Kapitel 44: Das Gefühl der Verzweiflung



Sein Herz schlug heftig bei diesem Anblick, er wollte ihr helfen, wollte sie schützen aber er konnte nicht. Diese Fesseln, die er um die Handgelenke geschnürt bekommen hatte hinderten ihn daran, irgendwas von seinen Fähigkeiten zu nutzen. Er ließ seinen Blick einmal herum schweifen und sah, dass Dominik, einige andere Ghilts und auch Luciens Bruder anwesend waren. Sämtliche Blicke waren in diesem Moment auf ihn gerichtet. Verdammt, das konnte tatsächlich kein gutes Ende nehmen.

„Was zum Teufel ist hier los?", rief er aus, wurde von Marcelle jedoch zurück gezerrt. Er spürte eine Stange in seinem Rücken und merkte, wie seine Fesseln gelöst wurden, doch es war zu kurz und seine Haut war immer noch im Kontakt mit diesem Material, denn er konnte nach wie vor nichts tun. Wieder sah er zu Cara hinüber, die zu zittern begonnen hatte. Sie trug fast nichts, ihre Füße befanden sich in Wasser. Sie wirkte so klein und hilflos, was Dorian dazu anstachelte sich zu wehren. Er konnte doch nicht einfach nur zusehen, wie alles hier ohne sein Entgegenwirken geschah!

Er versuchte auszuschlagen, doch Marcelle war schneller und zwei weitere Ghilts kamen ihm zu Hilfe und so hatten sie Dorian schnell an eine Art Kreuz gefesselt, das dem von Cara beinahe gegenüber stand.

Das war der Moment, in dem Dominik sich in Bewegung setzte und auf ihn zukam.

„Du Feigling! Du schaffst es nur einem entgegenzutreten wenn du ihn lähmst oder du deine Untertanen um dich geschart hast. Wie bist du nur so geworden?", sagte Dorian, der seinem Bruder in die Augen sah. Einen kurzen Moment schien es so, als würde etwas in dessen Augen schimmern, was Dorian schon einige Jahre nicht mehr gesehen hatte, doch Dominik hatte sich schnell gefangen und trat Dorian gegenüber. Er holte aus und schlug Dorian tief in die Magengrube, was ihn heftig zusammenzucken ließ. Er bekam keine Luft mehr und krümmte sich, doch die Atemnot hielt nicht lange an und so blickte er wieder auf. Cara hingegen hatte begonnen sich zu winden.

„Dominik hör auf damit. Ich tue alles was du von mir willst aber bitte, bitte lass ihn gehen!", rief sie aus. Dorian sah an Dominik vorbei. Ja Cara hatte Angst. Aber sie hatte mehr um ihn Angst als um sich selber.

Was hatte Dominik gesagt weshalb er Dorian mitnahm? Zur Motivation. Was zum Teufel hatte er vor?

Auch Dominik wandte sich in ihre Richtung.

Cara sah Dominik unverwandt in die Augen. Sie hatte jedes Wort so gemeint. Sie würde alles tun, wenn Dominik Dorian dafür gehen ließe. Sie war nicht bereit sein Leben aufs Spiel zu setzen nur weil Dominik Interesse an ihr und ihrem Tod hatte! Er sollte nicht seinen eigenen Bruder auch noch mit ins Verderben stürzen.

„Alles was ich von dir will?", fragte Dominik und trat näher auf den Glaskasten zu. Alle anderen Ghilts waren teilnahmslose Beobachter. Cara spürte, wie ihr Körper zitterte, sie konnte die Kälte nicht länger abschotten.

„Alles....", antwortete sie ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

„Cara, Cara, Cara....sag mir nicht, dass mein Bruder dir ans Herz gewachsen ist!", meinte Dominik in solch abfälligem Ton, dass Caras Herz einen Sprung machte. Sie sah zu Dorian hinüber, dessen Blick nur auf sie gerichtet war.

Sie antwortete nicht darauf.

„Ich verstehe es nicht. Was zum Teufel willst du von mir? Mich töten, dann tu es doch einfach und mach kein Spiel daraus verdammt! Ihr, die Ghilts und die Krades bedeuten mir nichts. Du hast mich in dieses Spiel gebracht also tu endlich was du tun willst damit wir es hinter uns haben!", antwortete Cara, deren Handgelenke wie Feuer brannten. Das Wasser auf dem Boden tat sein Übriges. Sie musste sich darauf konzentrieren, dass ihre Zähne nicht zitternd aufeinanderschlugen.

„Ich wollte dich töten Cara, ja, aber jetzt da ich gesehen habe was du kannst ziehe ich in Betracht dich am Leben zu lassen, sofern du dich mir untergibst natürlich.", erklärte er ihr was sie einen kurzen Moment sprachlos werden ließ.

„Was zum...Bist du vollkommen verrückt geworden?", sie konnte nicht fassen, was Dominik da von sich gegeben hatte.

„Na na. Aber eins nach dem anderen. Ich will sehen, was du wirklich kannst! Alles andere können wir dann auch später klären.", erklärte ihr Dominik, seine eiskalten Augen immer auf ihre gerichtet. Ohne jegliche Bedenken darin.

„Ich kann diese Fähigkeiten nicht kontrollieren du psychotisches Arschloch!", rief Cara jetzt aus und ihr Blick glitt wieder zu Dorian, der hilflos zuhörte.

„Das wird sich geben. Wir werden dir dabei helfen!", erwiderte Dominik lächelnd und drehte sich zu Marcelle, der ein Messer hervor holte. Caras Herz setzte einen Schlag aus.

„Was willst du von mir?", fragte sie Dominik mit weit aufgerissenen Augen. Ihr wurde langsam klar, dass das hier kein Spiel war, sondern bitterer Ernst und, dass das hier sehr böse enden konnte. Sie musste tun was Dominik von ihr verlangte, wenn Dorian eine Chance haben sollte.

„Ich will, dass uns demonstrierst was du kannst. Bestehst du, überlebst du. Überlebst du, überlebt Dorian. Darauf gebe ich dir mein Wort. Bestehst du nicht....nun, dann wissen wir, dass du es nicht wert warst. Und auch das Leben meines Bruders wird wohl ein jähes Ende finden.", meinte Dominik und entfernte sich ein wenig von dem gläsernen Käfig, in dem sich Cara befand.

„Was zum....was soll das Ganze?", fragte sie, doch ihre Stimme war bei weitem nicht mehr so energisch wie noch zuvor. Ihr Blick wanderte über alle anderen Anwesenden, die sie mit neutraler Miene betrachteten und darauf warteten, was geschehen würde. Wer waren all diese Ghilts? Auch den Mann von vorhin streifte ihr Blick. Er hatte ihr vorhin noch gesagt, dass niemand erfahren dürfte was sie wirklich kann. Sie war vollkommen verwirrt. Verzweiflung kam in ihr auf.

Sie sah wieder zu Dorian.

„Zeig uns was du kannst.", sagte Dominik und sah sie abwartend an. Cara wusste nicht, was sie tun sollte. Doch sie musste Dominik zeigen, dass sie es wert war zu leben. Vielleicht hätte dann auch Dorian eine Chance.

In ihren Augen sammelten sich langsam Tränen.

„Cara tu das nicht, Dominik wird sein Wort sowieso nicht einhalten.", hörte sie Dorian rufen, doch Marcelle schlug ihm mit dem Ellbogen in die Rippen, was ihn augenblicklich verstummen und stattdessen heftig aufkeuchen ließ. Das war nicht fair verflucht. Dorian hatte erst vor ein paar Tagen um sein Leben gekämpft! Wofür das Ganze, wenn es hier jetzt ein Ende finden sollte? Das konnte Cara nicht zulassen. Eine kleine Träne floss ihr die Wange hinab und tropfte schließlich nach unten. Doch ihr wutentbrannter Blick richtete sich auf Dominik.

Sie spürte, wie sich die Wut in ihr steigerte.

„Marcelle...", hörte sie Dominik sagen und Marcelle schob Dorians Ärmel zurück. Caras Blick folgte jeder seiner Bewegungen und auch der, als Marcelle die Spitze seines Messers langsam über Dorians Haut gleiten ließ und einen roten Faden hinterließ. Er schlitzte ihm den Arm auf.

„Hör auf, hör auf damit!", schrie Cara jetzt und wusste, dass sich in ihrer Hand die Energie gesammelt hatte.

„Mach weiter!", hörte sie Dominiks Stimme und wandte ihren Blick wieder auf ihn. Dieser Mistkerl. Dieser...sie würde ihn umbringen. Sobald sie die Chance bekam würde sie ihn töten!

Sie hörte Dorian aufschreien und erkannte, dass Marcelle dasselbe an seinem anderen Arm getan hatte. Die Wut und die Abscheu in ihr stieg immer mehr und sie spürte, wie die Energie ihren Körper einnahm. Sie stieg immer weiter an. Sie sah ihre Arme an, die bereits blau leuchteten.

Sie wollte Dorian helfen. Sie wollte ihm so gerne helfen, aber was sollte sie tun? Was konnte sie tun?

„Hör nicht auf verdammt!", schrie Dominik jetzt, doch Marcelle hielt inne. Dorian war bereits nach vorne gesackt.

„Dominik, du siehst doch was sie kann. Findest du nicht, dass das fürs erste reicht?", meinte Marcelle, doch Dominik stürmte auf ihn zu und zog ihm das Messer aus der Hand. Er fuhr mit dem Messer über Dorians Oberteil, das sich sofort in zwei teilte. Ein langer Schnitt zierte jetzt seine Brust.

Cara begann zu schreien. Sie konnte nicht anders. Die Energie in ihrem Körper wuchs ins Unermessliche. Sie wusste nicht, ob ihr Körper dem überhaupt standhalten konnte. Sie hatte das Gefühl zu zerbersten. Doch nicht nur wegen dem, was da durch ihren Körper strömte sondern auch wegen Dorian. Er hatte erneut angefangen zu schreien, doch diesesmal hatte er seinen Kopf nicht nach vorne sacken lassen sondern Cara fixiert. Er sah sie an, besorgt. Seine Augen weiteten sich, als er das ganze Ausmaß erkannte.

Dominik fügte Dorian einen weiteren Schnitt zu, quer über seinen Bauch. Er hatte ihm ein Kreuz in den Brustkorb geritzt. Und jetzt spürte Cara, dass ihre Energie sich unkontrolliert durch ihren Körper bahnte und jede einzelne Zelle erreichte. Durch jede Ader und jede Vene strömte sie und sie wusste, dass sie ihr bald nicht mehr standhalten könnte. Sie fürchtete sich davor, was geschehen würde wenn es so war.

Als diese Energie ihre Füße erreichte spürte sie allerdings noch etwas anderes. Es war unermesslicher Schmerz, der durch ihren Körper jagte und sie schrie auf. Das Wasser. Das Wasser lenkte ihre freigesetzte Energie wieder in ihren Körper kam es ihr in den Sinn.

Doch sie konnte die Energie nicht mehr aufhalten, sie strömte bereits durch ihren ganzen Körper, aus ihm heraus und wieder in ihn herein.

Dominik betrachtete sie mit faszinierten Augen. Es war ein Funke darin zu erkennen, eine Erkenntnis. Doch sie wusste, dass er wissen wollte, ob sie noch mehr konnte. Sie drückte die Zähne fest aufeinander obwohl sie das Gefühl hatte, bei lebendigem Leibe zu verbrennen und sah Dominik unverwandt in die Augen. Wenn sie nur könnte. Wenn sie nur eine Möglichkeit hätte hier raus zu kommen, sie würde ihn in Stücke reißen. Ihm all das antun was er ihr, was er Dorian angetan hatte! Er würde leiden müssen.

„Bringt mir die Spritze!", rief Dominik aus und Cara riss die Augen auf. Sie musste aufpassen, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Sie konnte diese Energie nicht unkontrolliert frei lassen, denn wenn das geschehen würde, würden all diese Ghilts hier sterben. Und auch Dorian. Und bei ihm war sie nicht bereit ihn gehen zu lassen. Sie wäre vermutlich nie bereit dazu.

Dominik erhielt von einem der Ghilts eine Spritze mit einer dunklen Flüssigkeit und Cara wusste, auch ohne dass Dominik es ihr sagte, dass es sich um das Serum handelte.

„Dominik...", sagte Dorian und richtete seinen Blick auf seinen Bruder. Ein tiefer Schmerz war ihm anzusehen. Dominik begab sich hinter Dorian und richtete seinen Blick dann auf Cara, während er die Spritze an Dorians Hals hielt.

„Jetzt ist der Zeitpunkt Cara mir zu zeigen was du wirklich bist oder mein Bruder ist verloren...", sagte Dominik, doch Cara hörte ihn schon gar nicht mehr wirklich. Alles was sie sah war Dorian, sein angsterfüllter Blick. Sie wusste was er fühlte, denn sie fühlte genau dasselbe.

Sie konnte nicht zulassen, dass er seine Seele verlor. Sie konnte nicht zulassen, dass er zu solch einem Monster wurde. Er hatte seine beste Freundin einst davor bewahrt und Cara würde ihn davor bewahren, dessen war sie sich sicher. Denn sie würde niemals zulassen, dass Dorian sein Leben verlor.

Dorian beobachtete Cara, ihr ganzer Körper erstrahlte, unter ihrer Haut zuckten helle Blitze durch den Körper während sie sich verkniff, ihre Schreie loszulassen die in ihrem Inneren präsent waren.

War es das? Wäre tatsächlich dies sein Ende? Würde er von seinem eigenen Bruder seiner Seele beraubt werden während er Cara dabei zusah, wie sie sich selber beinahe zu Tode quälte? Sie würde das Ganze nicht mehr lange überleben. Wenn sie nicht aufhörte, dann würde sie sich umbringen.

„Cara hör auf damit, bitte....", flüsterte er. So leise, dass nicht einmal Dominik es mitbekam, denn er wollte den Psychopathen hinter sich nicht noch wütender machen. Doch Cara hörte nicht auf. Stattdessen begann sie erneut zu Schreien und diesesmal hatte Dorian das Gefühl, dass dieser Schrei sein Innerstes zum Zerbersten brachte.

Er blickte erneut auf doch was er sah, konnte er nicht wirklich glauben. Das Wasser, das die Energie in Caras Körper geleitet hatte, begann nach oben zu steigen. In einzelnen Tropfen tanzte es um ihren Körper herum, berührte ihn jedoch nicht. Cara schrie nicht mehr vor Schmerzen. Sie hatte einen ganz anderen Grund. Dorian riss die Augen auf, als Cara sich plötzlich von ihren Fesseln losriss. Ihre Hand formte etwas und mit einem Mal begannen die Einzelnen Tropfen sich zu etwas zusammenzusetzen. Sie bildeten eine Art dünnes Rohr, das sich langsam zu drehen schien. Doch es wurde schneller, immer schneller und es bewegte sich auf die Glaswand zu. Cara war nicht mehr wieder zu erkennen. Ihr Körper erstrahlte in blauem Licht, ihre Haut war silbern, Licht tanzte durch ihren Körper während das Wasser vor ihr die Glaswand berührte und diese zum Zerbersten brachte.


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