10 | Unverhoffte Einladung
Ich finde, dieses Alptraumdate ist schon etwas, wovon Romy mal jemandem erzählen könnte, oder? Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel :D
„Hat er nicht gesagt."
Amir lachte im ersten Moment los, doch dann schaute er ihr betroffen ins Gesicht. Die Arme um den Boxsack geschlungen hielt er in seiner Bewegung inne und runzelte tadelnd die Stirn.
„Wo findest du solche Typen?", fragte er kopfschüttelnd. Romina, die ihm atemlos in der Halle gegenüberstand, schlug noch einmal demonstrativ gegen den Sack. Seit Beginn der Vorbereitungen für seinen letzten Kampf waren sie nicht mehr dazu gekommen, gemeinsam zu trainieren. Umso besser fühlte es sich an, sich endlich wieder mal so richtig abzureagieren und darüber hinaus auch noch Zeit mit ihrem Bruder zu verbringen. Sie hatte die Gelegenheit genutzt, ihn über die neusten Ereignisse ins Bild zu setzen. Ihre Nacht mit Felix hatte sie dabei unterschlagen.
„Tinder", beantwortete sie seine Frage und ließ erschöpft die Fäuste sinken. Amir zog verblüfft die Augenbrauen hoch.
„Du tinderst?", platzte es aus ihrem Bruder heraus. „So tief bist du gesunken? Echt?"
Sie boxte ihm spielerisch gegen die Schulter, ließ dann jedoch von ihm ab und strich sich ein paar lose Haarsträhnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatten.
„Gia dachte, das wäre eine tolle Idee", erklärte sie anschließend und griff nach ihrer Flasche Wasser, die sie in ein paar Metern Entfernung auf dem Boden abgestellt hatte.
„Also hast du ihr dein Date mit Kontrollzwang-Alex zu verdanken", schlussfolgerte Amir treffsicher, ließ die Arme sinken und beobachtete sie dabei, wie sie die Flasche öffnete, um einen Schluck zu trinken.
„Wenn du so weitermachst, hau ich dir wirklich gleich eine rein", murmelte sie kopfschüttelnd, dann kippte sie einen großen Schluck Wasser ihre Kehle hinunter.
„Und dann?", hakte Amir neugierig nach, legte den Kopf schief und musterte sie aus seinen dunkelbraunen Augen. Sie starrte ihn entsetzt an und ließ die Flasche sinken.
„Was denkst du denn? Ich bin aufgestanden und abgehauen", antwortete sie.
„Musstest du vorher einen Antrag stellen oder ging das einfach so?", bohrte Amir amüsiert weiter. Romina konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken.
„Nein, ich habe vielmehr die Flucht angetreten", erzählte sie. „Weißt du... Dass er ständig von seinen Vorzügen geredet hat, war echt unangenehm genug, aber als er auf einmal von seiner Frau angefangen hat – da war es bei mir echt vorbei..."
„Immerhin hat er dir das gesteckt, bevor du dich häufiger mit ihm treffen konntest...", warf Amir grinsend ein. Romina verdrehte die Augen und schraubte die Flasche wieder zu.
„Stell mal vor, er hätte es mir gar nicht gesagt und die wäre einfach bei einem unserer Dates mal reinspaziert, im Negligé oder so...", sinnierte Romina mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen.
„Du hast jedenfalls ein richtiges Händchen für Problemfälle", kommentierte er trocken. Sie nickte.
„Irgendein Talent muss ich ja haben...", erwiderte sie selbstironisch. „Apropos Talent..."
Sie sah zu Amir herüber, der sie erwartungsvoll musterte.
„Ja...?", hakte er nach.
„Ich habe neulich mit meiner Kollegin über dich gesprochen. Könntest du dir vorstellen, mal bei uns vorbeizukommen, und mit den Kids ein bisschen über deinen Werdegang als Profiboxer zu sprechen? Ich denke, das könnte ganz cool werden und wäre auch einfach mal was anderes..."
Er lächelte.
„Wenn ich dir damit einen Gefallen tun kann, immer gerne. Lass mich schauen, wann es bei mir passt, und dann machen wir was aus. Die Details können wir dann nochmal in Ruhe besprechen", sagte er. Romina grinste.
„Manchmal bist du der beste Bruder der Welt", schwärmte sie.
Amir zog die Augenbrauen hoch.
„Was heißt hier manchmal?", fragte er beleidigt. Romina warf einen Blick auf die große Uhr, die über ihnen an der Wand hing. „Oh, Fuck, ich muss leider los, sonst komme ich zu spät zu meiner Verabredung mit Gia."
Amir legte neugierig den Kopf schief.
„Was wollt ihr machen?", erkundigte er sich und machte ein paar Schritte auf sie zu. Sie hatte unterdessen ein Handtuch aus ihrer Sporttasche genommen, um sich damit übers Gesicht zu wischen.
„Nichts Besonderes, einfach ne Runde am Rhein spazieren gehen und quatschen", antwortete sie und legte sich das Handtuch über die Schultern.
„Ah, okay", machte Amir. Romina warf ihre Trinkflasche in die Tasche und zog den Reißverschluss zu.
„Aber hat Spaß gemacht, ehrlich. Ich habe das so sehr vermisst mit dir...", schwärmte sie lächelnd. Er erwiderte es.
„Lass uns das wieder öfter machen, jetzt, wo ich wieder mehr Zeit habe", schlug er vor. Sie nickte.
„Auf jeden Fall", bestätigte sie, bevor sie sich mit einem Küsschen auf die Wange von ihm verabschiedete und sich erschöpft, aber glücklich auf den Heimweg machte.
Zuhause angekommen gönnte sie sich eine entspannende Dusche, dann machte sie sich eine Kleinigkeit zu essen. Nachdem sie die Küche wieder aufgeräumt hatte, schlüpfte sie in eines ihrer vielen luftigen Sommerkleider, frisierte ihre Haare zu sanften Wellen und legte ein dezentes Make-Up auf. Dann kramte sie Schlüssel und Handy zusammen und verließ ihre Wohnung.
Als sie den kleinen Parkplatz erreichte, auf dem sie sich mit ihrer besten Freundin verabredet hatte, glitzerte der Fluss bereits in der Abendsonne. Eine warme Brise strich durch ihr Haar, als sie aus dem Auto stieg und sich suchend nach Gia umschaute. Sie entdeckte sie in der Nähe des Ufers, wo sie bereits auf sie wartete. Wie Romina trug Gia ein bodenlanges, buntes Sommerkleid, winkte ihr zu und lief ihr dann entgegen.
„Hey, da bist du ja endlich", rief Gia fröhlich, ehe sie einander herzlich in die Arme schlossen. „Du siehst so gut aus..."
„Danke, du auch", erwiderte Romina lächelnd. „Hammer, das Kleid..."
„Ist das Wetter nicht toll?", schwärmte Gia, als sie sich in Bewegung setzten. „Endlich ist der Sommer so richtig in Deutschland angekommen..."
Gemeinsam schlenderten sie die Promenade entlang, während die untergehende Sonne den Himmel in warme Farben tauchte. Eine Weile quatschten sie über alles Mögliche; von Gias neuer Stelle als Grafikdesignerin über Freizeitaktivitäten über ein neues Projekt, das Romina gerade für die Kids plante, bis hin zu ihrem verpatzten Date.
„Verstehe ich gar nicht, dass du keine Lust hattest, ihn und seine Frau näher kennenzulernen. Das wäre bestimmt eine aufregende Erfahrung geworden", kommentierte Gia belustigt, als Romina ihre Berichterstattung beendete. Sie hatten sich gerade auf eine Bank am Wasser gesetzt. Romina verdrehte grinsend die Augen.
„Nicht mal für Geld würde ich das machen", erwiderte sie trocken. Gia lachte und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, während sie grazil ihre schlanken Beine übereinanderschlug.
„Nicht mal, wenn dich jemand offiziell für einen Dreier über die Agentur buchen würde?"
Gia musterte sie neugierig. Romina winkte ab und ließ sich gegen die Holzlehne sinken.
„Auf gar keinen Fall. Da bin ich raus", erwiderte sie entschieden. Gia grinste schief.
„Und wenn es zwei Männer wären?"
„Auch dann nicht."
„Nicht mal, wenn sie unverschämt gut aussehen würden?", bohrte Gia nach. Romina zog kopfschüttelnd die Augenbrauen zusammen.
„Was ist nicht richtig mit dir?", lachte sie. Gia stimmte mit ein.
„Also ich würde es wahrscheinlich tun", räumte sie schulterzuckend ein. „Erst recht, wenn ich dafür bezahlt werden würde."
„Das sagst du nur, weil du noch nie für Geld mit einem auf ein Date gehen musstest", sagte Romina. Gia seufzte schwer.
„Ja, ist sicher eine richtige Überwindung, sich mit all diesen Männern zu treffen, ein bisschen Zeit mit denen zu verbringen und nem Batzen Geld nach Hause zu fahren."
Romina lachte.
„Bei manchen ist es das tatsächlich. Klar gibt es auch viele nette Männer, aber einige sind richtige Arschlöcher, denen ich am liebsten ihren Drink ins Gesicht kippen würde."
Sie hatte den Satz gerade beendet, als ihr Handy klingelte. Sie warf einen flüchtigen Blick aufs Display. Augenblicklich schlug ihr Herz ein wenig schneller. Seit ihrer gemeinsamen Nacht hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Gia beugte sich neugierig zu ihr herüber.
„Felix", las sie überflüssigerweise den Namen vor, der ihr entgegenblinkte. Romina zögerte einen Moment, bevor sie den Anruf annahm.
„Hey", überspielte sie ihre Freude mit einem neutralen Plauderton.
„Hey, Freundin", begrüßte er sie und zauberte ihr damit augenblicklich ein Lächeln aufs Gesicht. „Alles gut?"
„Ja, alles okay. Bei dir auch?", erkundigte sie sich und versuchte, das sanfte Kribbeln in ihrem Bauch zu ignorieren.
„Alles super, danke", antwortete er. „Kannst du kurz reden?"
Romina hielt den Atem an. Hatte Amir etwa mitbekommen, dass zwischen ihnen etwas gelaufen war? Oder weshalb sprach er plötzlich so ernst mit ihr?
„Ist was passiert?", fragte sie besorgt und biss sich unsicher auf die Unterlippe. Gia drehte ihr alarmiert den Kopf zu.
„Ach was, nein", lachte er zu ihrer Erleichterung. „Ich wollte dich einfach nur fragen, was du am kommenden Wochenende vorhast."
„Wieso? Musst du wieder auf ne Hochzeit?", spaßte sie frech.
„Nee. Ich hab Geburtstag und schmeiße spontan ne Party. Ich dachte, du willst vielleicht auch kommen. Wir könnten eine Runde wenn ich du wäre spielen und gleichzeitig ein Auge darauf haben, dass dein Bruder es nicht übertreibt..."
Ein Schmunzeln huschte über ihren Mundwinkel. Sie konnte nicht umhin, seine Art der Einladung süß zu finden. Und solang Amir in der Nähe war und sie ihn lediglich begleitete, würde er auch nicht misstrauisch werden. Außerdem mochte sie Felix, unabhängig davon, ob sie eine Chance auf mehr hatten. Sie verbrachte gern Zeit mit ihm und jetzt, wo die Fronten geklärt waren, fühlte sich die Vorstellung nicht falsch an.
„Wie könnte ich dir diesen Wunsch abschlagen?", lächelte sie. „Also ja – ich komme sehr gern."
Gia, die das Gespräch mitanhörte, grinste verschwörerisch. Romina stieß ihr spielerisch gegen die Schulter und verdrehte die Augen.
„Cool, die genauen Infos schick ich dir noch...", erwiderte Felix, bevor sie sich voneinander verabschiedeten und Romina ihr Handy wieder wegsteckte. Gia musterte sie unterdessen erwartungsvoll.
„Ich dachte, das mit euch hätte sich erledigt", hinterfragte sie neugierig. Romina hob abwehrend die Hände.
„Ist auch so", stellte sie entschieden klar. Gia grinste schief.
„Ich kenne dich ziemlich gut; um genau zu sein, seit der ersten Klasse. Ich sehe dir an der Nasenspitze an, wenn du auf jemanden stehst...", sagte sie ihr auf den Kopf zu. Romina seufzte schwer und ließ ertappt die Schultern sinken.
„Ja, vielleicht ein ganz kleines bisschen, aber wir sind uns einig, dass das nicht geht; allein schon wegen Amir. Und weil ich keine Männer date, die sich ständig neue Bettgeschichten anlachen, von denen sie selbst sagen, dass sie sie nicht einmal mit auf eine Familienfeier schleppen können", gestand sie. Gia seufzte theatralisch.
„Schade."
„Warum?", lachte Romina.
„Weil deine Bäckchen rot werden, wenn du von ihm redest", grinste sie und kniff ihr wie zur Bestätigung in die Wange.
„Rote Bäckchen hin oder her. Aber das mit ihm und mir ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Manchmal passt es eben nicht, ganz egal, wie sympathisch man sich ist", sagte sie entschlossen.
„Und wenn er nicht mit Amir befreundet wäre?", hakte Gia interessiert nach. Romina seufzte schwer.
„Keine Ahnung. Darüber habe ich mir ehrlich gesagt keine Gedanken gemacht, weil die Situation halt ist, wie sie ist. Aber ich glaube, auch unter anderen Umständen würde ich die Finger von ihm lassen, bevor ich mich verbrenne..."
„Na dann...", erwiderte Gia trocken. „Super Voraussetzungen, zu seiner Party zu gehen."
Ich weiß, ihr hasst mich für diesen Cut, aber dafür könnt ihr euch umso mehr auf ein echt tolles Kapitel freuen, und das verspreche ich ja echt selten, wie ihr wisst :D Was denkt ihr, wie das Wiedersehen verlaufen wird?
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