15 | Spiel mit dem Feuer

Ohne viel Blabla gehts direkt weiter :)

Rominas Herzschlag schnellte ihr bis zum Hals hoch, als ihr Blick auf das Foto fiel, das Amir geöffnet hatte. Es zeigte eine Collage der Schnappschüsse aus der Hochzeits-Fotobox, die augenscheinlich jemand zusammengestellt hatte. Oben rechts war ein Bild von Felix und ihr eingefügt, auf dem sie sich Bärte vors Gesicht gehalten hatten. Er hatte dabei seinen Arm um ihre Taille geschlungen und sie dicht zu sich herangezogen.

Von einer Sekunde auf die andere wurden ihre Finger schwitzig. Sie realisierte jetzt erst so richtig, dass sie tatsächlich aufgeflogen waren. Noch immer gelang es ihr nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie wusste, dass sie Amir eine gute Erklärung liefern musste, doch ihr Hals war so staubtrocken, dass sie kein Wort herausbekam. Amir zog unterdessen ungeduldig die Augenbrauen hoch und musterte sie eindringlich.

„Mina...", sagte er nachdrücklich und schaute ihr ungeduldig ins Gesicht.

„Es ist nicht so, wie es aussieht", beteuerte sie. „Wo hast du das überhaupt her?"

„Spielt es eine Rolle, wo ich das herhabe?", platzte es aufgebracht aus ihm heraus. „Ich bin drüber gestolpert. Auf Scheiß-Facebook."

„Wer ist denn bitte noch auf Facebook?", entfuhr es Romina entsetzt. Amir schüttelte energisch den Kopf.

„Das ist doch gar nicht der Punkt. Warum bist du auf irgendeiner Hochzeit mit einem meiner besten Freunde und ich weiß nichts davon?"

Er sah ihr anklagend ins Gesicht. Sie schluckte schwer und hatte Schwierigkeiten, ihre aufkommende Panik zu unterdrücken.

„Es tut mir leid, dass ich es dir nicht erzählt habe. Er hat jemanden als Begleitung für die Hochzeit gebraucht, weil er da nicht allein aufschlagen wollte, und weil wir uns gut verstehen, hat er kurzerhand mich gefragt", log sie ungeniert, in der Hoffnung, dass Amir sich damit zufriedengeben würde. Amir schnaubte wütend.

„Ich hätte mir echt gewünscht, dass ihr unabhängig voneinander eingeladen gewesen und euch dort zufällig begegnet wärt", offenbarte er ihr, während seine Augen sich zu Schlitzen verengten. Doch bevor sie etwas zu ihrer Verteidigung erwidern konnte, setzte er sein Kreuzverhör fort. „Und wieso fragt er ausgerechnet dich?"

Er nahm sie ernst ins Visier. Sie hielt den Atem an.

„Wen soll er denn sonst zu seiner Familie mitnehmen? Eine seiner vielen Bumsbirnen?", erwiderte sie, so, als wäre es das Natürlichste der Welt, und hoffte, dass Amir ihr die Begründung abkaufte. Seine Augen verengten sich weiter, für einen Moment war es totenstill in der Wohnung. Rominas Herzschlag dröhnte in ihren Ohren, als Amir misstrauisch den Kopf schieflegte.

„Läuft da mehr zwischen euch oder warum hält er dich im Arm, als wärst du seine Freundin?"

Er musterte sie durchbohrend. Sie hob abwehrend die Hände.

„Nein, wir haben uns einfach nur gut verstanden", beteuerte sie, um die Situation nicht noch schlimmer zu machen. Er schaute sie einen Moment nur an, schien zu analysieren, ob sie die Wahrheit sagte.

„Dann belass es dabei. Ich hab keinen Bock, eines Tages einem meiner besten Freunde die Nase zu brechen, weil er dir das Herz gebrochen hat", stellte er entschieden klar. Sie schluckte. Es war offensichtlich, dass er nicht dulden würde, wenn sich zwischen ihnen mehr entwickeln würde.

„Keine Sorge, die Fronten zwischen uns sind klar", versicherte sie ihm. „Wir sind nur Freunde."

Amir schnaubte verächtlich.

„Bist du dir sicher? Auf dem Foto sieht es nicht danach aus."

Romina haderte mit sich. Einerseits wollte sie nicht zu viele Details offenbaren, andererseits erkannte sie, dass Amir noch immer skeptisch war.

„Weil wir uns vor seiner Familie als Paar ausgegeben haben", rückte sie nun doch mit der Sprache heraus, um sein Misstrauen zu zerstreuen. „Und bevor du etwas sagst – es war eine reine Verzweiflungstat und es ist ihm unangenehm, dass er das nötig hat."

Amir lachte unwillkürlich auf.

„Sollte es auch", kommentierte er finster. Wut stieg in Romina auf. Bei allem Verständnis für ihren Bruder fand sie es nicht fair, wie hart er mit Felix ins Gericht ging.

„Findest du das nicht alles ein bisschen selbstgerecht von dir?", platzte es wütend aus ihr heraus. „Erstens bist du auch kein Kind von Traurigkeit und wüsstest wahrscheinlich selbst nicht, welche deiner vielen Eroberungen du zu einer Familienfeier mitbringen könntest, und zweitens seid ihr trotz allem Freunde", machte sie sich Luft. Amir schnaubte.

„Bloß geht es hier nicht um mich", wich er ihrer Kritik aus.

„Klar geht es um dich; um dich und um dein Ego. Weil du glaubst, dass das zwischen uns eure Freundschaft gefährden könnte. Aber ich kann dich beruhigen, wir hatten nicht vor, unsere Fake-Beziehung zu vertiefen", erwiderte sie ernst.

„Und das ist auch besser so", sagte er bestimmt. „Nicht, weil ich dir dein Glück nicht gönnen würde, sondern, weil er definitiv der Falsche für dich ist. Er ist ein guter Freund, aber du hast mehr verdient als jemanden, der sich nicht binden will."

Ein Lächeln huschte ihr übers Gesicht, als sie unwillkürlich an eine der Situationen zurückdachte, aus denen er ihr herausgeholfen hatte, als sie noch Teenager gewesen waren. Sie war sich bewusst, dass gerade sein Beschützerinstinkt aus ihm sprach. Augenblicklich fühlte sie sich noch schlechter, weil sie ihm nicht nur die Hochzeitsbegleitung verschwiegen hatte, sondern auch, wie es überhaupt dazu gekommen war.

„Ich weiß deine Sorge wirklich zu schätzen", versicherte sie.

„Ich habe dich schon immer beschützen wollen; seit wir Kinder waren. Das ändert sich nicht, bloß, weil wir jetzt erwachsen geworden sind", fügte er dann versöhnlich hinzu. Seine Gesichtszüge waren ein wenig weicher geworden und Romina atmete innerlich erleichtert auf.

Ich bin erwachsen geworden", korrigierte sie ihn frech grinsend. „Bei dir weiß ich das manchmal nicht so genau."

„Also, keine weiteren geheimnisvollen Hochzeiten mehr", überging er ihren Kommentar und stand auf. Sie biss sich schuldbewusst auf die Unterlippe.

„Es tut mir leid, okay?", versicherte sie. „Ich hätte es dir sagen sollen."

Amir antwortete nicht, steckte lediglich das Smartphone in die Hosentasche zurück. Romina seufzte lautlos und begleitete ihn zur Tür.

„Ich ruf dich nächste Woche nochmal an, dann machen wir einen Ablauf für den Tag im Jugendzentrum aus", wechselte er nun einfach das Thema und schloss sie zum Abschied in die Arme.

Als er gegangen war, sah sie ihm noch einen Moment nachdenklich hinterher, ehe sie ins Wohnzimmer zurückkehrte und nach ihrem Handy griff, um Felix zurückzurufen. Das Herz schlug ihr noch immer bis zum Hals und es gelang ihr kaum, sich zu beruhigen. Plötzlich klickte es in der Leitung.

„Alles okay?", fragte Felix ohne Umschweife besorgt, während Romina ächzend auf die Couch fiel, auf der Amir ihr vor ein paar Minuten noch Vorwürfe gemacht hatte.

„Ja, ich denke schon", seufzte sie und strich sich durchs Haar.

„Wie ist es gelaufen?", wollte er wissen.

„Ich habe ihm dasselbe gesagt wie du; dass du mich gefragt hast, ob ich dich auf die Hochzeit begleiten kann, weil du keine andere mitnehmen konntest und nicht allein dort auftauchen wolltest...", erzählte sie und rieb sich den vor Anspannung schmerzenden Nacken.

„Also hast du auch unterschlagen, dass wir uns danach nochmal getroffen haben", schlussfolgerte er.

„Ich bin doch nicht lebensmüde", platzte es aus ihr heraus. „Wenn er wüsste, dass wir längst miteinander geschlafen haben, würde er dir vermutlich die Nase brechen..."

„Möglich. Aber aus seiner Perspektive kann ich ihn verstehen. Er kennt mich und weiß, wie häufig ich mir irgendwelche Frauen aufgerissen habe. Amir meint es also nur gut mit dir. Und wenn ich ehrlich bin, würde ich dasselbe tun, würde er was mit meiner Schwester anfangen", ergriff er Partei für seinen Freund. Romina seufzte schwer.

„Ich kann ihn doch auch verstehen, aber dass sich was zwischen uns entwickelt, war ja nicht geplant. Es ist einfach passiert."

„Ich weiß. Aber ich halte es für das Beste, wenn wir erstmal keinen Kontakt mehr zueinander haben", erwiderte er entschieden. Im ersten Moment glaubte Romina, sich verhört zu haben.

„Das meinst du nicht ernst", platzte es aus ihr heraus, während sie ungläubig die Augenbrauen zusammenzog. Sie konnte nicht glauben, dass er das gerade tatsächlich gesagt hatte. Allein bei der Vorstellung, das, was sich zwischen ihnen entwickelt hatte, aufzugeben, zog ihr Herz sich schmerzhaft zusammen.

„Versteh mich nicht falsch, Romy. Ich habe jede Sekunde mit dir genossen, wir hatten viel Spaß zusammen, aber ich kann das nicht mehr", ergänzte er.

„Und das fällt dir jetzt ein?", platzte es aus ihr heraus. „Nachdem du nochmal mit mir geschlafen hast?"

Er atmete schwer.

„Ich weiß, dass das scheiße ist, aber-"

Sie schnaubte verächtlich.

„Sonst lässt du dir von niemandem was sagen, aber wenn mein Bruder daherkommt und seine Ansagen verteilt, lässt du dir irgendwas vorschreiben?", fragte sie herausfordernd. Es machte sie wütend, wie leicht er aufgab, was sie hatten – was auch immer das überhaupt war.

„So ist das doch gar nicht", seufzte Felix. „Aber manchmal muss man eben das Vernünftige tun. Und ich will nicht, dass Amir sich von uns beiden verraten fühlt."

„Also opferst du lieber das, was wir haben...", schlussfolgerte sie bissig und schüttelte traurig den Kopf.

„Was haben wir denn?", wollte Felix plötzlich wissen. „Wir verstehen uns gut und haben zweimal miteinander geschlafen. Aber wir waren uns auch einig, dass das eine einmalige Sache bleiben sollte. Ist also nicht so, als wären wir zwei Jahre zusammen gewesen."

Romina musste sich auf die Zunge beißen, um ein paar aufkeimende Tränen zurückzudrängen. Es fühlte sich tatsächlich ein kleines bisschen so an, auch, wenn sie keine Beziehung im klassischen Sinne geführt hatten, sondern sich lediglich nah gewesen waren. Wann war es passiert, dass sie ihn so sehr in ihr Herz gelassen hatte, dass es schmerzte, ihn wieder loszulassen?

„Okay, du hast Recht", stimmte sie ihm dennoch abgeklärt zu, um ihm nicht zu zeigen, wie sehr seine Entscheidung sie verletzte. „Waren wir nicht und so, wie es aussieht, ist es auch besser so, dass sich nicht mehr entwickelt hat. Also belassen wir es dabei und halten die Zeit zusammen in guter Erinnerung."

Er schwieg, schien über ihre Worte nachzudenken.

„Ich denke, wir sollten jetzt auflegen", ergänzte sie, als sie die bedrückende Stille nicht mehr aushielt.

„Okay. Also dann... sehen wir uns bestimmt irgendwann...", sagte er. Rominas Herz zog sich schmerzvoll zusammen, denn ihr war bewusst, dass das sicher nicht so schnell sein würde, wie sie es sich wünschte.

„Ja, bestimmt", erwiderte sie, bevor sie das Telefonat beendete.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich finde das total übertrieben; zum einen von Amir, weil immerhin ist sie erwachsen. Aber auch von Felix, dass er da diesen Rückzieher macht. Oder? Wie würdet ihr reagieren?

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