gegenstände auf und beseitigte Scherben. Doch auch dabei huschten ihre Blicke immer wieder nervös durch den Raum, so, als würde sie nur darauf warten, dass plötzlich jemand auftauchte. Sie erschrak, als zu allem Überfluss auch noch ihr Handy zu klingeln begann. Hektisch zog sie es aus der Gesäßtasche ihrer Jeans und warf einen Blick auf das Display.
Ich sag mal so, es wurde ja wohl auch Zeit, dass sie Elian sagt, dass das mit den beiden keine Perspektive hat. Wir wissen schließlich alle schon länger, dass sie eigentlich Felix will... Und natürlich hab ich an dieser Stelle wieder nen Cliffhanger reingehauen, tut mir auch ein bisschen leid. Ehrlich. :D
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