Kapitel 8: Chemie


„Woher zum Teufel nehmt ihr euch eigentlich das Recht dazu, über mein Leben zu bestimmen?", Cara war stinksauer. Sie hatte sich nicht aus Parkers Fesseln losgerissen, um gleich in die nächsten Ketten gelegt zu werden. Dorians selbstgefälliger Blick machte die Situation nicht einmal ansatzweise besser.

„Sieh mich nicht so an oder ich überlege mir das noch einmal mit dem Messer!", erklärte sie, als sich ein Grinsen auf sein Gesicht stahl, das sie nicht interpretieren konnte. Sie hasste diesen Typen und dies nicht nur wegen seiner immensen Ähnlichkeit mit Dominik.

„Meinst du etwa dieses Messer?", fragte er sie, und zog dabei das mittlerweile wieder gereinigte Messer heraus. „Ich frage mich ja, woher ein Püppchen wie du so ein Messer eigentlich hat? Bestimmt nicht von deinen fürsorglichen Pflegeeltern die nicht lange genug warten konnten um dich wieder loszuwerden!", meinte er und brachte Cara mit dieser Aussage dazu inne zu halten.

„Wie kannst du es wagen...", flüsterte sie und wandte sich ab weil sie nicht wollte, dass Dorian die Verletzung, die seine Worte angerichtet hatten, erkannte. Dorian mochte zwar nicht Dominik sein doch in diesem Augenblick wünschte sie sich, dass er es wäre, denn lieber würde sie sich nochmals Messer in den Bauch rammen lassen als sich mit solchen Worten auseinandersetzen zu müssen. Dorian war ein Mistkerl und das wusste er geschickt einzusetzen. Wahrscheinlich hatte dieser Typ keinerlei Emotionen, er war kalt und zwar von innen und von außen.

„Dorian du gehst zu weit!", Max scharfer Ton drang durch die nun entstandene Stille und Cara hörte die Wut in diesen fünf Worten. Sie hätte ihm vermutlich danken sollen doch sie konnte nicht. Sie wollte nicht hier sein, hatte niemals etwas mehr gewollt als ihre Freiheit. Sie stand kurz vor ihrer Volljährigkeit, ein Tag dem sie so lange entgegengeblickt hatte und stattdessen befand sie sich in Gefangenschaft eines Jungen, der ihr schlimmster Albtraum zu sein schien. Was hatte sie in ihrem Leben nur verbrochen, dass kein Mensch bereit war ihr Liebe entgegenzubringen. Zuneigung, Sorge. Irgendetwas das darauf hindeutete, dass sich jemand etwas aus ihr machte.

Sie atmete tief durch und wandte sich wieder zu den Beiden, die sich in einem kleinen Wohnzimmer befanden, in welches man sie verfrachtet hatte. Sie hatten ihr bisher noch nicht erklärt was hier eigentlich vor sich ging doch dies war nicht der richtige Moment. Sie wollte alleine sein und wenn es nur für fünf Minuten war. Dann konnte sie ihre Maske wieder anlegen und so tun, als würde sie sich um nichts und niemanden scheren. Als wäre ihr alles egal.

„Ist schon gut, vermutlich hat er Recht.", sie setzte sich in Bewegung und zog damit die Aufmerksamkeit der zwei Jungs auf sich, die sich gerade ein Blickduell lieferten. „Nein das hat er nicht und das weiß er selber auch!", meinte Max und schoss Dorian einen Blick entgegen der ihn vermutlich, hätte Max übernatürliche Fähigkeiten, sofort getötet hätte.

„Doch das hat er! Es ist genauso wie er es gesagt hat! Niemand hat mich lange ertragen und das wird vermutlich mein ganzes Leben lang so bleiben, doch was solls. Ich kann auf mich selber aufpassen solange mir keine Freaks mitten in der Nacht begegnen die mich umbringen wollen. Macht was ihr wollt, aber sobald euer bescheuerter Rat mich frei gibt bin ich weg und falle niemandem mehr zur Last, versprochen!", sie war bei diesen Worten immer weiter geschritten und war gerade im Begriff die Schiebetür zwischen dem Wohnzimmer und dem einzigen Schlafzimmer dieser winzigen Wohnung zu schließen als sie eine kalte Hand an ihrem Unterarm bemerkte. Sie blickte auf und sah in Dorians eisblauen Augen. Sein Blick war weicher als noch vor einigen Sekunden, doch Cara scherte sich einen Dreck darum. Sie würde mit diesem Typen so wenig sprechen wie es nur möglich war.

„Lass mich los!", ihr fordernder Blick unterstrich ihre Worte doch Dorian schien nicht daran zu denken ihrer Forderung nachzukommen.

„Cara ich...", sie ließ ihm nicht die Möglichkeit sein Gewissen zu bereinigen und wiederholte stattdessen ihre vorherigen Worte. Die Wut und Verbitterung schwang in ihren Worten mit.

„Lass mich los!", sie war bemüht ruhig doch ihre Stimme zitterte trotzdem und mit einem Mal ließ Dorian sie los und starrte auf seine Hand. Seine Augen waren weit aufgerissen doch in dem Moment, in welchem er etwas sagen wollte schloss Cara die Schiebetür und schottete sich so von ihm ab. Das letzte was sie sah waren seine Augen, die sie verwundert ansahen bevor auch dieser letzte Spalt sich schloss und ihr endlich die Ruhe einbrachte, die sie herbei gesehnt hatte.

„Dorian du weißt hoffentlich selber, dass du wirklich zu weit gegangen bist!", hinter Dorian schritt Max nervös auf und ab. Er hatte nichts mitbekommen, doch Dorian starrte immer noch die verschlossene Tür an.

„Cara kann nichts dafür. Sie kann nichts für deine Wut auf dich, auf Dominik oder auf den Rat. Sie ist nicht schuld an dem Krieg zwischen den Krades und den Ghilts und ich hab die Schnauze voll davon, dass du sie trotz allem so behandelst als wäre sie es. Reagier dich sonst wo ab aber lass das in...", Dorian schnitt ihm das Wort ab. Mittlerweile hatte er sich auf dem Sofa niedergelassen und damit begonnen seine Hand anzustarren.

„Halt endlich die Fresse Mann. Ich kann so nicht denken!", fauchte Dorian seinen Freund an, der sofort den Mund schloss und ihn besorgt ansah.

„Was ist los?", Max ließ sich auf einem Sessel gegenüber von Dorian nieder und betrachtete ihn eindringlich.

„Warum gehen wir davon aus, das Cara ein Mensch ist?", fragte Dorian ohne Max Frage direkt zu beantworten doch dies nagte an ihm seit geraumer Zeit, doch nach dem was eben geschehen war, musste er mit Max darüber sprechen.

Max war zwar verwirrt wegen der Frage doch er beschloss zunächst einmal darauf einzugehen. Dorian schien ernsthaft verwirrt und Max musste sich eingestehen, dass er seinen Freund so nicht kannte.

„Naja, weil wir als Krades die Fähigkeit haben zu sehen, ob jemand Naturgeborener ist, oder?", meinte Max und sah Dorian anschließend schweigend an. Dieser nickte.

„Richtig, aber wir gehen auch nur deswegen in der Annahme, dass sie ein Mensch ist, weil wir bisher noch niemals einen Krade oder Ghilt gesehen haben, der auf natürliche Art und Weise geboren wurde, stimmts?", seine Augen bohrten sich in Max seine und verursachten so ein unbehagliches Gefühl in ihm. Dorian hatte einen solch durchdringenden Blick, dass man der festen Überzeugung war, er könnte sämtliche Gedanken, Schwächen, Ängste und Wünsche aus einem heraussaugen und nie wieder hergeben. Max nickte lediglich da er nicht wusste, was Dorian von ihm hören wollte.

„Wäre es, rein theoretisch also möglich, dass Cara doch ein Ghilt ist?", Max wich ein wenig zurück bei dieser Frage. War es möglich? Max dachte zunächst darüber nach, bevor er Dorians Frage beantwortete.

„Hast du denn den Drang sie zu töten?", fragte er schließlich, da dies der natürliche Fluch zwischen den zwei Rassen war. Ghilts spürten, genau wie die Krades, instinktiv wenn jemand der anderen Spezies angehörte.

„Nein verdammt!", Dorian raufte sich die Haare und diese Geste, musste Max feststellen, hatte er noch niemals bei Dorian gesehen.

„Dorian was ist da gerade eben passiert? Du scheinst nicht ganz auf der Höhe zu sein.", meinte Max vorsichtig und stütze seine Arme auf den Beinen ab.

„Du hast diesen elektrischen Impuls bei ihr auch schon gespürt, oder?", fragte Dorian und Max nickte, ohne es weiter zu leugnen. Es brachte ja sowieso nichts.

„Dann sag mir eines Max; seit wann können Menschen einen elektrischen Impuls entsenden und in die Köpfe eines anderen eindringen?", bei diesen Worten zog Max überrascht die Augenbrauen nach oben.

„Was?", dabei stand er auf und begann im Zimmer auf und ab zu gehen. Er musste sich zusammenreißen um nicht laut zu werden vor Aufregung, schließlich befand sich Cara nur ein paar Meter entfernt in dem Zimmer und lauschte vermutlich oder zumindest versuchte sie es. Wer wusste schon ob Dorian daran gedacht hatte, den Schutzschild hochzufahren, bevor er mit dem Thema angefangen hatte.

„Gerade eben hat Cara mir einen Blitz durch die Hand gejagt und ist dabei in meinen Kopf eingedrungen. Ich habe...", Dorian schüttelte den Kopf. Er war vollkommen durch den Wind und dies ließ bei Max langsam aber sicher die Sorge hochsteigen.

„Was hast du?", es nervte Max, dass er Dorian jedes Wort aus der Nase ziehen musste, doch dies zeigte nur umso mehr, dass da was Dorian gesehen hatte, nicht ohne gewesen war.

„Ich habe gesehen, wie sie überfallen wurde. Habe gespürt, was sie gefühlt hat. Dieser Parker hat auch irgendwas getan mit ihr....ich....ach keine Ahnung.", Dorian stand nun ebenfalls auf und blickt in die Richtung in der sich Cara befand.

„Was hat er getan?", Max ging auf seinen Freund zu und legte ihm die Hände auf die Schultern, damit dieser sich jetzt endlich beruhigte und sich konzentrierte.

„Fuck, keine Ahnung. Es war nur einen kurzen Moment, dann waren die Bilder schon wieder weg.", erklärte er und riss sich los. Langsam schien er sich wieder zu beruhigen denn die übliche Kälte kehrte in seine Augen zurück. Sehr langsam zwar nur aber sie tat es.

„Kann es nicht eher sein, dass du eine neue Fähigkeit entwickelst?", Max wusste nicht, was er sonst dazu sagen sollte. Er klammerte sich hier wohl eher an einen Strohhalm.

„Nein verdammt. Ich werde doch wohl wissen, wenn ich eine neue Fähigkeit bekomme oder? Das kam von ihr, genauso wie der Stromschlag den sie mir verpasst hat, also halt mich hier nicht zum Narren. Sie ist definitiv kein Mensch, nur frage ich mich, wie sie so lange unter den Menschen leben konnte, wenn dies tatsächlich stimmt.", jetzt war Dorian wieder ganz der Alte und obwohl Max froh darüber war wünschte sich ein winziger Teil in ihm, dass Dorian nicht zurückgekommen wäre.

Sie waren in einer Sackgasse und Max wusste nicht, wie er Dorians Groll Cara gegenüber besänftigen konnte.

„Ganz egal was es war, wir können es hier und jetzt sowieso nicht klären also mache ich mich auf den Weg um uns etwas zu essen zu holen. In der Zwischenzeit könntest du dir stattdessen mal Gedanken darüber machen, wie du dich zukünftig Cara gegenüber verhalten willst, denn du kannst sie nicht ständig so vor den Kopf stoßen Dorian! Schau, dass du das wieder gut machst!", Max Stimme zitterte beinahe vor Wut und bei den letzten Worten deutete er auf die verschlossene Tür. Dorian hob die Augenbrauen an und wollte gerade etwas entgegnen als Max sich einfach abwandte, ohne ihm noch einmal die Chance zu geben etwas zu erwidern.

„Verpiss dich doch...", murmelte Dorian stattdessen, als er die Tür zuknallen hörte und fixierte die Tür. Max hatte Recht, er musste sich einen neue Taktik zulegen denn so würde er weder Informationen aus Cara herausbekommen noch würde er dadurch schneller wieder in der Zentrale sein. Er sah zur Tür hinüber, hinter der sich Cara befand, wenn sie nicht zwischenzeitlich schon abgehauen war. Doch sie würde sowieso nicht weit kommen, denn er hatte ihre Spur schon längst in sich gespeichert. Er würde sie überall finden wenn es notwendig werden sollte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top