Kapitel 25: Gebrochene Bande
„Ok, ich will jetzt eine Erklärung von dir haben, warum du gestern einfach so verschwunden bist!", sagte Max. Dorian war gegen zehn Uhr angekommen, hatte aber seither immer noch kein Wort mit Cara gesprochen was sie noch wahnsinnig machen würde. Sie hatte gute Gründe gehabt, auch wenn sie ihr heute nicht mehr so nobel vorkamen wie gestern.
„Ich habe den Brief geöffnet, den ich gestern gefunden habe und darin stand, ich solle mich mit jemandem um neun Uhr bei der Freiheitsstatue treffen. Diese Person wollte aber explizit alleine mit mir reden und da wir sonst keinerlei Anhaltspunkte hatten und ich mir absolut sicher war, dass es dabei um Helen gehen würde, habe gedacht, dass es das Richtige wäre.", erklärte sie ein wenig eingeschüchtert. Nur weil Dorian nicht mit ihr sprach hieß das noch lange nicht, dass er sie nicht mit seinen Blicken durchbohrte. Und sie spürte diese Blicke wie kleine Nadelstiche, jedes Mal wenn sie in seinen Fokus geriet.
„Du bist gegangen um dich mit jemandem zu treffen? Das hättest du uns sagen können verdammt! Wir hätten dich beschützen können, falls es eine Falle ist!", erklärte Max ihr und konnte nicht fassen, dass Cara so weit ging ohne mit ihnen darüber zu sprechen. Sie waren ein Team in dieser Angelegenheit!
„Ich dachte wenn die Person rausbekommt, dass ihr mich doch begleitet, dann macht sie einen Rückzieher. Sie war unser einziger Hinweis!", Cara wollte so gerne, dass die beiden jungen Männer verstanden, was in ihrem Kopf vor sich gegangen war, doch sie taten es nicht. Max schlug sich mit einer Hand gegen die Stirn.
„Und was hättest du gemacht wenn das eine Falle von Dominik gewesen wäre? Was hätten wir dann bitte machen sollen?", Max war nach wie vor außer sich, doch diese nach außen getragene Wut war wesentlich leichter zu ertragen als die Dorians.
„Ich dachte in einer Menschenmenge wird niemand das Risiko eingehen anzugreifen, weil zu viele Zeugen vorhanden waren!", erklärte Cara doch ihre Erklärung hörte sich selbst in ihren Ohren bescheuert an. Sie hatte das ganze einfach nicht richtig durchdacht, das war ihr jetzt klar.
„Ist dir eigentlich bewusst, was für Kräfte die Krades und die Ghilts haben? Da kann alles möglich sein Cara! Es könnte jemand da sein, der alle Zeugen vorher mit einem Giftgas außer Gefecht setzt oder jemand, der die Zeit anhält, damit niemand etwas mitbekommt! Du kannst solche Alleingänge nicht mehr machen Cara oder wir können dich nicht beschützen.", Cara schloss für einen kurzen Moment die Augen. Sie musste Max Recht geben. Sie hatte keine Ahnung zu was die Krades oder die Ghilts eigentlich im Stande waren.
„Ok, scheiß drauf jetzt. Mach das nie wieder ok?", sagte Max und setzte sich ihr gegenüber. Cara nickte.
„Versprich es mir!", sagte Max doch bei diesen Worten hörte sie ein verächtliches Schnauben aus Dorians Richtung.
„Versprechen sind da um gebrochen zu werden, oder Cara? Auf ihr Wort kannst du einen Scheißdreck geben!", sagte Dorian und stand dabei auf.
„Cara hat ihr Leben lang nichts anderes getan als andere zu hintergehen weil sie Angst davor hatte, nicht geliebt zu werden. Dabei hat sie ihr ganzes beschissenes Leben lang selber dafür gesorgt!", sagte Dorian und trat dabei auf Cara zu.
Ok, sein Schweigen war doch besser gewesen. Cara spürte, wie seine Worte ihr einen Fausthieb in den Magen verpassten.
„Dorian, das reicht.", sagte Max an seinen Partner gewandt. Er hatte Dorian schon lange nicht mehr so gesehen. Eigentlich hatte er ihn noch nie so gesehen, wenn er es recht bedachte. Dorian schien zutiefst verletzt zu sein durch das, was Cara getan hatte.
Dorian schnaubte erneut und trat dann ans Fenster. Er hatte nichts sagen wollen, er hatte sich zurück halten wollen, doch das Wort Versprechen hatte ihn einen kurzen Moment die Fassung verlieren lassen.
Max strich sich mit der Hand über den Nacken, sah einmal zwischen Cara und Dorian hin und her und ergriff schließlich erneut das Wort.
„Ok, ich habe nicht lange Zeit. Der Rat hat mich auf eine weitere Mission berufen und der muss ich nachkommen sonst bekomm ich Stress. Also erzähl uns Cara, was diese Person zu dir gesagt hat!", meinte Max und lenkte so das Thema in wichtigere Bahnen.
Cara erzählte ihnen alles über Sage und das, was sie gesagt hatte. Sie ließ nicht einmal den Part aus, in dem Sage ihr gesagt hatte, sie solle absolut niemandem trauen. Sie erzählte von der Macht, die Sage solche Angst einjagte und vor der sie Cara gewarnt hatte. Als sie endete, senkte sich Stille über den Raum.
Erst einige Minuten später, war Max in der Lage etwas zu sagen.
„Welche Macht sollte größer und stärker sein als die der Ghilts oder der Krades? Hast du von sowas schon mal gehört Dorian?", Max fixierte seinen Partner der sich mit seinem Arm an der Scheibe angelehnt hatte und die Straße draußen nicht aus dem Blick ließ.
„Woher wollen wir denn wissen, dass wir dieser Sage überhaupt vertrauen können oder, dass Cara uns keinen Mist erzählt?", stellte Dorian die Gegenfrage, doch dies brachte Cara dazu aufzuspringen.
„Dorian ich würde euch nicht belügen in dieser Sache! Warum sollte ich?", rief sie aus, Dorian sah sie jedoch nicht einmal an.
„Ich verstehe so einige Sachen nicht, die dich betreffen Cara. Vielleicht steckst du am Ende doch mit den Ghilts unter einer Decke und das Ganze hier ist nur ein Teil eures Plans!", sagte Dorian ruhig.
„Dorian bitte! Ich dachte diese Theorie hätten wir schon längst wiederlegt....", sagte Max und griff sich an die Stirn. Von den Beiden bekam er Kopfschmerzen.
„Du weißt, dass das nicht stimmt Dorian.", entgegnete Cara gespielt ruhig, obwohl ein Teil in ihr gerade zerbrach. Sie hatte es geschafft endlich Menschen zu finden, die sich um sie sorgten und ihr halfen und was hatte sie getan? Sie hatte einen dieser Menschen mit solch einer Vehemenz von sich gestoßen, dass diese ihr nicht einmal mehr in die Augen sehen konnte! Max war viel zu nett, nur deswegen hatte er es gut sein lassen.
„Ok, so kommen wir nicht weiter.", sagte Max schließlich und erhob sich. Sein Blick wanderte zu seiner Armbanduhr.
„Ich muss los. Muss ich euch einen Babysitter beschaffen oder schafft ihr es, euch nicht zu zerfleischen während ich weg bin?", fragte er an beide gewandt, doch keiner gab eine Antwort.
„Ok ich rufe Justin an, der wird sich hier um Cara kümmern.", erklärte er und holte sein Handy raus. Dorian sah kurz auf. Die Vorstellung, heute nicht den ganzen Tag mit Cara verbringen zu müssen war zu verlockend.
Als Max das Gespräch jedoch beendete stellte sich heraus, dass Justin keine Zeit hatte, da er einen Auftrag hatte.
„Ok, was jetzt?", fragte er mehr sich selber als die Beiden. Dorian stand nach wie vor am Fenster während Cara sich auf das Sofa gesetzt und die Knie angezogen hatte.
„Ich kann auch alleine hier bleiben, ich werde niemanden an mich binden, der keinen Bock auf mich hat!", sagte sie schließlich da das, was hier gerade geschah, sie verletzte. Es sollte sich doch niemand gezwungen fühlen hier bei ihr zu sein.
„Das wird leider nicht möglich sein.", sagte Dorian plötzlich und stieß sich nun vom Fenster ab.
„Geh Max, erledige deinen Auftrag. Wir dürfen kein Aufsehen erregen und müssen normal weiter machen. Ich pass auf Cara auf...", sagte Dorian an seinen Partner gewandt der schließlich nickte.
„Wenn irgendwas sein sollte, ruf mich an.", meinte er und wandte sich dann nochmal an Cara.
„Ach und Cara? Hier...ich will, dass du es immer bei dir trägst!", erklärte er ihr und warf ihr etwas zu. Erst als sie es gefangen hatte stellte sie fest, dass es ein Handy war. Gerade als sie Max fragen wollte, was sie damit anfangen sollte, war dieser verschwunden und damit die einzige Person, die Cara und Dorian davon abhalten konnte, sich an die Kehle zu gehen.
Einige, stille Stunden später klopfte es an Caras Tür. Es konnte nur Dorian sein, also sagte sie gar nichts, denn er würde sowieso herein kommen so wie er es all die Male zuvor auch getan hatte. Die Sonne war bereits dabei unter zu gehen und sie fragte sich, was er um diese Uhrzeit noch von ihr wollen könnte.
„Mach dich fertig, wir müssen trainieren!", sagte er als er die Tür wie erwartet öffnete. Cara sah ihn überrascht an.
„Was? Dachtest du ich lasse das Training sausen? Es ist eine Sache, dass du uns einfach so hintergehst aber eine andere Sache, wenn du wegen solchen Dummheiten am Ende tatsächlich tot in einer Gasse liegst. Du musst nach wie vor lernen dich zu verteidigen und deine Fähigkeiten anzuwenden also steh auf. Ich gebe dir fünf Minuten Zeit, dann hole ich dich!", und schon schloss sich die Tür wieder. Sie war ihm also zumindest schonmal nicht vollkommen egal, sonst würde er sich keine Sorgen darum machen, ob sie sich verteidigen konnte oder tot in einer Gasse lag. Sie schwang ihre Beine über den Rand des Bettes und ging auf ihren Rucksack zu, wo sie ein paar Leggins hatte, die sie sich anzog. Anschließend noch das Tanktop vom letzten mal, dass sie in der Zwischenzeit gewaschen und getrocknet hatte. Als sie fertig war öffnete sie zögerlich die Tür und sah, dass Dorian bereits die Tasche gepackt hatte und darauf wartete, dass sie endlich kam.
Sie ging auf ihn zu, wusste jedoch nicht was sie tun sollte. Sollte sie seine Hand nehmen? Sich an seinen Arm hängen? Dorian ergriff ihre Hand und ohne jedes weitere Wort, teleportierte er sie in den Trainingsraum, der dunkel war. Dorian legte die Tasche ab und ging in die Mitte des Raumes. Er machte keinerlei Anstalten das Licht anzumachen.
„Willst du im Dunkeln trainieren oder was?", fragte Cara ihn entgeistert. Nur das Licht der untergehenden Sonne durch die kleinen Fenster spendete ein wenig Licht und selbst das wäre schnell verschwunden.
„Wir sind Krades, wir brauchen kein Licht!", erklärte er ihr und streckte den Arm nach ihr aus. Geschlagen ging Cara auf ihn zu.
„Schließ die Augen.", sagte er und sie tat was er ihr sagte. Sie wartete darauf, ob irgendwas geschah, doch es tat sich nichts und sie öffnete eines wieder. Dorian stand immer noch an derselben Stelle und betrachtete sie, als er jedoch sah, dass sie nachsah sagte er erneut.
„Schließ die Augen!", diesesmal etwas vehementer.
Cara schloss ihr Auge wieder und versuchte sich ein wenig zu entspannen. Sie versuchte sich auf ihren Körper zu konzentrieren, so wie sie es gestern bereits getan hatte. Und diesesmal hatte sie augenblicklich das Gefühl, dass ihr Körper gar nicht ihre Grenzen darstellte und, dass sich dahinter noch mehr verbarg was sie spüren konnte. Sie hatte das Gefühl, dass jemand in diese Grenzen eindrang, doch bevor sie reagieren konnte, wurde sie zurück geschleudert und landete auf ihrem Hintern.
„Was zum Teufel Dorian!", sagte sie und rieb ihre Schulter, an der er sie getroffen hatte.
„Wenn du da draußen alleine unterwegs bist, wird niemand Mitleid mit dir haben oder darauf warten, dass du bereit bist Cara. Sie werden dich ohne zu zögern in Stücke reißen wenn es das ist, was Dominik von ihnen verlangt, verstehst du?", rief Dorian jetzt aus, doch er wartete nicht darauf, was Cara entgegnen würde sondern fügte ein „Steh auf!", hinzu. Cara atmete schwer, dennoch stand sie auf und stellte sich erneut Dorian gegenüber. Sie blickte ihm solange schonungslos in die Augen, bis er sie dazu aufforderte ihre Augen zu schließen. Dieses Mal machte sie sich auf einen harten Angriff gefasst, was jedoch nicht bedeutete, dass sie ihn abwehren konnte oder direkt kommen sah.
„Streng dich an Cara! Das hier ist nichts im Vergleich zu dem was noch passieren kann!", rief Dorian aus und jetzt erhob sich Cara von alleine.
So ging es eine halbe Stunde lang weiter. Cara hatte das Gefühl, dass jeder ihrer Muskeln schmerzte. Sie wusste gar nicht, wie oft sie heute schon auf dem Boden gelegen war, doch Dorian konnte all seine Wut an ihr heraus lassen und er genoss es, so vermutete Cara. Gerade war sie wieder dabei sich auf sich selber zu konzentrieren. Sie versuchte alle Geräusche, die von außerhalb kamen, auszuschalten und alles um sich herum wahrzunehmen. Sie hörte Dorians Schritte, der hinter ihr war. Sie hörte sein atmen. Doch das sagte ihr nichts darüber, wann er zuschlagen würde! Sie ließ sich jedoch nicht ablenken und setzte all ihre Konzentration auf Dorian. Und als er dieses Mal zuschlug wusste sie plötzlich, was sie tun musste und ihr Körper schien sich von alleine zu bewegen. Sie wich seinem Schlag aus, packte ihn am Handgelenk und schlug mit dem Ellbogen ihres zweiten Armes in seine Ellbeuge. Sein Arm winkelte sich automatisch an und er ging ein wenig in die Knie. Cara hatte sein Handgelenk immer noch in ihrer Hand doch als sie ihn aufkeuchen hörte, ließ sie ihn augenblicklich los.
„Es tut mir leid, ich wollte dir nicht weh tun Dorian!", entschuldigte sie sich und fragte sich, wann sie eigentlich zu so einem Schwächling geworden war.
Dorian richtete sich auf.
„Das kannst du gar nicht. Wirklich verletzen können dich Menschen, die dir wichtig sind. Du hingegen bist ein Nichts in meinen Augen!", und damit kehrte er ihr den Rücken zu.
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