Geschenk
Gestern habe ich es nicht übers Herz gebracht, mich von Mo und Jonathan zu trennen, aber ihr sollt ja euer letztes Kapitel bekommen ☺️
Ich räume die Werkzeugkiste zurück an ihren angestammten Platz und mache mich auf den Weg zum Badezimmer, um Materialreste und Staub von meinen Händen zu waschen. Zum Duschen reicht die Zeit nicht mehr.
Thorsten ist bereits früher aufgebrochen, mit der Ankündigung, noch bei der Vorbereitung helfen zu müssen. Darum gehe ich heute als letzter und bin umso irritierter, als hinter mir ein Räuspern erklingt. Schon im nächsten Moment schlingen sich schlanke Arme um meinen Torso und weiche Locken kitzeln meine Wange. Sie verströmen diesen einzigartigen Duft.
"Dreh dich um!", verlangt er, wobei er in seiner Umklammerung nur minimal nachlässt, sodass ich mich zuerst aus seinen Fängen befreien muss. Dann gleitet sein Blick von meiner unerschütterlichen Frisur über die blaue Trägerhose hinunter zu den gefleckten Stiefeln.
"Ich dachte immer, Uniformen würden Männer sexy machen, aber es ist doch nur der Mann in der Uniform, den ich sexy finde." Nur ein Hauch Rosa erblüht auf seinen Wangen, denn mittlerweile ist es kein großes Problem mehr für ihn, mir zu sagen, was er denkt. Er weiß, dass ich das umgekehrt auch tue.
"Ich würde das nicht als Uniform bezeichnen, aber das Kompliment behalte ich.", entscheide ich grinsend, umfasse seine Hüften und ziehe ihn ungeachtet meiner Beschmutztheit näher zu mir heran. "Hmm.", summt er an meinem Ohr. "Ich hab' noch mehr für dich als Komplimente." Blitzschnell umfasst er meine Hand und zieht mich über den Flur hinter sich her, schaut sich suchend um und manövriert uns schließlich in Thorstens Büro, in dem er mich prompt von innen gegen die Tür drängt. Gleichsam freudig überrascht über seine Initiative und überrumpelt davon, dass wir uns im Erdgeschoss befinden und die Fenster zwar auf den Hinterhof blicken, jedoch die Lamellenvorhänge nicht geschlossen sind, erwarte ich seine nächste Handlung.
Seine Finger machen sich an den einfachen Plastikverschlüssen meiner Arbeitslatzhose zu schaffen. Erst, dass sie den Clip auf der linken Seite nicht gelöst kriegen, offenbart mir seine Nervosität. "Mo, wir haben doch gar keine Zeit mehr. Sollen wir das nicht lieber heute abend..." Vehement schüttelt er den Kopf, die dunklen Locken bewegen sich jeweils verzögert in beide Richtungen mit. Es liegt etwas Glänzendes in seinem Blick, das alles Mögliche bedeuten könnte. Unsicherheit, Vorfreude, Durchsetzungskraft. Ich weiß schon jetzt, dass wir uns verspäten werden. Moritz Lippen kollidieren heiß mit der Haut meiner Wange. "Hose runter.", murmelt er. Seine Stimme schickt ein wildes Kribbeln über meinen Körper, von der Stelle ausgehend, an der sein warmer Atem mich streift, mit einem eindeutigen Ziel.
Hastig löse ich den Verschluss, der sich ihm widersetzt hat, lasse den festen Stoff zu Boden gleiten. Genieße seinen Blick auf meinem darunter nackten Oberkörper. Es ist noch immer warmer Spätsommer und der Staub unserer Arbeit klebt besonders gut auf frischem Schweiß. Wie gerne würde ich jetzt frisch geduscht vor ihm stehen. "Ich hab mir nicht mal die Hände gewaschen, geschweige denn...", versuche ich, ihn zur Vernunft zu rufen. Halbherzig, gestehe ich mir ein, als er vor mir auf die Knie sinkt und den Bund meiner Boxershorts neckend betastet. Immer wieder kitzeln seine Fingerkuppen meine nackte Haut darüber, streicheln dann aber doch nur den eingenähten Gummibund.
Ich muss schlucken, als er mit diesem Glanz im Blick von dort zu mir heraufschaut. Er ist so wunderschön und war möglicherweise nie schöner als in diesem Moment. Oder vielleicht ist der letzte Teil bloß die Meinung meiner unteren Körperhälfte. "Ist mir egal.", gibt er von sich, seine Stimme klingt wie ein Brummen. "Und jetzt sei leise, wir haben nicht viel Zeit."
"Das war ja klar! Zu seiner eigenen Feier zu spät." Sandra verdreht lächelnd die Augen, als sie uns in ihrem Geschäft empfängt. Sie zieht mich sogleich in eine warme Umarmung. Als sie mich an Mama weiterreicht, erkenne ich aus dem Augenwinkel, dass auch Moritz einmal kuscheln muss.
Im Hintergrund stimmen Thorsten und Christian ein "Happy Birthday" an, in das nach und nach alle einsteigen - außer Mama. Die plappert noch immer auf mich ein, ob Sandra die Tische nicht schön mit Hortensien geschmückt habe, und dass ich ihr Geschenk sicher lieben werde.
Als sie mir einen Platz anbieten, sehe ich mich etwas unsicher nach Moritz um und bedeute ihm, bloß neben mir zu bleiben. Die Tische hat Sandra zusammengeschoben, sodass die kleine Gruppe Platz findet. Wir haben nie in großer Runde gefeiert, doch in diesem Jahr wollte Sandra etwas für mich organisieren. Mama und Thorsten, Christian und sie. Da ich nicht viele Freunde habe, sind Tim und Carola dazu eingeladen. Und außer für Moritz habe ich noch um einen weiteren Platz gebeten: Lea wird später dazukommen.
Seit Mo sie mir vorgestellt hat, bin ich ihr gar nicht mehr böse für ihr Auftreten im Schwimmbad. Sie ist fröhlich, energisch, herzallerliebst und unübersehbar in meinen Freund verknallt. Obwohl sie nicht einmal einen Hehl daraus macht, merkt er natürlich nichts. "Ich bin sooo froh, dass er endlich jemanden gefunden hat. Diese irrationale Hoffnung, er könne doch noch das Ufer wechseln, hat mich schier wahnsinnig gemacht.", hat sie gleich bei unserer ersten Begegnung verkündet. Moritz hat darüber nur ahnungslos gekichert.
Als ich mich setze und Mo neben mich auf den Stuhl gleitet, tritt Thorsten hinter mich und spricht mir mit kaum gedämpfter Stimme von der anderen Seite ins Ohr: "Kommt denn dein Freund nicht mehr?" Moritz drückt meine Hand und scheint ein Prusten zu unterdrücken. Dabei wäre die gleiche Frage noch vor zwei Wochen für uns eine eher ernste Angelegenheit gewesen.
"Naja, das ist mein Freund.", erkläre ich, schaue abwartend zu Thorsten auf. Habe ich ihn nun vollends verwirrt? Seine Brauen zucken zusammen, dann zuckt er die Schultern. "Und dein zweiter Freund?" "Thorsten!", empöre ich mich lachend. "Es gab eine Verwechslung.", erkläre ich dann eilig. "Das hier ist Moritz und der ist als Freund mehr als ausreichend." Unter dem Tisch kneift er mir neckend ins Knie, sodass ich zusammenzucke. Sandra schmunzelt wissend. "Sag ich ja, nur ein Missverständnis.", raunt sie mir später ins Ohr. Dabei könnte sie mit "nur" falscher kaum liegen.
Dann huscht meine Schwester in die Küche und als sie zurückkehrt, mit einem Tablett vollbeladen mit orangefarbenen kleinen Küchlein, staune ich nicht schlecht. Der Teig hat eine auffallende Farbe und ist überzogen mit einer Schicht dunkler Schokolade. "So, mein Bruderherz. Dir zu Ehren habe ich mir etwas Neues einfallen lassen. Es ist ein bisschen wie du, aber das wirst du gleich merken." In einem der Törtchen steckt eine Wunderkerze, die britzelnd abbrennt, als sie es vor mir abstellt. Suchend schaue ich mich nach Besteck um, Sandra lacht mich nur feixend an. "Oh, das wird mit den Fingern gegessen. Ich sag ja, extra für dich, mein Schweinchen." "Eh!", empöre ich mich, hoffe doch schwer, dass sie diese alberne Geschichte aus unserer Kindheit nicht wieder hervorholt - noch nicht. Eines Tages darf auch Moritz die hören.
Ich werde von sieben Augenpaaren beobachtet, als ich den ersten Bissen nehme. Die Zartbitterschokolade zergeht sofort auf meiner Zunge und gibt nach und nach die Hauptzutat im Teig Preis. Ein Schmunzeln stiehlt sich auf mein Gesicht, ich grinse Sandra wissend an. Das ist genau ihr Geschmack, mir meine Verfehlungen unter die Nase zu reiben. Und dann, als ich schlucke und einen Kommentar abgeben will, auf den offenbar alle warten, bricht die Schärfe durch, die meine Kehle kitzelt. Chili. "Oh!", stoße ich hervor. "Da wolltest du zur Süßkartoffel wohl unbedingt was Scharfes kombinieren."
Sandras Lachen wird begleitet von ein paar verständnislosen Blicken. Immerhin kennen nur sie und Mo die Geschichte von der verhängnisvollen Knollenfrucht und dem zu kleinen Küchenmesser.
Wir sind reichlich erschöpft, als wir in meiner Wohnung ins Bett fallen. Natürlich wurde ich genötigt, den Arbeitskollegen am Abend noch ein Bier auszugeben und auch Moritz war dabei, hat es aber irgendwie geschafft, uns vor Mitternacht nach Hause zu bringen. Möglicherweise hat er dabei in den Köpfen der armen Handwerker ein sehr eindeutiges Bild davon hinterlassen, was genau er noch mit mir vorhat, aber für uns zählt nur, dass es geklappt hat.
"Immerhin will ich dir noch dein Geschenk überreichen.", hat er mir auf dem Heimweg von der Kneipe ins Ohr gesäuselt. "Ich dachte, das habe ich bekommen, als du mich vorhin abgeholt hast?" Mo kichert, als er mir erklärt, dass das nur ein Vorgeschmack war. Und dann, als er kaum zwei Minuten, nachdem die Wohnungstür hinter uns zugefallen ist, vollkommen nackt über mir kniet, zieht er ein Blatt unter meinem Kopfkissen hervor. Es ist eine Zeichnung in dem Stil der Kuh in seinem Nacken. Eine Hummel.
"Lässt du dir noch ein Tattoo stechen?" Er zieht die Unterlippe zwischen die Zähne und schüttelt den Kopf, lässt seine Locken dabei fliegen. Ich spüre, wie meine Augen sich in Staunen weiten. "Du willst, dass ich mir eins stechen lasse?" Nun zieht er verwirrt eine Braue hoch, schüttelt erneut den Kopf. "Das müsstest du schon selbst entscheiden. Das ist nur eine Zeichnung. Aber wenn sie dir nicht gefällt, vergessen wir das und konzentrieren uns auf das andere Geschenk." Schon will er das Papier zu Boden segeln lassen, aber ich halte seinen Arm fest. "Du hast das gezeichnet?" Moritz lacht nervös, dann nickt er vorsichtig. "Und die anderen Bilder auch?" Wieder nickt er und ich betrachte das geflügelte Erdmännchen aus völlig anderen Augen. "Das wusste ich nicht.", hauche ich. "Das ist wunderschön."
Ein erleichtertes Strahlen macht sich auf seinem Gesicht breit und dann segelt das Papier doch zu Boden, als er zeitgleich seine Lippen und seine Hüfte auf mich absenkt. "Oh, Mo!", entfährt es mir, entlockt meinem wunderhübschen Freund ein schelmisches Grinsen. Ich umfasse seine Hüften, lasse meinen Daumen immer wieder über die fein gezeichneten Flügel streichen. Er verschränkt seine Finger mit meinen, zieht meinen Arm zu sich heran und fährt hauchzart mit seiner Zunge über die Narbe, die über mein Handgelenk verläuft.
Und so ist es noch lange danach. Immer wieder findet Mo diese kleinen, einfachen Berührungen und Gesten, die Intimität zwischen uns nicht nur zu einem abgekarteten Ablauf machen, sondern zu etwas, das wirklich nur uns beide verbindet.
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