Kapitel 49: Erschütterung


 


„Wieso? Ich verstehe es nicht? Wieso muss man diesen Krieg jetzt unter allen Umständen so schnell voran treiben? Was ist der Grund?", fragte Dorian, der nicht fassen konnte, dass die Ghilts tatsächlich sowas tun würden.

„Weil einige der Obersten beinahe fanatisch sind bei dem Gedanken, die Krades auszuschalten, deswegen. Ich versuche seit zwei Jahren dieses Vorhaben zu kippen, aber ich habe keine Chance gegen sie!", erklärte Landon, doch dabei lachte Cara bitter auf. Sie sagte jedoch nichts.

„Und Dominik? Unterstützt er dieses Vorhaben auch?", fragte Dorian unvermittelt und sah dabei auf den Boden. Er wollte nicht, dass sein Bruder am Ende verantwortlich für die Auslöschung seiner Rasse war. Nach alledem war er dennoch auf irgendeine Art sein Bruder.

„Nein. Dominik hat schon immer eigene Ziele verfolgt, nur weiß niemand genau was das für Ziele sind. Seit etwa einem Jahr haben sich seine Prioritäten verschoben und ich glaube, nach allem was ich heute gesehen habe, dass es wegen Cara war.", sagte Landon mit einem Blick auf seine Tochter, dann sah er Dorian an, der sie ebenfalls betrachtete.

„Wie genau wird dieses Serum hergestellt? Und wären dann nicht diese Elere eventuell auch die Lösung für das Problem mit den Schattenwesen?", fragte Cara, die nicht über Dominik sprechen wollte und konnte. Sie war vorhin schon kurz davor, ihn umzubringen. Sie hatte es nur aus einem, einzigen Grund nicht getan: Dorian. Sie wusste genau, auch wenn er es nie so direkt gesagt hatte, dass er seinen Bruder nicht tot sehen wollte. Egal was er ihm angetan hatte und egal, welcher Hass ihnen bestimmt war. Dorian hing auf eine verquere Art und Weise noch an Dominik. Wenn Dominik sterben würde, dann müsste Dorian sie darum bitten oder es selber tun. Sie konnte diese Entscheidung nicht für ihn treffen.

„Es scheint so, als hätten die Krades und die Ghilts, neben den regulären zwei DNA Strängen einen dritten, der sich durch die Gabe des Elixiers bildet. Die Gabe des Serums bildet einen vierten, unausgebildeten Strang, der jedoch die anderen drei angreift. Unabhängig davon, welcher Rasse man angehört, die DNA Signatur ist beinahe dieselbe, unterscheidet sich nur in ein paar minimalen Punkten, die wohl für den Hass und auch für die Beherrschung von Licht und Dunkelheit verantwortlich sind. Das alles ist äußerst Komplex und unsere Wissenschaftler haben diese Geheimnisse noch lange nicht gelüftet. Auf die Frage, ob man es auch umgekehrt nutzen kann, kann ich dir keine Antwort geben. Ich bin kein Wissenschaftler und kenne mich mit der Materie nicht ausreichend gut aus.", Landon war überraschend offen, was nicht nur Cara sondern auch Dorian überraschte. Dennoch lag Cara eine weitere Frage auf dem Herzen.

„Was ist mit dem Elixier? Wenn diese Elere unser Ursprung sein sollen, dann müsste das doch bedeuten, dass das Elixier ebenfalls von ihnen abstammt, oder?", sie sah in die Runde, denn diese Frage galt allen. Keiner jedoch konnte darauf eine Antwort geben.

„Das Elixier war einfach schon immer da. Niemand hat sich je näher damit beschäftigt heraus zu finden, was dessen Ursprung war! Es galt ja als eine Art Heilmittel für zum Tode geweihte Ungeborene.", meinte Helen und Cara nickte kurz.

„Und ihr geht davon aus, dass diese Elere böse sind? Sage hatte sowas angedeutet...", Cara warf einen Blick auf Sage, die stumm neben ihr auf dem Sofa saß und sich alles in Ruhe anhörte. Man konnte ihr nicht ansehen, was in ihrem Kopf vor sich ging.

„Die Frage ist nicht ob sie böse sind. Die Frage ist, was könnten sie anrichten, wenn sie sich gegen uns stellen? Sie sind unser Ursprung, vielleicht also auch unser Untergang. Sie sind bisher kaum in Erscheinung getreten, also können wir nicht viel über sie sagen.", erklärte ihr Landon ruhig und Cara musste zugeben, dass er da nicht unrecht hatte. Die Fragen ob, wann und wie schwirrten in ihrem Kopf, doch sie hätte noch viel mehr Fragen, die ihr in diesem Moment in den Sinn kamen. Leider war sie sich sicher, dass weder Landon noch Helen Antworten darauf geben konnten.

Dorian schien seinen eigenen Gedanken hinterherzuhängen. Sie hatten gerade erfahren, dass die Ghilts einen Großangriff auf die Krades planten. Was also sollte die Krades dagegen unternehmen? Konnten sie dies überhaupt verhindern?

Cara setzte sich auf, dann sah sie Landon und Helen abwechselnd an.

„In Ordnung, wir machen es folgendermaßen. Landon, du wirst versuchen bei den Ghilts diesen Angriff hinauszuzögern. Helen, du wirst mit Lucien über diese Dinge sprechen oder wir werden es tun.", Caras Blick glitt zu Dorian.

„Wir zwei werden jetzt nachhause zu Max gehen.", sagte sie an ihn gewandt und er konnte nicht sagen, dass es etwas gab, was er sich in diesem Moment mehr wünschte.

„Ich brauche einen Stift und Papier.", sie wandte sich dabei an Sage, die aufsprang und beides holte. Cara notierte ihre Nummer darauf.

„Wenn ihr irgendwelche neuen Informationen habt, meldet euch. Solange dies nicht der Fall ist, wird zwischen uns Funkstille herrschen. Ich werde euch wohl finden, sollte ich euch brauchen.", meinte sie und drückte den Deckel wieder auf den Stift. Dann stand sie auf. Doch Dorian hatte anscheinend noch eine letzte Frage.

„Was glaubt ihr hat dazu geführt, dass der Hass zwischen euch plötzlich verschwunden war? War es der Elere? Und könnte dies Auswirkungen auf alle anderen haben, mit denen ihr in Kontakt tretet?", fragte Dorian an die beiden gewandt, doch als Helen den Blick auf den Boden richtete und Landon mit den Schultern zuckte wusste Dorian, dass keiner der Beiden eine Antwort darauf haben würde.

„Ich weiß nicht was es war, aber der Hass verschwand in dem Moment vollkommen, in welchem ich uns beide dort wegteleportiert hatte.", erklärte Landon und sah Helen dabei an. Tiefe Zuneigung lag in seinem Blick.

„Ich habe jedoch bisher nicht erlebt, dass dies Auswirkungen auf andere Krades oder Ghilts gehabt hätte. Mein Hass gegenüber den Krades ist nach wie vor vorhanden. Ich kann ihn besser zügeln, seitdem ich das alles erlebt habe, aber er ist immer präsent.", erklärte Landon, doch dabei behielt er Dorian im Auge.

„Du hingegen bist ausgenommen. Zumindest im Augenblick. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass wir zusammen gearbeitet haben. Eine Antwort auf diese Frage werden wir wohl erst beim nächsten Wiedersehen haben.", antwortete er schließlich und Dorian sah Cara an die zu ihm aufblickte. Sie wusste genau, worauf er hinauswollte, doch seine Hoffnungen wurden zerschlagen.

„Hast du noch genug Energie uns in die Wohnung zu teleportieren?", fragt Cara Dorian und blendete nun alle anderen Anwesenden aus.

„Warum? Du kannst es doch selber.", meinte er mit einem leichten Grinsen, doch Cara schüttelte den Kopf.

„Ich kann mich zu einer Person teleportieren, nicht an einen bestimmten Ort. Ich weiß nicht, ob das auf dieselbe Art und Weise geschieht aber sollte Max gerade in einer ungeeigneten Situation sein, wäre es denke ich nicht so gut, wenn wir dort plötzlich auftauchen.", erklärte sie Dorian und er zog die Augenbrauen nach oben. Das hatte er noch nie gehört. Doch Cara würde ihm mit Sicherheit später noch genauer erklären, was da eigentlich heute geschehen war. Und dann würde er ihr vermutlich ebenso Rede und Antwort stehen müssen.

„Ok, das schaff ich noch denke ich.", meinte er und streckte seinen Arm aus. Cara legte ihre Hand um seine Hüfte und ohne ein weiteres Wort verschwanden beide und ließen Helen, Landon und Sage, die perfekte kleine Familie, zurück.

„Das lief alles nicht so, wie ich das geplant habe.", sagte Helen und betrachtete die Stelle, an der ihre Tochter verschwunden war.

„Was hast du denn erwartet? Dass sie dich nach allem was geschehen ist in ihre Arme schließt?", fragte Sage und überraschte so beide Elternteile.

„Sage...", sagte Landon, doch diese schüttelte den Kopf.

„Du brauchst gar nicht damit anzufangen mir jetzt ein schlechtes Gewissen zu machen. Du hast dabei zugesehen, wie Cara und Dorian gequält wurden und hast nichts unternommen! Und du...", sie betrachtete Helen, in ihrem Blick lag etwas enttäuschtes.

„Und du hast deine leibliche Tochter gehen lassen und hast es nicht mal für nötig gehalten ihr zu folgen und zu helfen. Ihr seid Feiglinge! Eure eigene Sicherheit war euch doch schon immer am wichtigsten, habt aber alles immer unter dem Deckmantel des Schutzes gemacht. Wenn ihr Charakter hättet, hättet ihr schon längst versucht mehr Informationen zu beschaffen. Ihr hättet, alleine durch die Informationen die ihr bereits hattet, einen Antrieb dazu haben sollen diesen verdammten Krieg zu beenden. Aber nein, stattdessen versteckst du dich dein Leben lang Mutter und du tust so, als wärst du der perfekte Oberste der jeden verfluchten Scheiß mitmacht. Du hättest verhindern sollen, dass sie diesen Elere gefangen halten. Du hättest verhindern sollen, dass unschuldige Krades und auch Ghilts zu Schattenwesen gemacht werden. Du hättest etwas tun können, doch das hast du nicht. Stattdessen sitzt du stumm an der Außenlinie und beobachtest nur. Ihr beide seid einfach nur Feiglinge und in diesem Moment schäme ich mich dafür, euch meine Eltern nennen zu müssen!", Sage sah beide abwechselnd an. Es war nicht nur die pure Enttäuschung, die ihre Augen umgab. Es war regelrechte Erschütterung. Viele Informationen hatte sie heute selber das erste Mal gehört und sie hatten ihre Weltanschauung zum wanken gebracht. Nein, nicht ihre Weltanschauung. Ihre Sicherheit, die sie bei diesen Menschen vorher verspürt hatte. Ihr Vertrauen. Denn diese Beiden Menschen hier waren skrupellos und stellten ihr eigenes Wohl über das von anderen.

„Sage, so kannst du nicht mit uns reden!", entgegnete Helen jetzt und wollte sie zurück halten, da sie gerade den Raum verlassen wollte.

„Ich kann und ich habe es getan.", sie riss ihren Arm los und verließ das Wohnzimmer, ohne noch einmal zurück zu blicken.


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